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Urteil vom 19. April 2012, V R 31/11

Zur Ehrenamtlichkeit der Tätigkeit als Nachlasspfleger

BFH V. Senat

UStG § 4 Nr 26, BGB § 1836 Abs 1, BGB § 1836 Abs 2, BGB § 1915, EWGRL 388/77

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht , 24. August 2011, Az: 5 K 138/10

Leitsätze

1. NV: Zu den ehrenamtlichen Tätigkeiten i.S.d. § 4 Nr. 26 UStG gehören alle Tätigkeiten, die in einem anderen Gesetz als dem UStG ausdrücklich als solche genannt werden, die man im allgemeinen Sprachgebrauch herkömmlicherweise als ehrenamtlich bezeichnet oder die vom materiellen Begriff der Ehrenamtlichkeit umfasst werden.  

2. NV: Werden Nachlasspflegschaften in einem Umfang geführt, der die Annahme einer beruflichen Tätigkeit rechtfertigt, so wird eine solche Tätigkeit weder in einem anderen Gesetz als dem UStG noch im allgemeinen Sprachgebrauch als ehrenamtlich bezeichnet.  

3. NV: Die Voraussetzungen einer beruflichen Tätigkeit liegen im Regelfall vor, wenn der Vormund mehr als zehn Vormundschaften führt oder die für die Führung der Vormundschaften erforderliche Zeit voraussichtlich 20 Wochenstunden nicht unterschreitet.

Tatbestand

  1. I. Streitig ist, ob die Tätigkeit der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) als Nachlasspflegerin eine ehrenamtliche Tätigkeit i.S. des § 4 Nr. 26 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) darstellt.

  2. Die Klägerin war als Betreuerin und als Nachlasspflegerin tätig. Im Streitjahr (2002) hatte sie 40 Nachlasspflegschaften geführt. Die von ihr als Betreuerin erzielten Einnahmen betrugen im Streitjahr 1.963,36 €; als Nachlasspflegerin erzielte sie 23.626,41 €. Im Vorjahr (2001) hatte die Klägerin aus ihrer Tätigkeit als Nachlasspflegerin Einnahmen in Höhe von 100.776,59 DM erzielt und in den Folgejahren 44.067,06 € in 2003, 19.945,35 € in 2004 und 33.310,36 € in 2005.

  3. Im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung für die Jahre 2000 und 2001 behandelte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) die Tätigkeit der Klägerin als Nachlasspflegerin als steuerfrei nach § 4 Nr. 26 Buchst. b UStG, die Tätigkeit als Betreuerin wegen der am Arbeitsaufwand orientierten Vergütung hingegen als nicht ehrenamtlich und damit steuerpflichtig. Da die Betreuungsumsätze unterhalb der Kleinunternehmergrenze des § 19 UStG lagen, wurde keine Umsatzsteuer für 2000 und 2001 festgesetzt. Für das Streitjahr (2002) und die Folgejahre gab die Klägerin zunächst keine Umsatzsteuererklärungen ab, weil die Betreuungsumsätze weiterhin unterhalb der Kleinunternehmergrenze blieben.

  4. Das FA folgte dem im Ergebnis nicht und unterwarf die Umsätze der Klägerin aus ihrer Tätigkeit als Betreuerin und als Nachlasspflegerin im (erstmaligen) Umsatzsteuerbescheid 2002 vom 26. Juni 2008 dem Regelsteuersatz.

  5. Einspruch und Klage hiergegen blieben ohne Erfolg. Zur Begründung seines Urteils führte das Finanzgericht (FG) im Wesentlichen aus, die Anwendung des § 4 Nr. 26 Buchst. a UStG scheitere daran, dass die Klägerin die Pflegschaften nicht für eine juristische Person des öffentlichen Rechts, sondern in eigener Verantwortung geführt habe.

  6. Auch die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 26 Buchst. b UStG seien nicht erfüllt, weil keine ehrenamtliche Tätigkeit vorliege. Die Nachlasspflegschaft sei im Gesetz zwar als ehrenamtliche Tätigkeit ausdrücklich genannt. Das Ehrenamt sei aber auf die Fälle des unentgeltlichen Tätigwerdens begrenzt. Insbesondere die Tätigkeit des Berufspflegers falle nicht hierunter.

  7. Die zivilrechtliche Begrenzung des Ehrenamtes auf die Fälle des unentgeltlichen Tätigwerdens bzw. des Tätigwerdens gegen bloßen Aufwendungsersatz entspreche auch dem allgemeinen Sprachgebrauch der Ehrenamtlichkeit.

  8. Die Führung von Pflegschaften gegen Vergütung nach § 1836 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches in der im Streitjahr 2002 geltenden Fassung (BGB a.F.) werde auch nicht vom materiellen Begriff der Ehrenamtlichkeit umfasst. Dieser setze das Fehlen eines eigennützigen Erwerbsstrebens, die fehlende Hauptberuflichkeit und den Einsatz für eine fremdnützig bestimmte Einrichtung voraus. Bei einer nach dem Gesamtbild der Verhältnisse leistungsbezogenen Vergütung scheide eine ehrenamtliche Tätigkeit regelmäßig aus. Die Übernahme der Pflegschaften durch die Klägerin sei von einem eigennützigen Erwerbsstreben geprägt. Hierfür spreche bereits die Höhe der erzielten Einnahmen, die zur Deckung ihres Lebensunterhalts ausgereicht habe.

  9. Neben der fehlenden Ehrenamtlichkeit scheitere die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 26 Buchst. b UStG auch daran, dass die nach § 1836 Abs. 3 BGB a.F. gezahlte Vergütung nicht nur in Auslagenersatz und einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis bestanden habe.

  10. Das Urteil des FG ist in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2012, 663 veröffentlicht.

  11. Mit der Revision macht die Klägerin Verletzung materiellen Rechts (§ 4 Nr. 26 Buchst. b UStG) geltend.

  12. Sie, die Klägerin, habe die Nachlasspflegschaften nicht berufsmäßig geführt. Dem stehe die Tatsache, dass sie im Streitjahr relativ viele, nämlich 40 Nachlasspflegschaften geführt habe, nicht entgegen. Das FG übersehe die tatsächlichen Unterschiede zwischen dem Amt eines Betreuers (früher: Vormund) und dem eines Nachlasspflegers, die bei der Unterscheidung zwischen ehrenamtlichen und hauptberuflichen Tätigkeiten zu berücksichtigen seien. Während die Betreuung einer lebenden Person ständige Einsatzbereitschaft und Verfügbarkeit sowie Reisebereitschaft erfordere, umfasse die Nachlasspflegschaft überwiegend Verwaltungsaufgaben, die der Nachlasspfleger zumeist von seinem Schreibtisch aus erledigen könne. Der zeitliche Aufwand sei deutlich geringer als bei der Betreuung einer Person. Aus diesen Unterschieden zwischen beiden Ämtern folge, dass die gesetzlichen Vorgaben für die Abgrenzung zwischen entgeltlicher und unentgeltlicher Führung eines Vormundschaftsamtes nach Sinn und Zweck der Regelung nicht unverändert auf Nachlasspflegschaften übertragbar seien. Im Übrigen sei fraglich, ob die zivilrechtliche Feststellung der Berufsmäßigkeit einer Nachlasspflegschaft überhaupt steuerrechtliche Bindungswirkung entfalte.

  13. Dem FG kann auch nicht darin gefolgt werden, dass die Festsetzung einer "Vergütung" nach § 1836 Abs. 3 BGB a.F. der Annahme einer ehrenamtlichen Tätigkeit entgegenstehe. Die Entscheidung des Nachlassgerichts, eine Vergütung gemäß § 1836 Abs. 3 BGB a.F. zu gewähren, entfalte keine steuerrechtliche Bindungswirkung. Zudem sei aus den vorliegenden Beschlüssen des Nachlassgerichts nicht erkennbar, dass es sich um eine Vergütung i.S. des § 1836 Abs. 3 BGB a.F. gehandelt habe.

  14. Eine höchstrichterliche Beurteilung unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Amtes eines Nachlasspflegers sei bisher nicht erfolgt.

  15. Die Klägerin beantragt,
    das Urteil des FG, den Umsatzsteuerbescheid 2002 vom 26. Juni 2008 und die Einspruchsentscheidung vom 11. März 2010 aufzuheben.

  16. Das FA beantragt,
    die Revision zurückzuweisen.

  17. Das FA schließt sich den Entscheidungsgründen des Urteils der Vorinstanz an.

Entscheidungsgründe

  1. II. Die Revision ist unbegründet; sie ist deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).

  2. Das FG hat die Umsätze der Klägerin zu Recht als steuerpflichtig behandelt, weil weder die Voraussetzungen des § 4 Nr. 26 Buchst. a UStG noch die des § 4 Nr. 26 Buchst. b UStG erfüllt sind. Gemäß § 4 Nr. 26 UStG ist die ehrenamtliche Tätigkeit steuerfrei, wenn sie für juristische Personen des öffentlichen Rechts ausgeübt wird (Buchst. a) oder wenn das Entgelt für die Tätigkeit nur in Auslagenersatz und einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis besteht (Buchst. b). Beide Alternativen des § 4 Nr. 26 UStG setzen eine ehrenamtliche Tätigkeit voraus. Die Klägerin hat aber keine ehrenamtliche Tätigkeit ausgeübt.

  3. 1. Zu den ehrenamtlichen Tätigkeiten gehören alle Tätigkeiten, die in einem anderen Gesetz als dem UStG ausdrücklich als solche genannt werden, die man im allgemeinen Sprachgebrauch herkömmlicherweise als ehrenamtlich bezeichnet oder die vom materiellen Begriff der Ehrenamtlichkeit umfasst werden (Urteile des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 20. August 2009 V R 32/08, BFHE 227, 207, BStBl II 2010, 88; vom 14. Mai 2008 XI R 70/07, BFHE 221, 517, BStBl II 2008, 912, jeweils mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des BFH).

  4. a) Werden Nachlasspflegschaften ‑‑wie im vorliegenden Fall von der Klägerin‑‑ in einem Umfang geführt, der die Annahme einer beruflichen Tätigkeit rechtfertigt, so wird eine solche Tätigkeit weder in einem anderen Gesetz als dem UStG noch im allgemeinen Sprachgebrauch als ehrenamtlich bezeichnet.

  5. Das BGB behandelt die Nachlasspflegschaft nur dann als ehrenamtlich, wenn sie entweder unentgeltlich oder gegen einen Aufwendungsersatz nach § 1836 Abs. 2 BGB a.F. geführt wird, nicht aber, wenn die Voraussetzungen für eine berufliche Ausübung der Nachlasspflegschaft vorliegen. Ob sich diese Beurteilung unmittelbar aus dem BGB ergibt oder aus einem nicht im Widerspruch zur zivilrechtlichen Beurteilung stehenden allgemeinen Sprachgebrauch, mag dabei dahingestellt bleiben.

  6. aa) Die Tätigkeit als Nachlasspfleger wird gemäß §§ 1836 Abs. 1, 1915 Abs. 1 BGB a.F. unentgeltlich geführt. § 1836 Abs. 1 BGB a.F. betrifft unmittelbar zwar nur die Vormundschaft. Die für die Vormundschaft geltenden Vorschriften finden aber gemäß § 1915 Abs. 1 BGB a.F. auf die Pflegschaft entsprechende Anwendung, soweit sich nicht aus dem Gesetz etwas anderes ergibt. Das gilt aufgrund der strukturellen Ähnlichkeit zwischen Vormundschaft und Pflegschaft für alle BGB-Pflegschaften, auch für die hier vorliegende Nachlasspflegschaft (Oberlandesgericht ‑‑OLG‑‑ Köln, Beschluss vom 6. August 2007  2 Wx 14/07, juris; Landgericht Hamburg, Urteil vom 16. Juli 2010  317 O 77/10, Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 2011, 513; OLG Karlsruhe, Urteil vom 27. Juni 2007  7 U 248/06, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht ‑‑FamRZ‑‑ 2007, 2109; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 30. April 2007  3 W 49/07, Der Deutsche Rechtspfleger 2007, 471; Palandt/Diederichsen, BGB, 71. Aufl., München 2012, § 1915 Rz 1; Schwab in Münchener Kommentar zum BGB, Band 8, 6. Aufl., München 2012, § 1915 Rz 1).

  7. bb) Aus der Regelung in § 1836 Abs. 1 BGB a.F., wonach die Vormundschaft unentgeltlich geführt wird, ergibt sich, dass die gesetzliche Grundkonzeption des § 1836 BGB a.F. von der ehrenamtlich geführten Nachlasspflegschaft ausgeht; Unentgeltlichkeit und Ehrenamtlichkeit werden insoweit gleichgesetzt. Im Regelfall soll keine Vergütung gezahlt werden (§ 1836 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F.); nur in Ausnahmefällen soll die Amtsführung einen Vergütungsanspruch nach sich ziehen. Die Festsetzung einer Vergütung nach § 1836 Abs. 3 BGB a.F. steht dabei der Ehrenamtlichkeit nicht entgegen, wohl aber die berufsmäßige Führung der Vormundschaft (Palandt/Diederichsen, a.a.O., § 1836 Rz 2; Dickescheid in RGRK, Das Bürgerliche Gesetzbuch, Kommentar, Band IV, Berlin, New York 1999, § 1836 Rz 18; Pammler-Klein/Pammler in Jurispraxiskommentar, BGB, 5. Aufl., Band 4, Saarbrücken 2011, § 1836 Rz 8; Wagenitz in Münchener Kommentar zum BGB, a.a.O., § 1836 Rz 31; Wagenitz/ Engers, FamRZ 1998, 1273, 1274).

  8. cc) Bei der aus den unter II.1. genannten Gründen gebotenen engen Auslegung des Ehrenamtlichkeitsbegriffs wird die Nachlasspflegschaft dann nicht ehrenamtlich geführt, wenn die Voraussetzungen für die Feststellung, dass der Nachlasspfleger die Vormundschaft berufsmäßig führt, vorliegen. Gemäß § 1836 Abs. 1 BGB a.F. hat das Gericht die Feststellung, dass der Vormund die Vormundschaft berufsmäßig führt, u.a. zu treffen, wenn dem Vormund in einem solchen Umfang Vormundschaften übertragen sind, dass er sie nur im Rahmen seiner Berufsausübung führen kann. Diese Voraussetzungen liegen im Regelfall vor, wenn der Vormund mehr als zehn Vormundschaften führt oder die für die Führung der Vormundschaften erforderliche Zeit voraussichtlich 20 Wochenstunden nicht unterschreitet. Die Tätigkeit der Klägerin übersteigt im Streitfall bereits die Unschädlichkeitsgrenze von zehn Nachlasspflegschaften um das Dreifache, so dass von einer Berufsmäßigkeit auszugehen ist.

  9. Entgegen der Auffassung der Klägerin gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die auch für die Nachlasspflegschaft geltende Verweisung in § 1915 Abs. 1 BGB a.F. nur auf § 1836 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F., nicht aber auf die übrigen Regelungen des Vormundschaftsrechts beziehen könnte.

  10. b) Die Tätigkeit der Klägerin wird auch nicht vom materiellen Begriff der Ehrenamtlichkeit umfasst.

  11. aa) Der materielle Begriff der Ehrenamtlichkeit setzt das Fehlen eines eigennützigen Erwerbsstrebens, die fehlende Hauptberuflichkeit und den Einsatz für eine fremdnützig bestimmte Einrichtung voraus (BFH-Urteile in BFHE 227, 207, BStBl II 2010, 88; in BFHE 221, 517, BStBl II 2008, 912, jeweils mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des BFH). Da die Tätigkeit der Klägerin aus den unter II.3.a cc genannten Gründen die Annahme einer beruflichen Tätigkeit rechtfertigt, verbietet sich die Annahme der Ehrenamtlichkeit schon aus diesem Grund.

  12. bb) Darüber hinaus wird die Tätigkeit der Klägerin auch wegen der Höhe der insgesamt jährlich von ihr erzielten Entgelte nicht vom materiellen Begriff der Ehrenamtlichkeit umfasst. Das FG hat zwar keine Feststellungen zum Arbeitsaufwand der Klägerin getroffen, so dass dem Senat keine Beurteilung der Höhe der auf die Arbeitsstunde entfallenden Entschädigung möglich ist. In diesem Zusammenhang ist aber entscheidend zu berücksichtigen, dass die Klägerin nachhaltig und regelmäßig über mehrere Jahre hinweg jeweils erhebliche Einnahmen aus der Tätigkeit als Nachlasspflegerin erzielt hat, die die Beträge, die ehrenamtliche Richter für gelegentliche Teilnahmen an Verhandlungsterminen in einem Jahr erzielen, weit übersteigen (vgl. BFH-Urteil vom 16. April 2008 XI R 68/07, BFH/NV 2008, 1368).

  13. 2. Auch das Unionsrecht gibt keinen Anlass für die Steuerbefreiung der von der Klägerin ausgeführten Umsätze. Die Sechste Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) sieht überhaupt keine Steuerbefreiung für ehrenamtliche Tätigkeiten vor. Damit ist fraglich, ob § 4 Nr. 26 Buchst. b UStG überhaupt im Einklang mit der Richtlinie 77/388/EWG steht. Nach einer Protokollerklärung zu Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG steht es den Mitgliedstaaten zwar frei, ehrenamtliche Leistungen von der Steuer zu befreien. Ob das zur Beibehaltung der Befreiung in § 4 Nr. 26 Buchst. b UStG berechtigt, ist fraglich und in der Literatur umstritten (zweifelnd Kulmsee in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 4 Nr. 26 Rz 11; bejahend Handzik in Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 4 Nr. 26 Rz 5; verneinend Oelmaier in Sölch/Ringleb, UStG, § 4 Nr. 26 Rz 4). Unabhängig hiervon spricht jedenfalls das Gebot einer engen Auslegung von Befreiungstatbeständen gegen die Annahme einer unionsrechtlich gebotenen Steuerfreiheit im Streitfall. Bei der Auslegung des Merkmals der Ehrenamtlichkeit ist zu berücksichtigen, dass Steuerbefreiungen im Zweifel eng auszulegen sind, weil sie Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Umsatzsteuer unterliegt (ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ‑‑EuGH‑‑, vgl. zuletzt EuGH-Urteile vom 28. Juli 2011 C-350/10, Nordea, Umsatzsteuer-Rundschau ‑‑UR‑‑ 2011, 747; vom 22. Dezember 2010 C-116/10, Feltgen/Bacino, UR 2011, 694; vom 3. Juni 2010 C-237/09, Nathalie de Fruytier, Slg. 2010, I-4985; vom 6. Mai 2010 C-94/09, Kommission/ Frankreich, Slg. 2010, I-4261; vom 18. März 2010 C-3/09, Erotic Center, Slg. 2010, I-2361; vom 28. Januar 2010 C-473/08, Eulitz GbR, Slg. 2010, I-907).

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