BFH VII. Senat
AO § 80 Abs 5, StBerG § 4 Nr 4
vorgehend Thüringer Finanzgericht , 26. November 2013, Az: 3 K 649/12
Leitsätze
§ 4 Nr. 4 StBerG erlaubt nur eine Hilfeleistung in Steuersachen "hinsichtlich des Vermögens" und der daraus erzielten Einkünfte. Bei einem Hausverwalter umfasst dies nicht die Erstellung oder Abgabe der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen sowie der Umsatzsteuererklärung. Insofern sind nur Vorarbeiten zulässig, die sich auf die Einkünfte bzw. Umsätze aus dem die Hausverwaltung betreffenden Mietwohngrundstück beschränken.
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Thüringer Finanzgerichts vom 27. November 2013 3 K 649/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
I.
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist als Immobilienmakler, Hausverwalter und öffentlich bestellter und vereidigter Gutachter tätig. Mit Frau S und Frau D schloss er einen Hausverwaltervertrag über ein Mietwohngrundstück. Eigentümerin des Grundstücks war eine aus Frau S und Frau D bestehende Grundstücksgemeinschaft. Nach dem Hausverwaltervertrag übernahm der Kläger gegen gesondert zu vereinbarende Gebühren auch die "gesonderte Jahresabrechnung" sowie die "Feststellung der Einkünfte aus Vermietungen und Verpachtungen für die Steuererklärungen, soweit sie das Verwaltungsobjekt betreffen".
Im Jahr 2009 reichte die Grundstücksgemeinschaft die Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen sowie die Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2008 ein. Der Kläger hatte hieran mitgewirkt und berechnete für die Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie für die Erstellung der Steuererklärungen gesonderte Gebühren. Die Steuererklärungen wurden von dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt ‑‑FA‑‑) abschließend bearbeitet.
Nach Eingang der Steuererklärungen für das Jahr 2009 wies das FA mit Bescheid vom 9. November 2010 den Kläger gemäß § 80 Abs. 5 der Abgabenordnung (AO) als Beistand der Grundstücksgemeinschaft zurück. Der Bescheid erstreckte sich auf den Vorwurf der Erstellung der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und der Umsatzsteuer-Jahreserklärung für das Jahr 2009.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, bei einem Hausverwalter sei von der beschränkten Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen gemäß § 4 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) lediglich die Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, das Ausfüllen der entsprechenden Anlage zur Einkommensteuererklärung sowie die Beratung zu Abschreibungsmöglichkeiten gedeckt. Die Erstellung der Erklärung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder der Umsatzsteuer-Jahreserklärung seien dagegen nicht erfasst. Die Entscheidungsgründe sind in Entscheidungen der Finanzgerichte 2014, 517 veröffentlicht.
Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, das FG habe § 4 Nr. 4 StBerG unzutreffend ausgelegt. Unter Berücksichtigung des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. November 1982 VIII R 217/79 (nicht veröffentlicht) sei eine restriktive Auslegung abzulehnen. Folglich erfasse § 4 Nr. 4 StBerG sämtliche steuerlichen Angelegenheiten, die mit einem zur Verwahrung übertragenen oder zu verwaltenden Vermögen verbunden seien. Anderenfalls käme es zu wenig praktikablen und oftmals gar nicht möglichen Differenzierungen. Im Übrigen handele es sich bei dem verwalteten Grundstück um den einzigen Vermögensgegenstand der Grundstücksgemeinschaft.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des Klägers ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das Urteil entspricht dem Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). Das FG hat zu Recht die Entscheidung des FA bestätigt, den Kläger hinsichtlich der Erstellung der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und der Umsatzsteuer-Jahreserklärung als Beistand der Grundstücksgemeinschaft zurückzuweisen.
1. Nach § 80 Abs. 5 AO sind Bevollmächtigte und Beistände zurückzuweisen, wenn sie geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, ohne dazu befugt zu sein. Im Streitfall kann sich eine solche Befugnis allein aus § 4 Nr. 4 StBerG ergeben. Diese Regelung gilt für Verwahrer und Verwalter fremden oder zu treuen Händen oder zu Sicherungszwecken übereigneten Vermögens, soweit sie hinsichtlich dieses Vermögens Hilfe in Steuersachen leisten.
Der BFH hat in seinem Urteil vom 9. November 1982 VIII R 217/79 entschieden, § 4 Nr. 4 StBerG sei nicht restriktiv auszulegen. Insbesondere setze die Verwaltertätigkeit keine Verfügungsmacht über das verwaltete Vermögen voraus. Darüber hinaus sei die Hilfe in Steuersachen nicht nur hinsichtlich des verwalteten Vermögens, sondern auch hinsichtlich der Einkünfte aus dem verwalteten Vermögen erlaubt. Derjenige, dem der Steuerpflichtige die Vermögensverwaltung übertragen habe, solle die steuerlichen Angelegenheiten dieses Vermögens miterledigen können, wobei an seine steuerliche Qualifikation keine höheren Anforderungen zu stellen seien als an die des Steuerpflichtigen selbst. Ein Vermögen brauche im Übrigen nicht aus mehreren Vermögensgegenständen zu bestehen.
2. Der Senat schließt sich der Rechtsprechung des VIII. Senats an. Diese Rechtsprechung ist auch im Streitfall anwendbar. Denn entgegen der Auffassung des FG beschränkt sie sich nicht auf amtliche Vermögensverwalter. Das FG geht insofern unzutreffend davon aus, dass die Entscheidung vom 9. November 1982 VIII R 217/79 zu einem Testamentsvollstrecker ergangen ist. Gegenstand war aber die rechtsgeschäftlich vereinbarte Verwaltung eines Erbanteils, der lediglich einen durch einen Testamentsvollstrecker verwalteten Nachlass betraf. Darüber hinaus sind auch die Umsatzsteuererklärungen nicht von vorneherein ausgenommen. Das vom FG zitierte Senatsurteil vom 1. März 1983 VII R 27/82 (BFHE 138, 129, BStBl II 1983, 318) ist nicht zu den sachlich und persönlich eingeschränkten Befugnissen zur Hilfeleistung in Steuersachen nach § 4 StBerG, sondern zur vollständigen Ausklammerung bestimmter Tätigkeiten vom Verbot der unbefugten Hilfeleistung in Steuersachen nach § 6 StBerG ergangen.
3. Allerdings erlaubt § 4 Nr. 4 StBerG nur eine Hilfeleistung "hinsichtlich des Vermögens" und ‑‑unter Berücksichtigung des Urteils vom 9. November 1982 VIII R 217/79‑‑ der daraus erzielten Einkünfte.
a) Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, darf ein Hausverwalter deshalb den aus dem Mietwohngrundstück erzielten Einnahmen-Ausgaben-Überschuss ermitteln, über Abschreibungsmöglichkeiten beraten und die entsprechende Anlage zur Einkommensteuererklärung ausfüllen. Entsprechende ‑‑auf die Einkünfte bzw. Umsätze aus dem Mietwohngrundstück beschränkte‑‑ Vorarbeiten sind darüber hinaus auch im Rahmen einer Erklärung über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen sowie im Rahmen von Umsatzsteuererklärungen zulässig.
Insbesondere ist die Befugnis nach § 4 Nr. 4 StBerG nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil sich die Hausverwaltung lediglich auf den einzelnen Vermögensgegenstand Mietwohngrundstück bezieht (Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 80 AO Rz 81; Riddermann/Goez in Kuhls u.a., StBerG, 3. Aufl., § 4 Rz 30; a.A.: Gehre/Koslowski, StBerG, 6. Aufl. 2009, § 4 Rz 7; Rüsken in Beermann/Gosch, AO, § 80 Rz 160; Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 80 AO Rz 337; ebenso zur Parallelregelung in Art. 1 § 5 Nr. 3 des ehemaligen Rechtsberatungsgesetzes ‑‑RBerG‑‑ Oberverwaltungsgericht Berlin, Beschluss vom 25. Mai 1962 II L 4.62, JR 1963, 434; Chemnitz/Johnigk, Rechtsberatungsgesetz, 11. Aufl. 2003, Art. 1 § 5 Nr. 3 RBerG Rz 607; Rennen/Caliebe, RBerG, 3. Aufl. 2001, Art. 1 § 5 Rz 88). Eine solche Einschränkung lässt sich der weiten Formulierung "Verwahrer und Verwalter" in § 4 Nr. 4 StBerG nicht entnehmen, auch wenn der Hausverwalter in der für die Rechtsberatung geltenden Parallelvorschrift des Art. 1 § 5 Nr. 3 RBerG zusätzlich zum Vermögensverwalter genannt wurde (nunmehr § 5 Abs. 2 Nr. 2 des Rechtsdienstleistungsgesetzes). Vielmehr zeigt die allgemeine Einbeziehung der Treuhandabreden und insbesondere der Sicherungsübereignungen, dass sich die Verwaltung nach § 4 Nr. 4 StBerG auch auf einzelne Vermögensgegenstände beziehen darf.
b) Bei einem Hausverwalter ist die zulässige Hilfeleistung "hinsichtlich des Vermögens" aber überschritten, wenn es um die Erstellung oder gar Abgabe der vollständigen Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen oder der Umsatzsteuererklärung geht. Da sich diese Erklärungen nicht allein auf das Grundstück beziehen, sondern auch die persönlichen Verhältnisse des Erklärungspflichtigen und dessen weitere Tätigkeiten umfassend berücksichtigen müssen, fehlt ein ausreichender sachlicher Zusammenhang mit der Verwaltung des Mietwohngrundstücks und dessen Einkünften.
Dies gilt selbst dann, wenn es sich bei dem Grundstück um den einzigen Vermögensgegenstand des Erklärungspflichtigen handelt, wie im Streitfall bei der Umsatzsteuererklärung, die von der Miteigentümergemeinschaft als Unternehmerin abzugeben ist (§ 18 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes; hinsichtlich der Erklärung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen sind dagegen die Miteigentümer gemäß § 181 Abs. 2 AO erklärungspflichtig, so dass bereits aus diesem Grund die Voraussetzung eines einzigen Vermögensgegenstands des Erklärungspflichtigen fehlt). Denn auch in solch einem Fall ist der Inhalt der Umsatzsteuererklärung nicht allein auf das Grundstück beschränkt, sondern enthält beispielsweise Aussagen über den Umfang des umsatzsteuerlichen Unternehmens. Entsprechendes gälte bei der Erklärung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, beispielsweise im Hinblick auf Aussagen über die Gewinnverteilung und die persönlichen Werbungskosten der Beteiligten. Diese Fragen stehen nicht in einem ausreichenden sachlichen Zusammenhang mit dem verwalteten Grundstück. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass sich der Umfang des Vermögens ‑‑auch bei einer Grundstücksgemeinschaft, die zunächst nur ein Grundstück erwirbt‑‑ jederzeit ändern kann, so dass eine Sonderregelung für den Fall, dass ein Erklärungspflichtiger nur einen einzigen Vermögensgegenstand in seinem Vermögen hält, zu Rechtsunsicherheit führen würde.
4. Die steuerlichen Pflichten sind auch nicht nach § 34 Abs. 3 AO auf den Kläger als Hausverwalter übergegangen. Unabhängig davon, ob diese Vorschrift überhaupt auf eine rechtsgeschäftlich übertragene Vermögensverwaltung Anwendung finden kann, sieht sie jedenfalls eine Beschränkung auf die Reichweite der Vermögensverwaltung vor, die sich bei einer Hausverwaltung nur auf das betreffende Grundstück beziehen kann.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.