BFH I. Senat
FGO § 76 Abs 1, FGO § 96 Abs 1 S 1, FGO § 115, FGO § 116
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg , 17. April 2012, Az: 12 K 12265/09
Leitsätze
1. NV: Eine Revisionszulassung wegen Divergenz, d.h. zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2, zweiter Halbs. FGO), erfordert die schlüssige Darlegung, dass das vorinstanzliche Urteil auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der von einem gleichfalls abstrakten Rechtssatz in der in Bezug genommenen Divergenzentscheidung abweicht .
2. NV: Die schlüssige Rüge, dass das FG seiner Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) nicht nachgekommen sei oder seiner Entscheidung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde gelegt habe (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO), erfordert substantiierte Ausführungen dazu, dass die vermisste Tatsachenwürdigung oder die fehlende Sachaufklärung aus der materiell-rechtlichen Sicht der Vorinstanz entscheidungserheblich war .
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, betreibt Immobiliengeschäfte. In ihrer zum 1. Juli 1990 erstellten DM-Eröffnungsbilanz bewertete sie das in Z gelegene Grundstück X-Straße nach dem Sachwertverfahren mit ‑‑umgerechnet‑‑ rd. 4,2 Mio. €. Nach einem auf den 17. Juni 2003 erstellten Gutachten belief sich der Ertragswert des Grundstücks auf nur noch 2,7 Mio. €. Die Klägerin nahm ‑‑gestützt auf das Sachverständigengutachten‑‑ in ihrer auf den 31. Dezember 2004 erstellten Bilanz eine Teilwertabschreibung in Höhe von rd. 1,6 Mio. € vor, die vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt) im Anschluss an eine Betriebsprüfung nicht anerkannt wurde. Die Klage ist vom Finanzgericht (FG) abgewiesen worden (Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 18. April 2012 12 K 12265/09, Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 1834). Das FG hat die Revision nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe
II. Die hiergegen erhobene Beschwerde ist zu verwerfen, da sie nicht den Anforderungen an die Darlegung der in § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genannten Zulassungsgründen genügt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
1. Die Rüge, das vorinstanzliche Urteil weiche von der ständigen Rechtsprechung ab, nach der es sich bei dem Vergleichswertverfahren sowie dem Ertragswertverfahren und dem Sachwertverfahren zwar um gleichwertige Wertermittlungsverfahren handle, die konkrete Wahl zu Gunsten eines dieser Verfahren jedoch anhand der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls zu bestimmen sei, ist nicht substantiiert. Eine Revisionszulassung wegen Divergenz, d.h. zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO), erfordert die schlüssige Darlegung, dass das vorinstanzliche Urteil auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der von einem gleichfalls abstrakten Rechtssatz in der in Bezug genommenen Divergenzentscheidung (hier: Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs) abweicht. Dies kann dem Vortrag der Klägerin mit Rücksicht auf den eingangs zitierten Rechtssatz nicht entnommen werden. Zum einen deshalb nicht, weil das FG im Zusammenhang mit der Frage nach der Zulässigkeit der Teilwertabschreibung nicht zum Verhältnis der genannten Bewertungsverfahren zueinander Stellung genommen, sondern lediglich ausgeführt hat, dass nach dem von der Klägerin herangezogenen Gutachten der Gebäudesachwert mit 4,7 Mio. € beziffert werde und dies dafür spreche, dass ein außergewöhnlicher Wertverfall nicht stattgefunden habe. Zum anderen ist das FG im Hinblick auf die Anforderungen des § 252 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs (HGB) für einen Wechsel bei der Grundstücksbewertungsmethode (hier: Übergang zum Ertragswertverfahren) nicht allgemein von der Gleichwertigkeit der Bewertungsverfahren ungeachtet der Umstände des Einzelfalls ausgegangen. Vielmehr hat es zur Zulässigkeit eines solchen Wechsels der Bewertungsmethode ausgeführt, dass er mit Rücksicht auf das allgemeine Bewertungsziel des § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB dazu führen müsse, den Einblick in die tatsächliche Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu verbessern. Ein Wechsel der Bewertungsmethode sei deshalb dann i.S. von § 252 Abs. 2 HGB begründet, wenn die bisherige Methode zusätzliche Angaben im Anhang zum Jahresabschluss erfordere und sie somit nicht uneingeschränkt zur Erreichung der Bewertungsziele des § 264 Abs. 2 HGB geeignet sei. Hiervon könne jedoch vorliegend nicht ausgegangen werden, da das Ertrags- und das Sachwertverfahren gleichermaßen geeignet seien, diesen Zielen zu entsprechen, wenn auch ‑‑so die Vorinstanz wörtlich‑‑ das Sachwertverfahren den Blick mehr auf die Vermögenslage und das Ertragswertverfahren den Blick mehr auf die Ertragslage der Klägerin lenke. Einen hiervon abweichenden abstrakten Rechtssatz aus der Rechtsprechung hat die Klägerin nicht dargelegt.
2. Unschlüssig sind ferner die erhobenen Verfahrensrügen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Ebenso wie die Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO) erfordert auch die schlüssige Rüge, dass das FG seiner Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) nicht nachgekommen sei oder seiner Entscheidung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde gelegt habe (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO), substantiierte Ausführungen dazu, dass die vermisste Tatsachenwürdigung oder die fehlende Sachaufklärung aus der materiell-rechtlichen Sicht der Vorinstanz entscheidungserheblich war (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 50, § 120 Rz 72, § 119 Rz 14). Hieran fehlt es mit Rücksicht auf den Vortrag, der Sachverständige habe das Ertragswertverfahren als die geeignete (bzw. maßgebliche) Wertermittlungsmethode angesehen, bereits deshalb, weil er nicht auf die besonderen Anforderungen eingeht, die nach Ansicht der Vorinstanz für einen Wechsel der Bewertungsmethode mit Blick auf das Bewertungsziel des § 264 Abs. 2 HGB gegeben sein müssen (s.o.). Im Übrigen erläutert die Beschwerdeschrift nicht, aufgrund welcher Aussagen des Gutachtens am Bilanzstichtag (31. Dezember 2004) die Voraussetzungen einer steuerlichen Teilwertabschreibung vorgelegen haben sollen, d.h. warum zu diesem Zeitpunkt von einer voraussichtlich dauernden Minderung des Gebäudewerts i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes auszugehen sein soll.
3. Letzteres schließt es zugleich aus, die Revision ‑‑wie von der Klägerin gleichfalls geltend gemacht‑‑ wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zu eröffnen.