BFH XI. Senat
UStG § 2 Abs 1, UStG § 2 Abs 2 Nr 2 S 1, UStG § 4 Nr 2, UStG § 15 Abs 1 S 1 Nr 1, UStG § 15 Abs 2 S 1 Nr 1, UStG § 15 Abs 3 Nr 1 Buchst a, UStG § 15 Abs 4, HGB § 124 Abs 1, HGB § 161 Abs 1, HGB § 161 Abs 2, EWGRL 388/77 Art 2, EWGRL 388/77 Art 4 Abs 4 UAbs 2, EWGRL 388/77 Art 17 Abs 2 Buchst a, EWGRL 388/77 Art 17 Abs 5, EWGRL 388/77 Art 29, EGRL 112/2006 Art 9 Abs 1, EGRL 112/2006 Art 11 Abs 1, EGRL 112/2006 Art 168 Buchst a, EGRL 112/2006 Art 173 Abs 1, UStG VZ 2005
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht , 11. Mai 2011, Az: 16 K 411/07
Leitsätze
Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt :
1. Nach welcher Berechnungsmethode ist der (anteilige) Vorsteuerabzug einer Holding aus Eingangsleistungen im Zusammenhang mit der Kapitalbeschaffung zum Erwerb von Anteilen an Tochtergesellschaften zu berechnen, wenn die Holding später (wie von vornherein beabsichtigt) verschiedene steuerpflichtige Dienstleistungen gegenüber diesen Gesellschaften erbringt?
2. Steht die Bestimmung über die Zusammenfassung mehrerer Personen zu einem Steuerpflichtigen in Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG einer nationalen Regelung entgegen, nach der (erstens) nur eine juristische Person ‑‑nicht aber eine Personengesellschaft‑‑ in das Unternehmen eines anderen Steuerpflichtigen (sog. Organträger) eingegliedert werden kann und die (zweitens) voraussetzt, dass diese juristische Person finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch (im Sinne eines Über- und Unterordnungsverhältnisses) "in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist"?
3. Falls die vorstehende Frage bejaht wird: Kann sich ein Steuerpflichtiger unmittelbar auf Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG berufen?
Tatbestand
I.
Streitig ist die Höhe des Vorsteuerabzugs einer Holding aus Eingangsrechnungen im Zusammenhang mit der Kapitalbeschaffung, wenn das dadurch eingeworbene Kapital zum Erwerb von Anteilen an Tochtergesellschaften dient und die Holding diesen gegenüber später steuerpflichtige Dienstleistungen erbringt.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine "Beteiligungsgesellschaft" in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG, war im Streitjahr (2005) als sog. "Dachfonds" an zwei ‑‑ebenfalls in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG betriebenen‑‑ Tochtergesellschaften als Kommanditistin beteiligt. Ihre Kommanditeinlagen betrugen jeweils über 98 %. Die Tochtergesellschaften waren jeweils Eigentümerinnen eines von ihnen im internationalen Schiffsverkehr betriebenen Vollcontainerschiffes.
Die Klägerin schloss mit ihren Tochtergesellschaften am 1. März 2005 einen "Dienstleistungsvertrag". Danach erbrachte sie gegenüber den Tochtergesellschaften "administrative Leistungen" und stand ihnen als "allgemeiner betriebswirtschaftlicher Berater" zur Seite. Insbesondere übernahm sie die Organisation und Durchführung von Gesellschafterversammlungen, die Beratung bei betrieblichen Abläufen, Beratungen auf dem Gebiet des Chartermarktes, die Beratung in Finanzierungsfragen, die Vermittlung von Kontakten zu Hafen- und anderen in- oder ausländischen Behörden für die Tochtergesellschaften, die Beratung bei anlässlich dieser Vermittlung geführten Gesprächen sowie die Vermittlung von Rechts-, Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsleistungen.
Für diese Dienstleistungen erhielt sie ab dem Jahr 2006 eine Vergütung in Höhe von jährlich ... € zuzüglich Umsatzsteuer. Für die Beratung in der Gründungsphase und für die Beratung zur laufenden Tätigkeit in der Zeit bis zum Ablauf des Streitjahres 2005 erhielt sie eine Pauschalvergütung in Höhe von ... € zuzüglich Umsatzsteuer.
Die Klägerin warb im Streitjahr 2005 mithilfe der A-GmbH Kapital in Höhe von ... € ein, wovon sie ... € für die Erbringung ihrer Kommanditeinlage bei den Tochtergesellschaften verwandte.
Für Aufwendungen der Klägerin im Zusammenhang mit der Einwerbung des Kapitals durch die A-GmbH und für die Erstellung eines von der B-GmbH erstellten Prospektgutachtens fiel Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt ... € an, die die Klägerin in ihrer Umsatzsteuererklärung für 2005 als Vorsteuer geltend machte.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) ließ davon zuletzt nur ... € (= 22,31 %) zum Vorsteuerabzug zu. Denn das von der Klägerin insgesamt eingeworbene Kapital in Höhe von ... € diene in Höhe von ... € (= 77,69 %) ihrem nichtwirtschaftlichen Bereich des Haltens von Anteilen an den Tochtergesellschaften, für den ein Vorsteuerabzug ausscheide.
Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) wies die Klage mit Urteil vom 12. Mai 2011 16 K 411/07 ab (vgl. Entscheidungen der Finanzgerichte ‑‑EFG‑‑ 2011, 1751).
Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, der Streitfall entspreche in allen wesentlichen Punkten den Sachverhaltsgestaltungen der Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 27. September 2001 C-16/00 ‑‑Cibo Participations‑‑ (Slg. 2001, I-6663, BFH/NV Beilage 2002, 6) und vom 29. Oktober 2009 C-29/08 ‑‑SKF‑‑ (Slg. 2009, I-10413, BFH/NV 2009, 2099). Hieraus folge, dass das Halten von Beteiligungen unmittelbar mit dem entgeltlichen Eingreifen in die Verwaltung der Tochtergesellschaften zusammenhänge, wenn eine Muttergesellschaft anlässlich eines Beteiligungserwerbs Dienstleistungen beziehe, um später gegenüber ihren daraufhin gegründeten bzw. erworbenen Tochtergesellschaften eigene umsatzsteuerpflichtige Leistungen zu erbringen. Dann sei die Holdinggesellschaft im Ganzen wirtschaftlich tätig, so dass bei einem Beteiligungserwerb anfallende Kosten vollumfänglich den allgemeinen Kosten des Unternehmens zuzuordnen und die damit im Zusammenhang stehenden Vorsteuerbeträge insgesamt abziehbar seien.
Hilfsweise bringt die Klägerin im Revisionsverfahren erstmals vor, der von ihr geltend gemachte Vorsteuerabzug stehe ihr jedenfalls unter dem Gesichtspunkt einer mit ihren Tochtergesellschaften bestehenden Organschaft zu. Eine Organschaft ‑‑wozu das FG ggf. Feststellungen nachzuholen habe‑‑ komme mit Blick auf die EuGH-Urteile vom 9. April 2013 C-85/11 ‑‑Kommission/Irland‑‑ (Deutsches Steuerrecht ‑‑DStR‑‑ 2013, 806, Mehrwertsteuerrecht ‑‑MwStR‑‑ 2013, 238) und vom 25. April 2013 C-480/10 ‑‑Kommission/Schweden‑‑ (MwStR 2013, 276, Umsatzsteuer-Rundschau ‑‑UR‑‑ 2013, 423) auch mit ihren Tochtergesellschaften als Organgesellschaften in Betracht, obwohl diese als Kommanditgesellschaften die Rechtsform einer Personengesellschaft hätten. Deshalb seien ihr die Umsätze ihrer Tochtergesellschaften zuzurechnen, so dass ihr der Vorsteuerabzug vollumfänglich zu gewähren sei.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG sowie den Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für 2005 vom 24. September 2007 aufzuheben, hilfsweise, das Urteil des FG aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Senat legt dem EuGH die im Leitsatz bezeichneten Fragen zur Auslegung des Unionsrechts vor und setzt das Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH aus.
1. Die maßgeblichen Vorschriften und Bestimmungen
a) Nationales Recht
aa) § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) sieht vor, dass der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen kann. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt.
Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet, wobei allerdings u.a. bei steuerfreien Umsätzen für die Seeschifffahrt (§ 4 Nr. 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 UStG) die Vorsteuer nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a UStG abziehbar ist. Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann nach § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nach § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist.
bb) Ein ‑‑zum Vorsteuerabzug berechtigter‑‑ Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt, wobei das Unternehmen nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers umfasst. Gewerblich oder beruflich ist nach § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.
Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG wird die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft).
b) Unionsrecht
aa) Nach Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der im Streitjahr 2005 geltenden Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) ist der Steuerpflichtige, der Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet, befugt, die von ihm im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden, von der von ihm geschuldeten Steuer abzuziehen. Art. 168 Buchst. a der seit dem 1. Januar 2007 geltenden Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) enthält eine entsprechende Bestimmung. Bei Umsätzen für die Seeschifffahrt sind Art. 17 Abs. 3 Buchst. b i.V.m. Art. 15 Nr. 5 der Richtlinie 77/388/EWG zu beachten (jetzt: Art. 169 Buchst. b i.V.m. Art. 148 Buchst. c der MwStSystRL).
Soweit Gegenstände und Dienstleistungen von einem Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze verwendet werden, für die nach Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, ist der Vorsteuerabzug gemäß Art. 17 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG nur für den Teil der Mehrwertsteuer zulässig, der auf den Betrag der erstgenannten Umsätze entfällt. Art. 173 Abs. 1 der MwStSystRL enthält eine entsprechende Bestimmung.
bb) Als ‑‑zum Vorsteuerabzug berechtigter‑‑ Steuerpflichtiger gilt nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG, wer eine der in Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis. Art. 9 Abs. 1 der MwStSystRL enthält eine entsprechende Bestimmung.
Nach Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG steht es vorbehaltlich der Konsultation nach Art. 29 der Richtlinie 77/388/EWG jedem Mitgliedstaat frei, im Inland ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln. Art. 11 Abs. 1 der MwStSystRL enthält eine entsprechende Bestimmung.
2. Zum Vorsteuerabzug einer Holding
a) Die Klägerin ist eine Holding. Darunter versteht man eine Gesellschaft, deren Unternehmensgegenstand darin besteht, unmittelbar oder mittelbar auf Dauer Beteiligungen an einem oder mehreren rechtlich selbständigen Unternehmen zu halten und zu verwalten (vgl. z.B. Lutter, in Lutter, Holding-Handbuch, 4. Aufl., § 1 Rz 11; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 3 II.2.c, S. 52).
In der Praxis werden drei Formen von Holdings unterschieden (vgl. z.B. Abschn. 2.3. Abs. 3 Sätze 2 bis 4 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses):
- Eine sog. Finanzholding ist eine Holding, deren Zweck sich auf das Halten und Verwalten gesellschaftsrechtlicher Beteiligungen beschränkt und die keine Leistungen gegen Entgelt erbringt. - Eine sog. Führungs- oder Funktionsholding ist eine Holding, die im Sinne einer einheitlichen Leitung aktiv in das laufende Tagesgeschäft ihrer Tochtergesellschaften eingreift. - Eine sog. gemischte Holding ist eine Holding, die nur gegenüber einigen Tochtergesellschaften geschäftsleitend tätig wird, während sie Beteiligungen an anderen Tochtergesellschaften lediglich hält und verwaltet. b) Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und des Bundesfinanzhofs (BFH) ist eine Holding, deren einziger Zweck im Erwerb von Beteiligungen an anderen Unternehmen besteht, ohne dass sie ‑‑unbeschadet ihrer Rechte als Aktionärin oder Gesellschafterin‑‑ unmittelbar oder mittelbar in die Verwaltung dieser Gesellschaften eingreift, kein Mehrwertsteuerpflichtiger i.S. von Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG und somit nicht zum Vorsteuerabzug gemäß Art. 17 der Richtlinie 77/388/EWG berechtigt (vgl. EuGH-Urteile vom 20. Juni 1991 C-60/90 ‑‑Polysar Investments‑‑, Slg. 1991, I-3111, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung ‑‑HFR‑‑ 1993, 48, Rz 17; vom 14. November 2000 C-142/99 ‑‑Floridienne und Berginvest‑‑, Slg. 2000, I-9567, BFH/NV Beilage 2001, 37, Rz 17; ‑‑Cibo Participations‑‑ in Slg. 2001, I-6663, BFH/NV Beilage 2002, 6, Rz 18; vom 6. September 2012 C-496/11 ‑‑Portugal Telecom‑‑, HFR 2012, 1119, UR 2012, 762, Rz 31; BFH-Urteile vom 30. Juli 1992 V R 95/87, BFH/NV 1993, 202, unter II.2. zu a; vom 3. April 2008 V R 76/05, BFHE 221, 443, BStBl II 2008, 905, unter II.2.; vom 9. Februar 2012 V R 40/10, BFHE 236, 258, BStBl II 2012, 844, Rz 28).
aa) Eingriffe einer Holding in die Verwaltung von Gesellschaften, an denen sie Beteiligungen erworben hat, sind eine wirtschaftliche Tätigkeit i.S. von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG, wenn sie die Durchführung von Transaktionen einschließen, die gemäß Art. 2 der Richtlinie 77/388/EWG der Mehrwertsteuer unterliegen, wie etwa das Erbringen von administrativen, finanziellen, kaufmännischen und technischen Dienstleistungen der Holding an ihre Tochtergesellschaften (vgl. EuGH-Urteile ‑‑Cibo Participations‑‑ in Slg. 2001, I-6663, BFH/NV Beilage 2002, 6, Rz 22; ‑‑Portugal Telecom‑‑ in HFR 2012, 1119, UR 2012, 762, Rz 34; BFH-Urteile in BFHE 221, 443, BStBl II 2008, 905, unter II.2.; vom 27. Januar 2011 V R 38/09, BFHE 232, 278, BStBl II 2012, 68, Rz 15; in BFHE 236, 258, BStBl II 2012, 844, Rz 29).
bb) Eine Holding, die derartige Dienstleistungen an ihre Tochtergesellschaften erbringt, kann (daneben) auch einen nichtwirtschaftlichen Bereich haben (vgl. EuGH-Urteile ‑‑Floridienne und Berginvest‑‑ in Slg. 2000, I-9567, BFH/NV Beilage 2001, 37, Rz 6, 20 und 32; ‑‑Cibo Participations‑‑ in Slg. 2001, I-6663, BFH/NV Beilage 2002, 6, Rz 8, 10, 22 und 44; vom 13. März 2008 C-437/06 ‑‑Securenta‑‑, Slg. 2008, I-1597, BStBl II 2008, 727, Rz 11, 26 ff.; ‑‑SKF‑‑ in Slg. 2009, I-10413, BFH/NV 2009, 2099, Rz 20, 61 f.; ‑‑Portugal Telecom‑‑ in HFR 2012, 1119, UR 2012, 762, Rz 15 f., 47; vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 236, 258, BStBl II 2012, 844, Rz 30).
c) Eine Holding kann die von ihr für den Bezug von Dienstleistungen auf der Eingangsstufe entrichtete Mehrwertsteuer nur dann als Vorsteuer abziehen, wenn entweder die Eingangsumsätze direkt und unmittelbar mit zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätzen zusammenhängen oder wenn die Kosten für die fraglichen Dienstleistungen zu den allgemeinen Aufwendungen der Holding gehören und ‑‑als solche‑‑ Kostenelemente der von ihr erbrachten Dienstleistungen sind (vgl. EuGH-Urteile ‑‑Cibo Participations‑‑ in Slg. 2001, I-6663, BFH/NV Beilage 2002, 6, Rz 31; vom 26. Mai 2005 C-465/03 ‑‑Kretztechnik‑‑, Slg. 2005, I-4357, UR 2005, 382, Rz 35 f.; vom 8. Februar 2007 C-435/05 ‑‑Investrand‑‑, Slg. 2007, I-1315, BFH/NV Beilage 2007, 289, Rz 23 f.; ‑‑Securenta‑‑ in Slg. 2008, I-1597, BStBl II 2008, 727, Rz 27; ‑‑SKF‑‑ in Slg. 2009, I-10413, BFH/NV 2009, 2099, Rz 57 f.; ‑‑Portugal Telecom‑‑ in HFR 2012, 1119, UR 2012, 762, Rz 36 f.; BFH-Urteil in BFHE 236, 258, BStBl II 2012, 844, Rz 21).
d) Es obliegt den nationalen Gerichten, festzustellen, ob von einer Holding bezogene Dienstleistungen insgesamt einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit den zum Vorsteuerabzug berechtigenden wirtschaftlichen Tätigkeiten auf der Ausgangsstufe aufweisen oder ob diese Dienstleistungen von der Holding sowohl für wirtschaftliche Tätigkeiten verwendet werden, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für wirtschaftliche Tätigkeiten, für die dieses Recht nicht besteht, oder aber ob sie von der Holding sowohl für wirtschaftliche Tätigkeiten als auch für nichtwirtschaftliche Tätigkeiten verwendet werden (vgl. EuGH-Urteil ‑‑Portugal Telecom‑‑ in HFR 2012, 1119, UR 2012, 762, Rz 48).
e) Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall steht der Klägerin grundsätzlich ein Recht auf Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG, Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG zu, soweit sie Eingangsleistungen für die administrativen und kaufmännischen Dienstleistungen bezog, die sie gegenüber ihren Tochtergesellschaften erbrachte.
aa) Diese Leistungen berechtigen als steuerbare und steuerpflichtige Ausgangsumsätze grundsätzlich zum Vorsteuerabzug. Sie sind ‑‑wenn nicht die Voraussetzungen einer Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG oder die Voraussetzungen des Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG vorliegen (s. dazu nachfolgend unter 4. und 5.)‑‑ keine (nicht steuerbaren) Innenleistungen eines Organträgers an Organgesellschaften, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug nicht gegeben ist (vgl. Meyer in Offerhaus/Söhn/Lange, § 2 UStG Rz 85; Reiß in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 2 Rz 99; vgl. auch BFH-Urteil vom 18. Januar 2005 V R 53/02, BFHE 208, 491, BStBl II 2007, 730, unter II.1.).
bb) Allerdings dürfte nach Auffassung des Senats ein vollständiger Vorsteuerabzug ausscheiden und die Klägerin die auf die anlässlich der Kapitalbeschaffung bezogenen Dienstleistungen entfallene Vorsteuer nur insoweit in Abzug bringen können, als sie gegenüber ihren Tochtergesellschaften administrative und kaufmännische Dienstleistungen erbrachte.
Denn die im Zusammenhang mit der Einwerbung des Kapitals stehenden Eingangsleistungen der Klägerin dienten zumindest auch ‑‑wenn nicht sogar in erster Linie‑‑ dem (nicht steuerbaren) Erwerb und dem (nicht steuerbaren) Halten der Beteiligungen an den Tochtergesellschaften. Diese Eingangsleistungen hatten mithin nicht ‑‑wie für einen (vollständigen) Vorsteuerabzug erforderlich‑‑ ihren "ausschließlichen Entstehungsgrund" (vgl. EuGH-Urteil ‑‑Investrand‑‑ in Slg. 2007, I-1315, BFH/NV Beilage 2007, 289, Rz 33; Senatsurteil vom 14. März 2012 XI R 8/10, BFH/NV 2012, 1667, Rz 38) in der späteren Erbringung der (steuerbaren und steuerpflichtigen) Dienstleistungen an ihre Tochtergesellschaften.
Bei derartigen Dienstleistungen, die sowohl für wirtschaftliche Tätigkeiten als auch für nichtwirtschaftliche Tätigkeiten verwendet werden, kann die Vorsteuer vielmehr nur insoweit in Anspruch genommen werden, als die Aufwendungen hierfür der wirtschaftlichen Tätigkeit zuzurechnen sind (vgl. BFH-Urteile vom 3. März 2011 V R 23/10, BFHE 233, 274, BStBl II 2012, 74, Rz 31; in BFHE 236, 258, BStBl II 2012, 844, Rz 25).
Nach Auffassung des Senats führen deshalb von einer Holding an ihre Tochtergesellschaft erbrachte ‑‑ggf. nur geringfügige‑‑ steuerbare und steuerpflichtige Dienstleistungen nicht zwingend dazu, dass nicht nur die ausgeführten Dienstleistungen, sondern auch das (an sich nicht steuerbare) Erwerben und Halten der Beteiligung selbst als zum vollständigen Vorsteuerabzug führende unternehmerische Tätigkeit angesehen werden müssen. Fraglich ist aber, ob dem die Grundsätze des EuGH-Urteils ‑‑Cibo Participations‑‑ (Slg. 2001, I-6663, BFH/NV Beilage 2002, 6) entgegenstehen.
3. Zur ersten Vorlagefrage
a) Die Richtlinie 77/388/EWG regelt nicht, welche Methoden oder Kriterien die Mitgliedstaaten anwenden müssen, wenn sie Bestimmungen erlassen, die eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge danach zulassen, ob sich die entsprechenden Aufwendungen auf wirtschaftliche oder auf nichtwirtschaftliche Tätigkeiten beziehen. Daher und damit die Steuerpflichtigen die notwendigen Berechnungen anstellen können, obliegt es den Mitgliedstaaten, unter Beachtung der dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem zugrunde liegenden Prinzipien die hierfür geeigneten Methoden und Kriterien festzulegen (vgl. EuGH-Urteil ‑‑Securenta‑‑ in Slg. 2008, I-1597, BStBl II 2008, 727, Rz 34).
Die Festlegung der Methoden und Kriterien zur Aufteilung der Vorsteuerbeträge zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten im Sinne der Richtlinie 77/388/EWG steht im Ermessen der Mitgliedstaaten, die bei der Ausübung ihres Ermessens Zweck und Systematik dieser Richtlinie berücksichtigen und daher eine Berechnungsweise vorsehen müssen, die objektiv widerspiegelt, welcher Teil der Eingangsaufwendungen jeder dieser beiden Tätigkeiten tatsächlich zuzurechnen ist (vgl. EuGH-Urteile ‑‑Securenta‑‑ in Slg. 2008, I-1597, BStBl II 2008, 727, Rz 35 ff., 39; ‑‑Portugal Telecom‑‑ in HFR 2012, 1119, UR 2012, 762, Rz 42 und 44). Die Mitgliedstaaten dürfen bei der Ausübung ihres Ermessens ggf. einen Investitionsschlüssel, einen Umsatzschlüssel oder jeden anderen geeigneten Schlüssel verwenden und sind nicht verpflichtet, sich auf eine einzige dieser Methoden zu beschränken (vgl. EuGH-Urteil ‑‑Securenta‑‑ in Slg. 2008, I-1597, BStBl II 2008, 727, Rz 38).
b) Eine derartige Regelung hat der deutsche Gesetzgeber bisher nicht erlassen.
Deshalb besteht in der Praxis bei Eingangsumsätzen, die der wirtschaftlichen und der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit einer Holding dienen, hinsichtlich der erforderlichen Vorsteueraufteilung ‑‑trotz der Möglichkeit, in geeigneten Fällen insoweit § 15 Abs. 4 UStG analog anzuwenden (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 236, 258, BStBl II 2012, 844, Rz 25, m.w.N.)‑‑ eine erhebliche Rechtsunsicherheit.
So wird hinsichtlich der erforderlichen Vorsteueraufteilung die Aufschlüsselung anhand eines Umsatzschlüssels, d.h. nach dem Verhältnis der Erlöse aus der operativen Tätigkeit zu den Erlösen aus der Beteiligung, für vertretbar gehalten (vgl. z.B. Österreichischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 29. Januar 2003 97/13/0012, abrufbar unter www.ris.bka.gv.at). Dies wird im Schrifttum weit überwiegend abgelehnt (Beiser, Steuer- und Wirtschaftskartei ‑‑SWK‑‑ 2009, S 330, S 334; ders., Betriebs-Berater ‑‑BB‑‑ 2009, 1324, 1326; Eggers/Ahrens, Der Betrieb ‑‑DB‑‑ 2013, 2528, 2532 ff.; Pamperl, Österreichische Steuer-Zeitung ‑‑ÖStZ‑‑ 2012, 251, 254; Pernegger, ÖStZ 2008, 478, 482 f.; Robisch, UR 2008, 881, 883) und eine Aufteilung nach den Investitionen in die wirtschaftlichen Tätigkeiten einerseits und in den Bereich nichtwirtschaftlicher Tätigkeiten andererseits als sachgerechter angesehen (sog. Investitionsschlüssel, vgl. z.B. Niedersächsisches FG in EFG 2011, 1751, unter I.1.d; Beiser, SWK 2009, S 330, S 334; Pamperl, ÖStZ 2012, 251, 254; Pernegger, ÖStZ 2008, 478, 482; wohl auch Behrens, BB 2012, 2147, 2151). Daneben wird auch eine Aufteilung anhand betriebswirtschaftlicher Größen für möglich gehalten; insoweit komme z.B. die Anzahl der mit der Beteiligung befassten Personen (Robisch, UR 2008, 881, 884), die im Zusammenhang mit der Beteiligung anfallende Arbeitszeit (Eggers/Ahrens, DB 2013, 2528, 2532 ff.; Robisch, UR 2008, 881, 884) oder die Einzelkosten für das Halten der Beteiligungen (Eggers/Ahrens, DB 2013, 2528, 2532 ff.) in Betracht. Aus Sicht des beschließenden Senats droht deshalb eine uneinheitliche Anwendung des Unionsrechts in den Mitgliedstaaten.
Diese Rechtsunsicherheit besteht auch im Streitfall. Denn nach Auffassung des FG ist die vom FA zur Vorsteueraufteilung gewählte Schätzungsmethode nach dem Investitionsschlüssel grundsätzlich nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen sachgerechteren Aufteilungsmaßstab vorgeschlagen habe. Das FA habe allerdings auch bei Zugrundelegung eines Investitionsschlüssels einen überhöhten Vorsteuerabzug gewährt, weil das nicht für den Beteiligungserwerb aufgewandte Kapital auch mit den Ausgangsumsätzen in dem nichtwirtschaftlichen Bereich, wie z.B. für die Verwaltung von Beteiligungen, im Zusammenhang stehen könne. Indes sei das Gericht aus prozessualen Gründen an einer Verböserung der Umsatzsteuerfestsetzung zu Lasten der Klägerin gehindert.
c) Angesichts dieser Rechtsunsicherheit bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten und weil insoweit eine (möglichst) einheitliche Rechtspraxis in den Mitgliedstaaten erforderlich ist, ersucht der Senat den EuGH um nähere Hinweise zu der von ihm geforderten Berechnungsweise, die objektiv widerspiegelt, welcher Teil der Eingangsaufwendungen den wirtschaftlichen und den nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten tatsächlich zuzurechnen ist (vgl. EuGH-Urteile ‑‑Securenta‑‑ in Slg. 2008, I-1597, BStBl II 2008, 727, Rz 33 und 39, und ‑‑Portugal Telecom‑‑ in HFR 2012, 1119, UR 2012, 762, Rz 42 und 44, m.w.N.).
Dabei verkennt der Senat nicht, dass sich diese Berechnungsweise nicht für alle denkbaren Fälle einer Aufteilung der Vorsteuerbeträge zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten exakt bestimmen lässt. Vorliegend geht es nach Auffassung des Senats aber um eine bei Holdings typische Fallgestaltung, die unionsweit einheitlich beurteilt werden sollte.
4. Zur zweiten Vorlagefrage
a) Im Streitfall stellt sich ferner die Frage, ob die Voraussetzungen einer Organschaft nach Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG vorliegen.
Wäre das der Fall, dann würde die Klägerin mit ihren Tochtergesellschaften zu einem einzigen Steuerpflichtigen verschmelzen (vgl. EuGH-Urteil vom 22. Mai 2008 C-162/07 ‑‑Ampliscientifica und Amplifin‑‑, Slg. 2008, I-4019, UR 2008, 534, Rz 19; vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17. Januar 2002 V R 37/00, BFHE 197, 357, BStBl II 2002, 373, unter II.2.b) und für die Frage des Vorsteuerabzugs der Klägerin wäre nicht auf ihre ‑‑dann nicht steuerbaren‑‑ Dienstleistungsumsätze gegenüber ihren Tochtergesellschaften, sondern auf die (steuerbaren und zum Vorsteuerabzug berechtigenden) Ausgangsumsätze der Tochtergesellschaften gegenüber Dritten abzustellen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 19. Mai 2005 V R 31/03, BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671, unter II.2.a; Senatsurteil vom 29. Oktober 2008 XI R 74/07, BFHE 223, 498, BStBl II 2009, 256, unter II.2.d).
aa) In diesem Fall könnte möglicherweise der (nicht steuerbare) Erwerb und das (nicht steuerbare) Halten der Beteiligungen an den Tochtergesellschaften nicht als vorsteuerabzugsschädlich zu berücksichtigen sein, weil dann der Erwerb und das Halten von Beteiligungen an Gesellschaften wie die Aufnahme eines Gesellschafters zur Beschaffung zusätzlichen Kapitals als wirtschaftliche Tätigkeit im Allgemeinen zu beurteilen sein könnte. Für insoweit bezogene Dienstleistungen könnte ein uneingeschränktes Recht auf Vorsteuerabzug bestehen (vgl. EuGH-Urteile vom 26. Juni 2003 C-442/01 ‑‑KapHag‑‑, Slg. 2003, I-6851, BFH/NV Beilage 2003, 228, Rz 43; ‑‑Kretztechnik‑‑ in Slg. 2005, I-4357, UR 2005, 382, Rz 36 f.; BFH-Urteil vom 1. Juli 2004 V R 32/00, BFHE 205, 555, BStBl II 2004, 1022, unter II.3.c bb; Grünwald, MwStR 2013, 328, 331 f.).
bb) Der Senat hält es aber auch insoweit nicht für ausgeschlossen, dass für einen Bereich nichtwirtschaftlicher Tätigkeit entsprechend der Grundsätze der unter II.2.b bb genannten EuGH-Urteile gleichwohl kein Recht auf Vorsteuerabzug gegeben sein könnte. Insoweit könnte entscheidend sein, dass die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG und Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG mögliche gemeinsame Behandlung mehrerer Personen als ein Steuerpflichtiger lediglich die Zusammenfassung mehrerer wirtschaftlicher Tätigkeiten in einer Person und keine Ausweitung des Anwendungsbereichs der Mehrwertsteuer auf nichtwirtschaftliche Tätigkeiten begründen könnte.
b) Nach nationalem Recht (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG) liegt eine Organschaft schon deshalb nicht vor, weil die Tochtergesellschaften der Klägerin als Personengesellschaften keine juristischen Personen im Sinne dieser Vorschrift sind.
aa) Während nach Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG mehrere "Personen" zusammen als ein Steuerpflichtiger behandelt werden dürfen, gestattet § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG nur die Eingliederung "juristischer Personen" und nicht die Eingliederung von Personengesellschaften in das Unternehmen eines Organträgers.
bb) Kommanditgesellschaften wie die Tochtergesellschaften der Klägerin sind keine juristischen Personen (vgl. nur Karsten Schmidt, a.a.O., § 3 I.2.a, S. 46).
Eine Kommanditgesellschaft ist nach der gesetzlichen Definition in § 161 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist, wobei bei einem oder bei einigen von den Gesellschaftern die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern auf den Betrag einer bestimmten Vermögenseinlage beschränkt ist (Kommanditisten), während bei dem anderen Teil der Gesellschafter eine Beschränkung der Haftung nicht stattfindet (persönlich haftende Gesellschafter). Die Kommanditgesellschaft kann unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden (§ 161 Abs. 2 i.V.m. § 124 Abs. 1 HGB). Sie ist aber keine juristische Person (vgl. z.B. Urteile des Bundesgerichtshofs ‑‑BGH‑‑ vom 21. Januar 1993 IX ZR 275/91, BGHZ 121, 179, unter II.2.; vom 17. Mai 1995 VIII ZR 70/94, Neue Juristische Wochenschrift ‑‑NJW‑‑ 1995, 2159, unter II.2.b bb; vom 29. Januar 2001 II ZR 331/00, BGHZ 146, 341, unter A.I.4.).
cc) Eine Kommanditgesellschaft kann Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG sein (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 18. Dezember 1980 V R 142/73, BFHE 132, 497, BStBl II 1981, 408, unter 2.; vom 12. Februar 2009 V R 61/06, BFHE 224, 467, BStBl II 2009, 828, unter II.3.a) und als Organträger i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG fungieren (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671, unter II.2.; vom 22. April 2010 V R 9/09, BFHE 229, 433, BStBl II 2011, 597, Rz 13).
Allerdings kann eine Kommanditgesellschaft nach ständiger Rechtsprechung des BFH ‑‑als Personengesellschaft‑‑ nicht als juristische Person i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG angesehen werden und mithin umsatzsteuerrechtlich nicht als Organgesellschaft in ein anderes Unternehmen eingegliedert sein (vgl. BFH-Urteile vom 7. Dezember 1978 V R 22/74, BFHE 127, 262, BStBl II 1979, 356, unter I.5.; vom 8. Februar 1979 V R 101/78, BFHE 127, 267, BStBl II 1979, 362, unter 5. und 6.; vom 26. Juni 1986 V R 57/77, juris; in BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671, unter II.2.b cc). Dem folgt die herrschende Meinung in der Literatur (vgl. Meyer in Offerhaus/ Söhn/Lange, § 2 UStG Rz 69; Klenk in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 2 Rz 89 f., 101; Reiß in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 2 Rz 98.15; Bunjes/Korn, UStG, 12. Aufl., § 2 Rz 112; Radeisen in Schwarz/Widmann/Radeisen, Umsatzsteuer, § 2 Rz 214).
c) Unabhängig von dem Charakter der Tochtergesellschaften als Personengesellschaften scheitert im Streitfall die Anwendung von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG möglicherweise auch ‑‑wozu ggf. Feststellungen des FG nachzuholen wären‑‑ daran, dass im Sinne dieser Vorschrift die Organgesellschaft nach dem Gesamtbild der Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch "in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert" sein muss.
Diese von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG geforderte Eingliederung setzt nach ständiger Rechtsprechung des BFH voraus, dass ein Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen dem Organträger und der Organgesellschaft als "untergeordneter Person" besteht (vgl. z.B. Urteile in BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671, unter II.2.a aa; in BFHE 229, 433, BStBl II 2011, 597, Rz 20; vom 8. August 2013 V R 18/13, BFHE 242, 433, BFH/NV 2013, 1747, Rz 22, m.w.N.; ebenso BGH-Urteil vom 19. März 2013 1 StR 318/12, Der Konzern 2013, 574, unter B.II.1.a bb (1) (b)).
Deshalb liegt eine finanzielle Eingliederung i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG nur dann vor, wenn der Organträger finanziell in der Weise an der Organgesellschaft beteiligt ist, dass er seinen Willen durch Mehrheitsbeschluss in der Gesellschafterversammlung durchsetzen kann (vgl. z.B. Senatsurteil vom 1. Dezember 2010 XI R 43/08, BFHE 232, 550, BStBl II 2011, 600, Rz 28; BFH-Urteil in BFHE 242, 433, BFH/NV 2013, 1747, Rz 24, m.w.N.).
Eine organisatorische Eingliederung i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG setzt nach neuerer Rechtsprechung des V. Senats des BFH voraus, dass der Organträger die mit der finanziellen Eingliederung verbundene Möglichkeit der Beherrschung der Tochtergesellschaft in der laufenden Geschäftsführung wahrnimmt, wobei er die Organgesellschaft durch die Art und Weise der Geschäftsführung beherrschen und seinen Willen bei der Organgesellschaft durchsetzen können muss (vgl. BFH-Urteil in BFHE 242, 433, BFH/NV 2013, 1747, Rz 25, 28 f., 30 ff.).
Für eine wirtschaftliche Eingliederung i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG schließlich ist es charakteristisch, dass die Organgesellschaft im Gefüge des übergeordneten Organträgers als dessen Bestandteil erscheint (BFH-Urteil vom 20. August 2009 V R 30/06, BFHE 226, 465, BStBl II 2010, 863, unter II.2.c aa, m.w.N.).
d) Der Senat hält es aber aufgrund der neueren Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteile ‑‑Kommission/Irland‑‑ in DStR 2013, 806, MwStR 2013, 238, Rz 36; ‑‑Kommission/Schweden‑‑ in MwStR 2013, 276, UR 2013, 423, Rz 35, jeweils zu Art. 11 der MwStSystRL) für zweifelhaft, ob die nationale Regelung in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG, die die Behandlung von im Inland ansässigen Personen als ein Steuerpflichtiger von weiteren bzw. anderen Bedingungen als den in der unionsrechtlichen Ermächtigungsgrundlage genannten Voraussetzungen abhängig macht, mit Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG sowie dem Grundsatz der Rechtsformneutralität in Einklang steht.
Nach der neueren Rechtsprechung des EuGH sieht Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG für die Mitgliedstaaten nicht die Möglichkeit vor, den Wirtschaftsteilnehmern weitere Bedingungen für die Bildung einer Mehrwertsteuergruppe aufzubürden als diejenigen, die in dieser Bestimmung genannt sind (vgl. EuGH-Urteile ‑‑Kommission/Irland‑‑ in DStR 2013, 806, MwStR 2013, 238, Rz 36; ‑‑Kommission/Schweden‑‑ in MwStR 2013, 276, UR 2013, 423, Rz 35, jeweils zu Art. 11 der MwStSystRL).
aa) Dadurch ist erstens fraglich geworden, ob § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG als Organgesellschaften nur juristische Personen zulassen darf. Zweitens ist zweifelhaft, ob der BFH die Behandlung mehrerer Personen als ein Steuerpflichtiger davon abhängig machen darf, dass ein Verhältnis der Über- und Unterordnung besteht, während das Unionsrecht gegenseitige Beziehungen ausreichen lässt.
bb) Zwar ermöglicht das Unionsrecht den Mitgliedstaaten, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um zu verhindern, dass die Behandlung mehrerer Personen als ein Steuerpflichtiger Steuerhinterziehungen oder Steuerumgehungen möglich macht (EuGH-Urteile ‑‑Kommission/Irland‑‑ in DStR 2013, 806, MwStR 2013, 238, Rz 49; ‑‑Kommission/Schweden‑‑ in MwStR 2013, 276, UR 2013, 423, Rz 38, jeweils zu Art. 11 der MwStSystRL; vgl. auch EuGH-Urteil ‑‑Ampliscientifica und Amplifin‑‑ in Slg. 2008, I-4019, 217, UR 2008, 534, Rz 29).
Es erscheint dem Senat jedoch fernliegend, dass die gegenüber Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG zusätzlichen bzw. anderen Bedingungen in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG derartige erforderliche Maßnahmen sind.
cc) Jedenfalls dürfte § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG gegen den unionsrechtlichen Grundsatz der Rechtsformneutralität verstoßen, weil danach nur juristische Personen Organgesellschaften sein können und folglich Unternehmen in Abhängigkeit von ihrer Rechtsform in sachlich nicht gerechtfertigter Weise unterschiedlich behandelt werden (vgl. z.B. Birkenfeld, UR 2008, 2, 4; Boor, UR 2013, 729, 737; Dahm/Hamacher, Internationales Steuerrecht 2013, 820, 826 f.; Hahne, DStR 2008, 910, 913; Hartman, Die Vereinbarkeit der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft mit dem Europäischen Unionsrecht, Diss. 2013, S. 125 ff.; Hummel, UR 2010, 207, 211; Schnarrenberger, Die umsatzsteuerliche Organschaft, Diss. 2013, S. 119 ff.; Langer in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG, Rz 14; Scharpenberg in Hartmann/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, § 2 Rz 355).
Der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer verlangt in seiner Ausprägung der Rechtsformneutralität (vgl. dazu z.B. EuGH-Urteil vom 10. September 2002 C-141/00 ‑‑Kügler‑‑, Slg. 2002, I-6833, HFR 2002, 1146, Rz 30, m.w.N.; BFH-Urteil vom 14. Mai 2008 XI R 70/07, BFHE 221, 517, BStBl II 2008, 912, unter II.1.a aa, m.w.N.), dass die Rechtsform des Steuerpflichtigen im Umsatzsteuerrecht grundsätzlich unerheblich ist (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 26. September 2007 V R 54/05, BFHE 219, 241, BStBl II 2008, 262, unter II.1.b, m.w.N.), und gebietet eine weitgehende Gleichbehandlung von Kapital- und Personengesellschaften (vgl. BFH-Urteil vom 6. September 2007 V R 16/06, BFH/NV 2008, 1710, unter II.3.; Senatsurteil in BFHE 232, 550, BStBl II 2011, 600, Rz 42).
dd) Allerdings wurde die Ermächtigung zur Bildung einer Mehrwertsteuergruppe gerade deshalb in Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG aufgenommen, weil die nationale Regelung in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG ‑‑wie auch diejenige in den Niederlanden‑‑ unionsrechtlich abgesichert werden sollte (vgl. z.B. Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag der Richtlinie 77/388/EWG vom 31. Januar 1974, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften ‑‑ABlEG‑‑ Nr. C 139 vom 12. November 1974, S. 17; BFH-Urteil in BFHE 197, 357, BStBl II 2002, 373, unter II.2.b bb).
Dementsprechend hat die Kommission der Europäischen Union im Rahmen der gegen die Bundesrepublik Deutschland zu § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG 1980 am 4. Oktober 1985 erhobenen Vertragsverletzungsklage die Regelung der Organschaft als solche nicht beanstandet, sondern ‑‑nur‑‑ gerügt, dass die deutsche Regelung seinerzeit noch nicht auf das Inland beschränkt war (vgl. ABlEG Nr. C 285 vom 8. November 1985, S. 6, Rs. C-298/85; BFH-Urteil in BFHE 197, 357, BStBl II 2002, 373, unter II.2.b bb).
Was das von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG geforderte Über- und Unterordnungsverhältnis betrifft, ist zudem darauf hinzuweisen, dass der EuGH in seinem zu Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG ergangenen Urteil ‑‑Ampliscientifica und Amplifin‑‑ in Slg. 2008, I-4019, UR 2008, 534, Rz 19 die Formulierung "untergeordnete Person oder die untergeordneten Personen im Sinne dieser Vorschrift" verwendet hat. Dies könnte wiederum für das Erfordernis einer Über- und Unterordnung sprechen (vgl. in diesem Sinne BFH-Urteil in BFHE 229, 433, BStBl II 2011, 597, Rz 20).
5. Zur dritten Vorlagefrage
a) Der Senat neigt dazu, dass eine richtlinienkonforme Auslegung, wonach unter die in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG genannten "juristische Personen" auch Personengesellschaften fallen und eine finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische "Eingliederung" unabhängig von einem Über- und Unterordnungsverhältnis bereits bei gegenseitigen finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen "Beziehungen" gegeben sein kann, nicht möglich ist.
Zwar hat sich ein Gericht bei der Auslegung des nationalen Umsatzsteuerrechts so weit wie möglich am Wortlaut und Zweck der einschlägigen unionsrechtlichen Bestimmungen auszurichten (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 11. Juli 2002 C-62/00 ‑‑Marks & Spencer‑‑, Slg. 2002, I-6325, UR 2002, 436, Rz 24, m.w.N.). Eine richtlinienkonforme Auslegung kommt aber nur in Betracht, wenn es im konkreten Fall verschiedene Auslegungsmöglichkeiten gibt. Der Senat hat jedoch Zweifel, ob eine Auslegung gegen den Wortlaut und Wortsinn des Gesetzestextes ‑‑wie sie hier bei § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG möglicherweise vorzunehmen wäre‑‑ möglich ist (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 24. Januar 2012 C-282/10 ‑‑Dominguez‑‑, NJW 2012, 509, Rz 25, m.w.N.; Senatsurteil vom 15. Februar 2012 XI R 24/09, BFHE 236, 267, BStBl II 2013, 712). Denn das nationale Recht unterscheidet "juristische Personen" (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG) und "Personenvereinigungen" (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG), wobei letzteres Tatbestandsmerkmal weiter ist und insbesondere auch Personengesellschaften umfasst (Meyer in Offerhaus/Söhn/Lange, § 2 UStG Rz 26; Klenk in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 2 Rz 25; vgl. auch Senatsurteil vom 29. August 2012 XI R 40/10, BFH/NV 2013, 182, Rz 20).
b) Deshalb stellt sich dem Senat die Frage, ob sich ein Steuerpflichtiger unmittelbar auf Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG berufen kann.
aa) Nach der Rechtsprechung des EuGH und des BFH kann sich ein Steuerpflichtiger in Ermangelung fristgemäß erlassener Umsetzungsmaßnahmen auf Bestimmungen einer Richtlinie, die inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, gegenüber allen nicht richtlinienkonformen innerstaatlichen Vorschriften berufen (vgl. z.B. EuGH-Urteil ‑‑Kügler‑‑ in Slg. 2002, I-6833, HFR 2002, 1146, Rz 51; Senatsurteil vom 28. Mai 2013 XI R 35/11, BFHE 242, 250, BStBl II 2013, 879, Rz 33).
Diese Voraussetzungen werden hinsichtlich Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG (Art. 11 Abs. 1 der MwStSystRL) teilweise bejaht (vgl. z.B. Hartman, a.a.O., S. 144 f.; Schnarrenberger, a.a.O., S. 125 f.) und teilweise verneint (vgl. z.B. Hummel, UR 2010, 207, 212 f.; Boor, UR 2013, 729, 737).
bb) Gegen die Möglichkeit, sich auf Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG zu berufen, könnte sprechen, dass diese Bestimmung nicht hinreichend genau ist, soweit sie verlangt, dass Personen "durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind".
Allerdings könnten insofern möglicherweise die von der Europäischen Kommission in ihrer Mitteilung an das Europäische Parlament und den Rat über die Option der MwSt-Gruppe gemäß Art. 11 der MwStSystRL vom 2. Juli 2009 vorgeschlagenen Kriterien (KOM (2009) 325 ‑‑endgültig‑‑, UR 2009, 632, unter 3.3.4) heranzuziehen sein.
cc) Im Falle einer Berufbarkeit auf Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG hätte es der jeweilige Steuerpflichtige in der Hand, die Rechtsfolgen dieser Bestimmung eintreten zu lassen oder nicht.
Nach der Rechtsprechung des BFH sehen allerdings weder das UStG noch das Unionsrecht ein Wahlrecht für den Eintritt der Rechtsfolgen einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft vor (vgl. BFH-Urteile in BFHE 197, 357, BStBl II 2002, 373, unter II.2.b dd; in BFHE 223, 498, BStBl II 2009, 256, unter II.1.c).
6. Rechtsgrundlage für die Anrufung des EuGH ist Art. 267 Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union.
7. Die Aussetzung des Verfahrens beruht auf § 121 Satz 1 i.V.m. § 74 der Finanzgerichtsordnung.