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auf der Richterbank liegen Barett und Arbeitsmappe, dahinter ein Richterstuhl, auf dem eine Robe hängt

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Urteil vom 26. Februar 2014, VI R 54/13

Regelmäßige Arbeitsstätte einer Kabinenchefin

BFH VI. Senat

EStG § 9 Abs 1 S 1, EStG § 9 Abs 1 S 3 Nr 4, EStG VZ 2010

vorgehend FG Münster, 01. Juli 2013, Az: 11 K 4527/11 E

Leitsätze

NV: Eine Kabinenchefin unterhält am Heimatflughafen ihrer Fluglinie auch dann keine regelmäßige Arbeitsstätte, wenn sie diesen arbeitstäglich anfährt.

Tatbestand

  1. I. Streitig ist, ob Aufwendungen einer Kabinenchefin (Teampurserette) für die Wege zwischen ihrer Wohnung und dem Heimatflughafen nach Maßgabe der Entfernungspauschale zu berücksichtigen sind.

  2. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) arbeitet als Kabinenchefin für die Fluggesellschaft C. Sie lebt in B. Ihr Einsatz- bzw. Heimatflughafen ist A. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 2010 die Kosten der Klägerin für die Wege der Klägerin zwischen ihrer Wohnung und dem Flughafen erklärungsgemäß entsprechend § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes ‑‑EStG‑‑ (65 Tage x 285 km x 0,30 €).

  3. Der aus anderen Gründen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg. Die Klägerin begehrte erstmals im Klageverfahren, die Kosten für die Wege in tatsächlicher Höhe als Werbungskosten zu berücksichtigen. Der Flughafen in A sei nicht ihre regelmäßige Arbeitsstätte. Sie sei auswärts tätig. Das Finanzgericht (FG) gab, auch soweit es hier von Bedeutung ist, der Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 1580 veröffentlichten Gründen statt.

  4. Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

  5. Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit Kosten der Klägerin für die Wege zwischen ihrer Wohnung und dem Heimatflughafen in A über die Entfernungspauschale in Höhe von 5.361 € hinaus als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abgezogen worden sind, und die Klage insoweit abzuweisen.

  6. Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung am 26. Februar 2014 hat das FA die Revision mit Schriftsatz vom 5. März 2014 zurückgenommen.

  7. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

  8. Die Klägerin hat in die Rücknahme der Revision nicht eingewilligt (Schriftsatz vom 19. März 2014).

Entscheidungsgründe

  1. II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Zu Recht hat das FG entschieden, dass die Kosten der Klägerin für die Wege zwischen ihrer Wohnung und dem Heimatflughafen A in tatsächlicher Höhe als Werbungskosten abziehbar sind. Über die Revision ist sachlich zu entscheiden, weil das FA die Revision wegen des fehlenden Einverständnisses der Klägerin nicht mehr wirksam zurücknehmen konnte (§ 125 Abs. 1 Satz 2 FGO).

  2. 1. Beruflich veranlasste Fahrtkosten sind Erwerbsaufwendungen und gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG in Höhe des dafür tatsächlich entstandenen Aufwands als Werbungskosten zu berücksichtigen. Erwerbsaufwendungen in diesem Sinne sind auch die Kosten des Arbeitnehmers für seine Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte. Allerdings dürfen diese Kosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG nur nach Maßgabe einer Entfernungspauschale als Werbungskosten in Abzug gebracht werden.

  3. a) Regelmäßige Arbeitsstätte im Sinne dieser die beruflichen Mobilitätskosten lediglich eingeschränkt berücksichtigenden Regelung ist nur der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers und damit der Ort, an dem der Arbeitnehmer seine aufgrund des Dienstverhältnisses geschuldete Leistung zu erbringen hat (s. etwa Senatsurteil vom 28. März 2012 VI R 48/11, BFHE 237, 82, BStBl II 2012, 926).

  4. b) Das ist jede ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers (Senatsurteile vom 17. Juni 2010 VI R 20/09, BFHE 230, 533, BStBl II 2012, 32; vom 19. Dezember 2005 VI R 30/05, BFHE 212, 218, BStBl II 2006, 378, betreffend ein Schiff; in BFHE 237, 82, BStBl II 2012, 926, betreffend einen LKW bzw. LKW-Wechselplatz). Der Arbeitnehmer muss der ortsfesten dauerhaften betrieblichen Einrichtung zugeordnet sein und diese nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, das heißt fortdauernd und immer wieder aufsuchen (Senatsurteil vom 9. Februar 2012 VI R 44/10, BFHE 236, 431, BStBl II 2013, 234).

  5. c) Eine Arbeitsstätte ist allerdings nicht jeder beliebige Tätigkeitsort, sondern der Ort, an dem der Arbeitnehmer typischerweise seine Arbeitsleistung im Schwerpunkt zu erbringen hat. Insoweit ist entscheidend, wo sich der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit eines Arbeitnehmers befindet. Dort liegt die eine regelmäßige Arbeitsstätte, die ein Arbeitnehmer nur haben kann. Dieser Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit bestimmt sich nach den qualitativen Merkmalen einer wie auch immer gearteten Arbeitsleistung, die der Arbeitnehmer an dieser Arbeitsstätte im Einzelnen wahrnimmt oder wahrzunehmen hat, sowie nach dem konkreten Gewicht dieser dort verrichteten Tätigkeit (Senatsurteile vom 19. Januar 2012 VI R 36/11, BFHE 236, 353, BStBl II 2012, 503; VI R 32/11, BFH/NV 2012, 936; vom 9. Juni 2011 VI R 55/10, BFHE 234, 164, BStBl II 2012, 38; VI R 36/10, BFHE 234, 160, BStBl II 2012, 36; VI R 58/09, BFHE 234, 155, BStBl II 2012, 34).

  6. d) Ist der Arbeitnehmer nicht an einer solchen dauerhaften betrieblichen Einrichtung tätig, liegt regelmäßig eine Auswärtstätigkeit vor, weil der Arbeitnehmer entweder vorübergehend von seiner Wohnung und dem ortsgebundenen Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit entfernt tätig wird, oder weil er schon über keinen dauerhaft angelegten ortsgebundenen Bezugspunkt für seine berufliche Tätigkeit verfügt, sondern nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten oder auf einem Fahrzeug eingesetzt wird (Senatsurteil vom 18. Juni 2009 VI R 61/06, BFHE 226, 59, BStBl II 2010, 564).

  7. 2. Nach diesen Grundsätzen hat das FG zu Recht die Tätigkeit der Klägerin als Auswärtstätigkeit beurteilt.

  8. Die der Fluggesellschaft C als Arbeitgeberin möglicherweise zuzuordnende betriebliche Einrichtung auf dem Flughafen erfüllt nicht die Voraussetzungen einer regelmäßigen Arbeitsstätte. Denn die Klägerin war dort nicht in einer Weise tätig, die es rechtfertigt, diesen Tätigkeitsort als regelmäßige Arbeitsstätte zu qualifizieren. Nach den bindenden Feststellungen des FG war die Klägerin schwerpunktmäßig im Flugzeug, das mangels Ortsfestigkeit seinerseits keine regelmäßige Arbeitsstätte ist, tätig. Es genügt nach Auffassung des Senats nicht, dass die Klägerin den Betriebssitz mit einer gewissen Nachhaltigkeit aufgesucht hat. Entscheidend ist, dass sie ihrer eigentlichen Tätigkeit außerhalb des Betriebssitzes nachgegangen ist.

  9. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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