BFH II. Senat
GrEStG § 1 Abs 3 Nr 1, GrEStG § 16 Abs 2 Nr 1, GrEStG § 16 Abs 5, GrEStG § 18, GrEStG § 19, AO § 33, AO § 169, AO § 170 Abs 2 S 1 Nr 1, AO § 171 Abs 10 S 1, AO § 370, AO § 378, GrEStG § 19 Abs 1 S 1 Nr 4, GrEStG § 13 Nr 5 Buchst a, EStDV § 54
vorgehend FG Köln, 11. September 2012, Az: 5 K 1348/11
Leitsätze
Die leichtfertige Verletzung der einem Notar nach § 18 GrEStG obliegenden Anzeigepflicht führt nicht zu einer Verlängerung der Frist für die Festsetzung von Grunderwerbsteuer gegenüber dem Steuerpflichtigen auf fünf Jahre .
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 12. September 2012 5 K 1348/11 aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht Köln zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.
Tatbestand
I.
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) verkaufte durch notariell beurkundeten Vertrag vom 21. September 2000 UR-Nr. ... einen Teilgeschäftsanteil von 5.000 DM an der von ihm als Alleingesellschafter mit einem Stammkapital von 50.000 DM gegründeten grundstücksbesitzenden ... GmbH (GmbH) an P. Einen weiteren Teilgeschäftsanteil von 20.000 DM übertrug er durch den Vertrag treuhänderisch auf P. Den ihm verbliebenen Geschäftsanteil von 25.000 DM verkaufte er durch notariell beurkundeten Vertrag vom 25. April 2001 UR-Nr. ... ebenfalls an P. Der Notar übersandte die Verträge unter Bezugnahme auf seine Anzeigepflicht gemäß § 54 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) an die Körperschaftsteuerstelle des Beklagten und Revisionsklägers (Finanzamt ‑‑FA‑‑).
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 30. Januar 2002 UR-Nr. ... erwarb der Kläger von P sämtliche Anteile an der GmbH zurück. In dem Vertrag wurde auf Befragen des Notars angegeben, dass zum Vermögen der GmbH Grundbesitz gehöre. Der Notar übersandte den Vertrag unter Bezugnahme auf seine Anzeigepflicht gemäß § 54 EStDV an die Körperschaftsteuerstelle des FA, wo er am 5. Februar 2002 einging. Am 27. März 2002 erstellte die Körperschaftsteuerstelle des FA eine Kontrollmitteilung und fügte ihr den Vertrag bei. Ob diese Mitteilung bei der Grunderwerbsteuerstelle des FA eingegangen ist, konnte nicht festgestellt werden. Der Erwerb der Anteile an der GmbH durch den Kläger wurde im Rahmen einer Außenprüfung durch ein anderes Finanzamt festgestellt und der Grunderwerbsteuerstelle des FA im September 2009 mitgeteilt.
Einen daraufhin am 30. September 2009 erlassenen ersten Grunderwerbsteuerbescheid hob das FA durch Bescheid vom 22. Februar 2010 wegen fehlender inhaltlicher Bestimmtheit auf den Einspruch des Klägers wieder auf. Mit Bescheid vom 22. Februar 2010 und Änderungsbescheid vom 20. April 2010 setzte das FA gegen den Kläger unter Berücksichtigung der gesondert festgestellten Grundbesitzwerte erneut Grunderwerbsteuer fest. Die Feststellungsbescheide, die in den Jahren 2009 und 2010 erlassen wurden, enthielten jeweils den Hinweis, dass sie nach Ablauf der Feststellungsfrist ergangen seien und nur für solche Steuerfestsetzungen bedeutsam seien, bei denen die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen sei.
Der Einspruch, mit dem der Kläger Festsetzungsverjährung geltend machte, blieb abgesehen von einer Herabsetzung der Steuer aufgrund der Feststellung eines Grundbesitzwerts erfolglos. Zur Begründung führte das FA u.a. aus, der Steuerfestsetzung stehe § 16 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes in der in den Jahren 2001/2002 geltenden Fassung (GrEStG) nicht entgegen, da die Vereinigung aller Anteile der GmbH in der Hand der P seiner Grunderwerbsteuerstelle nicht ordnungsgemäß angezeigt worden sei. Nicht erfüllt seien auch die Voraussetzungen des § 3 Nr. 8 GrEStG, weil die Steuer für diese Anteilsvereinigung nicht entrichtet worden sei. Festsetzungsverjährung sei beim Erlass der Bescheide vom 22. Februar und 20. April 2010 nicht eingetreten gewesen.
Das Finanzgericht (FG) gab der auf Aufhebung dieser Bescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. März 2011 gerichteten Klage durch das in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2013, 2038 veröffentlichte Urteil mit der Begründung statt, der Anteilserwerb des Klägers durch den Vertrag vom 30. Januar 2002 UR-Nr. ... habe zwar den Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 3 GrEStG erfüllt. Die vierjährige Festsetzungsfrist (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung ‑‑AO‑‑) sei aber beim Erlass der angefochtenen Bescheide bereits abgelaufen gewesen. Sie habe gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO mit Ablauf des 31. Dezember 2005 begonnen, da der Erwerb der Anteile der GmbH durch den Kläger dem FA weder von diesem noch vom Notar ordnungsgemäß angezeigt worden sei, und mit Ablauf des 31. Dezember 2009 geendet. Entgegen der Ansicht des FA habe sie sich nicht wegen leichtfertiger Steuerverkürzung auf fünf Jahre verlängert. Es fehle an dem erforderlichen Rechtswidrigkeits- bzw. Ursachenzusammenhang zwischen dem Fehlverhalten des Notars und des Klägers und der eingetretenen Steuerverkürzung, da die Festsetzung der Grunderwerbsteuer nur deshalb unterblieben sei, weil die von der Körperschaftsteuerstelle für die Grunderwerbsteuerstelle erstellte Kontrollmitteilung entweder nicht abgesandt worden oder amtsintern verlorengegangen sei. Es könne daher auf sich beruhen, ob der Kläger oder der Notar leichtfertig gehandelt hätten.
Mit der Revision macht das FA geltend, die Festsetzungsfrist habe sich wegen leichtfertiger Steuerverkürzung auf fünf Jahre verlängert, so dass die Bescheide vom 22. Februar und 20. April 2010 noch vor deren Ablauf erlassen worden seien.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Durch den während des Revisionsverfahrens ergangenen Änderungsbescheid vom 4. Dezember 2014 erklärte das FA die Steuerfestsetzung gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO für vorläufig hinsichtlich der Frage, ob die Heranziehung der Grundbesitzwerte i.S. des § 138 des Bewertungsgesetzes (BewG) als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer verfassungsgemäß ist.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision führt bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung, weil sich während des Revisionsverfahrens der Verfahrensgegenstand, über dessen Rechtmäßigkeit das FG zu entscheiden hatte, geändert hat (§ 127 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). An die Stelle des angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheids vom 20. April 2010, über den das FG entschieden hat, ist während des Revisionsverfahrens der Änderungsbescheid vom 4. Dezember 2014 getreten und nach § 121 Satz 1 i.V.m. § 68 Satz 1 FGO Gegenstand des Verfahrens geworden. Diese Vorschriften gelten auch, wenn ein angefochtener Bescheid lediglich um einen Vorläufigkeitsvermerk ergänzt wird (Urteile des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 16. Januar 2013 II R 66/11, BFHE 240, 191, BStBl II 2014, 266, Rz 12, und vom 24. April 2013 II R 65/11, BFHE 240, 404, BStBl II 2013, 633, Rz 9, je m.w.N.). Das angefochtene Urteil ist daher gegenstandslos und aufzuheben (BFH-Urteile in BFHE 240, 191, BStBl II 2014, 266, Rz 12; in BFHE 240, 404, BStBl II 2013, 633, Rz 9, und vom 17. April 2013 II R 12/11, BFHE 241, 386, BStBl II 2013, 740, Rz 9, je m.w.N.).
Dies ändert aber nichts daran, dass die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen die Grundlage für die Entscheidung des BFH bilden. Da das finanzgerichtliche Verfahren nicht an einem Verfahrensmangel leidet, fallen die Feststellungen durch die Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils nämlich nicht weg (BFH-Urteile in BFHE 240, 191, BStBl II 2014, 266, Rz 13; in BFHE 240, 404, BStBl II 2013, 633, Rz 10, und in BFHE 241, 386, BStBl II 2013, 740, Rz 9, je m.w.N.).
III.
Die Sache ist nicht spruchreif. Aufgrund der vom FG getroffenen Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) kann über die Begründetheit der Klage nicht abschließend entschieden werden. Die Sache war daher zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 127 FGO).
1. Das FG ist zu Recht übereinstimmend mit den Beteiligten davon ausgegangen, dass der Vertrag vom 30. Januar 2002 gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG zum Entstehen von Grunderwerbsteuer geführt hat.
a) Nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer u.a. ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile einer grundstücksbesitzenden Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers allein vereinigt werden würden, soweit eine Besteuerung nach § 1 Abs. 2a GrEStG nicht in Betracht kommt.
Die Steuerbarkeit wird nur durch den Erwerb des letzten Anteils ausgelöst. Dabei ist der Vorgang, der zum Erwerb dieses Anteils führt, zwar das die Steuer auslösende Moment. Gegenstand der Steuer ist aber nicht der Anteilserwerb als solcher, sondern die durch ihn begründete Zuordnung von mindestens 95 % der Anteile in einer Hand. Mit dem Anteilserwerb wird grunderwerbsteuerrechtlich derjenige, in dessen Hand sich die Anteile vereinigen, so behandelt, als habe er die Grundstücke von der Gesellschaft erworben, deren Anteile sich in seiner Hand vereinigen (BFH-Urteile vom 11. Juni 2013 II R 52/12, BFHE 241, 419, BStBl II 2013, 752, m.w.N., und vom 18. September 2013 II R 21/12, BFHE 243, 393, BStBl II 2014, 326, Rz 9).
Der Erwerber erwirbt einen Anteil an der grundstücksbesitzenden Gesellschaft dann unmittelbar, wenn er zivilrechtlich Gesellschafter dieser Gesellschaft wird (BFH-Urteil in BFHE 243, 393, BStBl II 2014, 326, Rz 10). Wird hinsichtlich eines Anteils an einer grundstücksbesitzenden Gesellschaft ein Treuhandverhältnis begründet, ist der Treuhänder unmittelbarer und der Treugeber mittelbarer Gesellschafter (vgl. BFH-Urteil vom 16. Juli 1997 II R 8/95, BFH/NV 1998, 81).
b) Der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG wurde somit durch den Abschluss des Vertrags vom 30. Januar 2002 verwirklicht. Der Kläger hat dadurch einen Anspruch auf Übertragung der Anteile an der GmbH erlangt, die ihm nicht bereits aufgrund der mit P getroffenen Treuhandvereinbarung grunderwerbsteuerrechtlich zuzurechnen waren. Vor dem Abschluss des Vertrags vom 30. Januar 2002 war der Kläger nicht zu mindestens 95 % der Anteile an der GmbH unmittelbarer oder mittelbarer Gesellschafter der GmbH gewesen.
2. Das FG ist ebenfalls zu Recht davon ausgegangen, dass der Steuerfestsetzung § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG nicht entgegensteht.
a) Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, so wird nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfindet. Diese Vorschrift betrifft über ihren Wortlaut hinaus auch Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 2, 2a und 3 GrEStG. Dies folgt aus § 16 Abs. 5 GrEStG, wonach § 16 Abs. 1 bis 4 GrEStG nicht gilt, wenn einer der in § 1 Abs. 2, 2a und 3 GrEStG bezeichneten Erwerbsvorgänge rückgängig gemacht wird, der nicht ordnungsgemäß angezeigt worden war. Diese Regelung setzt die grundsätzliche Anwendbarkeit der Begünstigungsvorschrift des § 16 GrEStG auch auf Tatbestände des § 1 Abs. 3 GrEStG voraus (BFH-Urteil in BFHE 241, 419, BStBl II 2013, 752, m.w.N.).
b) Die Voraussetzungen für eine Nichterhebung der Steuer gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG sind nicht erfüllt.
aa) Der Kläger hat zwar durch den Vertrag vom 30. Januar 2002 die auf P übertragenen Anteile an der GmbH innerhalb von zwei Jahren nach der am 25. April 2001 erfolgten Vereinigung aller Anteile an der GmbH in der Hand der P zurückerworben. Diese Anteilsvereinigung in der Hand der P stellte auch einen Erwerbsvorgang dar, der rückgängig gemacht werden konnte. Dass der Kläger aufgrund des vereinbarten Treuhandverhältnisses mittelbarer Gesellschafter der GmbH geblieben war, steht dem nicht entgegen. Entscheidend ist, dass P aufgrund des Vertrags vom 25. April 2001 zivilrechtlich Alleingesellschafterin der GmbH werden sollte.
bb) Der Anwendbarkeit des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG steht aber § 16 Abs. 5 GrEStG entgegen. Danach gelten die Vorschriften der Absätze 1 bis 4 des § 16 GrEStG nicht, wenn einer der in § 1 Abs. 2, 2a und 3 GrEStG bezeichneten Erwerbsvorgänge rückgängig gemacht wird, der nicht ordnungsgemäß angezeigt (§§ 18, 19 GrEStG) war. Wird ein Erwerbsvorgang i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG zwar innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer rückgängig gemacht, war er aber nicht ordnungsgemäß angezeigt worden, schließt § 16 Abs. 5 GrEStG also den Anspruch auf Nichtfestsetzung der Steuer oder Aufhebung der Steuerfestsetzung aus.
§ 16 Abs. 5 GrEStG dient der Sicherung der Anzeigepflichten aus §§ 18 und 19 GrEStG und wirkt dem Anreiz entgegen, durch Nichtanzeige einer Besteuerung der in dieser Vorschrift genannten Erwerbsvorgänge zu entgehen. Insbesondere soll die Vorschrift den Beteiligten die Möglichkeit nehmen, einen dieser Erwerbsvorgänge ohne weitere steuerliche Folgen wieder aufheben zu können, sobald den Finanzbehörden ein solches Geschäft bekannt wird (BFH-Beschluss vom 2. März 2011 II R 64/08, BFH/NV 2011, 1009, m.w.N.). Soweit eine Anzeigepflicht sowohl nach § 18 GrEStG als auch nach § 19 GrEStG besteht, ist den Zwecken des § 16 Abs. 5 GrEStG schon dann genügt, wenn nur einer der Anzeigeverpflichteten seiner Anzeigepflicht ordnungsgemäß nachkommt (BFH-Urteil vom 18. April 2012 II R 51/11, BFHE 236, 569, BStBl II 2013, 830, Rz 24).
Unter Berücksichtigung dieses Normzwecks ist eine Anzeige i.S. des § 16 Abs. 5 GrEStG ordnungsgemäß, wenn der Vorgang innerhalb der in § 18 Abs. 3 und § 19 Abs. 3 GrEStG vorgesehenen Anzeigefristen dem Finanzamt in einer Weise bekannt wird, dass es die Verwirklichung eines Tatbestands nach § 1 Abs. 2, 2a und 3 GrEStG prüfen kann. Dazu muss die Anzeige die einwandfreie Identifizierung von Veräußerer, Erwerber und Urkundsperson (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 6 GrEStG) sowie der grundstücksbesitzenden Gesellschaft (§ 20 Abs. 2 GrEStG) ermöglichen; ferner müssen der Anzeige in der Regel die in § 18 Abs. 1 Satz 2 bzw. § 19 Abs. 4 Satz 2 GrEStG genannten Abschriften beigefügt werden.
Die Anzeige muss grundsätzlich an die Grunderwerbsteuerstelle des zuständigen Finanzamts übermittelt werden. Es genügt aber auch, wenn sich eine nicht ausdrücklich an die Grunderwerbsteuerstelle adressierte Anzeige nach ihrem Inhalt eindeutig an die Grunderwerbsteuerstelle richtet. Dazu ist erforderlich, dass die Anzeige als eine solche nach dem GrEStG gekennzeichnet ist und ihrem Inhalt nach ohne weitere Sachprüfung ‑‑insbesondere ohne dass es insoweit einer näheren Aufklärung über den Anlass der Anzeige und ihre grunderwerbsteuerrechtliche Relevanz bedürfte‑‑ an die Grunderwerbsteuerstelle weiterzuleiten ist (BFH-Urteil vom 23. Mai 2012 II R 56/10, BFH/NV 2012, 1579, Rz 15).
cc) Unterliegt der Rückerwerb von Anteilen an einer grundstücksbesitzenden Gesellschaft, der als Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 GrEStG zu werten ist, seinerseits nach § 1 Abs. 3 GrEStG der Grunderwerbsteuer, so ist bei nicht ordnungsgemäßer Anzeige des ursprünglichen Erwerbsvorgangs § 16 Abs. 5 GrEStG auch zulasten des Rückerwerbers anwendbar. Dem steht nicht entgegen, dass der Rückerwerber den ursprünglichen Erwerbsvorgang nicht gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 oder 5 GrEStG anzeigen musste, da nach § 19 GrEStG nur Steuerschuldner zur Anzeige verpflichtet sind und bei der Vereinigung von mindestens 95 % der Anteile an einer Gesellschaft in der Hand des Erwerbers gemäß § 13 Nr. 5 Buchst. a GrEStG nur der Erwerber Steuerschuldner ist, nicht aber der Anteilsveräußerer. Die Anwendbarkeit des § 16 Abs. 5 GrEStG zulasten des Rückerwerbers in diesen Fällen ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut der Vorschrift, die insoweit keine Ausnahme vorsieht, und zum anderen aus deren Sinn und Zweck. Auch in solchen Fällen soll die Vorschrift den Beteiligten die Möglichkeit nehmen, einen der in ihr genannten Erwerbsvorgänge ohne weitere steuerliche Folgen wieder aufheben zu können, sobald den Finanzbehörden ein solches Geschäft bekannt wird.
dd) Der Anwendung des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG zugunsten des Klägers steht somit entgegen, dass der Erwerbsvorgang vom 25. April 2001 der Grunderwerbsteuerstelle des FA entgegen § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 18 Abs. 2 Satz 2 GrEStG weder von P, der Steuerschuldnerin (§ 13 Nr. 5 Buchst. a GrEStG), noch vom Notar ordnungsgemäß angezeigt worden war. Die vom Notar unter Bezugnahme auf die Anzeigepflicht gemäß § 54 EStDV ausdrücklich an die Körperschaftsteuerstelle des FA gerichtete Anzeige genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen. Die Anzeige war nach ihrem Inhalt nicht eindeutig an die Grunderwerbsteuerstelle gerichtet. Dass der Kläger seinerseits nicht zur Anzeige des Erwerbsvorgangs verpflichtet war, ist insoweit unerheblich.
3. Ob der Steuerfestsetzung durch die angefochtenen Bescheide insgesamt gemäß §§ 47, 169 Abs. 1 Satz 1 AO Festsetzungsverjährung entgegenstand, kann auf der Grundlage der vom FG getroffenen Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) nicht abschließend entschieden werden.
a) Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Festsetzungsfrist, die nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO regelmäßig vier Jahre beträgt, gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO erst mit Ablauf des 31. Dezember 2005 begonnen hat; denn der Kläger hat entgegen seiner Verpflichtung aus § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. § 13 Nr. 5 Buchst. a GrEStG den auf die Vereinigung von mindestens 95 % der Anteile an der GmbH in seiner Hand gerichteten Vertrag vom 30. Januar 2002 dem FA nicht angezeigt. Auf ein Verschulden des Klägers kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (BFH-Urteil vom 24. August 1995 IV R 112/94, BFH/NV 1996, 449; ebenso zu § 16a Abs. 2 des früheren Grunderwerbsteuergesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen BFH-Urteile vom 25. März 1992 II R 46/89, BFHE 167, 448, BStBl II 1992, 680, unter II.3., und vom 12. Juni 1996 II R 3/93, BFHE 180, 474, BStBl II 1996, 485, unter II.3.b). Die Anzeige des Klägers wurde auch nicht durch die Anzeige des Notars an das FA ersetzt. Der Notar hat den Vertrag nicht der Grunderwerbsteuerstelle, sondern der Körperschaftsteuerstelle des FA übersandt und die Anzeige auch nicht als eine solche nach dem GrEStG gekennzeichnet.
b) Soweit die Bescheide über die gesonderte Feststellung der Grundstückswerte im Jahr 2009 und somit vor Ablauf der regelmäßigen Festsetzungsfrist von vier Jahren für die Grunderwerbsteuer ergangen sind, konnte die Grunderwerbsteuer aufgrund der durch diese Bescheide ausgelösten Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 10 Satz 1 AO durch die Bescheide vom 22. Februar und 20. April 2010 festgesetzt werden, ohne dass es auf eine etwaige Verlängerung der Festsetzungsfrist wegen leichtfertiger Steuerverkürzung ankommt. § 169 Abs. 1 Satz 3 AO gilt dabei gemäß § 181 Abs. 5 Satz 3 AO sinngemäß. Dies kann insbesondere für den Feststellungsbescheid vom 30. Dezember 2009 von Bedeutung sein.
aa) Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 10 Satz 1 AO nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. Aufgrund der Bindungswirkung eines Grundlagenbescheids ist gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Grundlagenbescheid, dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird. Dabei steht dem Finanzamt jedenfalls die in § 171 Abs. 10 Satz 1 AO vorgesehene Frist von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids zur Verfügung (BFH-Beschlüsse vom 19. Mai 2006 II B 78/05, BFH/NV 2006, 1620; vom 19. Mai 2006 II B 79/05, BFH/NV 2006, 1622, und vom 19. Mai 2006 II B 88/05, BFH/NV 2006, 1625; Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler ‑‑HHSp‑‑, § 181 AO Rz 139 f., 142; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 181 AO Rz 19, 21; Kunz in Beermann/Gosch, AO § 181 Rz 30; Klein/Ratschow, AO, 12. Aufl., § 181 Rz 26, je m.w.N.).
bb) Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG wird in den Fällen des § 1 Abs. 3 GrEStG die Steuer nach den Werten i.S. des § 138 Abs. 2 oder 3 BewG in der im Jahr 2002 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 36 des Jahressteuergesetzes 1997 vom 20. Dezember 1996 (BGBl I 1996, 2049) ‑‑BewG a.F.‑‑ bemessen. Die gemäß § 138 Abs. 5 BewG a.F. ergangenen Bescheide, durch die die Grundbesitzwerte nach § 138 Abs. 2 oder 3 BewG a.F. gesondert festgestellt wurden, entfalten gemäß § 138 Abs. 5 Satz 3 BewG a.F. i.V.m. § 182 Abs. 1 Satz 1 AO bindende Wirkung für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer und lösen somit gemäß § 171 Abs. 10 Satz 1 AO die Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist für die Grunderwerbsteuer aus.
cc) Das FA war somit jedenfalls berechtigt und verpflichtet, die Grunderwerbsteuer gegen den Kläger innerhalb der in § 171 Abs. 10 Satz 1 AO bestimmten Frist von zwei Jahren nach Bekanntgabe der Feststellungsbescheide festzusetzen, die im Jahr 2009 bekannt gegeben wurden oder die unter die Regelung des § 181 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. § 169 Abs. 1 Satz 3 AO fallen. Diese Frist hat das FA eingehalten.
c) Soweit die Feststellungsbescheide diese Voraussetzungen nicht erfüllen, hängt die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Steuerfestsetzung davon ab, ob sich die Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 AO wegen leichtfertiger Steuerverkürzung auf fünf Jahre verlängert hat. Dies kann entgegen der Ansicht des FG nicht mit der Begründung verneint werden, der Rechtswidrigkeits- bzw. Ursachenzusammenhang zwischen den unterlassenen Anzeigen und der erst nach Ablauf der regulären Festsetzungsfrist erfolgten Steuerfestsetzung fehle.
aa) Sind die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale einer leichtfertigen Steuerverkürzung dadurch erfüllt, dass bei einer Anteilsvereinigung gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder 2 GrEStG der Erwerber die in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. § 13 Nr. 5 Buchst. a GrEStG vorgeschriebene Anzeige nicht erstattet hat, verlängert sich die Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO auch dann auf fünf Jahre, wenn die Körperschaftsteuerstelle, der die Anteilsübertragung mitgeteilt wurde, zwar eine Kontrollmitteilung für die Grunderwerbsteuerstelle des zuständigen Finanzamts erstellt, diese aber entweder nicht weitergeleitet hat oder die Kontrollmitteilung aus anderen Gründen die Grunderwerbsteuerstelle nicht erreicht hat. Entscheidend ist auch insoweit der tatsächlich verwirklichte Geschehensablauf, der dadurch gekennzeichnet ist, dass die Grunderwerbsteuerstelle als die zuständige Organisationseinheit von dem Erwerbsvorgang keine Kenntnis erlangt hat (vgl. BFH-Urteil vom 11. Juni 2008 II R 55/06, BFH/NV 2008, 1876) und bei einem pflichtgemäßen Verhalten des Steuerschuldners das Finanzamt die Grunderwerbsteuer alsbald hätte festsetzen können (Matthes, EFG 2013, 2040, 2041); denn die Anzeigefrist beträgt gemäß § 19 Abs. 3 GrEStG lediglich zwei Wochen nach der Erlangung der Kenntnis von dem anzeigepflichtigen Vorgang. Tatsachen, die den zum Vorliegen einer leichtfertigen Steuerverkürzung führenden Kausalverlauf möglicherweise unterbrochen hätten, können bei der Beurteilung, ob eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt, nicht berücksichtigt werden (Urteil des FG Münster vom 24. September 2009 8 K 2284/06 GrE, EFG 2010, 507, 511).
Diese Beurteilung steht im Einklang mit dem BFH-Urteil vom 23. Juli 2013 VIII R 32/11 (BFHE 242, 21). Danach kann eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegen, wenn Steuerpflichtige ihre Einkünfte aus selbständiger Arbeit in ihrer Gewinnfeststellungserklärung in zutreffender Höhe deklarieren, sie die Einkünfte in der zeitgleich abgegebenen Einkommensteuererklärung aber nur zum Teil angeben und das Finanzamt die Einkommensteuer daher zu niedrig festsetzt. Wird in einem solchen Fall der Gewinn zwar zutreffend festgestellt, wertet das für die Festsetzung der Einkommensteuer zuständige Finanzamt aber die ihm vorliegende Feststellungsmitteilung nicht aus, so unterbricht dies den Kausalverlauf zwischen den unrichtigen Angaben in der Einkommensteuererklärung und der durch Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheids eingetretenen Steuerverkürzung nicht. Dies muss erst recht gelten, wenn die für die Steuerfestsetzung zuständige Stelle eine Kontrollmitteilung nicht einmal erhält.
bb) Nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO beträgt die Festsetzungsfrist zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt gemäß § 169 Abs. 2 Satz 3 AO auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.
cc) Ob eine Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt, bestimmt sich nach §§ 370, 378 AO, da § 169 AO diesbezüglich keine Legaldefinition enthält. Hängt die Rechtmäßigkeit eines Steuerbescheids von der Verlängerung der Festsetzungsfrist auf fünf Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO) und somit vom Vorliegen einer leichtfertigen Steuerverkürzung ab, müssen zur Rechtmäßigkeit des Bescheids die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale des § 378 AO erfüllt sein (BFH-Urteile vom 29. Oktober 2013 VIII R 27/10, BFHE 243, 116, BStBl II 2014, 295, Rz 15, und vom 2. April 2014 VIII R 38/13, BFHE 245, 295, BStBl II 2014, 698, Rz 51, jeweils m.w.N.).
Die im Steuerrecht vorkommenden Begriffe des Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitenrechts sind dabei materiell-rechtlich wie im Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitenrecht zu beurteilen (BFH-Urteile in BFHE 243, 116, BStBl II 2014, 295, Rz 16, und in BFHE 245, 295, BStBl II 2014, 698, Rz 51). Dagegen ist die Frage, ob die jeweiligen Tatbestandsmerkmale im Streitfall tatsächlich erfüllt sind, nicht nach den Vorschriften der Strafprozessordnung, sondern nach den Verfahrensvorschriften der AO und der FGO zu prüfen, da es sich lediglich um eine Vorfrage im Rahmen der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit eines Steuerbescheids handelt (BFH-Urteil in BFHE 243, 116, BStBl II 2014, 295, Rz 16, m.w.N.). Die Feststellungslast (objektive Beweislast) für das Vorliegen einer Steuerhinterziehung oder leichtfertigen Steuerverkürzung trägt das Finanzamt, das sich darauf beruft.
dd) Nach § 378 Abs. 1 Satz 1 AO handelt ordnungswidrig, wer als Steuerpflichtiger oder bei Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen eine der in § 370 Abs. 1 AO bezeichneten Taten leichtfertig begeht. Täter einer leichtfertigen Steuerverkürzung kann der Schuldner der Grunderwerbsteuer sein, nicht aber der Notar, der eine Anzeigepflicht nach § 18 GrEStG verletzt (a.A. Urteile des FG Baden-Württemberg vom 17. März 2004 5 K 59/01, EFG 2004, 867, und des FG Münster in EFG 2010, 507). Der Notar ist weder Steuerpflichtiger noch nimmt er im Hinblick auf die Anzeigepflicht Angelegenheiten des Steuerpflichtigen wahr.
aaa) Wer Steuerpflichtiger i.S. des § 378 Abs. 1 Satz 1 AO ist, ergibt sich aus § 33 AO (Bülte in HHSp, § 378 AO Rz 11 bis 13, m.w.N.; Klein/Jäger, AO, 12. Aufl., § 378 Rz 7; Webel in Schwarz, AO, § 378 Rz 7; Joecks in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl., § 378 Rz 10 f.). Nach Abs. 1 dieser Vorschrift ist Steuerpflichtiger, wer eine Steuer schuldet, für eine Steuer haftet oder in dieser Vorschrift genannte oder ihm durch die Steuergesetze auferlegte Verpflichtungen zu erfüllen hat. Steuerpflichtiger ist gemäß § 33 Abs. 2 AO nicht, wer in einer fremden Steuersache Auskunft zu erteilen, Urkunden vorzulegen, ein Sachverständigengutachten zu erstatten oder das Betreten von Grundstücken, Geschäfts- und Betriebsräumen zu gestatten hat. Über den zu engen Wortlaut dieser Vorschrift hinaus ist auch nicht Steuerpflichtiger, wer wie etwa ein Notar nach § 18 GrEStG eine Anzeige in einer fremden Steuersache zu erstatten hat; denn bei einer solchen Anzeigepflicht handelt es sich ebenso wie bei den in § 33 Abs. 2 AO genannten Fällen um eine allgemeine verfahrensrechtliche Pflicht (Boeker in HHSp, § 33 AO Rz 24; Buciek in Beermann/Gosch, AO § 33 Rz 90, 92 f.; Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., § 33 AO Rz 20; Klein/Rüsken, AO, 12. Aufl., § 33 Rz 36; Koenig/Koenig, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 33 Rz 34; Dumke in Schwarz, AO, § 33 Rz 47, 49; Hoffmann in Koch/Scholtz, AO, 5. Aufl., § 33 Rz 12).
Der Notar handelt bei der Anzeigeerstattung nach § 18 GrEStG auch nicht in "Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen" i.S. des § 378 Abs. 1 Satz 1 AO. Dieses Tatbestandsmerkmal setzt eine rechtsgeschäftliche Beauftragung durch den Steuerpflichtigen voraus (Bülte in HHSp, § 378 AO Rz 16 ff.; Meyer in Beermann/Gosch, AO § 378 Rz 4.1). Gesetzliche Pflichten wie etwa Auskunftspflichten (§§ 93 ff. AO) genügen nicht (Bülte in HHSp, § 378 AO Rz 17). Gleiches gilt auch für die Anzeigepflichten eines Notars gemäß § 18 GrEStG. Es geht dabei nicht um die Erfüllung der Anzeigepflicht des Steuerschuldners aus § 19 GrEStG oder darum, diesem bei der Erledigung seiner steuerlichen Angelegenheiten Hilfe zu leisten, sondern um die Erfüllung einer eigenen, dem Finanzamt gegenüber bestehenden Pflicht des Notars. Eine Verletzung der Anzeigepflicht des Notars führt demgemäß auch nicht zu einer Anlaufhemmung gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO (BFH-Urteile vom 16. Februar 1994 II R 125/90, BFHE 174, 185, BStBl II 1994, 866, unter II.2.b; vom 6. Juli 2005 II R 9/04, BFHE 210, 65, BStBl II 2005, 780, unter II.2.d, und vom 26. Februar 2007 II R 50/06, BFH/NV 2007, 1535).
bbb) Steuern sind gemäß § 370 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 AO namentlich dann i.S. des § 370 Abs. 1 AO verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden. § 370 Abs. 4 AO gilt nach § 378 Abs. 1 Satz 2 AO bei der leichtfertigen Steuerverkürzung entsprechend. Eine leichtfertige Steuerfestsetzung kann gemäß § 378 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO auch darin liegen, dass die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen und dadurch Steuern verkürzt werden. Bloße Untätigkeit schließt somit Leichtfertigkeit nicht ohne Weiteres aus (BFH-Urteil vom 19. Februar 2009 II R 49/07, BFHE 225, 1, BStBl II 2009, 932, unter II.2.a).
ccc) Leichtfertigkeit i.S. des § 378 Abs. 1 Satz 1 AO bedeutet einen erheblichen Grad an Fahrlässigkeit, der etwa der groben Fahrlässigkeit des bürgerlichen Rechts entspricht, aber im Gegensatz hierzu auf die persönlichen Fähigkeiten des Täters abstellt. Ein derartiges Verschulden liegt vor, wenn ein Steuerpflichtiger nach den Gegebenheiten des Einzelfalls und seinen individuellen Fähigkeiten in der Lage gewesen wäre, den aus den einschlägigen gesetzlichen Regelungen sich im konkreten Fall ergebenden Sorgfaltspflichten zu genügen. Hierzu ist eine Gesamtbewertung des Verhaltens des Steuerpflichtigen erforderlich (BFH-Urteil in BFHE 243, 116, BStBl II 2014, 295, Rz 30; BFH-Beschluss vom 18. November 2013 X B 82/12, BFH/NV 2014, 292, Rz 7 ff., jeweils m.w.N.).
Hat der Steuerpflichtige die Finanzbehörde pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen, so ist bei der Prüfung, ob Leichtfertigkeit gegeben ist, zu berücksichtigen, dass es dem Steuerpflichtigen obliegt, sich bei rechtlichen Zweifeln über seine steuerlichen Pflichten einschließlich der an die Steuerpflicht anknüpfenden Verfahrenspflichten bei qualifizierten Auskunftspersonen zu erkundigen (vgl. im Einzelnen BFH-Urteil in BFHE 225, 1, BStBl II 2009, 932, unter II.2.a). Zu beachten sind auch Ausbildung, Tätigkeit und Stellung des Steuerpflichtigen. So sind an Kaufleute jedenfalls bei Rechtsgeschäften, die zu ihrer kaufmännischen Tätigkeit gehören, höhere Anforderungen zu stellen als bei anderen Steuerpflichtigen (BFH-Urteil in BFHE 225, 1, BStBl II 2009, 932, unter II.2.a).
Ob im konkreten Einzelfall Leichtfertigkeit i.S. des § 378 Abs. 1 Satz 1 AO vorliegt, ist im Wesentlichen Tatfrage (BFH-Urteile in BFHE 243, 116, BStBl II 2014, 295, Rz 35, und in BFHE 245, 295, BStBl II 2014, 698, Rz 52, jeweils m.w.N.).
ee) Das FG wird nunmehr unter Beachtung der dargelegten Grundsätze Feststellungen dazu nachzuholen haben, ob der Kläger bei der Nichtabgabe der Anzeige leichtfertig gehandelt hat. Ist dies der Fall, hat sich die Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO auf fünf Jahre verlängert. Die Grunderwerbsteuer wurde verkürzt, weil sie erst mehrere Jahre nach Verwirklichung des Erwerbsvorgangs und somit nicht rechtzeitig festgesetzt wurde.
4. Die Übertragung der Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.