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Beschluss vom 12. März 2015, II B 85/14

Zur Ableitung des gemeinen Werts einer Minderheitsbeteiligung aus vorhergehenden zeitnahen Verkäufen der gesamten Beteiligungen aller Gesellschafter

BFH II. Senat

BewG § 11 Abs 2

vorgehend Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern , 04. Juni 2014, Az: 3 K 103/12

Leitsätze

NV: Gibt es beim Kauf einer Mehrheitsbeteiligung von mehreren Gesellschaftern keinerlei konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Höhe einzelner erworbener Anteile zu einem höheren Kaufpreis oder die Höhe der insgesamt erworbenen Beteiligung zu einem höheren Gesamtkaufpreis geführt hat, ist es gerechtfertigt, den gemeinen Wert einer Minderheitsbeteiligung aus dem durchschnittlichen Kaufpreis für den Erwerb der Mehrheitsbeteiligung abzuleiten, ohne einen Abschlag zu berücksichtigen .

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision im Urteil des Finanzgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 5. Juni 2014  3 K 103/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Gründe

  1. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) geltend gemachten Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

  2. 1. Die Revision ist nicht wegen Divergenz nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen. Das angefochtene Urteil des Finanzgerichts (FG) weicht nicht von dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 23. Februar 1979 III R 44/77 (BFHE 128, 254, BStBl II 1979, 618) ab. Die Entscheidung des BFH ist zu einem Sachverhalt ergangen, der mit dem des Streitfalls nicht vergleichbar ist.

  3. In dem vom BFH entschiedenen Fall hatte das Finanzgericht festgestellt, dass der Anstoß zum Verkauf der GmbH-Anteile von einem Gesellschafter mit einem Geschäftsanteil von 10 bis 12 % des Stammkapitals ausgegangen ist und eine Bank hierfür unverbindlich 500 DM je 100 DM Stammkapital angeboten hat. Die später getätigten Verkäufe der GmbH-Anteile und der jeweils vereinbarte Kaufpreis von 850 DM je 100 DM Stammkapital sind nur unter der Voraussetzung zustande gekommen, dass die Käuferin eine Schachtelbeteiligung oder eine Mehrheitsbeteiligung erwerben konnte. Hieraus wurde geschlossen, dass der marktkonform zustande gekommene Verkaufspreis durch die Höhe der umgesetzten Beteiligungen beeinflusst war und deshalb nicht ohne Ermäßigung zur Bewertung einer Minderheitsbeteiligung von 5 % herangezogen werden konnte.

  4. Demgegenüber konnte das FG im Streitfall nicht feststellen, ob die Höhe der von den beiden Erwerbern S und T insgesamt gekauften GmbH-Anteile von jeweils 50 % oder die Höhe einzelner GmbH-Anteile Auswirkung auf den Gesamtkaufpreis oder einen Einzelkaufpreis hatte. Dies war vor allem dadurch bedingt, dass die Erwerber ‑‑wie die Klägerin selbst eingeräumt hat‑‑ keine Informationen darüber besitzen, nach welchen Regeln der Gesamtkaufpreis auf die einzelnen Gesellschafter verteilt worden ist und aus welchen Gründen die Kaufpreise für die Anteile der Gesellschafter M und B erheblich höher gewesen sind als die Kaufpreise für die Anteile der übrigen Gesellschafter. Die Klägerin konnte auch nicht zur Überzeugung des FG darlegen, dass die Kaufpreise für die von M und B erworbenen Anteile von jeweils 21,43 % durch einen Beteiligungscharakter beeinflusst worden sind, während dies bei der Festlegung der Kaufpreise für die in etwa gleich hohen Anteile der Gesellschafter C und D von jeweils 19,64 % nicht geschehen sein soll.

  5. Gibt es beim Kauf einer Mehrheitsbeteiligung von mehreren Gesellschaftern keinerlei konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Höhe einzelner erworbener Anteile zu einem höheren Kaufpreis oder die Höhe der insgesamt erworbenen Beteiligung zu einem höheren Gesamtkaufpreis geführt hat, ist es gerechtfertigt, den gemeinen Wert einer Minderheitsbeteiligung aus dem durchschnittlichen Kaufpreis für den Erwerb der Mehrheitsbeteiligung abzuleiten, ohne einen Abschlag zu berücksichtigen. Das gilt insbesondere, wenn ‑‑wie im Streitfall‑‑ alle Anteile an einer GmbH zu einem Gesamtkaufpreis angeboten wurden und die von den veräußernden Gesellschaftern vorgenommene Aufteilung des Gesamtkaufpreises auf die einzelnen Anteile nicht erkennen lässt, worauf die unterschiedlichen Wertansätze für die von ihnen verkauften Anteile beruhen. Der aus allen Kaufpreisen ermittelte durchschnittliche Kaufpreis spiegelt in einem solchen Fall am besten den gemeinen Wert eines vom Käufer weitergegebenen Anteils wider.

  6. 2. Eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO kommt ebenfalls nicht in Betracht.

  7. Die Klägerin hat die Rechtsfrage aufgeworfen, wie die Ableitung des gemeinen Werts aus Verkäufen zu erfolgen hat, wenn eine einheitlich auftretende Gruppe von Verkäufern an einem Tag alle Anteile (100 %) an einer Gesellschaft veräußert und ob und wie in diesem Fall ein Paketzuschlag systematisch auszuscheiden ist, wenn zwischen den Beteiligten ein Gesamtkaufpreis vereinbart worden ist. Diese Frage ist ausgehend von den Feststellungen des FG, die für den BFH nach § 118 Abs. 2 FGO bindend sind, nicht klärungsfähig. Denn das FG hat nicht festgestellt, dass einzelne Kaufpreise für die Anteile oder der Gesamtkaufpreis einen "Paketzuschlag" enthalten.

  8. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. Von einer weiteren Begründung wird nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.

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