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Beschluss vom 05. Dezember 2013, XI B 17/13

Darlegung von Zulassungsgründen bei kumulativer Urteilsbegründung

BFH XI. Senat

FGO § 115 Abs 2, FGO § 116 Abs 3 S 3, FGO § 119 Nr 6, UStG § 15 Abs 2 Nr 1, UStG § 14 Abs 1 S 2 Nr 4, UStG § 15 Abs 2 Nr 1, UStG § 14 Abs 1 S 2 Nr 4

vorgehend FG Nürnberg, 10. September 2012, Az: 2 K 1545/2009

Leitsätze

1. NV: Ist das Urteil des FG kumulativ auf mehrere Begründungen gestützt, von denen jede für sich das Entscheidungsergebnis trägt, muss für jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO schlüssig dargelegt werden.

2. NV: Hieran fehlt es, wenn das FG den Vorsteuerabzug aus Rechnungen auch deshalb versagt, weil in den Rechnungen kein Leistungszeitpunkt genannt ist, und der Beschwerdeführer zu dieser Begründung keinen Zulassungsgrund darlegt.

Tatbestand

  1. I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, nahm in den Streitjahren (1997, 1998 und 2000) aus mehreren Rechnungen der Firma T und der Firma B den Vorsteuerabzug vor.

  2. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) versagte nach Durchführung einer Außenprüfung in den Umsatzsteueränderungsbescheiden für die Streitjahre vom 3. Dezember 2008 den Vorsteuerabzug aus den genannten Rechnungen, weil T und B nicht Leistende gewesen seien.

  3. Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage ab. Es führte aus, dass T und B nicht leistende Unternehmer gewesen seien und im Übrigen die Rechnungen wegen formeller Mängel nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten. In vielen Fällen enthielten die Rechnungen des T und alle Rechnungen des B keine konkrete Leistungsbeschreibung. Beispielhaft verwies das FG dazu auf die Rechnung des B vom 23. November 2000. Weiter führte das FG aus, darüber hinaus fehle es bei allen Rechnungen an der Angabe des Leistungszeitpunkts.

  4. Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich die Klägerin ausführlich gegen die Annahme, T und B seien nicht Leistende gewesen. Soweit das FG die Klageabweisung darüber hinaus auf formelle Mängel der Rechnungen gestützt hat, bringt sie auf S. 16 der Begründung lediglich vor, das FG habe in seinem Urteil nur eine Rechnung angeführt und zu den Rechnungen der Firma T nicht gesagt, welche formellen Mängel bestehen sollen. Mithin seien konkrete Feststellungen und formelle Beanstandungen des Gerichts zu den Rechnungen in den Entscheidungsgründen nicht angegeben und damit insoweit keine tragenden Gründe vorhanden.

Entscheidungsgründe

  1. II. Die Beschwerde ist unzulässig.

  2. 1. Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Nichtzulassung kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Ist das Urteil des FG kumulativ auf mehrere Begründungen gestützt, von denen jede für sich das Entscheidungsergebnis trägt, muss für jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO schlüssig dargelegt werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 20. Juli 2005 XI B 95/03, BFH/NV 2005, 2032; vom 26. Februar 2008 XI B 215/06, juris; vom 26. März 2009 XI B 83/08, juris; vom 6. Dezember 2011 XI B 44/11, BFH/NV 2012, 745, jeweils m.w.N.).

  3. 2. Hieran fehlt es im Streitfall in Bezug auf die vom FG erfolgte Klageabweisung wegen formeller Mängel der Rechnungen des T und des B; denn die Klägerin hat nicht in schlüssiger Weise dargelegt, dass das angefochtene Urteil insoweit nicht mit Gründen versehen ist (§ 119 Nr. 6, § 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO).

  4. a) Vom Vorliegen eines Verfahrensmangels i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ist auszugehen, wenn den Beteiligten ‑‑zumindest in Bezug auf einen der wesentlichen Streitpunkte‑‑ die Möglichkeit entzogen ist, die getroffene Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen (vgl. BFH-Beschluss vom 10. November 2011 X B 211/10, BFH/NV 2012, 426, m.w.N.). Diesem Zweck genügt eine Begründung nur dann nicht und stellt deshalb einen Verfahrensmangel i.S. des § 119 Nr. 6 FGO dar, wenn den Beteiligten die Möglichkeit entzogen ist, die getroffene Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen, weil die Begründung des Urteilsspruchs überhaupt oder im Hinblick auf einen selbständigen prozessualen Anspruch oder ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel fehlt oder weil die Entscheidungsgründe nur aus inhaltsleeren Floskeln bestehen oder missverständlich und verworren sind (z.B. BFH-Beschluss vom 1. Februar 2012 VI B 71/11, BFH/NV 2012, 767). Nicht ausreichend für die Annahme eines Verfahrensfehlers ist hingegen, dass die Urteilsbegründung nicht den Erwartungen eines Beteiligten entspricht, lückenhaft, rechtsfehlerhaft oder nicht überzeugend ist (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 11. Juli 2012 X B 41/11, BFH/NV 2012, 1634, m.w.N.).

  5. b) Gemessen daran hat die Klägerin zu der Begründung des FG, die Klägerin sei wegen formaler Mängel der Rechnungen des T und des B nicht zur Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug berechtigt, in ihrer Beschwerdebegründung keine Tatsachen schlüssig dargelegt, die einen wesentlichen Begründungsmangel im vorgenannten Sinne ergeben. Die Klägerin hat zwar behauptet, das FG habe zu den Rechnungen der Firma T nicht gesagt, welche formellen Mängel bestehen sollen. Aber einmal abgesehen davon, dass damit kein Verfahrensfehler zum Jahr 2000, in dem alle beanstandeten Eingangsrechnungen von B stammen, dargelegt wird, trifft diese Behauptung ‑‑worauf das FA zutreffend hingewiesen hat‑‑ nach dem Inhalt des Urteils des FG auch für die Rechnungen der Firma T aus den Jahren 1997 und 1998 nicht zu. Das FG hat vielmehr auf S. 15 seines Urteils ‑‑und sei es auch nur kurz‑‑ ausgeführt, darüber hinaus fehle es bei allen Rechnungen an der Angabe des Leistungszeitpunkts. Die Feststellung des FG ist inhaltlich zutreffend. Dieser vom FG für alle Rechnungen, also auch für die Rechnungen des T, festgestellte Mangel trägt für sich genommen die Klageabweisung (vgl. BFH-Urteil vom 17. Dezember 2008 XI R 62/07, BFHE 223, 535, BStBl II 2009, 432).

  6. c) Im Übrigen ist der Vortrag der Klägerin auch insoweit unschlüssig, als sie rügt, das FG habe in seiner Begründung nur eine Rechnung angeführt. Das FG hat vielmehr ausdrücklich von "allen Rechnungen" gesprochen. Alle Rechnungen wurden im Übrigen mit Schreiben der Senatsvorsitzenden des FG vom 24. August 2012 angefordert und mit Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 30. August 2012 dem FG vorgelegt. Sie befinden sich in einem Beihefter "Rechnungen zum Schriftsatz vom 30.8.12" zu den FG-Akten. Auf die von den Beteiligten eingereichten Unterlagen hat das FG auf S. 9 des Urteils ausdrücklich Bezug genommen.

  7. 3. Der Beschluss ergeht nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ohne weitere Begründung.

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