BFH X. Senat
ZPO § 586 Abs 2 S 2, FGO § 134, ZPO § 586 Abs 3, FGO § 56
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Tatbestand
I. Der Antragsteller hatte im Jahr 2006 Klage gegen die Festsetzung der Wohnungsbauprämie in Höhe von 0 € erhoben. Dieses Verfahren war durch Urteil des Finanzgerichts (FG) Düsseldorf vom 29. Juni 2006 2 K 92/06 P abgeschlossen worden. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein zu führendes Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren durch Beschluss vom 8. August 2006 X S 12/06 (PKH) abgelehnt. Ein im Jahr 2008 gestellter Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens hatte keinen Erfolg. Ebenfalls erfolglos blieb sein im Jahr 2012 erneut gestellter Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens 2 K 92/06 P wegen Wohnungsbauprämie für 1998. Mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2014 begehrte der Antragsteller mit einer erneuten Klage, das Verfahren wegen Wohnungsbauprämie wieder aufzunehmen. Seiner Auffassung nach sei das gegen ihn ergangene (ursprüngliche) Urteil aufzuheben. Es beruhe auf Ermittlungen des Steuerfahnders X, dem es nur um den Fahndungserfolg gegangen sei. Die Ermittlungsergebnisse der Steuerfahndung unterlägen einem Verwertungsverbot. Ihm, dem Kläger, sei fälschlicherweise ein Schweizer Konto zugerechnet worden.
Das FG wies die Klage durch Urteil vom 30. Juli 2015 ab. Die Wiederaufnahmeklage des Antragstellers sei nicht statthaft, weil seit dem Tag der Rechtskraft des Urteils 2 K 92/06 P mehr als fünf Jahre vergangen seien.
Mit seinem persönlich an den BFH gerichteten Schreiben vom 14. August 2015 begehrt der Antragsteller, ihm für ein durchzuführendes Beschwerdeverfahren wegen der Nichtzulassung der Revision im Urteil vom 30. Juli 2015 PKH zu gewähren.
Beamte der Steuerfahndung hätten sich ihm gegenüber rechtswidrig verhalten. Diese würden von der im Streitfall als Einzelrichterin tätig gewordenen Richterin gedeckt. Sie habe ihm, dem Antragsteller, gegenüber in einem bereits 2001 geführten Rechtsstreit die Akteneinsicht verweigert. Diese Richterin gehe auf seinen Wiedereinsetzungsantrag nicht ein. In dem durchzuführenden Wiederaufnahmeverfahren müssten die von ihm beigebrachten Beweise Beachtung finden. Die Ergebnisse der Ermittlungen der Steuerfahndung unterlägen einem Verwertungsverbot. Ob ein Rechtsstaat wie von ihm beschrieben gegen einen Bürger vorgehen dürfe, habe grundsätzliche Bedeutung.
Entscheidungsgründe
II. Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Der vom Antragsteller selbst gestellte PKH-Antrag ist zulässig, weil für den Antrag ungeachtet der Regelung des § 62 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kein Vertretungszwang besteht (Senatsbeschluss vom 18. Januar 2012 X S 27/11 (PKH), BFH/NV 2012, 758).
2. Nach § 142 FGO i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) ist einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Eine solche Erfolgsaussicht ist im Streitfall zu verneinen. Mit der Beschwerde kann die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO nur erreicht werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, wenn die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert, oder wenn ein Verfahrensfehler des FG geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Aus dem Vorbringen des Antragstellers, der Entscheidung des FG und aus den den Streitfall betreffenden Akten, sind Anhaltspunkte für das Vorliegen von Zulassungsgründen i.S. des § 115 Abs. 2 FGO nicht erkennbar.
a) Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO sind nicht ersichtlich:
aa) Soweit der Antragsteller rügt, ihm sei keine ausreichende Akteneinsicht gewährt worden, betrifft dies nach dem eigenen Vorbringen des Antragstellers nicht das vorliegend zu beurteilende Verfahren, sondern ein anderes finanzgerichtliches Verfahren, das im Jahr 2001 beim FG anhängig war.
bb) Ohne Erfolg ist auch das Vorbringen des Antragstellers, das FG habe im Streitfall sein Wiederaufnahmebegehren nicht in der Sache geprüft und insbesondere seine Nachweise unberücksichtigt gelassen, dass er nicht Inhaber des ihm angelasteten Kontos gewesen sei.
Zwar ist ein Verfahrensmangel anzunehmen, wenn das FG zu Unrecht eine Klage als unzulässig ansieht und sich aus diesem Grund nicht mit der Sache befasst (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 80, m.w.N. aus der BFH-Rechtsprechung).
Das FG indessen hat im Streitfall zu Recht die Wiederaufnahmeklage als nicht statthaft angesehen. Auf das Vorliegen der vom Kläger geltend gemachten Wiederaufnahmegründe kam es daher nicht an.
Nach § 134 FGO i.V.m. § 586 Abs. 2 ZPO sind nach Ablauf von fünf Jahren, von dem Tag der Rechtskraft des Urteils an gerechnet, Klagen wegen Wiederaufnahme des Verfahrens unstatthaft, es sei denn, es liegen die Voraussetzungen des § 586 Abs. 3 ZPO (Nichtigkeitsklage wegen mangelnder Vertretung) vor. Eine Verlängerung der Frist ist unzulässig. Sie beginnt grundsätzlich mit dem Eintritt der Rechtskraft, und zwar unabhängig davon, ob dem Kläger ein Anfechtungsgrund bekannt ist. Auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand findet nicht statt (BFH-Beschluss vom 4. September 1996 II S 6/96, nicht veröffentlicht).
Gegen das ursprüngliche FG-Urteil 2 K 92/06 P wurde kein Rechtsmittel eingelegt. Dieser Mangel hätte nur geheilt werden können, wenn der BFH auf den vom Antragsteller innerhalb der Rechtsmittelfrist gestellten PKH-Antrag (zu dem Erfordernis eines fristgerechten Antrags vgl. Gräber/Stapperfend, a.a.O., § 142 Rz 41) PKH gewährt hätte und dem Kläger sodann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren wäre. Der BFH hat indessen den PKH-Antrag durch Beschluss vom 8. August 2006 X S 12/06 (PKH) abgelehnt. Damit stand ab diesem Zeitpunkt fest, dass die Durchführung eines Rechtsmittelverfahrens gegen das FG-Urteil 2 K 92/06 P nicht in Betracht kam. Seit diesem Zeitpunkt sind mehr als fünf Jahre vergangen. Die Frist des § 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist daher verstrichen.
cc) Auch aus dem Vorbringen des Antragstellers, die im Streitfall als Einzelrichterin tätig gewordene Richterin sei befangen, ergibt sich kein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO.
Ein Verstoß gegen § 119 Nr. 1 FGO liegt nur dann vor, wenn der Beschluss, durch den das Ablehnungsgesuch zurückgewiesen worden ist, greifbar gesetzwidrig und damit willkürlich ist (BFH-Beschluss vom 13. Januar 2003 III B 51/02, BFH/NV 2003, 640). Eine solche greifbare Gesetzwidrigkeit des Beschlusses vom 22. Dezember 2014, durch den der Befangenheitsantrag des Antragstellers zurückgewiesen worden ist, vermag der beschließende Senat nicht zu erkennen.
dd) Soweit der Antragsteller das angeblich rechtswidrige Verhalten mehrerer Verwaltungsbeamter beanstandet, vermag dies einen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO nicht zu begründen, weil die Vorschrift nur Fehler im gerichtlichen Verfahren, nicht aber solche des Verwaltungsverfahrens erfasst (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 76 f., m.w.N. aus der BFH-Rechtsprechung). Substantielles Vorbringen für das Vorbringen eines Verwertungsverbots ist nicht gegeben.
b) Die Streitsache hat auch i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO keine grundsätzliche Bedeutung. Der Streitfall betrifft keine Rechtsfrage, die über den konkreten Einzelfall hinausgehend im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und klärungsfähig ist.
3. Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen (Gräber/ Stapperfend, a.a.O., § 142 Rz 93).