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Beschluss vom 31. Oktober 2013, V B 67/12

Zur grundsätzlichen Bedeutung von auslaufenden Rechts betreffenden Rechtsfragen (hier zur Umsatzsteuerermäßigung für die Beförderung von Personen mit Schiffen gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst a a.F. UStG)

BFH V. Senat

FGO § 115 Abs 2 Nr 1, FGO § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 1, FGO § 116 Abs 3 S 3, UStG § 12 Abs 2 Nr 10 Buchst a

vorgehend FG Nürnberg, 26. März 2012, Az: 2 K 854/10

Leitsätze

1. NV: Rechtsfragen, die sich nur aufgrund ausgelaufenen Rechts stellen, rechtfertigen regelmäßig nicht eine Zulassung der Grundsatzrevision. In einem solchen Fall müssen besondere Gründe geltend gemacht werden und vorliegen, die ausnahmsweise eine Abweichung von dieser Regel rechtfertigen.

2. NV: Eine Rechtsfrage, die ausgelaufenes Recht betrifft, hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie sich entweder mit Blick auf eine Nachfolgeregelung oder in einer nicht ganz unerheblichen Zahl noch anhängiger Verfahren stellt.

3. NV: Aus § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO ergibt sich, dass diese besonderen Gründe innerhalb der Begründungsfrist dargelegt werden müssen.

Gründe

  1. Die Beschwerde ist unzulässig.

  2. 1. Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑) nicht in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise dargelegt.

  3. a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig sein (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 7. August 2013 VI B 99/12, nicht veröffentlicht ‑‑n.v.‑‑; vom 24. Mai 2012 VI B 120/11, BFH/NV 2012, 1438, m.w.N.).

  4. aa) Aus § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO ergibt sich, dass die Frage, ob die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde den gesetzlichen Anforderungen genügt, nur nach den innerhalb der Begründungsfrist vorgebrachten Ausführungen zu beurteilen ist (z.B. BFH-Beschlüsse vom 26. Juni 2012 IV B 34/12, BFH/NV 2012, 1621; vom 15. Juni 2011 IV B 143/09, BFH/NV 2011, 1694). Spätere Darlegungen sind daher, abgesehen von bloßen Erläuterungen und Ergänzungen, nicht zu berücksichtigen (z.B. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2012, 1621; vom 20. Juni 2007 X B 116/06, BFH/NV 2007, 1705).

  5. bb) Rechtsfragen, die sich nur aufgrund ausgelaufenen Rechts stellen, rechtfertigen regelmäßig nicht eine Zulassung der Grundsatzrevision (BFH-Beschlüsse vom 7. August 2013 VI B 99/12, n.v.; vom 28. April 2010 VI B 167/09, BFHE 229, 272, BStBl II 2010, 747, m.w.N.). In einem solchen Fall müssen besondere Gründe geltend gemacht werden und vorliegen, die ausnahmsweise eine Abweichung von dieser Regel rechtfertigen (z.B. BFH-Beschlüsse vom 13. Dezember 2012 X B 211/11, BFH/NV 2013, 546; vom 26. Oktober 2011 IV B 106/10, BFH/NV 2012, 166). Eine Rechtsfrage, die ausgelaufenes Recht betrifft, hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie sich entweder mit Blick auf eine Nachfolgeregelung (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 19. Juni 2006 VIII B 235/04, BFH/NV 2006, 2091) oder in einer nicht ganz unerheblichen Zahl noch anhängiger Verfahren (vgl. z.B. dazu BFH-Beschlüsse vom 18. März 2005 XI B 158/03, BFH/NV 2005, 1343; vom 14. Februar 2007 IX B 177/06, BFH/NV 2007, 1099) stellt (BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2013, 546; vom 26. Oktober 2011 IV B 96/10, BFH/NV 2012, 285).

  6. b) Die vorliegend streitige Steuerermäßigung für die Beförderung von Personen mit Schiffen gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ist zuletzt durch das Jahressteuergesetz 2008 (BGBl I 2007, 3150) bis 31. Dezember 2011 verlängert worden (§ 28 Abs. 4 UStG). Mit Ablauf des 31. Dezember 2011 ist die Regelung ausgelaufen. Eine Nachfolgeregelung gibt es nicht.

  7. Innerhalb der am 16. August 2012 abgelaufenen Begründungsfrist hat das FA Gründe, die eine Zulassung der Revision vorliegend ausnahmsweise rechtfertigen, nicht dargelegt. Die Begründung einer Grundsatzrevision, die sich auf ausgelaufenes Recht bezieht und keine besonderen Gründe darlegt, aus denen sich die gleichwohl grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage ergibt, erfüllt nicht die Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO und ist daher unzulässig (BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2013, 546, und in BFH/NV 2012, 166).

  8. Erst nach Ablauf der Begründungsfrist hat das FA mit Schriftsatz vom 16. November 2012 vorgetragen, die Streitfrage betreffe die Ausflugsschifffahrt auf allen deutschen Flüssen bis mindestens 2008, weil sie regelmäßig erst im Rahmen von Außenprüfungen aufgegriffen werde. Es bedarf keiner Entscheidung, ob der Vortrag im Schriftsatz des FA vom 16. November 2012 den Anforderungen an die Darlegung eines Revisionszulassungsgrundes genügt hätte. Wäre das der Fall, handelte es sich jedenfalls nicht mehr um bloße Erläuterungen oder Ergänzungen der zunächst vorgebrachten Begründung. Denn bloße Erläuterungen oder Ergänzungen können nicht dazu führen, dass eine zuvor mangels hinreichender Darlegung eines Revisionszulassungsgrundes unzulässige Beschwerde nachträglich in die Zulässigkeit hineinwächst (BFH-Beschluss in BFH/NV 2012, 1621).

  9. 2. Da die Rechtsfortbildungsrevision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO ein besonderer Fall der Grundsatzrevision ist (BFH-Beschluss vom 8. Oktober 2012 I B 22/12, BFH/NV 2013, 389, m.w.N.), kommt eine Revisionszulassung aus den unter 1. dargelegten Gründen ebenfalls nicht in Betracht.

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