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auf der Richterbank liegen Barett und Arbeitsmappe, dahinter ein Richterstuhl, auf dem eine Robe hängt

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Urteil vom 26. Februar 2014, VI R 68/12

Regelmäßige Arbeitsstätte eines Flugzeugführers

BFH VI. Senat

EStG § 9 Abs 1 S 3 Nr 4, EStG VZ 2007

vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz , 20. September 2012, Az: 3 K 1740/10

Leitsätze

1. NV: Ein Flugzeugführer ist schwerpunktmäßig in einem Flugzeug und damit auswärts tätig.

2. NV: Aufwendungen für Fahrten zwischen seiner Wohnung und seinem Heimatflughafen, sind daher nicht in Höhe der Entfernungspauschale, sondern nach Dienstreisegrundsätzen als Werbungskosten abzugsfähig.

Tatbestand

  1. I. Streitig ist, ob Aufwendungen eines Verkehrsflugzeugführers für die Fahrten zwischen seiner Wohnung und dem Heimatflughafen nach Maßgabe der Entfernungspauschale oder nach Dienstreisegrundsätzen zu berücksichtigen sind.

  2. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Berufspilot und als Verkehrsflugzeugführer bei einer Fluggesellschaft beschäftigt.

  3. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) berücksichtigte die Fahrten des Klägers zwischen seiner Wohnung und dem Heimatflughafen in dem Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 2007 erklärungsgemäß nach den Grundsätzen der Entfernungspauschale.

  4. Der aus anderen Gründen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg. Der Kläger begehrte erstmals mit der daraufhin erhobenen Klage, die arbeitstäglich unternommenen Fahrten mit den tatsächlichen Wegekosten anzusetzen. Aufgrund einer Änderung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Auslegung des Begriffs der regelmäßigen Arbeitsstätte sei der Heimatflughafen nicht mehr als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen. Soweit es hier von Bedeutung ist, gab das Finanzgericht (FG) der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 113 veröffentlichten Gründen statt.

  5. Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

  6. Es beantragt,
    das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 21. September 2012  3 K 1740/10 insoweit aufzuheben, als danach Aufwendungen für die Fahrten zwischen der Wohnung des Klägers und dem Heimatflughafen über die Entfernungspauschale hinaus als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt worden sind, und die Klage insoweit abzuweisen.

  7. Der Kläger beantragt,
    die Revision zurückzuweisen.

  8. Das Bundesministerium der Finanzen hat den Beitritt zum Verfahren erklärt (§ 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).

Entscheidungsgründe

  1. II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Kosten des Klägers für Fahrten zwischen seiner Wohnung und dem Heimatflughafen in tatsächlicher Höhe als Werbungskosten abziehbar sind.

  2. 1. Beruflich veranlasste Fahrtkosten sind Erwerbsaufwendungen und gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe des dafür tatsächlich entstandenen Aufwands als Werbungskosten zu berücksichtigen. Erwerbsaufwendungen sind grundsätzlich auch die Aufwendungen des Arbeitnehmers für Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte. Allerdings sind die Aufwendungen dafür nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung nur begrenzt nach Maßgabe einer Entfernungspauschale als Werbungskosten zu berücksichtigen.

  3. a) Regelmäßige Arbeitsstätte im Sinne dieser die beruflichen Mobilitätskosten nur eingeschränkt berücksichtigenden Regelung ist nach der neueren Rechtsprechung des erkennenden Senats nur der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers und damit der Ort, an dem der Arbeitnehmer seine aufgrund des Dienstverhältnisses geschuldete Leistung zu erbringen hat. Dies ist im Regelfall der Betrieb, Zweigbetrieb oder eine Betriebsstätte des Arbeitgebers, denen der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, also fortdauernd und immer wieder aufsucht (Senatsurteile vom 10. Juli 2008 VI R 21/07, BFHE 222, 391, BStBl II 2009, 818; vom 9. Juli 2009 VI R 21/08, BFHE 225, 449, BStBl II 2009, 822; vom 17. Juni 2010 VI R 35/08, BFHE 230, 147, BStBl II 2010, 852; vom 22. September 2010 VI R 54/09, BFHE 231, 127, BStBl II 2011, 354, m.w.N.; vom 9. Juni 2011 VI R 55/10, BFHE 234, 164, BStBl II 2012, 38; vom 9. Februar 2012 VI R 44/10, BFHE 236, 431, BStBl II 2013, 234, und vom 28. März 2012 VI R 48/11, BFHE 237, 82, BStBl II 2012, 926).

  4. b) Eine Arbeitsstätte ist allerdings nicht jeder beliebige Tätigkeitsort, sondern der Ort, an dem der Arbeitnehmer typischerweise seine Arbeitsleistung im Schwerpunkt zu erbringen hat. Insoweit ist entscheidend, wo sich der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit eines Arbeitnehmers befindet. Dort liegt die eine regelmäßige Arbeitsstätte, die ein Arbeitnehmer nur haben kann. Dieser Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit bestimmt sich nach den qualitativen Merkmalen einer wie auch immer gearteten Arbeitsleistung, die der Arbeitnehmer an dieser Arbeitsstätte im Einzelnen wahrnimmt oder wahrzunehmen hat, sowie nach dem konkreten Gewicht dieser dort verrichteten Tätigkeit (Senatsurteile vom 19. Januar 2012 VI R 36/11, BFHE 236, 353, BStBl II 2012, 503, und VI R 32/11, BFH/NV 2012, 936, sowie in BFHE 234, 164, BStBl II 2012, 38; vom 9. Juni 2011 VI R 36/10, BFHE 234, 160, BStBl II 2012, 36, und VI R 58/09, BFHE 234, 155, BStBl II 2012, 34).

  5. c) Ist der Arbeitnehmer nicht an einer solchen dauerhaften betrieblichen Einrichtung tätig, liegt regelmäßig eine Auswärtstätigkeit vor, weil der Arbeitnehmer entweder vorübergehend von seiner Wohnung und auch dem ortsgebundenen Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit (Tätigkeitsmittelpunkt) entfernt tätig wird oder weil er schon über keinen dauerhaft angelegten ortsgebundenen Bezugspunkt für seine berufliche Tätigkeit verfügt, sondern nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten oder auf einem Fahrzeug eingesetzt wird (vgl. Senatsurteil vom 18. Juni 2009 VI R 61/06, BFHE 226, 59, BStBl II 2010, 564).

  6. 2. Nach diesen Grundsätzen hat das FG zu Recht die Tätigkeit des Klägers als Auswärtstätigkeit beurteilt. Dabei kann dahinstehen, ob der Fluggesellschaft als Arbeitgeberin möglicherweise zuzuordnende betriebliche Einrichtungen auf dem Flughafengelände des Flughafens die Voraussetzungen einer regelmäßigen Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG erfüllen. Denn der Kläger war dort jedenfalls nicht in einer Weise tätig, die es rechtfertigt, diesen Tätigkeitsort als seine regelmäßige Arbeitsstätte zu beurteilen. Nach den bindenden Feststellungen des FG war er als Verkehrsflugzeugführer und damit schwerpunktmäßig in einem Flugzeug, das mangels Ortsfestigkeit seinerseits keine regelmäßige Arbeitsstätte ist (vgl. Senatsurteil in BFHE 237, 82, BStBl II 2012, 926), und damit auswärts tätig. Selbst wenn die Einrichtungen der Fluggesellschaft auf dem Flughafengelände als betriebliche Einrichtung der Arbeitgeberin des Klägers anzusehen wären, genügt es ‑‑entgegen der Auffassung des FA‑‑ nicht, dass der Kläger diese nachhaltig (gegebenenfalls arbeitstäglich) aufgesucht hat. Entscheidend ist vielmehr, dass er seiner eigentlichen Tätigkeit, dem Führen eines Verkehrsflugzeugs, außerhalb der Einrichtungen der Fluggesellschaft nachgegangen ist.

  7. 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

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