BFH I. Senat
AO § 180 Abs 1 Nr 2 Buchst a, AO § 182 Abs 1, EStG § 10 Abs 1 Nr 1a, EStG § 50 Abs 1 S 4
vorgehend FG Köln, 22. Mai 2012, Az: 4 K 2429/09
Leitsätze
NV: Das für die gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften zuständige FA kann in seinem Feststellungsbescheid nicht mit bindender Wirkung entscheiden, ob die von einem beschränkt steuerpflichtigen Gesellschafter getätigten Versorgungsleistungen (dauernde Last) im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung als Sonderausgabe abzugsfähig sind .
Tenor
1. Nach Rücknahme der Revision durch den Beklagten wird das Verfahren insoweit eingestellt.
2. Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 23. Mai 2012 4 K 2429/09 und die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 9. Juli 2009 (soweit sie zum Änderungsbescheid zur Einkommensteuer 2003 vom 7. Mai 2009 ergangen ist) aufgehoben.
Die Klage gegen den im Revisionsverfahren ergangenen Teilabhilfebescheid vom 11. Mai 2015 wird abgewiesen.
3. Die Kosten des finanzgerichtlichen Verfahrens tragen der Kläger zu 13 % und der Beklagte zu 87 %; die Kosten des Revisionsverfahrens tragen der Kläger zu 35 % und der Beklagte zu 65 %.
Tatbestand
A. Die Beteiligten streiten über die Änderung eines Einkommensteuerbescheids im Zusammenhang mit dem Erlass eines Feststellungsbescheids (Streitjahr 2003).
Der Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (Kläger) hat seinen Wohnsitz in den Niederlanden. Er wird in den Jahren 2003 bis 2007 als beschränkt Steuerpflichtiger zur Einkommensteuer veranlagt. Die Mutter des Klägers hatte ihren Kommanditanteil an der … (A-KG) ‑‑aus der gewerbliche Beteiligungseinkünfte erzielt werden‑‑ am 21. Dezember 2001 auf ihn und seine beiden Brüder gegen die Verpflichtung übertragen, an sie insgesamt jährlich einen Betrag von 150.000 € (der Kläger hiervon 75.150 €) zu zahlen.
In dem Bescheid für 2003 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der A-KG vom 7. April 2005 hat der Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) neben den gewerblichen Einkünften u.a. "als Sonderausgaben im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 1a [des Einkommensteuergesetzes] EStG [2002] abzugsfähige Renten und dauernde Lasten (bei Renten Ertragsanteil)" in Höhe von 150.000 € festgestellt und bei der Aufteilung der Besteuerungsgrundlagen dem Kläger einen Anteil von 75.150 € zugerechnet. Bei der Festsetzung der Einkommensteuer des Streitjahres (Bescheid vom 3. Mai 2005) unterblieb ein einkommensmindernder Ansatz. Einem nach dem Eintritt der Bestandskraft dieses Bescheids gestellten Änderungsantrag entsprach das FA nicht; dagegen erhob der Kläger Einspruch.
Nach einer Änderung des Feststellungsbescheids kam es zu einer Folgeänderung bei seiner Einkommensteuerfestsetzung des Streitjahres (um 45.882 € höherer Beteiligungsertrag; s. Bescheid vom 7. Mai 2009). Mit seinem hiergegen erhobenen Einspruch begehrte der Kläger, die Zahlung (75.150 €) als dauernde Last zu berücksichtigen.
Beide Einsprüche wies das FA zurück.
Auch zu den folgenden Veranlagungszeiträumen 2004 bis 2007 kam es zwischen den Beteiligten zu einem Streit über die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen des Klägers.
Das Finanzgericht (FG) Köln sah die Voraussetzungen für einen Abzug in materiell-rechtlicher Hinsicht für alle Jahre als erfüllt an und entsprach dem Begehren des Klägers zu den Veranlagungszeiträumen 2005 und 2006 in einem gesonderten Verfahren (Rechtsstreit 4 K 3870/08) und zu den Veranlagungszeiträumen 2003, 2004 und 2007 im Urteil vom 23. Mai 2012 4 K 2429/09, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 2025. Für das Streitjahr 2003 beschränkte das FG allerdings den Klageerfolg aus verfahrensrechtlichen Gründen: Der Abzugsbetrag sei nicht auf der Grundlage von § 182 Abs. 1 der Abgabenordnung (i.d.F. vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 22. Dezember 2014, BGBl I 2014, 2417) ‑‑AO‑‑ (und § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO) für die Einkommensteuerfestsetzung bindend festgestellt, es bestehe nur die Möglichkeit der kompensierenden Fehlerkorrektur (§ 177 Abs. 1 AO) im Umfang der dem Kläger nachteiligen Änderung infolge der erhöhten Beteiligungseinkünfte (45.882 €).
Der Kläger rügt mit der vom FG betreffend 2003 wegen der verfahrensrechtlichen Frage zugelassenen Revision die Verletzung materiellen Rechts und beantragt sinngemäß, das FA unter Abänderung des angefochtenen Urteils und Aufhebung der Einspruchsentscheidung zu verpflichten, den Einkommensteuerbescheid 2003 insoweit zu ändern, als die von ihm gezahlte dauernde Last in Höhe von 75.150 € voll berücksichtigt wird, hilfsweise, die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils zu ändern, da er bezogen auf alle dortigen Streitjahre (gerundet) nur zu 13 % ‑‑und nicht entsprechend der Kostenentscheidung im angefochtenen Urteil zu 27 %‑‑ unterlegen sei.
Das FA rügte mit der Revision zunächst die Verletzung materiellen Rechts. Im Revisionsverfahren erging allerdings das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) Grünewald vom 24. Februar 2015 C-559/13 (EU:C:2015:109, Deutsches Steuerrecht ‑‑DStR‑‑ 2015, 474); danach ist der Abzugsausschluss des § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG 2002 für Versorgungsleistungen bei beschränkter Steuerpflicht unionsrechtswidrig. Das FA hat daraufhin unter dem 11. Mai 2015 einen Änderungsbescheid erlassen, der die Teilstattgabe im Klageverfahren umsetzen soll; im Übrigen hat das FA die Revision zurückgenommen und beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
B. Auf die Revision des Klägers werden das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung des FA vom 9. Juli 2009 (zum Änderungsbescheid zur Einkommensteuer 2003 vom 7. Mai 2009) aufgehoben. Die Klage gegen den im Revisionsverfahren ergangenen Teilabhilfebescheid vom 11. Mai 2015 wird abgewiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).
I. Das angefochtene Urteil ist aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, da der nach Ergehen des FG-Urteils und damit während des Revisionsverfahrens ergangene Änderungsbescheid vom 11. Mai 2015 an die Stelle des ursprünglich angefochtenen Bescheids getreten ist. Dem FG-Urteil liegt infolgedessen ein nicht mehr existierender Bescheid zugrunde und das angefochtene Urteil kann deswegen keinen Bestand mehr haben. Der Bescheid vom 11. Mai 2015 ist nach § 68 Satz 1 FGO Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden. Da die vom FG festgestellten tatsächlichen Grundlagen des Streitstoffs durch die Änderung des angefochtenen Bescheids unberührt geblieben sind, bedarf es keiner Zurückverweisung der Sache gemäß § 127 FGO (z.B. Senatsurteil vom 7. September 2011 I R 12/11, BFHE 235, 225, BStBl II 2012, 194). Das finanzgerichtliche Verfahren leidet nicht an einem Verfahrensmangel, so dass die vom FG insoweit getroffenen tatsächlichen Feststellungen durch die Aufhebung des Urteils nicht weggefallen sind; sie bilden daher nach wie vor die Grundlage für die Entscheidung des Senats.
II. Die Revision des Klägers ist mit ihrem Hauptantrag, das FA dazu zu verpflichten, den Einkommensteuerbescheid des Streitjahres zu ändern (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 182 Abs. 1 AO), zulässig, aber unbegründet. Das FG hat ohne Rechtsfehler eine entsprechende Pflicht des FA abgelehnt. Es hat darüber hinaus zu Recht dahin erkannt, dass eine Änderung zugunsten des Klägers bezogen auf den Änderungsbescheid vom 7. Mai 2009 aus verfahrensrechtlichen Gründen durch die im Bescheid vom 3. Mai 2005 festgesetzte Einkommensteuer beschränkt war; da damit eine über den im Änderungsbescheid vom 11. Mai 2015 festgesetzte (herabgesetzte) Einkommensteuer hinausgehende Minderung ausgeschlossen war, ist die Klage abzuweisen.
1. Gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ist ein Steuerbescheid zu ändern, soweit ein Grundlagenbescheid i.S. von § 171 Abs. 10 AO, dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen oder geändert wird. Zu den Grundlagenbescheiden zählen gemäß § 171 Abs. 10 Satz 1, § 179 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 AO auch die Feststellungsbescheide nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO.
Die Bindungswirkung gemäß § 182 Abs. 1 Satz 1 AO verpflichtet das für den Erlass eines Folgebescheids zuständige FA, den Grundlagenbescheid umzusetzen. Die Vorschrift stellt die Anpassung des Folgebescheids mithin nicht in das Ermessen der Finanzbehörden (z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 18. Juli 2012 X R 28/10, BFHE 238, 484, BStBl II 2013, 444, m.w.N.). Die Bindung an den Feststellungsbescheid schließt es aus, über einen Sachverhalt, über den im Feststellungsverfahren entschieden worden ist, im Folgeverfahren in einem damit unvereinbaren Sinne anders zu entscheiden (z.B. BFH-Urteile vom 18. April 2012 X R 34/10, BFHE 237, 135, BStBl II 2012, 647; in BFHE 238, 484, BStBl II 2013, 444).
2. Die Voraussetzungen des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO zur Änderung der Einkommensteuerfestsetzung des Streitjahres sind für den vom Kläger begehrten Abzug der Sonderausgaben nicht erfüllt.
a) Die Bindungswirkung des Feststellungsbescheids bestimmt sich nach seinem Verfügungssatz; maßgeblich ist, in welchem Umfang und mit welchem Inhalt die Behörde Besteuerungsgrundlagen in den Tenor des Verwaltungsakts aufgenommen hat. Dies erfordert eine Auslegung des Feststellungsbescheids entsprechend § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dahin, wie ein verständiger Empfänger nach den ihm bekannten Umständen den Bescheid unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste (z.B. BFH-Urteil in BFHE 238, 484, BStBl II 2013, 444).
aa) Gegenstand des Feststellungsbescheids waren zunächst die Höhe und die personelle Zuordnung der Beteiligungseinkünfte der Beteiligten an der A-KG. Darüber hinaus wurden vom FA ‑‑worin die Beteiligten und das FG übereinstimmen‑‑ die Zahlungen des Klägers und seiner Brüder als "mit ihnen (den Einkünften) im Zusammenhang stehende andere Besteuerungsgrundlagen" (§ 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO) festgestellt und als "Sonderausgaben im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abzugsfähige Renten oder dauernde Lasten (bei Renten Ertragsanteil)" qualifiziert. Dazu bestand aus der Sicht des feststellenden FA Anlass, um die Abgrenzung von Sonderausgaben zu einkünfteerheblichen (Sonder-)Betriebsausgaben und innerhalb des Begriffs der Sonderausgaben den Umfang der Abzugsfähigkeit für alle von der Vermögensübergabe begünstigten (und an die Mutter des Klägers zahlenden) Beteiligten einheitlich zu regeln (s. insoweit auch Urteil des FG München vom 26. Juli 2005 6 K 85/03, EFG 2006, 11). Damit konnten ‑‑dem Normzweck entsprechend‑‑ unterschiedliche Entscheidungen bei den einzelnen Feststellungsbeteiligten sowie aufwendige Rückfragen bei dem Feststellungsfinanzamt vermieden werden. Ob jene Feststellung, die sich auf Sachumstände bezieht, die wesentlich aus der Sphäre des einzelnen Beteiligten stammen (die jeweilige monatliche Zahlung), zu Recht auf § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO gestützt werden konnte, bedarf keiner Entscheidung; denn auch ein unter Verletzung der in der Abgrenzung von Grundlagen- und Folgebescheid liegenden Kompetenzverteilung ergangener Feststellungsbescheid ist nicht nichtig, sondern wirksam und damit bindend (z.B. BFH-Urteil in BFHE 238, 484, BStBl II 2013, 444, m.w.N.).
bb) Jene Feststellung erstreckt sich allerdings nur auf den Tatbestand des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG 2002. Sie berührt hingegen nicht die für die Einkommensbesteuerung des Klägers maßgebende Frage, ob mit Blick auf § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG 2002 ein einkommensmindernder Abzug von Sonderausgaben in Betracht kommt.
b) Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegenhalten, sein in der Feststellungserklärung angegebener ausländischer Wohnsitz sei Gegenstand des Feststellungsverfahrens.
aa) Die gesonderte und einheitliche Feststellung (z.B. die des § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO) ergeht gegenüber jedem einzelnen Beteiligten (§ 179 Abs. 2 Satz 2 AO). Damit ist im Feststellungsverfahren jeder einzelne Beteiligte als Inhaltsadressat des Feststellungsbescheids zu identifizieren bzw. im Bescheid zu bezeichnen. Auf dieser Grundlage war für den Kläger auch ein niederländischer Wohnsitz erklärt und im Feststellungsbescheid erfasst worden. Die Art der persönlichen Steuerpflicht des Klägers in dem dem Feststellungszeitraum entsprechenden Veranlagungszeitraum (unbeschränkte oder beschränkte Steuerpflicht), die für die Frage, ob ein Abzugshindernis für einen Sonderausgabenabzug bestehen kann (§ 50 Abs. 1 Satz 4 EStG 2002), von Bedeutung ist, ist allerdings nicht Gegenstand des Feststellungsverfahrens. Es handelt sich vielmehr um Sachumstände der persönlichen Sphäre des Beteiligten, die nach Maßgabe der Rechtsgrundsätze im Beschluss des Großen Senats des BFH vom 11. April 2005 GrS 2/02 (BFHE 209, 399, BStBl II 2005, 679) in keinem Zusammenhang mit der Beteiligung stehen (zutreffend Niedersächsisches FG, Urteil vom 5. März 2003 9 K 4/99, EFG 2003, 1108). Diese außerhalb des gesellschaftlichen Bereichs verwirklichten Umstände sind ‑‑auch unabhängig von einer Deklaration im Feststellungsverfahren‑‑ Gegenstand der Amtsermittlung (§ 85 AO) im Steuerfestsetzungsverfahren.
bb) Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass die Art der persönlichen Steuerpflicht von Beteiligten im Feststellungsverfahren des § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO von Bedeutung sein kann: So liegen etwa für einen ausländischen Gesellschafter einer inländischen Personengesellschaft bei ausländischen Betriebsstätteneinkünften insoweit keine im Inland steuerbaren und damit i.S. des § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO festzustellenden Einkünfte vor (Senatsurteil vom 24. Februar 1988 I R 95/84, BFHE 153, 101, BStBl II 1988, 663; s.a. z.B. Dremel, in Wassermeyer/Richter/Schnittker, Personengesellschaften im Internationalen Steuerrecht, 2010, Rz 26.36, m.w.N.). Eine solche Konstellation liegt im Streitfall jedoch nicht vor. Auch wenn neben der Einkünftefeststellung für den Streitfall insoweit die Feststellung von "Sonderausgaben" einberechnet wird, wird dieser Sachgegenstand von der Art der persönlichen Steuerpflicht der (zahlenden) Beteiligten nicht berührt. Denn die Anwendung der Ausnahmeregel des § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG 2002 ist von der Feststellung, dass die Voraussetzungen für einen Sonderausgabenabzug i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG 2002 erfüllt sind, unabhängig. Die Feststellung, dass Sonderausgaben vorliegen, ist nur die Tatbestandsvoraussetzung für den an weitere Voraussetzungen geknüpften Abzugsausschluss nach § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG 2002.
3. Das FA war entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht gehalten, eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO durchzuführen, wenn es "die persönlichen Voraussetzungen zu bejahen hat". Die Auswertung des Feststellungsbescheids durch das (Wohnsitz-)FA war mit dem Erlass des (Erst-)Einkommensteuerbescheids, der nicht angefochten und damit bestandskräftig wurde, abgeschlossen. Da das FA bei der Steuerfestsetzung auf der Grundlage des Wortlauts des § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG 2002 einen Sonderausgabenabzug nicht berücksichtigen konnte, ging die vom Kläger reklamierte Bindungswirkung jedenfalls ins Leere (§ 182 Abs. 1 Satz 1 AO: "soweit"). Sie wird auch nicht nachträglich durch das EuGH-Urteil Grünewald (EU:C:2015:109, DStR 2015, 474) und die dadurch veranlasste unionsrechtskonforme Auslegung des § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG 2002 in allen noch nicht bestandskräftigen Verfahren wieder "aktualisiert".
Eine Berücksichtigung der Sonderausgaben unter unionsrechtskonformer Auslegung des § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG 2002 war mit Blick auf den formell bestandskräftigen Einkommensteuerbescheid vielmehr nur unter Anwendung von § 177 Abs. 1 AO in dem Maß möglich, das zwar zunächst nicht vom FA, aber (jedenfalls im Grundsatz) im angefochtenen Urteil und später im Änderungsbescheid vom 11. Mai 2015 praktiziert wurde. Dies entspricht auch der Wertung im BFH-Urteil vom 21. Januar 2015 X R 40/12 (BFHE 248, 485), dass kein von einer nationalen Änderungsnorm losgelöster, genereller unionsrechtlicher Anspruch auf ein Wiederaufgreifen des Verfahrens oder eine Änderung des Steuerbescheids nach Feststellung eines Verstoßes gegen das Unionsrecht besteht. Dies hat das FG im angefochtenen Urteil im Ansatz zutreffend umschrieben, als es die (kompensierende) Berücksichtigung der dauernden Last für die Steuerberechnung auf einen Betrag beschränkt hat (45.882 €), der der Einkünfteerhöhung entspricht. Da sich die Wirkung des § 177 Abs. 1 AO jedoch auf den Tenor des Steuerbescheids (die festzusetzende Steuer) bezieht (s. insoweit § 177 Abs. 3 AO und Senatsbeschluss vom 11. Juli 2007 I R 96/04, BFH/NV 2008, 6), hat das FA im Änderungsbescheid vom 11. Mai 2015 die Steuer ohne Rechtsfehler auf den Betrag festgesetzt, der sich aus dem bestandskräftigen ursprünglichen Steuerbescheid ergibt (Korrekturbegrenzung). Im Übrigen sieht der Senat von einer weiteren Erörterung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 177 Abs. 1 AO ‑‑die erfüllt und auch nicht im Streit sind‑‑ ab.
4. Eine Vorlage an den EuGH (Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union) ist nicht veranlasst. Die verfahrensrechtlichen Besonderheiten infolge der Bestandskraft des ursprünglichen (Erst-)Steuerbescheids zur Einkommensteuer 2003 (eingetreten nach der Auswertung des ursprünglichen Feststellungsbescheids durch das [Wohnsitz-]FA unter Berücksichtigung des Wortlauts des § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG 2002) beruhen nicht auf einer diskriminierenden Wirkung von nationalen Regelungen gegenüber dem Kläger.
III. Die Revision des Klägers ist mit ihrem hilfsweise gestellten Antrag, die Kostenentscheidung im angefochtenen Urteil abzuändern, zulässig; die Kostenquote ist abweichend zu berechnen.
1. Zwar kann nach § 145 FGO die Kostenentscheidung eines finanzgerichtlichen Urteils nicht alleiniger Gegenstand eines Rechtsmittelverfahrens sein. Dies soll widersprüchliche Entscheidungen ausschließen, wenn das Rechtsmittelgericht im Zuge der Nachprüfung der Kostenentscheidung die Hauptsache anders beurteilen würde als das FG in der unanfechtbar gewordenen Entscheidung zur Hauptsache. Damit ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass das Rechtsmittelgericht in einem mit Blick auf eine eigenständige Beschwer in der Hauptsache zulässigen Rechtsmittelverfahren auch die Kostenentscheidung im angefochtenen Urteil überprüft (z.B. BFH-Urteil vom 22. Mai 1979 VIII R 218/78, BFHE 128, 314, BStBl II 1979, 741; s.a. BFH-Beschluss vom 11. Februar 2015 V B 107/14, BFH/NV 2015, 698) und es darum geht, einen Widerspruch zwischen der Kostenentscheidung im angefochtenen Urteil mit dem Urteilsausspruch in der Hauptsache zu korrigieren bzw. eine Übereinstimmung der Kostenentscheidung mit dem Urteilsausspruch in der Hauptsache zu erreichen.
2. Die auch im Zuge der Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidung (s. zu I.) ermöglichte Prüfung der dieses Verfahren betreffenden Kostengrundentscheidung hat ergeben, dass die Kostenquote im angefochtenen Urteil ‑‑die ausweislich der Entscheidungsgründe des FG ausschließlich nach dem Maß des gegenseitigen Obsiegens bzw. Unterliegens der Beteiligten zu ermitteln war (§ 136 Abs. 1 Satz 1 FGO), wobei das Verpflichtungsbegehren in der Wertbemessung des Anfechtungsbegehrens enthalten war und keine Erhöhung des Streitwerts zur Folge hatte (so S. 19 des Urteilsabdrucks des FG-Urteils)‑‑ rechnerisch unzutreffend errechnet wurde. Der Kläger hat für das vorinstanzliche Verfahren zu Recht mit Blick auf sein Begehren (Minderung der Bemessungsgrundlagen der verschiedenen Streitjahre um 225.450 €) und seinen Erfolg (Minderung der Bemessungsgrundlagen um 196.182 €) eine eigene Unterliegensquote von 13 % (gerundet) berechnet. Damit sind ihm 13 % der beim FG entstandenen Kosten aufzuerlegen, dem FA 87 %.
IV. Das FA hat die eigene Revision in der mündlichen Verhandlung wirksam zurückgenommen (§ 125 Abs. 1 Satz 1 FGO). Insoweit war das Verfahren einzustellen.
V. Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen der Kläger zu 35 % und das FA zu 65 % (§ 135 Abs. 2, § 136 Abs. 2 FGO).
Dieser Kostenentscheidung liegt Folgendes zugrunde: Das FA hat in dem nur das Streitjahr betreffenden Revisionsverfahren um die Urteils-Stattgabe durch das FG (Auswirkung auf die Bemessungsgrundlage: 45.882 €) gestritten, der Kläger davon unabhängig um 29.268 € (Bemessungsgrundlage) - die steuerliche Auswirkung (streitige Höhe der Einkommensteuer bei Berücksichtigung der vollen Höhe der Zahlung) wurde im finanzgerichtlichen Verfahren mit 36.457 € errechnet. Der Kläger streitet zusätzlich hilfsweise um weitere Entlastung in Höhe von 14 % der gerichtlichen/außergerichtlichen Kosten des finanzgerichtlichen Verfahrens von ca. 2.000 € Gerichtskosten und geschätzt 2.500 € außergerichtliche Kosten, entsprechend ca. 630 €. Der Gesamtstreitwert (als Summe, § 45 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes, da verschiedene Streitgegenstände vorliegen) beträgt damit 37.087 €, der Kläger obsiegt zu (23.332 € zzgl. 630 € =) 23.962 €, entsprechend 65 %.