BFH X. Senat
GVG § 198, FGO § 142, FGO § 155 S 2, ZPO § 117 Abs 1
Leitsätze
NV: Die Zulässigkeit eines PKH-Antrags für ein beabsichtigtes Entschädigungsklageverfahren setzt u.a. voraus, dass zumindest in laienhafter Form dargestellt wird, inwiefern nach Ansicht des Antragstellers das betroffene finanzgerichtliche Verfahren verzögert worden ist.
Tatbestand
I. Der Antragsteller wandte sich mit FAX-Schreiben vom 1. Oktober 2013 an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG) in Münster. Im Betreff dieses Schreibens wies er auf seinen Antrag nach § 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) im Verfahren 13 K 122/13 hin. Im Text erläuterte er, er habe einen Antrag nach § 198 GVG beim Niedersächsischen Finanzgericht (FG) gestellt. Er bat um Weiterleitung seines Schreibens an den Bundesfinanzhof (BFH) zwecks Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) und Beiordnung eines Rechtsanwalts. Dieser Bitte um Weiterleitung kam das OVG nach. Die Geschäftsstelle des beschließenden Senats des BFH bestätigte dem Antragsteller hierauf mit Schreiben vom 30. Oktober 2013 den Eingang seines Antrags. Sie belehrte den Antragsteller über die Voraussetzung für die Gewährung von PKH. Auch forderte sie den Antragsteller auf, sich zu Grund und Höhe des beabsichtigten Entschädigungsanspruchs zu äußern. In Reaktion hierauf wandte sich der Antragsteller mit FAX-Schreiben vom 2. November 2013 an das Niedersächsische FG. Er verlangte Klärung, wer für den Antrag nach § 198 GVG zuständig sei. Sinngemäß machte er zudem geltend, er gebe bis dahin in der Sache keine weiteren Erklärungen ab. Er begehre für das Entschädigungsklageverfahren PKH wie in dem beim Niedersächsischen FG anhängigen Verfahren 13 K 122/13. Das FG leitete das Schreiben und die nachfolgend beim FG eingegangene Erklärung des Antragstellers über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an den BFH weiter.
Entscheidungsgründe
II. Der Antrag ist unzulässig. Der Antragsteller hat es versäumt, das Streitverhältnis in der gebotenen Weise darzustellen.
1. Der BFH ist für die Entscheidung über den PKH-Antrag zuständig.
Nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gelten die den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren betreffenden Vorschriften des Siebzehnten Titels des GVG mit der Maßgabe entsprechend, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts (OLG) und des Bundesgerichtshofs der BFH tritt und die FGO anwendbar ist. Wird ein Entschädigungsanspruch wegen der (angeblich) unangemessenen Dauer eines finanzgerichtlichen Verfahrens gemäß § 198 GVG geltend gemacht, ist somit anstelle des OLG (§ 201 GVG) der BFH zuständig. Als Prozessgericht des Entschädigungsklageverfahrens nach § 198 GVG ist der BFH zugleich gemäß § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 117 Abs. 1 und § 119 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) für die Entscheidung über den ein solches Verfahren betreffenden PKH-Antrag zuständig.
2. Der Antrag ist nicht zulässig.
a) Gemäß § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 114 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hierbei ist nach § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO in dem PKH-Antrag das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen.
b) Es entspricht der gefestigten BFH-Rechtsprechung, dass in einem PKH-Antrag, welcher ein erstinstanzliches Verfahren vor dem FG betrifft, das Streitverhältnis substantiiert dargestellt werden muss. Aus dieser Darstellung muss erkennbar sein, ob und in welchem Umfang die beabsichtigte Rechtsverfolgung Aussicht auf Erfolg (§ 114 Satz 1 ZPO) hat (BFH-Beschlüsse vom 21. April 1986 IV B 9/86, BFH/NV 1986, 762, und vom 29. April 1999 V B 17/98, BFH/NV 1999, 1442).
Der Antragsteller muss in laienhafter Form schildern, inwiefern das von dem Entschädigungsanspruch betroffene finanzgerichtliche Verfahren unangemessen verzögert worden ist. Solche Angaben sind auch einem nicht rechtskundig vertretenen Antragsteller regelmäßig möglich und zumutbar. Eine Verletzung des Grundsatzes der Rechtsschutzgleichheit für Bemittelte und Unbemittelte (vgl. hierzu Beschluss der 3. Kammer des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Juni 2003 1 BvR 1152/02, Neue Juristische Wochenschrift 2003, 3190) ist mit dem Erfordernis, solche Angaben zu machen, nicht verbunden.
c) Diesen Anforderungen entspricht der vorliegende PKH-Antrag nicht. Aus diesem ergibt sich lediglich, dass wegen des finanzgerichtlichen Verfahrens 13 K 122/13 Entschädigung begehrt wird. Der Antragsteller hat weder dargelegt, in welcher Höhe er Entschädigung beansprucht. Auch hat er keinerlei Angaben zum Ablauf dieses Klageverfahrens gemacht. Es ist daher auch nicht einmal ansatzweise erkennbar, weshalb und in welchem Umfang dieses Verfahren vom FG verzögert behandelt worden sein soll. Der Antragsteller darf bei einer solchen Sachlage nicht darauf vertrauen, dass der BFH von Amts wegen für ihn tätig wird (allgemein hierzu BFH-Beschluss in BFH/NV 1986, 762) und nach Beiziehung der Akten überprüft, ob sich Hinweise für eine solche Verzögerung feststellen lassen.
d) Klarstellend weist der beschließende Senat auf Folgendes hin: Auch in der Sache ist nicht davon auszugehen, dass das vom Antragsteller angesprochene Klageverfahren eine unangemessen lange Verfahrensdauer i.S. des § 198 GVG aufweist. Ausweislich des Aktenzeichens ist es erst im Jahr 2013 beim Niedersächsischen FG anhängig geworden, die Laufzeit beträgt damit weniger als ein Jahr und es handelt sich auch um kein Eilverfahren. Für eine Entschädigungsklage fehlt daher die hinreichende Erfolgsaussicht, weshalb auch aus diesem Grund PKH nicht gewährt werden kann (Senatsbeschluss vom 26. Juli 2012 X S 18/12 (PKH), BFH/NV 2012, 1822).
3. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen (Gräber/ Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 142 Rz 93).