BFH VIII. Senat
AO § 180 Abs 1 Nr 2 Buchst a, EStG § 4 Abs 4, EStG § 10 Abs 1 Nr 6, EStG § 12 Nr 1, EStG VZ 2008 , StSofortPG Art 1 Nr 3, StBGebV § 24 Abs 1 Nr 2, StBGebV § 25, StBGebV § 26, StBGebV § 33, StBGebV § 34, StBGebV § 35, StBGebV § 39, AO § 181 Abs 2, FGO § 115 Abs 2 Nr 1, FGO § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 1, GG Art 3 Abs 1
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht , 03. März 2014, Az: 13 K 274/12
Leitsätze
1. NV: In der Rechtsprechung des BFH ist geklärt, dass Aufwendungen, die der Steuerberater für die Übertragung der Ergebnisse der Gewinnermittlung in die Vordrucke der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von steuerpflichtigen Einkünften in Rechnung stellt (vgl. § 24 Abs. 1 Nr. 2 der Steuerberatergebührenordnung - heute Steuerberatervergütungsverordnung), nicht als Betriebsausgaben der Gesellschaft abgezogen werden können .
2. NV: Dies gilt auch nach Abschaffung des Sonderausgabenabzugs für nicht einkünftebezogene Steuerberatungskosten nach § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG a.F. durch das Gesetz zum Einstieg in ein steuerliches Sofortprogramm vom 22. Dezember 2005 (BGBl I 2005, 3682, BStBl I 2006, 79) .
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 4. März 2014 13 K 274/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
I. Die beiden Gesellschafter der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) sind als Ärzte tätig. Diese Einkünfte der Klägerin aus freiberuflicher Tätigkeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes ‑‑EStG‑‑) werden vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt ‑‑FA‑‑) nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO) gesondert und einheitlich festgestellt.
Im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung stellte das FA fest, dass diese im Streitjahr u.a. Steuerberatungskosten in Höhe von 8.416,87 € als Betriebsausgaben geltend gemacht hatte. Diese setzten sich wie folgt zusammen:
Leistung
StBGebV
Betrag
Gesonderte Feststellung der Einkünfte aus ärztlicher Gemeinschaftspraxis
§ 24 Abs. 1 Nr.2
1.572,00
Bilanz mit Gewinn- und Verlustrechnung
§ 35 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a
3.915,00
Prüfungsbericht § 18 KWG
§ 35 Abs. 1 Nr. 6
1.566,00
Auslagen
§ 16
20,00
Nettorechnungsbetrag
7.073,00
19 % Umsatzsteuer
§ 15
1.343,87
Bruttorechnungsbetrag
8.416,87
Mit geändertem Feststellungsbescheid vom 23. Juli 2012 erkannte das FA die Aufwendungen für die "Gesonderte Feststellung der Einkünfte aus ärztlicher Gemeinschaftspraxis" nach § 24 Abs. 1 Nr. 2 der Steuerberatergebührenverordnung ‑‑StBGebV‑‑ (heute: Steuerberatervergütungsverordnung) in Höhe des Bruttobetrages nicht mehr als Betriebsausgaben an, da Steuerberatungskosten für die Erstellung der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) keine Betriebsausgaben der Gesellschaft seien, sondern ebenso wie die Verpflichtung zur Abgabe der Einkommensteuererklärung den privaten Bereich der Gesellschafter beträfen.
Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht als unbegründet ab.
Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unbegründet.
Die Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑) noch zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt. FGO) zuzulassen.
1. Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage, ob Steuerberatungskosten, die auf die Erstellung der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung entfallen, als Betriebsausgaben abzugsfähig sind, hat keine grundsätzliche Bedeutung.
a) "Grundsätzliche Bedeutung" kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des BFH zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalles maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 19. Dezember 2014 XI B 12/14, BFH/NV 2015, 534; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 23, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).
Eine Rechtsfrage ist u.a. dann nicht klärungsbedürftig, wenn sie bereits durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH erforderlich machen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 14. Juli 2008 VIII B 179/07, BFH/NV 2008, 1874; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 28, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).
b) In der Rechtsprechung des BFH ist geklärt, dass Aufwendungen, die der Steuerberater für die Übertragung der Ergebnisse der Gewinnermittlung in die Vordrucke der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von steuerpflichtigen Einkünften in Rechnung stellt (vgl. § 24 Abs. 1 Nr. 2 StBGebV), nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden können, da es sich bei der Pflicht zur Abgabe der Gewinnfeststellungserklärung (§ 181 Abs. 2 AO) nicht um eine betriebliche Verbindlichkeit der Gesellschaft, sondern um eine private Verpflichtung der Gesellschafter handelt (BFH-Urteile vom 24. November 1983 IV R 22/81, BFHE 139, 544, BStBl II 1984, 301; vom 21. Mai 1987 IV R 134/83, BFHE 150, 300, BStBl II 1987, 764; vom 13. Juli 1994 XI R 55/93, BFHE 175, 160, BStBl II 1994, 907; vom 6. April 1995 VIII R 10/94, BFH/NV 1996, 22; BFH-Beschluss vom 28. Oktober 1998 XI B 34/98, BFH/NV 1999, 610).
Zweck der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Einkünften ist es, die der Einkommensbesteuerung dienenden Grundlagen, die mehrere Personen betreffen, gemeinsam und mit Wirkung für und gegen alle Beteiligten bindend festzustellen. Da die Einkommensteuer keine Betriebssteuer ist und daher die Abgabe der Einkommensteuererklärung auch nicht als betriebliche Verpflichtung angesehen werden kann, muss dies auch für die Verpflichtung zur Erstellung der Erklärung über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gelten. Deren Kosten sind daher ‑‑wie Steuerberatungskosten zur Erstellung der Einkommensteuererklärung (vgl. § 24 Abs. 1 Nr. 1 StBGebV)‑‑ nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig.
c) Es ist ebenfalls geklärt, dass Steuerberatungskosten dann als Betriebsausgaben ‑‑oder Werbungskosten‑‑ abzugsfähig sind, wenn und soweit sie im Zusammenhang mit der Ermittlung der Einkünfte bzw. des Gewinns stehen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 5. Februar 1953 IV 454/52 U, BFHE 57, 190, BStBl III 1953, 75; vom 30. April 1965 VI 207/62 S, BFHE 82, 449, BStBl III 1965, 410; vom 18. November 1965 IV 151/64 U, BFHE 84, 519, BStBl III 1966, 190; vom 22. Mai 1987 III R 220/83, BFHE 150, 148, BStBl II 1987, 711; in BFH/NV 1996, 22; vom 4. Februar 2010 X R 10/08, BFHE 228, 317, BStBl II 2010, 617).
aa) Betriebsausgaben sind Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind (§ 4 Abs. 4 EStG). Eine solche Veranlassung ist dann gegeben, wenn die Aufwendungen objektiv mit dem Betrieb zusammenhängen und subjektiv dem Betrieb zu dienen bestimmt sind (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, m.w.N.).
bb) Abziehbar sind demnach ‑‑wie auch im Streitfall geschehen‑‑ insbesondere die Kosten der Buchführung (vgl. §§ 33, 34 StBGebV) und der Erstellung des Jahresabschlusses in Form einer Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung (vgl. §§ 35, 39 StBGebV) oder die Erstellung der Einnahmenüberschussrechnung (vgl. §§ 25, 26 StBGebV), da es sich hierbei um eine betriebliche Verpflichtung der Gesellschaft handelt (BFH-Urteile vom 20. März 1980 IV R 89/79, BFHE 130, 165, BStBl II 1980, 297; in BFHE 139, 544, BStBl II 1984, 301; in BFH/NV 1996, 22). Die vorgenannten Gebührentatbestände umfassen nicht nur die Ermittlung des steuerlichen Gewinns der Personengesellschaft, sondern auch die Ergebnisse des Sonderbetriebsvermögens und etwaiger Ergänzungsbilanzen (vgl. Eckert/Boelsen, StBGebV, 5. Aufl., § 35 Rz 6.4; Berners, Praxiskommentar StBGebV, 4. Aufl., § 25 Rz 13, § 35 Rz 45).
d) Die von der Klägerin geltend gemachten Gesichtspunkte machen keine erneute Prüfung und Entscheidung der aufgeworfenen Rechtsfrage durch den BFH erforderlich. Denn die Abschaffung des Sonderausgabenabzugs für dem privaten Bereich zuzuordnende Steuerberatungskosten nach § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG a.F. durch das Gesetz zum Einstieg in ein steuerliches Sofortprogramm (StSofortPG) vom 22. Dezember 2005 (BGBl I 2005, 3682, BStBl I 2006, 79), führt ‑‑entgegen der Auffassung der Klägerin‑‑ weder dazu, dass die Grundlage für die oben dargestellte Rechtsprechung entfallen wäre, noch entsteht dadurch eine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke.
aa) Da der Sonderausgabenabzug für die als privat einzuordnenden Steuerberatungskosten nur die (zwangsläufige) gesetzliche Folge und nicht Grundlage der oben dargestellten Abgrenzung durch die Rechtsprechung war, ist die Abschaffung des Sonderausgabenabzugs durch das StSofortPG kein Gesichtspunkt, der eine erneute Befassung des BFH mit dieser Rechtsfrage erfordert. Denn nach § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG kommt ein Sonderausgabenabzug nur für Aufwendungen in Betracht, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind. Wenn die Steuerberatungskosten jedoch nach den unter II.1.c dargestellten Grundsätzen der Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Einkünfteerzielung stehen, sind sie von der Gesetzesänderung des § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG nicht betroffen und unter Beachtung des objektiven Nettoprinzips unverändert als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar (BFH-Urteil in BFHE 228, 317, BStBl II 2010, 617).
bb) Durch den Wegfall des Sonderausgabenabzugs und die damit verbundene Nichtabzugsfähigkeit von nicht einkünftebezogenen Steuerberatungskosten ist auch keine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke entstanden.
Diese das subjektive Nettoprinzip betreffende Rechtsfrage hat der BFH dahingehend entschieden, dass der Gesetzgeber dazu berechtigt war, den steuermindernden Abzug von außerhalb der Einkünfteerzielung anfallenden Steuerberatungskosten nicht mehr zuzulassen. Es besteht kein verfassungsrechtlicher Anspruch des Steuerpflichtigen, alle Steuerberatungskosten steuerlich geltend machen zu können (grundlegend: BFH-Urteil in BFHE 228, 317, BStBl II 2010, 617).
e) Auch die weiteren von der Klägerin vorgebrachten Erwägungen enthalten keine neuen Gesichtspunkte, die eine erneute Prüfung der aufgeworfenen Rechtsfrage durch den BFH erfordern. Die Klägerin macht geltend, die Gründung einer Praxisgemeinschaft diene der Betriebs- und Gewinnoptimierung, so dass auch die damit zwangsläufig einhergehenden Mehrkosten des Feststellungsverfahrens steuerlich berücksichtigungsfähig sein müssten. Die Durchführung eines der Einkommensteuerfestsetzung vorgelagerten gesonderten Gewinnfeststellungsverfahrens diene allein der Verwaltungsvereinfachung und die Klägerin werde durch die Nichtabzugsfähigkeit dieser Mehrkosten gegenüber anderen Steuerpflichtigen unangemessen benachteiligt.
Hierzu hat der BFH bereits entschieden, dass die Pflicht zur Abgabe einer Feststellungserklärung zwar zwangsläufige Folge einer Beteiligung an einer Personengesellschaft ist. Aber auch wenn die Erklärungspflicht eine einkommensteuerlich relevante Erwerbssphäre voraussetzt, ist doch für die Beurteilung ihres Bestimmungsgrundes entscheidend, dass sie durch die Verpflichtung zur Zahlung der Einkommensteuer, d.h. einer die Privatsphäre des Steuerpflichtigen zuzuordnenden persönlichen Steuer veranlasst ist (BFH-Urteil in BFH/NV 1996, 22).
2. Die Revision ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt. FGO) zuzulassen.
a) Die Revision ist zur Fortbildung des Rechts zuzulassen, wenn davon auszugehen ist, dass im Einzelfall Veranlassung besteht, Grundsätze und Leitlinien für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen (z.B. BFH-Beschlüsse vom 11. November 2008 XI B 17/08, BFH/NV 2009, 429; vom 24. Juni 2014 XI B 45/13, BFH/NV 2014, 1584; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 115 FGO Rz 147). Dieser Zulassungsgrund setzt eine klärungsbedürftige und klärbare Rechtsfrage voraus (BFH-Beschluss vom 13. November 2012 II B 123/11, BFH/NV 2013, 255, m.w.N.).
b) Wie bereits unter II.1. dargestellt, ist zum einen die Rechtsfrage nicht klärungsbedürftig und zum anderen liegt nach der Abschaffung des Sonderausgabenabzugs für nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähige Steuerberatungskosten auch keine durch die Rechtsprechung auszufüllende Regelungslücke vor, da es ‑‑wie bereits dargelegt‑‑ verfassungsrechtlich nicht geboten ist, sämtliche Steuerberatungskosten steuermindernd zu berücksichtigen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.