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Beschluss vom 24. März 2015, I B 103/13

Sperrwirkung von Art. 9 DBA-Russland 1996 gegenüber Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG (a.F.) bei Teilwertabschreibung infolge unbesichert begebenen Darlehens

BFH I. Senat

AStG § 1 Abs 1, AStG § 1 Abs 4, DBA RUS Art 9, EStG § 6 Abs 1 Nr 2 S 2, OECDMustAbk Art 9 Abs 1, EStG VZ 2005 , KStG VZ 2005

vorgehend FG Köln, 07. Mai 2013, Az: 10 K 1172/12

Leitsätze

NV: Der abkommensrechtliche Grundsatz des "dealing at arm's length" nach Art. 9 Abs. 1 OECD-MustAbk (hier: nach Art. 9 DBA-Russland 1996) ermöglicht eine Einkünftekorrektur nach nationalen Vorschriften der Vertragsstaaten (hier nach § 1 Abs. 1 AStG i.d.F. des StVergAbG vom 16. Mai 2003) nur dann, wenn der zwischen den verbundenen Unternehmen vereinbarte Preis (hier: ein Darlehenszins) seiner Höhe, also seiner Angemessenheit nach dem Fremdvergleichsmaßstab nicht standhält. Er ermöglicht indessen nicht die Korrektur einer Abschreibung, die (nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG 2002) auf den Teilwert der Forderung auf Rückzahlung der Darlehensvaluta und auf Zinsrückstände vorzunehmen ist, weil die inländische Muttergesellschaft das Darlehen ihrer ausländischen (hier: russischen) Tochtergesellschaft in fremdunüblicher Weise unbesichert begeben hat (Bestätigung des Senatsurteils vom 17. Dezember 2014 I R 23/13, Abweichung vom BMF-Schreiben vom 29. März 2011, BStBl I 2011, 277, dort Rz 3).

Tenor

Die Beschwerde des Beklagten wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 8. Mai 2013  10 K 1172/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Beklagten zur Last.

Tatbestand

  1. I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, ist Rechtsnachfolgerin der A-GmbH & Co. KG, die ihrerseits Rechtsnachfolgerin der X-GmbH war. Die X-GmbH war Alleingesellschafterin einer russischen Kapitalgesellschaft, der X RUS, welcher sie in den Jahren 2004 bis 2006 jeweils Darlehen gewährt hatte, und zwar ohne Besicherung. Diese Darlehen wurden von der X-GmbH wegen drohender Insolvenz der Tochtergesellschaft in den Streitjahren 2005 und 2006 erfolgswirksam ausgebucht. Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) sah in den Darlehen verdeckte Einlagen, da von Anfang an mit einer Rückzahlung nicht habe gerechnet werden können. Damit komme § 8b Abs. 3 Satz 3 des Körperschaftsteuergesetzes 2002 zur Anwendung. Andernfalls seien die Wertberichtigungen nicht anzuerkennen; wegen des sog. Rückhalts im Konzern habe dafür kein Anlass bestanden. Hilfsweise seien die Wertberichtigungen nach Maßgabe von § 1 des Gesetzes über die Besteuerung bei Auslandsbeziehungen (Außensteuergesetz ‑‑AStG‑‑) in seiner für die Streitjahre maßgebenden Fassung des Gesetzes zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen (Steuervergünstigungsabbaugesetz) vom 16. Mai 2003 (BGBl I 2003, 660, BStBl I 2003, 321) zu neutralisieren.

  2. Die anschließende Klage gegen die hiernach geänderten Feststellungsbescheide hatte für 2005 Erfolg. Das Finanzgericht (FG) Köln gab ihr insoweit durch Urteil vom 8. Mai 2013  10 K 1172/12 statt. Betreffend das Streitjahr 2006 folgte das FG dem FA in dessen Annahme, dass es sich bei der Darlehensgewährung um eine verdeckte Einlage gehandelt habe. Die Revision wurde nicht zugelassen.

  3. Gegen die Nichtzulassung der Revision wehrt sich das FA betreffend das Streitjahr 2005 mit seiner Beschwerde. Die Zulassung der Revision sei nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und zugleich nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO erforderlich und "wünschenswert". Denn die Vorinstanz widerspreche der Verwaltungspraxis im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 29. März 2011 (BStBl I 2011, 277) zur Anwendung des § 1 AStG auf Fälle von Teilwertabschreibungen und anderen Wertminderungen auf Darlehen an verbundene ausländische Unternehmen. Sie widerspreche damit zugleich dem FG Berlin-Brandenburg, das sich in seinem Urteil vom 30. Januar 2013  12 K 12056/12, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2013, 1560, dem BMF-Schreiben angeschlossen habe und gegen das das Revisionsverfahren vor dem Bundesfinanzhof I R 23/13 anhängig sei. Die Revision sei zudem nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 und § 119 Nr. 1 FGO geboten. Der 10. Senat des FG sei bei seiner Entscheidung nicht vorschriftsmäßig nach den Maßgaben des § 21g des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Geschäftsverteilungsplans des FG Köln für 2013 besetzt gewesen.

  4. Die Klägerin räumt ein, dass ein Abweichen von dem BMF-Schreiben in BStBl I 2011, 277 eine Revisionszulassung gebieten könnte. Allerdings komme eine generelle Anwendung von § 1 Abs. 1 AStG auf Fälle der vorliegenden Art nicht in Betracht, und so verhalte es sich im Streitfall. Die Klägerin stellt dafür den hier abweichenden Sachverhalt insbesondere zu dem Urteil des FG Berlin-Brandenburg in EFG 2013, 1560 heraus. Außerdem handele es sich um ausgelaufenes Recht, das nur noch für die Vergangenheit bedeutsam sei, nachdem das Körperschaftsteuergesetz in § 8b mit Wirkung vom Veranlagungszeitraum 2008 ohnehin um einen Abs. 3 Satz 3 ergänzt worden sei.

Entscheidungsgründe

  1. II. Die Beschwerde ist unbegründet.

  2. 1. Es fehlt in Anbetracht der vom FG festgestellten tatsächlichen Gegebenheiten an Gründen, welche nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO die Zulassung der Revision rechtfertigen können. Im Einzelnen verweist der Senat dazu auf sein Urteil vom 17. Dezember 2014 I R 23/13 (Deutsches Steuerrecht 2015, 466, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt). Die dort getroffenen Aussagen sind für den Streitfall gleichermaßen beachtlich. Dass es dort um das DBA-USA 1989 ging, hier aber um das DBA-Russland 1996 tut nichts zur Sache, weil die insoweit einschlägigen Vorschriften des Art. 9 Abs. 1 DBA-USA 1989 und Art. 9 DBA-Russland 1996 in beiden Abkommen inhaltsgleich lauten.

  3. 2. Eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 1 Nr. 3 FGO scheidet aus, weil das FA nicht dargetan hat, dass ein ‑‑unterstellter‑‑ Verstoß gegen den sog. gesetzlichen Richter infolge Nichtbeachtung der Vertretungsregelung im Geschäftsverteilungsplan des FG willkürlich gewesen wäre. Dessen aber hätte es, um die Rüge durchschlagen zu lassen, bedurft (s. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 119 Rz 5, m.w.N.).

  4. 3. Im Übrigen ergeht dieser Beschluss gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ohne weiter gehende Begründung.

  5. 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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