BFH IV. Senat
AO § 171 Abs 4 S 3, AO § 201, AO § 169, FGO § 115 Abs 2 Nr 1
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg , 21. Juli 2014, Az: 8 K 1456/12
Leitsätze
1. NV: Liegt ein wirksamer Verzicht des Steuerpflichtigen auf die Durchführung der Schlussbesprechung vor, darf die Finanzbehörde eine solche nicht mehr durchführen .
2. NV: Der Verzicht auf die Durchführung der Schlussbesprechung kann zum Eintritt der Festsetzungsverjährung führen .
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 22. Juli 2014 8 K 1456/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist teils unzulässig, teils unbegründet, so dass sie insgesamt als unbegründet zurückzuweisen ist (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 18. Oktober 2010 VI B 91/10, BFH/NV 2011, 280).
A. Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde die Ablehnung des Antrags auf abweichende Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 1974 bis 1978 aus Billigkeitsgründen betrifft, hat sie keinen Erfolg.
I. Ist das angegriffene Urteil des Finanzgerichts (FG) nebeneinander (kumulativ) auf mehrere Begründungen gestützt, die jede für sich nach Auffassung des FG das Entscheidungsergebnis tragen, so muss hinsichtlich jeder Begründung ein Zulassungsgrund geltend gemacht werden (z.B. BFH-Beschluss vom 30. August 2011 IV B 77/10, BFH/NV 2011, 2089). Daran fehlt es im Streitfall.
II. Das FG hat die Klage auf abweichende Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 1974 bis 1978 im Billigkeitsweg u.a. mit der Begründung abgewiesen, dass der Anwendungsbereich des § 163 der Abgabenordnung (AO) schon nicht eröffnet sei. Das Begehren der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), den Beklagten und Beschwerdegegner (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) zu verpflichten, den mit einer negativen Feststellung verbundenen Aufhebungsbescheid vom 18. August 1997 hinsichtlich der Jahre 1974 bis 1978 gemäß § 163 AO aufzuheben und es bei den bisherigen Verlustfeststellungen zu belassen, sei mit § 163 AO unvereinbar. Einen negativen Feststellungsbescheid, d.h. die Ablehnung der Finanzbehörde, eine Feststellung überhaupt durchzuführen, im Billigkeitswege in sein Gegenteil zu verkehren, gehe über den Normbereich des § 163 Satz 1 AO hinaus. Diese das Urteil des FG insoweit selbständig tragende Begründung hat die Klägerin mit durchgreifenden Zulassungsgründen nicht angegriffen.
B. Soweit sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde gegen die Abweisung ihrer gegen die Aufhebung und Ablehnung der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 1974 bis 1978 gerichteten Klage wendet, hat die Beschwerde ebenfalls keinen Erfolg.
I. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑) oder zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) zuzulassen.
1. Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache oder der Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts als Unterfall des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich klärbar und deren Beurteilung zweifelhaft oder umstritten ist. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer mit der Rechtsprechung des BFH und den Äußerungen im Schrifttum auseinandersetzen. Insbesondere sind Ausführungen dazu erforderlich, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist. Liegt zu der vom Beschwerdeführer herausgestellten Rechtsfrage bereits höchstrichterliche Rechtsprechung vor, so gehört zu der Darlegung der Klärungsbedürftigkeit eine fundierte Stellungnahme dazu, weshalb diese Rechtsprechung noch nicht zu einer hinreichenden Klärung geführt habe oder aufgrund welcher neuen Entwicklung sie nunmehr erneut in Frage gestellt werden müsse (z.B. BFH-Beschluss vom 22. März 2012 IV B 97/11, BFH/NV 2012, 1159). Allein der Umstand, dass zu einer bestimmten Rechtsfrage noch keine Entscheidung des BFH vorliegt, rechtfertigt noch nicht die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung (z.B. BFH-Beschluss vom 14. Mai 2008 II B 49/07, BFH/NV 2008, 1438).
2. Danach kommt eine Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung oder zur Fortbildung des Rechts nicht in Betracht.
a) Dies gilt zunächst für die von der Klägerin für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage, "ob eine Schlussbesprechung die nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzten Ermittlungen im Rahmen einer Außenprüfung stattgefunden haben und die in § 169 Abs. 2 AO genannten Fristen verstrichen sind, eine Ablaufhemmung bewirkt"; diese Frage sei zwar in der Literatur erörtert, jedoch in der Rechtsprechung bislang nicht entschieden. Sie sei dahin zu klären, dass innerhalb der in § 169 Abs. 2 AO genannten Fristen nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzten Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung stattgefunden haben, entweder eine Schlussbesprechung stattfinden oder geänderte Steuerbescheide ergehen müssen. Die beiden in § 171 Abs. 4 Satz 3 AO aufgeführten Alternativen seien nicht kumulativ und nicht mit Priorität einer der beiden Alternativen vom Gesetzgeber vorgegeben, sondern gleichwertig. Danach ende die Festsetzungsfrist, sobald eine der beiden Alternativen erfüllt sei.
aa) Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt zu dieser Rechtsfrage bereits Rechtsprechung des BFH vor. So hat der BFH im Urteil vom 20. Juli 2005 X R 74/01 (BFH/NV 2005, 2195, unter II.5.b ee) bereits entschieden, dass aus dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift hervorgehe, dass es für die Berechnung der in § 171 Abs. 4 Satz 3 AO genannten Frist auf den Zeitpunkt der letzten Ermittlungshandlungen nur ankomme, wenn eine Schlussbesprechung nicht stattgefunden habe. Dass es dabei auf die von der Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung geltend gemachten Unterschiede des jener Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalts zum Streitfall angekommen sein könnte, lässt sich der Entscheidung nicht entnehmen.
bb) Auch den anderen von der Klägerin aufgeführten finanzgerichtlichen Entscheidungen lässt sich nicht entnehmen, dass sie in einem Fall wie dem Streitfall, in dem nach den Feststellungen des FG zwischen den letzten Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung und der Schlussbesprechung ein Zeitraum von mehr als vier Jahren vergangen ist, die von der Klägerin für klärungsbedürftig gehaltene Frage anders als im BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 2195 beurteilt und insbesondere so, wie von der Klägerin begehrt, entschieden haben. Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, dass in der Literatur die von ihr für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage in der von ihr begehrten Weise beantwortet wird. Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt sich auch den von ihr angeführten Literaturstimmen nicht entnehmen, dass die von ihr für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage so, wie von ihr begehrt, zu entscheiden sei. Anders als die Klägerin meint, wurde auch nicht die von ihr für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage im BFH-Urteil vom 26. Juni 2014 IV R 51/11 (BFH/NV 2014, 1716) als offen bezeichnet, sondern die davon zu unterscheidende Frage, ob § 171 Abs. 4 Satz 3 AO ‑‑ggf. analog‑‑ anzuwenden ist, wenn die tatsächlichen Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung für mehr als vier Jahre unterbrochen wurden.
cc) Die Klägerin hat auch nicht substantiiert dargelegt, weshalb nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 5. März 2013 1 BvR 2457/08 (BVerfGE 133, 143) in einem Fall wie dem Streitfall allein die von ihr begehrte Auslegung und Anwendung des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO rechtsstaatlichen Anforderungen genügen sollte. Insoweit hat sie insbesondere nicht substantiiert dargelegt, weshalb es rechtsstaatlichen Anforderungen nicht genügen sollte, wenn der Steuerpflichtige die Möglichkeit hat, auf die Durchführung der Schlussbesprechung zu verzichten, um so den Abschluss der Prüfung und damit das Ende der Ablaufhemmung zu beschleunigen.
Die Durchführung der Schlussbesprechung dient der Gewährung rechtlichen Gehörs und damit dem Schutz des Steuerpflichtigen. Dementsprechend kann er auf ihre Durchführung verzichten (§ 201 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AO; BFH-Urteil in BFH/NV 2014, 1716). Vor diesem Hintergrund reicht die bloße Behauptung der Klägerin, auch im Fall eines Verzichts des Steuerpflichtigen sei der Finanzbehörde die Durchführung einer Schlussbesprechung möglich, ohne dass sich der Steuerpflichtige dagegen wenden könne, nicht aus, zumal auch weder dargelegt noch sonst ersichtlich ist, dass diese Ansicht der Klägerin zutrifft. Vielmehr darf die Finanzbehörde gegen den Willen des Steuerpflichtigen keine Schlussbesprechung anberaumen, wenn er auf ihre Durchführung zuvor verzichtet hat (z.B. Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 201 AO Rz 21).
Nicht zu überzeugen vermag insoweit auch der Einwand der Klägerin, der Steuerpflichtige, der im Interesse der Erörterung der streitigen Fragen und der Beilegung von Meinungsverschiedenheiten auf eine Schlussbesprechung nicht verzichten wolle, werde schlechter gestellt als derjenige, der auf die Schlussbesprechung verzichte und dadurch den Eintritt der Verjährung herbeiführe. Denn es ist nicht ersichtlich, weshalb noch ein Bedürfnis für die Erörterung streitiger Fragen und die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten für Steueransprüche bestehen sollte, die wegen Verjährung erlöschen. Sind die Fristen des § 169 Abs. 2 AO nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzten Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung stattgefunden haben, verstrichen, ohne dass eine Schlussbesprechung durchgeführt wurde, kann der Steuerpflichtige durch Verzicht auf ihre Durchführung den Eintritt der Verjährung und damit das Erlöschen des Steueranspruchs herbeiführen. Weshalb er in einem solchen Fall im Hinblick auf die erloschenen Ansprüche noch ein Interesse an der Erörterung von Streitfragen und der Beilegung von Meinungsverschiedenheiten haben sollte, ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich.
b) Für grundsätzlich bedeutsam hält die Klägerin des Weiteren die Frage, "ob § 171 Abs. 4 Satz 3 1. HS AO direkt oder zumindest analog im Wege der verfassungskonformen Lückenfüllung auf Betriebsprüfungen nach der AO, aber für VZ vor 1977 anzuwenden ist". Für den Bereich der kommunalen Abgaben habe das BVerfG in dem Beschluss in BVerfGE 133, 143 entschieden, dass die zeitlich unbegrenzte Festsetzbarkeit wegen eines Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes verfassungswidrig sei. Die Nichtanwendung des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO auf Veranlagungszeiträume vor 1977 führe in Betriebsprüfungsfällen jedoch zu einer zeitlich unbegrenzten Festsetzbarkeit und sei daher verfassungswidrig. Abgesehen davon ergebe sich die Anwendbarkeit des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO auf Veranlagungszeiträume vor 1977 ohnehin aus Art. 97 § 1 Abs. 2 Halbsatz 1 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (EGAO), demzufolge die durch das Steuerbereinigungsgesetz 1986 eingeführten Vorschriften ‑‑also auch § 171 Abs. 4 Satz 3 AO‑‑ "auf alle bei Inkrafttreten dieser Vorschriften anhängigen Verfahren anzuwenden <sind>, soweit nichts anderes bestimmt ist". Zu Unrecht gehe das FG in der angegriffenen Entscheidung davon aus, dass es sich bei Art. 97 § 10 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 EGAO um eine Regelung handele, die in diesem Sinne etwas anderes bestimme.
Dieses Vorbringen rechtfertigt ebenfalls keine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung oder zur Rechtsfortbildung.
aa) Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die aufgeworfenen Fragen in einem etwaigen Revisionsverfahren nur entscheidungserheblich und damit klärungsfähig wären, wenn § 171 Abs. 4 Satz 3 AO selbst in dem von der Klägerin begehrten Sinne auszulegen wäre. Das ist jedoch, wie oben unter B.I.2.a dargelegt, nicht der Fall.
bb) Darüber hinaus ist die Revision insoweit aber auch deshalb nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung oder zur Fortbildung des Rechts zuzulassen, weil sie ausgelaufenes Recht betrifft. Rechtsfragen, die ausgelaufenes oder auslaufendes Recht betreffen, haben regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung mehr. Eine Ausnahme kommt nur in Betracht, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage sich noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft weiterhin stellen kann, wie dies bei Fragen aus fortgeltendem Recht regelmäßig der Fall ist (z.B. BFH-Beschluss vom 14. Februar 2007 IX B 177/06, BFH/NV 2007, 1099).
Die Frage, ob § 171 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 1 AO analog im Wege der verfassungskonformen Lückenfüllung auf Betriebsprüfungen nach der AO, aber für Veranlagungszeiträume vor 1977 anzuwenden ist, betrifft die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Verjährung nach der Reichsabgabenordnung (RAO), die Frage, ob § 171 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 1 AO direkt auf Betriebsprüfungen nach der AO, aber für Veranlagungszeiträume vor 1977 anzuwenden ist, die Auslegung der Übergangsvorschriften des Art. 97 § 10 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 und Art. 97 § 1 Abs. 2 Halbsatz 1 EGAO. Es geht jeweils um eine Frage, die sich nur noch in Verfahren stellen kann, in denen es um Steueransprüche geht, die vor dem 1. Januar 1977 entstanden sind. Die Klägerin hat jedoch weder dargelegt noch ist dies sonst ersichtlich, dass die hier aufgeworfenen Fragen der Anwendbarkeit des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO auf Steueransprüche, die noch vor dem 1. Januar 1977 entstanden sind, heute noch für eine Vielzahl von Fällen von Bedeutung sein und deshalb eine Entscheidung des BFH erfordern könnten.
c) Für grundsätzlich bedeutsam hält die Klägerin ferner die Frage, "ob auf eine Außenprüfung nach der AO für die VZ vor 1977 die Rechtsgrundsätze der Verwirkung anzuwenden sind, wenn nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzten Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung stattgefunden haben und ohne zwischenzeitliche Schlussbesprechung die in § 169 Abs. 2 AO genannten Fristen verstrichen sind". Auch diese Frage führt nicht zur Zulassung der Revision.
Es ist bereits geklärt und bedarf daher keiner Klärung mehr in einem Revisionsverfahren, dass die Grundsätze der Verwirkung auch auf Steueransprüche anzuwenden sind, deren Entstehen und Erlöschen sich noch nach den Vorschriften der RAO richten (z.B. BFH-Beschluss vom 14. September 1977 II R 74/76, BFHE 123, 299, BStBl II 1978, 168). Sollte die Klägerin mit ihrem Vorbringen sinngemäß die Frage für grundsätzlich bedeutsam halten, ob vor 1977 entstandene Steueransprüche verwirkt sind, wenn nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzten Ermittlungen der Außenprüfung stattgefunden haben und ohne zwischenzeitliche Schlussbesprechung die in § 169 Abs. 2 AO genannten Fristen verstrichen sind, so wäre diese Frage nicht im Interesse der Allgemeinheit klärungsbedürftig. Denn auch sie betrifft ausgelaufenes Recht, und es ist nicht ersichtlich, dass sie noch für eine Vielzahl von Fällen Bedeutung hätte.
d) Soweit die Klägerin schließlich die Frage für grundsätzlich bedeutsam hält, "ob die Untätigkeit des Steuerpflichtigen während einer Betriebsprüfung den Eintritt der Verjährung bei Verstreichen der in § 171 Abs. 4 Satz 3 1. HS AO genannten Fristen verhindert", genügt ihr Vorbringen erkennbar nicht den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.
II. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) zuzulassen. Insoweit macht die Klägerin ohne Erfolg geltend, dass das FG gegen den klaren Inhalt der Akten verstoßen habe, indem es davon ausgegangen sei, dass dem Erlass der angegriffenen Änderungsbescheide keine Verwirkung entgegenstehe, weil sich aus den Akten keine Anhaltspunkte für einen vom FA geschaffenen Vertrauenstatbestand ergäben und auch nichts auf vertrauensbedingte Dispositionen der Klägerin hindeute.
1. Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO ist das FG verpflichtet, sich bei seiner Entscheidung auf das Gesamtergebnis des Verfahrens zu stützen. Dazu hat es den Inhalt der ihm vorliegenden Akten vollständig und einwandfrei zu berücksichtigen. Neben dem Akteninhalt gehört hierzu auch das Vorbringen der Beteiligten. Das FG verletzt seine Pflicht zur vollständigen und zutreffenden Berücksichtigung des Streitstoffs, wenn es eine nach den Akten klar feststehende Tatsache oder einen bestimmten Tatsachenvortrag erkennbar unberücksichtigt lässt, obwohl dieser auf der Basis seiner eigenen materiell-rechtlichen Auffassung entscheidungserheblich sein kann (z.B. BFH-Beschluss vom 30. Juli 2013 IV B 107/12, BFH/NV 2013, 1928, m.w.N.). Die Geltendmachung eines Verstoßes gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO erfordert insofern die genaue Bezeichnung des nicht berücksichtigten Akteninhalts sowie die Darlegung, inwieweit dessen Berücksichtigung auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunktes des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (z.B. BFH-Beschluss vom 15. Februar 2012 IV B 126/10, BFH/NV 2012, 774).
2. Ausgehend von diesen Grundsätzen liegt ein Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO, soweit er überhaupt in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise dargelegt wurde, nicht vor.
a) Entgegen der Auffassung der Klägerin kann ein Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten nicht mit der Behauptung geltend gemacht werden, dass das FG gegen § 199 Abs. 2 AO verstoßen habe. Dies folgt schon daraus, dass die Frage eines Verstoßes gegen § 199 Abs. 2 AO eine rechtliche Wertung darstellt und keine nach den Akten klar feststehende Tatsache oder einen bestimmten Tatsachenvortrag. Soweit die Klägerin sinngemäß geltend macht, dass das FG zu dem Ergebnis hätte kommen müssen, dass ein Verstoß gegen § 199 Abs. 2 AO gegeben sei und dieser ‑‑nach Ansicht der Klägerin‑‑ zur Verwirkung der streitigen Steueransprüche geführt habe, rügt sie eine (vermeintlich) fehlerhafte Rechtsanwendung durch das FG, die grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision führen kann.
b) Ein Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO wird auch nicht mit dem Vortrag dargelegt, dass es dem FA "seit der OFD-Besprechung am … 1986" möglich gewesen sei, die "innerhalb der Finanzverwaltung abgestimmten negativen Feststellungsbescheide <zu> erlassen", und dass der Prüfer am … 1989 mit der Ankündigung eines Besprechungsbogens für die Klägerin und der Übersendung eines Besprechungsbogens für die Komplementärin "den Eindruck erweckt <habe>, als sei die Außenprüfung abschlussreif, ohne die Gewinnerzielungsabsicht in Frage zu stellen". Aus dem Tatbestand des angegriffenen Urteils ergibt sich, dass das FG den entsprechenden Vortrag der Klägerin zur Kenntnis genommen hat, denn es gibt ihn als ihren Vortrag wieder. Dass es ihn anders als von der Klägerin begehrt gewertet hat, stellt keinen Verfahrensfehler dar.
Abgesehen davon übersieht die Klägerin, dass eine Verwirkung von Steueransprüchen neben einem vom FA geschaffenen Vertrauenstatbestand zusätzlich voraussetzt, dass der Steuerpflichtige darauf vertraut und im Hinblick darauf entsprechende Dispositionen getroffen hat (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 14. April 2015 IX R 5/14, BFH/NV 2015, 1329; vom 21. Januar 2015 X R 16/12, BFH/NV 2015, 815; vom 30. Oktober 2015 IV R 61/11, BFHE 247, 323, BStBl II 2015, 478; vom 14. Oktober 2003 VIII R 56/01, BFHE 203, 472, BStBl II 2004, 123). Nach Ansicht des FG deutete aber nichts auf vertrauensbedingte Dispositionen der Klägerin hin. Diese Feststellung fehlender Dispositionen der Klägerin, die das Urteil insoweit selbständig trägt, hat die Klägerin jedoch nicht angegriffen.
III. Die Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) zuzulassen (zu den Voraussetzungen dieses Zulassungsgrundes und den Anforderungen an seine Darlegung z.B. BFH-Beschluss vom 11. Januar 2012 IV B 142/10, BFH/NV 2012, 784). Insoweit übersieht die Klägerin, dass die Feststellungen des FG zu Ermittlungen durch die Anschlussprüfer, mit denen sie sich in ihrem Vorbringen zur (vermeintlichen) Divergenz auseinandersetzt, für die Entscheidung des FG nicht entscheidungserheblich waren. Das FG hat seine Entscheidung vielmehr allein darauf gestützt, dass es für die Berechnung der in § 171 Abs. 4 Satz 3 AO genannten Frist auf den Zeitpunkt der letzten Ermittlungen nur ankomme, wenn eine Schlussbesprechung nicht stattgefunden habe, ein solcher Fall hier aber nicht gegeben sei, da eine Schlussbesprechung stattgefunden habe.
C. Von der Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.
D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.