Zum Hauptinhalt springen Zur Hauptnavigation springen Zum Footer springen
auf der Richterbank liegen Barett und Arbeitsmappe, dahinter ein Richterstuhl, auf dem eine Robe hängt

Entscheidungen
des Bundesfinanzhofs

Entscheidungen online

Zur Hauptnavigation springen Zum Footer springen

Beschluss vom 27. Januar 2014, III B 86/13

Umfang der Hinweispflicht des Finanzgerichts

BFH III. Senat

FGO § 76 Abs 2, FGO § 115 Abs 2 Nr 3

vorgehend FG Nürnberg, 23. Juni 2013, Az: 5 K 2018/2008

Leitsätze

NV: Lehnt die Familienkasse in ihrer Erwiderung auf das Klagebegehren die Anerkennung bestimmter Aufwendungen mangels hinreichender Nachweise ab und geht der Kläger daraufhin selbst noch auf die Abgrenzung zwischen ausbildungs- und freizeitorientierten Aufwendungen ein, bedarf es im Hinblick auf die bislang unzureichende Nachweisführung keines zusätzlichen Hinweises des Finanzgerichts gegenüber dem sach- und fachkundig vertretenen Kläger, da die rechtliche Bedeutung der vorzutragenden Tatsachen auf der Hand liegt .

Tatbestand

  1. I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist die Mutter eines im Mai 1987 geborenen Sohnes (S), der im Streitzeitraum Januar bis Dezember 2007 studierte. Nachdem die Beklagte und Beschwerdegegnerin (die Familienkasse) die Klägerin erfolglos aufgefordert hatte, Nachweise über die Einkünfte und Bezüge des S vorzulegen, hob sie die Kindergeldfestsetzung für S mit Bescheid vom 26. August 2008 u.a. für Januar bis Dezember 2007 auf und forderte das bereits ausgezahlte Kindergeld zurück. Den dagegen gerichteten Einspruch wies die Familienkasse als unbegründet zurück.

  2. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Zur Begründung verwies es u.a. darauf, dass die von der Klägerin als besondere Ausbildungskosten in Höhe von 989 € geltend gemachten Aufwendungen für einen Universitätsbesuch in England ‑‑insbesondere in Bezug auf den Reiseverlauf, die angefahrenen Orte und den Ausbildungsbezug der Unternehmungen‑‑ nicht hinreichend nachvollziehbar dargelegt und belegt worden seien und danach der Jahresgrenzbetrag um 717 € überschritten werde.

  3. Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung -FGO-).

Entscheidungsgründe

  1. II. Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet und deshalb durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO). Sofern Zulassungsgründe überhaupt in einer den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Form geltend gemacht wurden, liegen sie jedenfalls nicht vor.

  2. 1. Soweit die Klägerin rügt, das FG habe seine Hinweispflicht (§ 76 Abs. 2 FGO) verletzt, liegt ein solcher Verstoß nicht vor.

  3. a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) verpflichtet § 76 Abs. 2 FGO das FG nicht, die Beteiligten zu einer Substantiierung ihres Sachvortrags zu veranlassen, wenn die rechtliche Bedeutung der vorzutragenden Tatsachen für den Ausgang des Klageverfahrens auf der Hand liegt (vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 4. August 1999 VIII B 51/98, BFH/NV 2000, 204). Ebenso wenig ist es gehalten, die maßgebenden rechtlichen Gesichtspunkte mit den Verfahrensbeteiligten vorher umfassend zu erörtern oder ihnen die einzelnen für die Entscheidung erheblichen Gesichtspunkte im Voraus anzudeuten (z.B. BFH-Urteil vom 28. Februar 1989 VIII R 303/84, BFHE 157, 51, BStBl II 1989, 711; BFH-Beschluss vom 12. Juli 2002 VII B 257/01, BFH/NV 2002, 1498, jeweils m.w.N.). Das gilt insbesondere dann, wenn ein Beteiligter steuerlich beraten und im Prozess entsprechend vertreten war (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2000, 204).

  4. b) Im Streitfall lag die rechtliche Bedeutung der vorzutragenden Tatsachen für den Ausgang des Klageverfahrens auf der Hand, da die Familienkasse noch mit Schreiben vom 27. Januar 2010 die Anerkennung der Aufwendungen für die Englandreise im Rahmen der besonderen Ausbildungskosten abgelehnt hatte und der Klägervertreter daraufhin im Schreiben vom 6. April 2010 selbst auf die Abgrenzung zwischen einem ausbildungsorientierten Auslandsaufenthalt und einer überwiegenden Freizeitbeschäftigung eingegangen war. Insofern musste sich für die anwaltlich vertretene Klägerin ohne weiteres aufdrängen, dass etwaige während des Auslandsaufenthalts durchgeführte Universitätsbesuche konkret (Orte, Zeiten, Gesprächspartner oder Veranstaltungsteilnahmen) darzulegen und unter Beweis zu stellen sind und dass die bloße Vorlage allgemein gehaltener Schreiben der UCAS für einen Prozesserfolg nicht ausreichend sein könnte.

  5. 2. Soweit die Klägerin einen Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) rügt, ist ein solcher Verfahrensmangel nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend dargelegt worden.

  6. a) Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. hierzu die Nachweise bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 120 Rz 70) sind insoweit u.a. Ausführungen dazu erforderlich, welche Tatsachen das FG auch ohne besonderen Antrag hätte aufklären müssen oder welche Beweise zu welchem Beweisthema es von Amts wegen hätte erheben müssen, aus welchen (genau bezeichneten) Gründen sich dem FG die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts oder einer Beweiserhebung auch ohne einen entsprechenden Antrag hätte aufdrängen müssen und inwieweit eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können.

  7. b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Nach den Ausführungen des FG ergab sich aus den eingereichten UCAS-Unterlagen nichts Konkretes zu den näheren Umständen der Reise nach England. Eine von der Klägerin vorgelegte Einladung eines Colleges habe sich nicht auf den Streitzeitraum bezogen. Aus welchen Umständen sich dem FG Anhaltspunkte für Ermittlungsmaßnahmen im Hinblick auf die in der Beschwerdebegründung vorgetragenen Besuche mehrerer Universitäten in X und Y hätten aufdrängen müssen, wird aus dem Vortrag der Klägerin nicht ersichtlich. Ebenso wenig legt die Klägerin dar, weshalb weitere Ermittlungen des FG zu der Frage, ob die UCAS der in Deutschland vorhandenen ZVS entspreche, auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätten führen können. Entscheidend für die Nichtanerkennung der geltend gemachten Aufwendungen war nicht die Funktion der UCAS im englischen System der Studienplatzvergabe, sondern der Umstand, dass dem FG hinreichende Anhaltspunkte für einen ausbildungsorientierten Inhalt der Englandreise fehlten.

Seite drucken