BFH III. Senat
EStG § 7 Abs 4 S 2, FGO § 115 Abs 2 Nr 1, FGO § 115 Abs 2 Nr 2, FGO § 118 Abs 2, EStG § 7 Abs 4 S 1
vorgehend Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt , 27. Oktober 2013, Az: 1 K 492/08
Leitsätze
1. NV: Herstellungskosten für ein Gebäude können mit den für dieses Gebäude maßgebenden AfA-Sätzen und nicht nach der mutmaßlichen kürzeren Dauer des Pachtverhältnisses abgesetzt werden .
2. NV: Mietereinbauten sind am Ende der Pachtdauer nicht wirtschaftlich verbraucht, wenn der Verpächter ihren Zeitwert zu vergüten hat .
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 28. Oktober 2013 1 K 492/08 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
I. Die Tochter der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) erwarb im Jahr 2001 ein mit einem sanierungsbedürftigen Gutshaus bebautes Grundstück, das sie im November 2002 an die Klägerin verpachtete. Der Pachtvertrag begann im November 2002 und sollte mit Ablauf des 31. Dezember 2014 enden. Alle Pächtereinbauten sollten mit Vertragsablauf entschädigungslos auf die Verpächterin übergehen.
Die Klägerin schuf im Streitjahr 2003 u.a. Ferienwohnungen und Gästezimmer, einen Saunaraum sowie einen Frühstücksraum, einen Festsaal, eine Küche und ein Billardzimmer. Die Herstellungskosten erfasste sie in ihrem Anlagevermögen und schrieb sie ab. Im Frühling des Streitjahres 2004 vereinbarte die Klägerin mit ihrer Tochter eine Verlängerung der Pachtdauer bis zum 31. Dezember 2019; die Pächterum- und -einbauten sollten entsprechend ihrer Restwerte gegen Entgelt an die Verpächterin übergehen. Weiterhin wurde vereinbart, dass die Betriebseröffnung im Juli 2004 erfolge und für die ersten fünf Jahre nach Betriebseröffnung keine Pacht zu zahlen sei.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) erließ nach einer Betriebsprüfung geänderte Einkommensteuerbescheide sowie Bescheide über den vortragsfähigen Gewerbeverlust, in denen die Aufwendungen der Klägerin für die Komplettsanierung des Gebäudes nach den Grundsätzen der Gebäudeabschreibung behandelt wurden und nicht wie zuvor nach der kürzeren Pachtdauer.
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, die Abschreibung von Mietereinbauten richte sich nach Gebäudegrundsätzen; ältere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), wonach sich die Dauer der Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach der kürzeren Dauer des Nutzungsverhältnisses richten könne, sei überholt. Eine besondere betriebstypische Beanspruchung, die zu einer Verkürzung der wirtschaftlichen oder technischen Nutzungsdauer führen könne, sei nicht ersichtlich. Angesichts der flexiblen Vertragsanpassung im Frühling 2004, die unter fremden Dritten nicht denkbar sei und nur durch das Verwandtschaftsverhältnis der Vertragspartner erklärt werden könne, sei davon auszugehen, dass das Nutzungsverhältnis auch zukünftig verlängert werde.
Zur Begründung ihrer gegen die Nichtzulassung der Revision gerichteten Beschwerde trägt die Klägerin vor, die Rechtsfrage, ob ein Mieter aufgrund der zeitlichen Beschränkung des zwischen ihm und dem Grundstückseigentümer abgeschlossenen Pachtvertrages eine kürzere AfA gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zugrunde zu legen habe, wenn der Vertrag kein Optionsrecht zur Verlängerung der Nutzungsdauer beinhalte, sei grundsätzlich bedeutsam. Das FG-Urteil weiche zudem vom Urteil des Sächsischen FG vom 6. Oktober 2001 6 K 552/09 (Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst ‑‑DStRE‑‑ 2012, 529) ab.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unbegründet und durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).
1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
a) Über die von der Klägerin herausgestellte Rechtsfrage könnte in einem Revisionsverfahren schon deshalb nicht entschieden werden, weil das FG davon ausgegangen ist, dass das Nutzungsverhältnis künftig verlängert werde. Diese Schlussfolgerung bindet den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO, da sie weder den Denkgesetzen noch allgemeinen Erfahrungssätzen widerspricht; sie ist zudem möglich (dazu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 118 Rz 54 ff.). Das FG hat daraus auch zutreffend gefolgert, dass deshalb ‑‑wie bei Einräumung einer Verlängerungsoption‑‑ von einer längeren als der vereinbarten Pachtzeit auszugehen sei.
b) An der grundsätzlichen Bedeutung würde es aber auch deshalb fehlen, weil die Rechtsfrage bereits entschieden ist. Der BFH hat ‑‑wie das FG zutreffend ausführt‑‑ im Urteil vom 25. Februar 2010 IV R 2/07 (BFHE 228, 431, BStBl II 2010, 670) entschieden, dass Herstellungskosten für ein Gebäude mit den für dieses Gebäude maßgebenden AfA-Sätzen und nicht nach der mutmaßlichen kürzeren Dauer des Pachtverhältnisses abgesetzt werden können, da § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG ausdrücklich auf die (voraussichtliche) tatsächliche Nutzungsdauer des Gebäudes und nicht auf eine davon ggf. abweichende kürzere Dauer des Miet- oder Pachtverhältnisses abstelle. Kommt es auf die Pachtdauer aber nicht an, so ist unerheblich, ob sie aufgrund einer Option vom Pächter verlängert werden könnte.
Ein Steuerpflichtiger kann sich gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG zudem auf eine die technische Nutzungsdauer unterschreitende wirtschaftliche Nutzungsdauer nur berufen, wenn das Wirtschaftsgut vor Ablauf der technischen Nutzungsdauer objektiv wirtschaftlich verbraucht ist. Ein wirtschaftlicher Verbrauch ist nur anzunehmen, wenn die Möglichkeit einer wirtschaftlich sinnvollen (anderweitigen) Nutzung oder Verwertung endgültig entfallen ist (BFH-Urteil vom 4. März 2008 IX R 16/07, BFH/NV 2008, 1310). Daran würde es im Streitfall schon deshalb fehlen, weil die Verpächterin nach der Vertragsänderung den Zeitwert der Mietereinbauten zu vergüten hat, denn die Erzielung eines erheblichen Veräußerungserlöses steht einem wirtschaftlichen Verbrauch entgegen (z.B. BFH-Urteil vom 19. November 1997 X R 78/94, BFHE 184, 522, BStBl II 1998, 59).
2. Die von der Klägerin gerügte Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) liegt nicht vor.
Das den Umbau einer Bäckerei zu einem Antiquitätengeschäft betreffende Urteil des Sächsischen FG in DStRE 2012, 529 hat eine technische Nutzungsdauer von 20 Jahren angenommen, weil es sich im Wesentlichen nicht um langlebigere Bestandteile, sondern um Kosten technischer Einrichtungen wie Heizungsleitungen, Heizungskessel und Elektroinstallation sowie die Holzfenster und Fußboden gehandelt habe, und weiter ausgeführt, dass die wirtschaftliche Nutzungsdauer nicht weniger als 20 Jahre betrage, weil der Mietvertrag eine Mindestmietdauer von zehn Jahren und eine Verlängerungsoption um jeweils ein Jahr vorsehe, wenn keine vorherige Kündigung erfolge.
Dieser auf der Rechtsprechung des BFH beruhenden und ausdrücklich auf die Verhältnisse des Einzelfalles bezogenen Entscheidung widerspricht das angefochtene Urteil nicht, denn das FG hat keine gegenüber § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG verkürzte technische Nutzungsdauer der von der Klägerin vorgenommenen "Komplettsanierung" festgestellt. Die Ausführungen des Sächsischen FG zur wirtschaftlichen Nutzungsdauer der Umbauten tragen dessen Urteil dagegen nicht. Eine die technische Nutzungsdauer unterschreitende wirtschaftliche Nutzungsdauer kam dort, was das Sächsische FG möglicherweise übersehen hat, im Übrigen schon deshalb nicht in Betracht, weil die Vermieterin ‑‑wie im Streitfall‑‑ die vorgenommenen Einbauten nach Beendigung der Überlassung zu marktüblichen Preisen übernehmen sollte.
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 1 i.V.m. § 135 Abs. 2 FGO.