BFH IV. Senat
FGO § 115 Abs 2 Nr 1, EStG § 7g Abs 1, EStG § 7g Abs 2, EStG VZ 2007 , EStG VZ 2008 , FGO § 116 Abs 3 S 3
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht , 01. Juli 2013, Az: 3 K 1/13
Leitsätze
NV: Die Frage, ob von der höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach bezogen auf den Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG ein einmal benanntes Wirtschaftsgut nicht durch ein anderes, nicht funktionsgleiches Wirtschaftsgut ersetzt werden darf, im Auslegungswege Ausnahmen bei Vorliegen einer besonderen persönlichen Härte anzuerkennen sind, ist nicht klärungsbedürftig. Ihre Beantwortung ergibt sich eindeutig aus dem Gesetz. Danach lässt weder der Wortlaut des § 7g EStG noch der mit der Norm verfolgte Begünstigungszweck eine von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweichende erweiternde Auslegung zu.
Gründe
Die Beschwerde ist bei erheblichen Zweifeln an ihrer Zulässigkeit jedenfalls unbegründet und war daher durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Den vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) aufgeworfenen Rechtsfragen kommt, soweit sie überhaupt in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Weise dargelegt worden sind, keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zu.
1. Soweit der Kläger die Frage aufgeworfen hat, ob von der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach bezogen auf den Investitionsabzugsbetrag nach § 7g des Einkommensteuergesetzes (EStG) ein einmal benanntes Wirtschaftsgut nicht durch ein anderes, nicht funktionsgleiches Wirtschaftsgut ersetzt werden darf, im Auslegungswege Ausnahmen bei Vorliegen einer besonderen persönlichen Härte anzuerkennen sind, ist diese Frage bereits nicht klärungsbedürftig. Ihre Beantwortung ergibt sich nämlich eindeutig aus dem Gesetz. Danach lässt weder der Wortlaut des § 7g EStG noch der mit der Norm verfolgte Begünstigungszweck eine von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweichende Auslegung zu.
a) Die Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags erfordert ‑‑neben weiteren Voraussetzungen‑‑, dass der Steuerpflichtige das begünstigte Wirtschaftsgut in den beim Finanzamt einzureichenden Unterlagen seiner Funktion nach benennt und die Höhe der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten angibt (§ 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG). Das Erfordernis einer "Benennung" ist nach dem klaren Wortlaut der angeführten gesetzlichen Regelung auf das einzelne Wirtschaftsgut bezogen. Damit übereinstimmend wird in der Begründung zum Entwurf eines Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 27. März 2007 (BTDrucks 16/4841, S. 52) ausgeführt, das begünstigte Wirtschaftsgut sei "wie bisher" hinreichend zu beschreiben; jedes einzelne Wirtschaftsgut sei gesondert zu dokumentieren, Sammelbezeichnungen seien nicht ausreichend.
b) Auch der ‑‑aus der gesetzestechnischen Ausgestaltung ableitbare‑‑ Normzweck des § 7g EStG erfordert eine hinreichend genaue Benennung des jeweiligen Wirtschaftsguts, dessen künftige Anschaffung oder Herstellung beabsichtigt ist, denn § 7g EStG dient der konkreten Investitionsförderung, nicht aber einer allgemeinen Liquiditätserleichterung (BTDrucks 16/4841, S. 51).
c) Entsprechend ist der Investitionsabzug nicht nur dann rückgängig zu machen, wenn gar keine Investition erfolgt, sondern auch dann, wenn ein anderes Wirtschaftsgut als dasjenige, das bei Vornahme des Investitionsabzugs benannt worden ist, angeschafft oder hergestellt wird. Nach dem klaren Willen des Gesetzgebers muss das benannte mit dem später angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgut "funktionsgleich" sein (BTDrucks 16/4841, S. 53). Dieser gesetzgeberische Wille hat auch in der Formulierung des § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG seinen Niederschlag gefunden, indem dort auf die Anschaffung oder Herstellung "des begünstigten Wirtschaftsguts" abgestellt wird. Von der Anschaffung oder Herstellung einer ganzen Gattung von Wirtschaftsgütern oder gar von der Gesamtheit aller Wirtschaftsgüter, die betrieblich verwendet werden könnten, ist dort nicht die Rede (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 19. Oktober 2011 X R 25/10, BFH/NV 2012, 718).
d) Dies entspricht auch der Auslegung des § 7g EStG in der vor Inkrafttreten des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 (BGBl I 2007, 1912) geltenden Fassung (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 12. Dezember 2001 XI R 13/00, BFHE 197, 448, BStBl II 2002, 385, unter II.1.a; vom 11. Oktober 2007 X R 1/06, BFHE 219, 151, BStBl II 2008, 119, unter II.1.a, und vom 29. November 2007 IV R 82/05, BFHE 220, 98, BStBl II 2008, 471, unter II.3.); durch die Neufassung des Gesetzes sollte sich an den Anforderungen an die hinreichende Beschreibung des einzelnen Wirtschaftsguts nichts ändern (BTDrucks 16/4841, S. 52).
e) Angesichts des klaren Wortlauts des § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und Abs. 2 Satz 1 EStG und des mit der Norm verfolgten Zwecks einer auf ein konkretes Wirtschaftsgut bezogenen Investitionsförderung ist für eine erweiternde Auslegung für Fälle persönlicher Härten kein Raum. Dies gilt auch, soweit die Einlassungen des Klägers dahingehend zu verstehen sein sollten, dass er eine verfassungskonform-erweiternde Auslegung des § 7g EStG für geboten hält. Denn der Normzweck der konkreten Investitionsförderung erfordert unter dem Aspekt der Besteuerungsgleichheit einerseits eine hinreichend genaue Benennung des Investitionsguts und andererseits die spätere Anschaffung bzw. Herstellung eines funktionsgleichen Wirtschaftsguts. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass der mit § 7g EStG verfolgte und auf das konkrete Wirtschaftsgut bezogene Begünstigungszweck verfehlt würde. Bei der Ausgestaltung einer steuerrechtlichen Subventionsnorm ‑‑wie im Streitfall § 7g EStG‑‑ ist der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers im Übrigen weiter als für steuerrechtliche Eingriffsnormen. Deshalb liegt es grundsätzlich in der Entscheidung des Gesetzgebers, welche Sachverhalte er fördern will, solange er bei der Auswahl der Fördertatbestände nicht willkürlich verfährt (BFH-Beschluss vom 12. November 2008 VIII B 201/07, juris). Eine willkürliche Auswahl des Gesetzgebers bezogen auf die zu fördernden Investitionen liegt aber nicht vor, wenn er bei der Ausgestaltung des Fördertatbestandes vom Regelfall ausgeht und nur ausnahmsweise auftretende Fälle persönlicher Härten unberücksichtigt lässt.
2. Abgesehen davon, dass die reine Behauptung der Verfassungswidrigkeit einer Norm zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung nicht ausreicht (vgl. BFH-Beschluss vom 30. April 2008 IV B 64/07, BFH/NV 2008, 1474), ergibt sich bereits aus den vorstehenden Ausführungen, dass der vom Kläger aufgeworfenen Frage, ob § 7g EStG wegen der latenten Nichtbegünstigung von Fällen persönlicher Härten verfassungswidrig sein könnte, keine grundsätzliche Bedeutung zukommen kann.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
4. Der Beschluss ergeht im Übrigen nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ohne weitere Begründung, insbesondere ohne Wiedergabe des Tatbestandes.