BFH IX. Senat
AO § 171 Abs 4 S 3, AO § 171 Abs 5 S 1, AO § 175 Abs 1 Nr 1, FGO § 96 Abs 2, FGO § 133a Abs 1 S 1 Nr 2, FGO § 133a Abs 4 S 2, FGO § 133a Abs 4 S 3, FGO § 135 Abs 2, GG Art 103 Abs 1, GKG § 3 Abs 2 Anl 1 Nr 6400, GKVerz Nr 6400
vorgehend BFH , 11. Oktober 2012, Az: IX B 87/12
Leitsätze
NV: Ist der BFH trotz einer unzutreffenden Annahme gleichwohl auch auf die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage eingegangen, hat er den Anspruch der Kläger auf Gewährung rechtlichen Gehörs im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
Gründe
Die Anhörungsrüge ist unbegründet und daher durch Beschluss zurückzuweisen (§ 133a Abs. 4 Sätze 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Es bleibt dahingestellt, ob die geltend gemachte Gehörsverletzung hinreichend i.S. von § 133a Abs. 2 Satz 5 FGO dargelegt wurde (vgl. dazu Beschlüsse des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 11. März 2009 VI S 2/09, BFH/NV 2009, 1131; vom 8. April 2010 IX S 22/09, BFH/NV 2010, 1299). Jedenfalls wurde der Anspruch der Kläger, Beschwerdeführer und Rügeführer (Kläger) auf Gewährung rechtlichen Gehörs in dem Beschwerdeverfahren IX B 87/12 nicht entscheidungserheblich verletzt.
1. Der Anspruch auf rechtliches Gehör i.S. von Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) und § 96 Abs. 2 FGO verpflichtet das Gericht u.a., die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen, in Erwägung zu ziehen und sich mit dem entscheidungserheblichen Kern des Vorbringens auseinanderzusetzen. Dabei ist das Gericht naturgemäß nicht verpflichtet, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ‑‑BVerfG‑‑ vom 11. Juni 2008 2 BvR 2062/07, Deutsches Verwaltungsblatt 2008, 1056; BFH-Beschluss vom 11. Mai 2011 V B 113/10, BFH/NV 2011, 1523). Art. 103 Abs. 1 GG und § 96 Abs. 2 FGO sind erst dann verletzt, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls ergibt, dass das Gericht Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat.
Das ist im Streitfall nicht "in entscheidungserheblicher Weise" (§ 133a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FGO) geschehen.
Zwar weisen die Kläger zu Recht daraufhin, dass die Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre nicht nur wegen der geänderten Feststellungsbescheide nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) als Folgebescheide, sondern auch in Umsetzung der Verständigung im Klageverfahren betreffend die vorstehenden Feststellungsbescheide sowie insbesondere in Auswertung der Feststellungen der Steuerfahndungsprüfung geändert wurden.
Danach konnte es ‑‑entgegen der Annahme des erkennenden Senats im hier angegriffenen Beschluss IX B 87/12‑‑ auf die von den Klägern aufgeworfenen Rechtsfragen zur Anwendung des § 171 Abs. 5 AO ankommen.
Indes war der Senat vorsorglich ("Im Übrigen ... ") in seinem Beschluss IX B 87/12 darauf eingegangen und hat sich ‑‑entgegen der Behauptung der Kläger‑‑ mit den aufgeworfenen Rechtsfragen, insbesondere der entscheidenden Frage einer analogen Anwendung des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO im Rahmen des § 171 Abs. 5 AO befasst. Dabei ist der Senat allerdings der Rechtsansicht der Kläger nicht gefolgt, sondern ist der in der Rechtsprechung und im überwiegenden Schrifttum vertretenen Auffassung zu dieser Frage beigetreten (s. die im Beschluss zitierte Rechtsprechung und Literatur sowie auch Paetsch in Beermann/Gosch, AO, § 171 Rz 122; Frotscher in Schwarz, AO, § 171 Rz 63; Balmes in Kühn/v. Wedelstädt, 20. Aufl., AO, § 171 Rz 85). Auf die Fragen der unbegrenzten Verjährung und eines Verstoßes gegen Treu und Glauben war das Finanzgericht ‑‑FG‑‑ (Urteil S. 8, 9) in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise eingegangen. Die vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken hatte das FG zudem als nicht durchgreifend erachtet. Die Verfassungsbeschwerden gegen die BFH-Urteile vom 24. April 2002 I R 25/01 (BFHE 198, 303, BStBl II 2002, 586) und vom 15. März 2007 II R 5/04 (BFHE 215, 540, BStBl II 2007, 472) hatte das BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen (vgl. Beschlüsse vom 5. November 2002 1 BvR 1461/02, und vom 2. Juli 2008 1 BvR 2431/07).
Danach ist der gerügte Gehörsverstoß nicht gegeben.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. Für die Entscheidung über die Anhörungsrüge wird eine Gebühr in Höhe von 50 € erhoben (Nr. 6400 des Kostenverzeichnisses, Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes).