BFH I. Senat
KStG § 8 Abs 3 S 2, FGO § 115 Abs 2 Nr 1, KStG VZ 2005 , KStG VZ 2006
vorgehend FG Nürnberg, 26. März 2014, Az: 1 K 662/12
Leitsätze
NV: Auf die Beantwortung der als rechtsgrundsätzlich bedeutsam herausgestellten Frage, ob bei einem Alleingesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH zulässigerweise Anscheinsbeweisgrundsätze für die Feststellung einer Privatnutzung des betrieblichen Pkw herangezogen werden können, kommt es nicht an, wenn sich das FG aufgrund diverser Indizien die Überzeugung von der Privatnutzung verschafft hat.
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 27. März 2014 1 K 662/12 wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine GmbH, die telefonische Rechtsberatungen durchführt. In den Streitjahren war A zunächst alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Gesellschaft. Nach der Veräußerung eines Geschäftsanteils in Höhe von 500 € (= 1,96 %) an Frau B war diese ebenfalls beteiligt. B wurde zudem zur weiteren Geschäftsführerin bestellt. Zum Betriebsvermögen der Klägerin gehörte ein PKW der Marke Maserati, der von A zumindest für dienstliche Fahrten genutzt wurde. Der Anstellungsvertrag zwischen der Klägerin und A enthielt keinerlei Regelungen über die Benutzung von Fahrzeugen der Gesellschaft.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) ging davon aus, dass A den Maserati auch für private Fahrten genutzt hatte und setzte in den Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbetragsbescheiden verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) an.
Das Finanzgericht (FG) Nürnberg folgte dieser Betrachtungsweise dem Grunde nach. In seinem klageabweisenden Urteil vom 27. März 2014 1 K 662/12 ließ es die Revision nicht zu. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Die Klägerin hat die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) genügenden Form dargelegt.
1. Soweit die Klägerin die rechtsgrundsätzliche Bedeutung der Sache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO geltend macht, wird die Rechtsfrage aufgeworfen, "ob die Voraussetzungen für den Beweis des ersten Anscheins einer privaten Nutzung betrieblicher PKW durch einen beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer anders als bei einem Arbeitnehmer zu bewerten sind". Die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage wird in der im Stile einer Revisionsbegründung verfassten Beschwerdeschrift allerdings nicht substantiiert herausgearbeitet. So fehlt die gebotene Auseinandersetzung mit den in Rechtsprechung und Literatur zu dieser Frage vertretenen Auffassungen (zu dieser Anforderung vgl. Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 116 Rz 32). Die Senatsrechtsprechung zum Vorliegen einer vGA bei einer Dienstwagennutzung durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer (z.B. Senatsurteile vom 23. Januar 2008 I R 8/06, BFHE 220, 276, BStBl II 2012, 260, m.w.N.; vom 17. Juli 2008 I R 83/07, BFH/NV 2009, 417) wird von der Klägerin nicht reflektiert. Insbesondere wird aber auch nicht auf das Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 3. September 2013 6 K 6154/10 (Entscheidungen der Finanzgerichte ‑‑EFG‑‑ 2013, 1955), das sich explizit mit der Übertragung der vom VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) entwickelten Rechtsgrundsätze (BFH-Urteile vom 21. April 2010 VI R 46/08, BFHE 229, 228, BStBl II 2010, 848; vom 6. Oktober 2011 VI R 56/10, BFHE 235, 383, BStBl II 2012, 362) auf beherrschende bzw. Alleingesellschafter-Geschäftsführer befasst, oder die Beiträge von Nagel (in Gosch/Schwedhelm/ Spiegelberger, GmbH-Beratung, "Dienstwagen") und Kuhfus (EFG 2013, 1957) eingegangen.
Ferner ist die Klärungsfähigkeit der Rechtsfrage nicht dargelegt worden (dazu Gräber/Ratschow, a.a.O., § 115 Rz 30 und § 116 Rz 35, m.w.N.). Auf die Frage der Anwendbarkeit der Anscheinsbeweisgrundsätze käme es in einem künftigen Revisionsverfahren nämlich nur dann an, wenn das FG seine Überzeugung vom Vorliegen einer Privatnutzung allein auf diese Grundsätze gestützt hätte. Dem angegriffenen Urteil lässt sich aber mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass das FG nicht allein auf allgemeine Erfahrungssätze ‑‑als Grundlage des Anscheinsbeweises (vgl. dazu ausführlich BFH-Urteil vom 14. März 1989 VII R 75/85, BFHE 156, 66, BStBl II 1989, 534)‑‑, sondern auch auf konkrete Indizien (fehlende Regelung im Anstellungsvertrag, Saisonkennzeichen, Fahrzeug zunächst im Betriebsvermögen des Einzelunternehmens des A) abgestellt hat (Indizienbeweis). Sollte das Beschwerdevorbringen auch dahin zu verstehen sein, dass diese Beweiswürdigung fehlerhaft sei, so muss dem nicht weiter nachgegangen werden. Denn Fehler in der Beweiswürdigung stellen materielle Rechtsanwendungsfehler dar, die die Revisionszulassung grundsätzlich nicht rechtfertigen können (z.B. Senatsbeschluss vom 12. März 2014 I B 94/13, BFH/NV 2014, 890, m.w.N.).
2. Für die von der Klägerin begehrte Zulassung der Revision wegen Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) ist kein Raum. Hierzu wäre es insbesondere erforderlich gewesen, einen abstrakten tragenden Rechtssatz des angefochtenen FG-Urteils sowie einen tragenden abstrakten Rechtssatz einer genau bezeichneten divergierenden Entscheidung herauszuarbeiten und so gegenüberzustellen, dass die behauptete Abweichung erkennbar wird. Auch dass die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind, ist darzulegen (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsbeschluss vom 25. September 2012 I B 189/11, BFH/NV 2013, 92, m.w.N.).
Bei der Rüge, das FG habe die Rechtsprechung des VI. Senats des BFH offensichtlich nicht angewendet, fehlt eine solche Gegenüberstellung abstrakter Rechtssätze. Auch wird die Vergleichbarkeit der Sachverhalte nicht schlüssig aufgezeigt. Im Streitfall besteht die Besonderheit, dass A alleiniger bzw. später beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer war. Wegen des fehlenden Interessengegensatzes zwischen der "Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite" ‑‑beide "repräsentiert" durch A‑‑ liegt es nahe, diese Unterschiede im Sachverhalt aufzugreifen und rechtlich andere, und zwar strengere Maßstäbe anzulegen (in diese Richtung zielend z.B. Gosch, KStG, 3. Aufl., § 8 Rz 716, a.E.).
Es fehlt schließlich an der Entscheidungserheblichkeit der geltend gemachten Abweichung (Gräber/Ratschow, a.a.O., § 116 Rz 43, m.w.N.). Überzeugt sich das FG aufgrund der von ihm festgestellten Indizien von der Privatnutzung des Dienstwagens (s. oben unter 1. der Gründe dieses Beschlusses), dann müssen die Grundsätze des Anscheinsbeweises, die das FG nach dem Vorbringen der Klägerin divergierend zur Rechtsprechung des VI. Senats angewandt haben soll, nicht mehr bemüht werden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.