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Urteil vom 13. Juli 2016, VIII R 56/13

Zur betriebsbezogenen Betrachtung der §§ 7g, 4 Abs. 4a EStG bei einer Partnerschaftsgesellschaft - Kein allgemeines Verfassungsgebot einer rechtsformneutralen Besteuerung

ECLI:DE:BFH:2016:U.130716.VIIIR56.13.0

BFH VIII. Senat

EStG § 4 Abs 4a, EStG § 7g Abs 3, EStG § 15 Abs 3 Nr 1, EStG § 15 Abs 1 S 1 Nr 2, EStG § 18 Abs 4, BRAO § 59a, GG Art 3

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg , 21. Januar 2013, Az: 5 K 4164/09

Leitsätze

Eine Partnerschaftsgesellschaft, die weder rechtlich selbständige noch im Rahmen der Mitunternehmerschaft einkommensteuerrechtlich gesondert zu betrachtende Rechtsanwaltskanzleien in verschiedenen Städten betreibt und hieraus ausschließlich Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt, unterhält nur einen "Betrieb" .

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 22. Januar 2013 5 K 4164/09 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

  1. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) einen oder mehrere "Betriebe" unterhält.

  2. Die Klägerin, eine Partnerschaftsgesellschaft mit Sitz in X, betrieb in den Streitjahren (2002 und 2003) eine Rechtsanwaltskanzlei in X sowie zwei Rechtsanwaltskanzleien in Y.

  3. Partner der Klägerin waren in den Streitjahren die Rechtsanwälte A, B, C, D, E, F, G und H (seit 31. Dezember 2003, 13:00 Uhr). Rechtsanwältin G hielt ihren Anteil treuhänderisch für die Rechtsanwälte A, B, C und F.

  4. Nach dem Gesellschaftsvertrag waren die Partner der Klägerin u.a. verpflichtet, alle ihnen übertragenen Mandate im Namen der Partnerschaft anzunehmen und zu bearbeiten. Das Vermögen der Partnerschaft setzte sich aus dem in den Kanzleien in X und Y befindlichen Vermögen zusammen. Sämtliche Einnahmen aus freier Berufstätigkeit der Partner sollten der Partnerschaft zufließen. Im Außenverhältnis war jeder Partner alleine zur Vertretung der Partnerschaft berechtigt.

  5. Für das Innenverhältnis sah der Gesellschaftsvertrag abweichende Regeln vor: Danach waren z.B. die Einnahmen jeweils der Kanzlei zuzurechnen, in der das entsprechende Mandat geführt wurde. Das Vermögen der Partnerschaft war im Innenverhältnis getrennt zu halten und auch der Gewinn und Verlust waren für jede Kanzlei getrennt zu ermitteln. Zu diesem Zweck waren getrennte Buchführungen zu erstellen. Auch die Beteiligungsverhältnisse der Gesellschafter waren im Innenverhältnis abweichend geregelt: Während die Gesellschafter A, B und C unmittelbar bzw. als Treugeber an allen Kanzleien beteiligt waren, waren die Herren D, E und H (ab 31. Dezember 2003) nur an der Kanzlei in X und Herr F unmittelbar bzw. als Treugeber an den Kanzleien in Y beteiligt. In diesem Sinne waren auch die Gewinnbeteiligung und die Vertretungsberechtigung geregelt.

  6. Die Klägerin erstellte entsprechend den gesellschaftsvertraglichen Regelungen für jede der Kanzleien eine gesonderte Buchführung einschließlich gesonderter Einnahmenüberschussrechnung, auf deren Grundlage die auf die einzelnen Partner entfallenden Gewinnanteile berechnet wurden. Sie gab für die Streitjahre jeweils eine Feststellungserklärung ab, in der sie einen Gesamtgewinn erklärte und diesen nach Maßgabe der gesellschaftsvertraglichen Abreden und der für die Kanzleien erstellten Einnahmenüberschussrechnungen den Partnern zurechnete. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) erließ entsprechende, unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 der Abgabenordnung) stehende Feststellungsbescheide.

  7. Im Rahmen einer Außenprüfung, die sich u.a. auf die Streitjahre erstreckte, gelangte der Prüfer zu der Auffassung, die Klägerin habe nur einen "Betrieb" unterhalten, so dass der Höchstbetrag gemäß § 7g Abs. 3 Satz 5 i.V.m. Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (EStG) nicht für jede der drei Kanzleien, sondern nur einmal zu gewähren sei. Auch bei der Ermittlung der gemäß § 4 Abs. 4a EStG nicht abziehbaren Schuldzinsen ergaben sich hieraus für die Klägerin nachteilige Auswirkungen, die der Höhe nach zwischen den Beteiligten unstreitig sind.

  8. Das FA folgte der Auffassung des Prüfers und erließ am 22. April 2008 für die Streitjahre geänderte Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, in denen es die Einkünfte der Klägerin aus selbständiger Arbeit erhöhte.

  9. Der hiergegen eingelegte Einspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg, ebenso die nachfolgende Klage.

  10. Mit ihrer Revision rügt die Klägerin, die angefochtene Entscheidung, die auf der Annahme beruhe, dass eine Personengesellschaft nur einen "Betrieb" führe, verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 des Grundgesetzes ‑‑GG‑‑). Der von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ (Urteil vom 10. Februar 1989 III R 78/86, BFHE 156, 320, BStBl II 1989, 467) zur Rechtfertigung der Ungleichbehandlung von Personengesellschaften einerseits und Einzelunternehmern andererseits herangezogene Grundsatz der freien Rechtsformwahl greife für die Berufsgruppe der Rechtsanwälte mit Blick auf die bis zum 12. Dezember 2007 geltenden berufsrechtlichen Beschränkungen der Berufsausübung (§ 59a Bundesrechtsanwaltsordnung ‑‑BRAO a.F.‑‑) nicht. Zudem sei die vom Finanzgericht (FG) herangezogene Rechtsprechung des BFH zu § 15 EStG zu der vorliegend nicht relevanten Frage ergangen, ob gewerbliche Tätigkeiten im Rahmen einer Mitunternehmerschaft nichtgewerbliche Tätigkeiten infizierten.

  11. Die Klägerin beantragt sinngemäß,
    die Bescheide für 2002 und 2003 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, jeweils vom 22. April 2008, und die Einspruchsentscheidung vom 16. September 2009 aufzuheben und die Berechnung des Höchstbetrags gemäß § 7g Abs. 3 Satz 5 EStG i.V.m. Abs. 6 EStG sowie die Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen wegen Überentnahmen gemäß § 4 Abs. 4a EStG aufgeteilt auf die drei Kanzleien der Klägerin vorzunehmen.

  12. Das FA beantragt,
    die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

  13. Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die mündliche Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).

Entscheidungsgründe

II.

  1. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin in den Streitjahren nur einen "Betrieb" unterhalten hat, so dass weder der Höchstbetrag des § 7g Abs. 3 Satz 5 EStG mehrfach zur Anwendung gelangt (s. hierzu unter II.2.) noch die Kürzung des Schuldzinsenabzuges gemäß § 4 Abs. 4a EStG für mehrere "Betriebe" vorzunehmen ist (s. hierzu unter II.3.).

  2. 1. Gegenstand des Verfahrens ist die Höhe des in den Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2002 und 2003 vom 22. April 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung festgestellten Gesamtgewinns der Klägerin.

  3. Ein Feststellungsbescheid fasst einzelne Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen zusammen, die ‑‑soweit sie eine rechtlich selbständige Würdigung enthalten und eines rechtlich selbständigen Schicksals fähig sind‑‑ selbständiger Gegenstand des Klagebegehrens sein können. Solche selbständigen Feststellungen sind insbesondere die Qualifikation der Einkünfte, das Bestehen einer Mitunternehmerschaft, die Höhe des Gesamtgewinns, des laufenden Gewinns, eines Veräußerungsgewinns oder eines Sondergewinns bzw. einer Sondervergütung (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 1. Juli 2010 IV R 34/07, BFH/NV 2010, 2246, m.w.N.).

  4. Im Streitfall hat die Klägerin im Klageverfahren nur die Höhe des in den streitigen Bescheiden festgestellten Gesamtgewinns angefochten. Allein diese Frage ist auch Gegenstand des Revisionsverfahrens.

  5. 2. Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Klägerin die Ansparabschreibung des § 7g EStG nicht für ihre jeweiligen Kanzleien in Anspruch nehmen kann.

  6. Die Klägerin hat in den Streitjahren im Rahmen ihrer freiberuflichen Tätigkeit nur über einen einheitlichen "Betrieb" i.S. des § 7g Abs. 3 Satz 5 EStG verfügt, so dass sie nur Rücklagen in Höhe von insgesamt maximal 154.000 € bilden konnte.

  7. a) Nach § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG können Steuerpflichtige für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines neuen beweglichen Wirtschaftsgutes des Anlagevermögens ‑‑wenn die weiteren Voraussetzungen des § 7g Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 bis 4 EStG erfüllt sind‑‑ eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden (Ansparabschreibung). Die am Bilanzstichtag insgesamt gemäß § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG gebildeten Rücklagen dürfen je "Betrieb" des Steuerpflichtigen in den Streitjahren den Betrag von 154.000 € nicht übersteigen (§ 7g Abs. 3 Satz 5 EStG).

  8. aa) Die Regelung des § 7g EStG hat der Gesetzgeber betriebs- und nicht personenbezogen konzipiert (vgl. BTDrucks 12/4487, S. 33, vgl. auch BFH-Urteil vom 12. Dezember 2001 XI R 13/00, BFHE 197, 448, BStBl II 2002, 385). Die Abzugsbegrenzung des § 7g Abs. 3 Satz 5 EStG gilt demnach für jeden "Betrieb" des Steuerpflichtigen gesondert (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 197, 448, BStBl II 2002, 385; Meyer in Herrmann/Heuer/Raupach ‑‑HHR‑‑, § 7g EStG Rz 94, Blümich/Brandis, § 7g EStG Rz 57, § 7g EStG a.F. Rz 56).

  9. bb) § 7g EStG definiert den Begriff des "Betriebes" nicht. Nach der Rechtsprechung des BFH kann ein gewerblicher Einzelunternehmer mehrere "Betriebe" unterhalten, während gewerbliche Personengesellschaften wegen § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG (ebenso wie Kapitalgesellschaften) grundsätzlich nur einen "Betrieb" unterhalten können (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 9. August 1989 X R 130/87, BFHE 158, 80, BStBl II 1989, 901; vom 10. Februar 1989 III R 78/86, BFHE 156, 320, BStBl II 1989, 467; vom 23. April 2009 IV R 73/06, BFHE 225, 343, BStBl II 2010, 40; vom 15. Dezember 1992 VIII R 52/91, BFH/NV 1993, 684; vom 24. Oktober 2012 X R 36/10, BFH/NV 2013, 252; vom 25. Juni 1996 VIII R 28/94, BFHE 181, 133, BStBl II 1997, 202; auch: z.B. Seiler, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4 Rz B 141).

  10. cc) Die für gewerbliche Mitunternehmerschaften entwickelten Grundsätze gelten entsprechend für Personengesellschaften, die ‑‑wie im Streitfall‑‑ nur Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit i.S. des § 18 EStG erzielen. Auch freiberufliche Personengesellschaften, deren Tätigkeit in besonderer Weise durch die persönliche Arbeitsleistung ihrer Gesellschafter gekennzeichnet ist, unterhalten grundsätzlich nur einen "Betrieb".

  11. Demnach können auch ausschließlich freiberuflich tätige Personengesellschaften grundsätzlich nur eine maximale Förderung von 154.000 € in Anspruch nehmen (vgl. HHR/Meyer, § 7g EStG Rz 94; vgl. auch Blümich/Brandis, § 7g EStG a.F. Rz 56; Bugge, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 7g Rz B 8a; Pfirrmann in Kirchhof, EStG, 15. Aufl., § 7g Rz 27).

  12. b) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das FG zutreffend erkannt, dass der für die selbständige Tätigkeit der Klägerin maßgebliche Höchstbetrag nach § 7g Abs. 3 Satz 5 EStG insgesamt lediglich 154.000 € beträgt.

  13. aa) Die Klägerin ist als Partnerschaftsgesellschaft einkommensteuerrechtlich eine andere Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 18 Abs. 4 EStG (z.B. HHR/Brandt, § 18 Rz 431; Blümich/Bode, § 15 EStG Rz 313).

  14. bb) Sie unterhielt in den Streitjahren lediglich einen "Betrieb" i.S. des § 7g EStG. Die Kanzleien in X und Y waren nicht als jeweils selbständige "Betriebe" i.S. des § 7g EStG, sondern allenfalls als Teilpraxen anzusehen. Sie waren weder rechtlich selbständige Gesellschaften noch einkommensteuerrechtlich gesondert zu betrachtende Mitunternehmerschaften.

  15. Ausgehend von den gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG bestanden nicht mehrere (Außen-)Gesellschaften, sondern lediglich eine Partnerschaftsgesellschaft – die Klägerin. Deren Gegenstand war der Betrieb der Rechtsanwaltskanzleien in X und Y.

  16. Die im Partnerschaftsvertrag enthaltenen Regelungen, wonach die Rechte der Partner der Klägerin im Innenverhältnis in verschiedener Weise auf eine Teilhabe an den in X bzw. Y betriebenen Kanzleien beschränkt waren, können nicht dahin verstanden werden, dass die Gesellschafter einkommensteuerrechtlich gesondert zu betrachtende Mitunternehmerschaften (ggf. als Innengesellschaften) gegründet haben.

  17. Insoweit unterscheidet sich der Streitfall maßgeblich von dem der Entscheidung des BFH in BFHE 225, 343, BStBl II 2010, 40 zur sog. Tracking-Stock-Struktur zugrundeliegenden Sachverhalt.

  18. 3. Ebenso zutreffend hat das FG erkannt, dass die Abzugsbeschränkung gemäß § 4 Abs. 4a EStG bezogen auf einen "Betrieb" der Klägerin zu ermitteln ist.

  19. a) Gemäß § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG sind Schuldzinsen nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahrs übersteigen (§ 4 Abs. 4a Satz 2 EStG). Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 v.H. der Überentnahme des Wirtschaftsjahrs zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt (§ 4 Abs. 4a Satz 3 EStG). Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2.050 € verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen (§ 4 Abs. 4a Satz 4 EStG).

  20. b) Das Gesetz knüpft die Schuldzinsenkürzung maßgeblich an den Umstand des Eigenkapitalentzugs bei der jeweiligen betrieblichen Einheit an (BFH-Urteil vom 12. Dezember 2013 IV R 17/10, BFHE 244, 23, BStBl II 2014, 316). Dementsprechend steht der Mindestabzug nicht jedem Mitunternehmer in voller Höhe zu (BFH-Urteil vom 29. März 2007 IV R 72/02, BFHE 217, 514, BStBl II 2008, 420) und auch der Höchstbetrag gilt "je Betrieb" des Steuerpflichtigen (vgl. BFH-Beschluss vom 20. März 2014 VIII S 13/13, juris; vgl. auch BFH-Urteil vom 10. August 2011 I R 45/10, BFHE 234, 412, BStBl II 2012, 118). Maßgeblich für die Ermittlung von Überentnahmen ist die jeweilige "Gewinnermittlungseinheit (Einzelbetrieb, Betrieb der Mitunternehmerschaft)" (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 217, 514, BStBl II 2008, 420).

  21. Hat der Steuerpflichtige mehrere "Betriebe" oder ist er an mehreren Personengesellschaften beteiligt, ist der Schuldzinsenabzug für jeden "Betrieb" bzw. Mitunternehmeranteil eigenständig zu ermitteln (BFH-Urteile in BFHE 244, 23, BStBl II 2014, 316; in BFHE 217, 514, BStBl II 2008, 420, und vom 22. September 2011 IV R 33/08, BFHE 235, 278, BStBl II 2012, 10, vgl. auch Bode in Kirchhof, a.a.O., 15. Aufl., § 4 Rz 194).

  22. c) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das FG zu Recht erkannt, dass die der Höhe nach unstreitige, betriebsbezogene Ermittlung des Schuldzinsenabzuges für die Klägerin zutreffend erfolgt ist. Sie war nicht für die drei von der Klägerin betriebenen Kanzleien durchzuführen, sondern nur für die Klägerin. Die Kanzleien sind aus den bereits dargelegten Gründen nicht als selbständige Gewinnermittlungseinheiten anzusehen. Dass für die Kanzleien tatsächlich gesonderte Einnahmenüberschussrechnungen erstellt worden sind, ändert hieran nichts. Gewinnermittlungseinheit war ‑‑weil die Kanzleien nicht als eigenständige Gesellschaften bzw. Mitunternehmerschaften geführt wurden‑‑ allein die Klägerin.

  23. 4. Die dargelegte Anknüpfung der Regelungen der §§ 7g, 4 Abs. 4a EStG an den "Betrieb" des Steuerpflichtigen bzw. die Gewinnerzielungseinheit führt zwar im Ergebnis dazu, dass Steuerpflichtige, die aus nicht steuerlichen Gründen verschiedene "Betriebe" unterhalten können, steuerlich anders behandelt werden als jene, die nur einen "Betrieb" haben können. Entgegen der Auffassung der Klägerin folgt hieraus jedoch keine Verletzung des Gleichheitssatzes.

  24. a) Art. 3 Abs. 1 GG enthält kein allgemeines Verfassungsgebot einer rechtsformneutralen Besteuerung (vgl. z.B. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ‑‑BVerfG‑‑ vom 21. Juni 2006  2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, in Bezug auf die Begünstigung gewerblicher Einkünfte nach § 32c EStG a.F.).

  25. Dementsprechend ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn es aufgrund der Anwendung der für die Besteuerung von Personengesellschaften geltenden Grundsätze in Teilbereichen (hier: §§ 7g, 4 Abs. 4a EStG) im Vergleich zu einem Einzelunternehmer zu einer steuerlichen Ungleichbehandlung kommt (vgl. auch BVerfG-Beschluss vom 15. Januar 2008  1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1, zur Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG).

  26. b) Dies gilt in Bezug auf die von §§ 7g, 4 Abs. 4a EStG gewährten betriebsbezogenen Begünstigungen auch deshalb, weil der (gewerbliche) Einzelunternehmer, der mehrere "Betriebe" unterhält und daher die Begünstigungen mehrfach in Anspruch nehmen kann, den Finanzierungsaufwand für den Betrieb jeweils allein trägt, während die Gesellschafter einer Personengesellschaft ‑‑und damit auch die Gesellschafter der Klägerin‑‑ diesen Aufwand gemeinschaftlich tragen (vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 217, 514, BStBl II 2008, 420, zur Anknüpfung in § 4 Abs. 4a EStG).

  27. c) Zudem resultiert die von der Klägerin gerügte Ungleichbehandlung nicht unmittelbar aus der in §§ 7g, 4 Abs. 4a EStG vorgesehenen Anknüpfung bestimmter Vergünstigungen an den "Betrieb" bzw. der Rechtsprechung zum Begriff des "Betriebes" bei Personengesellschaften, sondern vorrangig aus in den Streitjahren (noch) geltenden berufsrechtlichen Einschränkungen. Der Klägerin war es wegen § 59a BRAO a.F. aus berufsrechtlichen Gründen nicht möglich, die jeweiligen Kanzleien durch selbständige Schwester- oder Tochterpersonengesellschaften zu betreiben.

  28. Hieraus folgt indes kein Verstoß der §§ 7g, 4 Abs. 4a EStG gegen Art. 3 GG. Denn weder den Gesetzgeber noch die Rechtsprechung trifft eine Verpflichtung, eine steuerliche Meistbegünstigung für Gesellschaften oder Gesellschafter sicherzustellen, die berufsrechtlichen Beschränkungen in der Rechtsformwahl unterliegen.

  29. 5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

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