BFH XI. Senat
UStG § 3a Abs 1, UStG § 3a Abs 2 Nr 4, EWGRL 388/77 Art 9 Abs 1, EWGRL 388/77 Art 28b Teil E Abs 3, UStG § 4 Nr 5 Buchst c, UStG § 4 Nr 8 Buchst f, UStG § 1 Abs 1 Nr 1
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht , 01. September 2010, Az: 5 K 95/06
Leitsätze
Vermittelt ein im Inland ansässiger Unternehmer im Auftrag eines im Drittland ansässigen Unternehmers im eigenen Namen und für eigene Rechnung Mitgliedschaften in Vereinen mit Sitz in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten, so liegt der Ort der Leistung am Sitz des leistenden Unternehmers im Inland.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Vermittlung (Werbung) neuer Mitglieder für ausländische Vereine steuerbar (und steuerpflichtig) ist.
Die Mitgliederwerbung fand statt für Vereine (Tierhilfswerke/ Tierschutzvereine), die in Österreich und in den Niederlanden sowie in geringem Umfang auch in Deutschland ansässig waren. Die Vermittlung erfolgte im Auftrag der in der Schweiz ansässigen X AG. Die X AG hatte sich gegenüber den Vereinen zur Werbung von Mitgliedern für die Vereine verpflichtet. Diese Aufgabe hatte sie zunächst mit einem "Vertrag über die Mitgliederwerbung" vom 1. Dezember 1993 auf Z als selbständigen Handelsvertreter übertragen. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) war als Rechtsnachfolgerin des Z in diesen Vertrag eingetreten.
Für jede vermittelte Mitgliedschaft erlangte die Klägerin gegen die X AG einen Anspruch auf Erst- sowie Folgeprovisionen bzw. einen prozentualen Vergütungsanspruch auf alle Mitgliedsbeiträge, die bei dem jeweiligen Verein eingingen (§ 7 des Vertrages). Die Vermittlung von Vereinsmitgliedern hatte die Klägerin teilweise auf einen österreichischen und einen niederländischen Handelsvertreter übertragen.
Die Klägerin behandelte die von ihr im Streitjahr 1997 gegenüber der X AG erbrachten Leistungen als nicht steuerbar gemäß § 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG), wonach eine Vermittlungsleistung an dem Ort erbracht wird, an dem der vermittelte Umsatz ausgeführt wird.
Im Anschluss an eine Außenprüfung war der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) der Meinung, dass es sich bei der Tätigkeit der Klägerin um Vermittlungsleistungen handele, die nach § 3a Abs. 1 UStG als sonstige Leistung im Inland steuerbar (und steuerpflichtig) seien. Daraus ergab sich eine Umsatzsteuermehrbelastung von ... €. Das FA erließ unter dem 4. März 2004 einen entsprechend geänderten Umsatzsteuerbescheid für 1997.
Der hiergegen eingelegte Einspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) gab der anschließend erhobenen Klage statt. Sein Urteil ist veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2011, 388.
Das FG führte im Wesentlichen aus, dass entgegen der Auffassung des FA die Voraussetzungen des § 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG erfüllt seien.
Im Streitfall habe die Klägerin der in der Schweiz ansässigen X AG Provisionsumsätze vermittelt. Dabei sei vor allem von Bedeutung, dass eine Vermittlungsleistung auch in den Fällen der Betätigung eines Untervermittlers vorliege, bei der die eingeschaltete Person ‑‑wie im Streitfall die Klägerin‑‑ keine vertraglichen Beziehungen zu wenigstens einer der beiden Vertragsparteien eingehe. Vertragsparteien seien im Streitfall die Vereine in Österreich, den Niederlanden und Deutschland auf der einen Seite und die angeworbenen Mitglieder auf der anderen Seite. Nach der neueren Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) sei es für eine Vermittlungsleistung nicht erforderlich, dass zwischen dem Vermittler und einer der beiden Parteien des zu vermittelnden Vertrages ein Vertragsverhältnis bestehe (Hinweis auf EuGH-Urteile vom 13. Dezember 2001 C-235/00 ‑‑CSC‑‑, Slg. 2001, I-10237, Umsatzsteuer-Rundschau ‑‑UR‑‑ 2002, 84; vom 21. Juni 2007 C-453/05 ‑‑Ludwig‑‑, Slg. 2007, I-5083, UR 2007, 617; BFH-Urteil vom 30. Oktober 2008 V R 44/07, BFHE 223, 507, BStBl II 2009, 554).
Dabei komme es nicht darauf an, ob das zugrunde liegende Rechtsverhältnis des jeweiligen Vereins zu seinen Mitgliedern steuerbar und steuerpflichtig sei. Zu Recht verweise die Klägerin insoweit auf das EuGH-Urteil vom 27. Mai 2004 C-68/03 ‑‑Lipjes‑‑ (Slg. 2004, I-5879, UR 2004, 355). Der vom EuGH entschiedene Sachverhalt sei insofern mit dem Streitfall vergleichbar, als auch dort das zugrunde liegende Umsatzgeschäft kein steuerbarer Umsatz gewesen sei, weil an dem betreffenden Rechtsgeschäft kein Unternehmer beteiligt gewesen sei. Im Streitfall stellten die Beitragszahlungen der potentiellen Vereinsmitglieder an die Vereine ebenfalls einen nicht steuerbaren Umsatz dar (Hinweis auf BFH-Urteil vom 27. Juli 1995 V R 40/93, BFHE 178, 480, BStBl II 1995, 753). Im Ergebnis sei daher § 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG anwendbar mit der Folge, dass sich der Ort der Vermittlungsleistung nicht in Deutschland, sondern am Sitz der X AG in der Schweiz befunden habe.
Mit seiner hiergegen eingelegten Revision rügt das FA die Verletzung von § 3a Abs. 1 UStG.
Ob eine sonstige Leistung im Inland erbracht werde, ergebe sich aus der gesetzlichen Regelung des § 3a UStG. Nach § 3a Abs. 1 Satz 1 UStG würden sonstige Leistungen grundsätzlich an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibe. Da die Klägerin ihr Unternehmen im Inland betreibe und dort ihren Sitz habe, würden auch ihre im Ausland durch von ihr eingesetzte Subunternehmer erbrachten Vermittlungsleistungen im Inland ausgeführt.
§ 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG greife im Streitfall nicht ein. Diese Vorschrift sei schon deshalb nicht einschlägig, weil die Klägerin nicht an Verträgen mitwirke, die einen Umsatz zum Gegenstand hätten. Die Gewährung einer Mitgliedschaft stelle keinen Umsatz dar (Hinweis auf BFH-Urteil in BFHE 178, 480, BStBl II 1995, 753). Nach Auffassung des BFH sei § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG nicht anwendbar, wenn die Vermittlung keine Leistungen gegen Entgelt betreffe (Hinweis auf BFH-Beschluss vom 16. Januar 2003 V B 47/02, BFH/NV 2003, 830).
Dem FG sei zwar darin zuzustimmen, dass die Klägerin Vermittlungsleistungen erbracht habe. Entgegen der Auffassung des FG handele es sich aber bei den Vermittlungsleistungen nicht um die Vermittlung von Provisionsansprüchen der X AG, sondern um die Vermittlung von Verträgen, nämlich um die Gewährung einer Mitgliedschaft, deren Durchführung keinen Umsatz darstelle. Damit liege die Vermittlung eines "Nichtumsatzes" vor, für den sich der Leistungsort aus dem Auffangtatbestand des § 3a Abs. 1 UStG ergebe.
Entgegen der Auffassung des FG sei das Urteil des EuGH in der Rechtssache ‑‑Lipjes‑‑ (Slg. 2004, I-5879, UR 2004, 355) nicht auf den Streitfall anzuwenden. Im Fall ‑‑Lipjes‑‑ habe der EuGH festgestellt, dass eine Leistung sowohl zwischen Steuerpflichtigen als auch zwischen Privatpersonen, die umsatzsteuerrechtlich ein sog. "Nichtumsatz" sei, zum Zwecke der Ortsbestimmung als Umsatz zu definieren sei. Im Streitfall sei dagegen ein Vorgang zu beurteilen, der auch dann nicht der Umsatzsteuer unterläge, wenn ausschließlich Unternehmer beteiligt wären. Die Klägerin vermittle Verträge, deren Durchführung keinen Umsatz darstelle. Dieser ganz anders liegende Sachverhalt werde vom EuGH-Urteil nicht erfasst (Hinweis auf Petzold, UR 2004, 461, 466).
Die steuerbaren Umsätze der Klägerin seien auch nicht nach § 4 Nr. 5 Buchst. c UStG oder nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG steuerfrei.
Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Nach Auffassung der Klägerin entspricht das FG-Urteil der materiellen Rechtslage.
Die Anwendung der Leistungsortbestimmung des § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG setze nicht stets voraus, dass es sich bei dem vermittelten Geschäft um einen "Umsatz" handele. Insoweit seien die Grundsätze des EuGH-Urteils ‑‑Lipjes‑‑ (Slg. 2004, I-5879, UR 2004, 355) auf den Streitfall zu übertragen. Obwohl es im Streitfall um die Bestimmung des Leistungsortes für einen Umsatz zwischen der in der Schweiz als Drittland ansässigen X AG und der Klägerin gehe, handele es sich um innergemeinschaftliche Umsätze im Sinne der Leistungsortbestimmung des Art. 28b Teil E Abs. 3 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG). Denn die Vereine, deren Mitgliedschaften vermittelt worden seien, hätten ihren Sitz im Gebiet der Europäischen Union gehabt. Sie, die Klägerin, habe ferner entsprechend den Vorgaben dieser unionsrechtlichen Bestimmung in fremdem Namen und für fremde Rechnung gehandelt, was sich insbesondere aus § 1 Abs. 1, § 1 Abs. 6 und § 7 des mit dem Rechtsvorgänger der Klägerin abgeschlossenen Vertrages vom 1. Dezember 1993 und aus den tatsächlichen Feststellungen des FG ergebe.
Wenn die Steuerbarkeit der Leistungen nach § 3a Abs. 1 UStG im Inland bejaht werde, seien diese Leistungen jedenfalls steuerfrei nach § 4 Nr. 5 Buchst. c UStG oder nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG.
Die Klägerin regt hilfsweise an, dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
"1. Ist der Begriff 'Umsatz' in Art. 28b Teil E Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG dahingehend auszulegen, dass er nur wirtschaftliche Tätigkeiten i. S. d. Art. 4 Abs. 2 und Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG erfasst?
2. Setzt Art. 28b Teil E Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG die Vermittlung einer Leistung gegen Entgelt voraus oder umfasst er auch die Vermittlung von Mitgliedschaften in einem Idealverein, wenn die Vereinsmitglieder an den Verein lediglich ihre Mitgliedsbeiträge entrichten?"
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).
Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass im Streitfall die Voraussetzungen von § 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG zur Bestimmung des Ortes der Leistung erfüllt sind. Vielmehr bestimmt sich der Ort der Leistung gemäß § 3a Abs. 1 UStG nach dem Unternehmenssitz der Klägerin, der sich in Deutschland befindet. Die von der Klägerin erbrachten Leistungen sind weder nach § 4 Nr. 5 Buchst. c UStG noch gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG von der Steuer befreit.
1. Die Klägerin hat gegenüber der X AG sonstige Leistungen i.S. von § 3 Abs. 9 UStG in Form von Vermittlungsleistungen erbracht.
a) Eine Vermittlungsleistung liegt vor, wenn eine Mittelsperson, die nicht den Platz einer der Parteien des zu vermittelnden Vertrages einnimmt und deren Tätigkeit sich von den vertraglichen Leistungen, die von den Parteien dieses Vertrages erbracht werden, unterscheidet, das Erforderliche tut, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen. Die Mittlertätigkeit kann darin bestehen, einer Vertragspartei Gelegenheiten zum Abschluss eines Vertrages nachzuweisen, mit der anderen Partei Kontakt aufzunehmen oder die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen zu verhandeln (EuGH-Urteile in Slg. 2001, I-10237, UR 2002, 84; in Slg. 2007, I-5083, UR 2007, 617, Rz 23 und 28; BFH-Urteile in BFHE 223, 507, BStBl II 2009, 554; vom 8. September 2011 V R 42/10, BFHE 235, 492, BStBl II 2012, 248, unter II.2.a).
b) Im Streitfall hat die Klägerin als Vermittlerin Mitglieder für die Vereine geworben. Leistungsempfängerin war die X AG.
aa) Die Annahme des FG, die Klägerin habe der X AG Provisionsansprüche gegen die Vereine vermittelt, ist unzutreffend. Denn die Klägerin war nach dem Vertrag vom 1. Dezember 1993, in den sie eingetreten war, gegenüber der X AG verpflichtet, Mitglieder für die Vereine zu werben. Bei dieser Tätigkeit der Klägerin handelte es sich um Vermittlungsleistungen (vgl. FG Münster, Urteil vom 20. Mai 1998 5 K 1521/97 U, EFG 1998, 1546, bestätigt durch BFH-Beschluss vom 28. Januar 1999 V B 134/98, BFH/NV 1999, 990).
Diese vertragliche Vereinbarung ist zwar nicht steuerbegründend, ermöglicht aber die Bestimmung des umsatzsteuerrechtlichen Leistungsaustauschverhältnisses (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 24. Februar 2005 V R 1/03, BFH/NV 2005, 1160, unter II.1.b; Bunjes/Robisch, UStG, 11. Aufl., § 1 Rz 26; Oelmaier in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 1 Rz 13, jeweils m.w.N.).
bb) Im Streitfall hat die Klägerin diese Verpflichtung im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ‑‑teilweise mithilfe der von ihr eingeschalteten Handelsvertreter‑‑ tatsächlich auch erfüllt. Den tatsächlichen Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO), insbesondere den vom FG in Bezug genommenen einschlägigen Vertragsbestimmungen, lässt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht entnehmen, dass sie die Verpflichtung der X AG in fremdem Namen und für fremde Rechnung übernommen hätte. Entsprechende vertragliche Vereinbarungen zwischen der Klägerin und der X AG fehlen. Sie ergeben sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht aus § 1 Abs. 1, § 1 Abs. 6 und § 7 des mit dem Rechtsvorgänger der Klägerin abgeschlossenen Vertrages vom 1. Dezember 1993. Dagegen geht etwa aus den zwischen der Klägerin im eigenen Namen und ihrem niederländischen Handelsvertreter am 2. Mai 1997 getroffenen Vereinbarungen ausdrücklich hervor, dass der niederländische Handelsvertreter "namens und im Auftrag" der Klägerin handeln sollte (§ 1 des Vertrages) und nicht "zum Inkasso berechtigt" sei (§ 3 des Vertrages).
Zwar führte die erfolgreiche Tätigkeit der Klägerin (auch) dazu, dass dadurch Provisionsansprüche der X AG gegenüber den Vereinen ausgelöst wurden. Der wesentliche Gehalt der Leistung der Klägerin bestand jedoch darin, dass sie gegenüber der X AG als Leistungsempfängerin Mitglieder für die Vereine warb. Das ergibt sich eindeutig aus den getroffenen Vereinbarungen.
Der Senat ist insoweit entgegen der Meinung der Klägerin nicht an etwaige anderslautende tatsächliche Feststellungen des FG nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden. Denn die hierzu ergangenen Ausführungen des FG ("die Vermittlungsleistung der Klägerin [betraf] nicht nur die Vermittlung von Mitgliedschaftsrechten, sondern vor allem auch die Vermittlung von Provisionen, die die X AG ihrerseits von den Tierschutzorganisationen erhielt") finden in den festgestellten vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Klägerin und der X AG keine hinreichende Grundlage.
2. Der Ort der erbrachten Vermittlungsleistungen liegt nach § 3a Abs. 1 UStG an dem Unternehmenssitz der Klägerin in Deutschland.
a) Nach § 3a Abs. 1 Satz 1 UStG wird eine sonstige Leistung ‑‑vorbehaltlich des im Streitfall nicht einschlägigen § 3b UStG‑‑ an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, so gilt die Betriebsstätte als Ort der sonstigen Leistung (§ 3a Abs. 1 Satz 2 UStG).
Diese Regelung entspricht Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG (vgl. EuGH-Urteil vom 16. September 1997 C-145/96 ‑‑von Hoffmann‑‑, Slg. 1997, I-4857, UR 1998, 17, Rz 5). Danach gilt als Ort einer Dienstleistung der Ort, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, von wo aus die Dienstleistung erbracht wird, oder in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen festen Niederlassung sein Wohnort oder sein üblicher Aufenthaltsort.
§ 3a UStG ist richtlinienkonform auszulegen (vgl. BFH-Entscheidungen vom 19. November 1998 V R 30/98, BFHE 187, 348, BStBl II 1999, 108; vom 14. April 2010 V B 157/08, BFH/NV 2010, 1315; vom 30. Juni 2011 V R 37/09, BFH/NV 2011, 2129).
b) Eine Vermittlungsleistung wird allerdings nach § 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz ausgeführt wird.
Diese Regelung beruht auf Art. 28b Teil E Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG, wonach abweichend von Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG der Ort der Dienstleistungen von Vermittlern, die im Namen und für Rechnung Dritter handeln, der Ort ist, an dem die Umsätze erbracht werden (vgl. BFH-Urteil in BFHE 235, 492, BStBl II 2012, 248, unter II.3.b aa). Es besteht insoweit kein Vorrang des Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG vor Art. 28b Teil E der Richtlinie 77/388/EWG und es stellt sich in jedem Einzelfall die Frage, ob eine der beiden Bestimmungen einschlägig ist (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2004, I-5879, UR 2004, 355, Rz 16).
aa) Im Streitfall sind die Voraussetzungen von § 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG nicht erfüllt. Denn die Klägerin hat mit der Vermittlung (Werbung) von Vereinsmitgliedern gegenüber der X AG keine "Umsätze" i.S. dieser Vorschrift vermittelt. Der Leistungsort nach § 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG für die Vermittlung von Umsätzen ist nicht anwendbar, wenn die Vermittlung keine Leistungen gegen Entgelt betrifft (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2003, 830; Lippross, Umsatzsteuer, 22. Aufl., S. 1230).
Die Gewährung einer Mitgliedschaft in einem Verein, die eine Beitragspflicht auslöst, stellt keinen Umsatz dar. Insoweit fehlt es an einem Leistungsaustausch i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG (vgl. BFH-Entscheidungen in BFHE 178, 480, BStBl II 1995, 753; vom 28. Januar 1999 V B 134/98, BFH/NV 1999, 990; FG Münster, Urteil in EFG 1998, 1546; vgl. von Stuhr/Walz, UR 2010, 553, unter II.1.).
Diese Rechtsprechung ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht durch die neuere Rechtsprechung des BFH zur Steuerbarkeit von Mitgliedsbeiträgen überholt. Danach sind zwar Beiträge der Mitglieder eines Vereins (Mitgliedsbeiträge) Entgelt für die Leistungen des Vereins an seine Mitglieder, wenn diese einen konkreten Vorteil erhalten (vgl. BFH-Urteil vom 18. Juni 2009 V R 76/07, BFH/NV 2009, 2007, unter II.2.a, m.w.N.). Im Streitfall geht es aber ‑‑anders als im BFH-Urteil in BFH/NV 2009, 2007‑‑ nicht um die Beurteilung eines etwaigen Leistungsaustauschs zwischen einem bereits beigetretenen Mitglied und dem Verein, sondern um die Begründung der Mitgliedschaft in einem Verein und die Frage, ob insoweit ein Leistungsaustausch zu bejahen ist.
bb) Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin darauf, dass es nach der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 28b Teil E Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG für die Bestimmung des Ortes einer Vermittlungstätigkeit nicht darauf ankomme, ob der zugrunde liegende Vorgang der Mehrwertsteuer unterliege oder ob es sich um einen nicht steuerbaren Umsatz handele (Hinweis auf EuGH-Urteil in Slg. 2004, I-5879, UR 2004, 355, Rz 21; Schlussanträge des Generalanwalts Colomer vom 13. Januar 2004 ‑‑Lipjes‑‑, Slg. 2004, I-5879, Rz 37; vgl. auch Langer in Reiß/Kraeusel/ Langer, UStG § 3a Rz 110, und Wäger in Sölch/ Ringleb, a.a.O., § 3a Rz 196).
Denn weder Art. 28b Teil E Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG noch das dazu ergangene EuGH-Urteil ‑‑Lipjes‑‑ (Slg. 2004, I-5879, UR 2004, 355) sind im Streitfall einschlägig.
(1) Art. 28b Teil E Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG betrifft nur Vermittler, "die im Namen und für Rechnung Dritter handeln" (vgl. dazu EuGH-Urteil in Slg. 2004, I-5879, UR 2004, 355, Rz 3, 18). Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt, weil die Klägerin ‑‑wie dargelegt‑‑ bei Erbringung ihrer Leistungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung handelte.
(2) In dem Urteil ‑‑Lipjes‑‑ (Slg. 2004, I-5879, UR 2004, 355) hat der EuGH entschieden, Art. 28b Teil E Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG sei nicht so auszulegen, dass er nur Vermittlungsleistungen betreffe, deren Empfänger ein Steuerpflichtiger oder eine nicht mehrwertsteuerpflichtige juristische Person sei (Leitsatz 1). Zur Begründung hat der EuGH u.a. ausgeführt, diese Bestimmung gelte ihrem Wortlaut nach allgemein für Dienstleistungen von Vermittlern, die im Namen und für Rechnung Dritter handeln, ohne dass danach unterschieden werde, ob die Empfänger der Dienstleistungen mehrwertsteuerpflichtig seien oder nicht (Rz 18). Auch gehe aus keiner Bestimmung des Abschn. XVIa der Richtlinie 77/388/EWG, zu dem Art. 28b gehöre, hervor, dass einer nicht steuerpflichtigen Person erbrachte Leistungen von ihrem Geltungsbereich ausgenommen wären. Im Übrigen gelte der Begriff "Handel zwischen den Mitgliedstaaten", der in der Überschrift dieses Abschnitts verwendet werde, sowohl für Lieferungen an Steuerpflichtige als auch für Lieferungen an Nichtsteuerpflichtige. Der Umstand, dass verschiedene Bestimmungen dieses Abschnitts, wie Art. 28a, die Steuerbarkeit bestimmter Umsätze regelten, habe keinen Einfluss auf die Tragweite von Art. 28b, der nur den Ort der Umsätze selbst bestimmen solle (Rz 19).
Diese Erwägungen ‑‑und auch die vom EuGH in Rz 21 seines Urteils in Bezug genommenen Ausführungen des Generalanwalts in Rz 36 bis 40 seiner Schlussanträge (vgl. Slg. 2004, I-5879, UR 2004, 355, 357)‑‑ geben für den hier zu entscheidenden Streitfall nichts her. Denn es geht vorliegend nicht um die Frage, ob Art. 28b Teil E Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG auch dann eingreift, wenn der vermittelte Umsatz nicht steuerbar ist, weil er einen Leistungsaustausch zwischen Privatpersonen betrifft. Daher ist das für einen besonderen Ausnahmefall ergangene EuGH-Urteil in der Rechtssache ‑‑Lipjes‑‑ (Slg. 2004, I-5879, UR 2004, 355) nicht einschlägig (vgl. auch Petzold, UR 2004, 461, 466).
cc) Es kann folglich offenbleiben, ob § 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG im Streitfall auch deshalb nicht anwendbar ist, weil diese Vorschrift entsprechend der unionsrechtlichen Vorgabe in Art. 28b Teil E Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG (ebenfalls) nur die Vermittler erfasst, die ‑‑anders als die Klägerin‑‑ im Namen und für Rechnung Dritter tätig werden (vgl. z.B. Lippross, a.a.O., S. 1229; Leonard in Bunjes/Geist, UStG, 8. Aufl., Rz 24).
3. Dem FA ist auch darin zu folgen, dass die von der Klägerin mithin gemäß § 3a Abs. 1 UStG an ihrem Unternehmenssitz erbrachten Leistungen weder nach § 4 Nr. 5 Buchst. c UStG noch gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG von der Steuer befreit sind.
Nach § 4 Nr. 5 Buchst. c UStG ist steuerfrei die Vermittlung der "Umsätze", die ausschließlich im Drittlandsgebiet bewirkt werden. Der Befreiungstatbestand des § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG setzt ‑‑in der hier allenfalls in Betracht kommenden Alternative‑‑ ebenfalls die Vermittlung der "Umsätze" von Anteilen an Vereinigungen voraus, woran es ‑‑wie dargelegt‑‑ im Hinblick auf die vermittelten Vereinsmitgliedschaften aber fehlt (zutreffend Abschn. 4.8.10. Abs. 5 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses).
Der Senat teilt nicht die Auffassung der Klägerin, nach dem EuGH-Urteil ‑‑Lipjes‑‑ (Slg. 2004, I-5879, UR 2004, 355) umfasse der Begriff "Umsatz" in § 4 Nr. 5 Buchst. c UStG und in § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG auch nichtwirtschaftliche Tätigkeiten. Denn das EuGH-Urteil in der Rechtssache ‑‑Lipjes‑‑ bezieht sich ausdrücklich nur auf die Anwendung der Leistungsortbestimmung in Art. 28b Teil E Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG und trifft ersichtlich keine Aussage zu etwaigen Steuerbefreiungsvorschriften.
Der hilfsweise vertretenen Auffassung der Klägerin, die Verwendung des Wortes "Umsatz" in § 4 Nr. 5 Buchst. c UStG und in § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG diene nicht dazu, den Anwendungsbereich dieser Vorschriften einzuengen, sondern müsse "erst recht" die Vermittlung von nicht steuerbaren "Nichtleistungen" erfassen, vermag der Senat schon angesichts des klaren Wortlauts der Vorschriften nicht zu folgen.
4. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung ist daher aufzuheben. Die Sache ist spruchreif im Sinne einer Klageabweisung.
5. Da sich die von der Klägerin zum Anwendungsbereich des Art. 28b Teil E Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG aufgeworfenen Rechtsfragen im Streitfall nicht stellen, weil die Klägerin ‑‑wie dargelegt‑‑ nicht "im Namen und für Rechnung Dritter" im Sinne dieser Bestimmung gehandelt hat, scheidet ein entsprechendes Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union an den EuGH aus.