BFH XI. Senat
UStG § 15 Abs 1 S 1 Nr 1, UStG § 15 Abs 2 S 1 Nr 1, EWGRL 388/77 Art 17, FGO § 118 Abs 2, AO § 175 Abs 1 S 1 Nr 2, UStG § 4 Nr 9 Buchst a, FGO § 96 Abs 2
vorgehend Hessisches Finanzgericht , 16. Juni 2010, Az: 1 K 3632/05
Leitsätze
NV: Werden von Anbeginn des Bezugs von Sanierungsleistungen Vertragsverhandlungen über die umsatzsteuerfreie Veräußerung des Betriebsgrundstücks geführt und verpflichtet sich der Unternehmer gegenüber dem Grundstückserwerber zur Übergabe eines sanierten Grundstücks, lässt dieser unmittelbare wirtschaftliche Zusammenhang der Sanierungsleistungen mit der steuerfreien Grundstücksveräußerung den mittelbaren Zusammenhang der Sanierungsleistungen mit den früheren Umsätzen des zwischenzeitlich eingestellten Betriebs zurücktreten .
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Konkursverwalter über das Vermögen der X GmbH (GmbH). Gegenstand der GmbH waren die Veredelung und Färberei von Rauchwaren. Aufgrund des Betriebs der …veredelung war das Betriebsgrundstück mit Schadstoffen belastet. Am 21. Februar 1992 erließ der Landrat A aufgrund der von den Umweltbehörden getroffenen Feststellungen einen Bescheid zur Boden- und Grundwassersanierung, die den Abbruch der aufstehenden Gebäude erforderte. Da die GmbH zur Durchführung der Maßnahmen finanziell nicht in der Lage war, wurde das Konkursverfahren eröffnet und der Kläger am 1. August 1996 zum Konkursverwalter bestellt.
Im März 1997 wurde der Geschäftsbetrieb der GmbH eingestellt. Der Kläger einigte sich im Jahr 1999 mit der zuständigen Umweltbehörde über den Umfang der durchzuführenden Sanierungsmaßnahmen. Dem Konkursgericht stellte er mit Schreiben vom 24. Juni 1999 das Sanierungskonzept vor, das im Hinblick auf bislang erfolglos gebliebene Veräußerungsversuche eine darlehensfinanzierte Altlastenbeseitigung und eine anschließende Veräußerung des Grundstücks vorsah. Mit dem Abbruch der Gebäude wurde im März 2000 begonnen; gleichzeitig führte der Kläger Verhandlungen mit der Y KG (KG), die das Grundstück nur umsatzsteuerfrei erwerben wollte. Am 20. Juni 2000 schlossen der Kläger und die KG einen Kaufvertrag über die umsatzsteuerfreie Veräußerung des Grundstücks. Voraussetzung für die Kaufpreiszahlung waren die erfolgreiche Durchführung der Grundwassersanierung und der Abbruch der Betriebsgebäude bis 31. Dezember 2001. Da die Sanierung auch innerhalb der bis 31. Dezember 2002 verlängerten Frist nicht abgeschlossen werden konnte, trat die KG am 20. Dezember 2002 vom Kaufvertrag zurück.
Im Juli 2003 beantragte der Kläger beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt ‑‑FA‑‑) eine verbindliche Auskunft darüber, ob eine steuerfreie Veräußerung des Grundstücks ohne Auswirkung auf den Vorsteuerabzug aus den für das Grundstück getätigten Sanierungsaufwendungen möglich sei. Schließlich veräußerte er nach Abschluss der Sanierungen und Aufhebung der Altlastenfeststellungen das Grundstück am 12. Juni 2009 unter Verzicht auf die Steuerbefreiung gemäß § 9 i.V.m. § 4 Nr. 9 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes in der für die Streitjahre geltenden Fassung (UStG).
Mit den beim FA für die Streitjahre eingereichten Umsatzsteuererklärungen machte der Kläger ausschließlich Vorsteuerbeträge geltend.
Nachdem das FA die Umsatzsteuer 2000 bis 2003 unter Hinweis auf eine beabsichtigte steuerfreie Verwendung unter Versagung des begehrten Vorsteuerabzugs jeweils auf 0 € festgesetzt hatte, erkannte es im Rahmen der Einspruchsentscheidung Vorsteuerbeträge an,
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die mit der Abwicklung des Unternehmens, jedoch nicht mit der Veräußerung des Grundstücks zusammenhingen,
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die mit vor dem 1. April 2000 bezogenen Abbruch- und Sanierungsleistungen zusammenhingen und
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die vor dem 1. April 2000 bezogene sonstige gemischte Leistungen betrafen.
Die Einsprüche im Übrigen wies das FA als unbegründet zurück.
Die sich anschließende Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte im Wesentlichen aus, das FA habe den Vorsteuerabzug ‑‑soweit streitig geblieben‑‑ zu Recht versagt. Zwar bestehe ein mittelbarer Zusammenhang zwischen den Sanierungsaufwendungen und den früheren steuerpflichtigen Umsätzen der GmbH. Dieser mittelbare Zusammenhang trete jedoch hinter den unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den Sanierungsaufwendungen und der vom Kläger beabsichtigten Grundstücksveräußerung zurück. Durch Kaufvertrag mit der KG habe der Kläger sich zur Übergabe eines sanierten Grundstücks verpflichtet und dieses steuerfrei verkauft. Aus dem Prinzip des Sofortabzugs der Umsatzsteuer folge, dass es für die Beurteilung des Rechts auf Vorsteuerabzug auf die durch objektive Anhaltspunkte belegte Verwendungsabsicht im Jahr des Leistungsbezugs ankomme und nicht auf eine spätere, in einem anderen Besteuerungszeitraum liegende tatsächliche Verwendung. In den Streitjahren habe der Kläger auch nach Rücktritt der KG vom Kaufvertrag nicht die durch objektive Beweisanzeichen belegte Absicht gehabt, das Grundstück unbedingt unter Option zur Steuerpflicht zu veräußern. Der im Schrifttum (z.B. Forgách in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 15 Rz 378.2) vertretenen Auffassung, eine spätere Verwendung für zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze ‑‑wie im Streitfall‑‑ rechtfertige eine Berichtigung der Steuerfestsetzung des Besteuerungszeitraums des Leistungsbezugs, sei auch im Hinblick auf den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer nicht zu folgen, da über das Recht auf Vorsteuerabzug allein aufgrund der im Besteuerungszeitraum vorliegenden Verhältnisse (tatsächliche oder beabsichtigte Verwendung) abschließend zu entscheiden sei.
Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 84 veröffentlicht.
Der Kläger stützt seine Revision auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Er ist der Auffassung, der Vorsteuerabzug sei nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG nur dann ausgeschlossen, wenn der Unternehmer die bezogenen Lieferungen und Leistungen zur Ausführung steuerfreier Umsätze "verwendet". Damit stelle das Gesetz auf die tatsächliche Verwendung und nicht auf eine Verwendungsabsicht ab. Unter Berufung auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom 8. Februar 2007 C-435/05 ‑‑Investrand BV‑‑ (Slg. 2007, I-1315, BFH/NV Beilage 2007, 289, Rz 23) macht der Kläger hierzu geltend, die Sanierungsaufwendungen gehörten entgegen der Auffassung des FG zu den Kostenelementen der versteuerten, zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätze der Vergangenheit. Denn der Aufwand sei im Rahmen der Bildung entsprechender Rückstellungen der werbenden GmbH entstanden, wie auch bereits weit vor dem beabsichtigten Verkauf des Grundstücks eine Verpflichtung zur Sanierung bestanden habe. Entgegen den Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10. April 1997 V R 26/96 (BFHE 182, 432, BStBl II 1997, 552) und vom 25. Juni 1998 V R 25/97 (BFH/NV 1998, 1533) sei gerade nicht auf die Umsätze abzustellen, die nach Inanspruchnahme der vorsteuerbelasteten Leistungen ausgeführt werden, da es hinsichtlich der Verwendung auf den wirtschaftlichen und nicht auf den zeitlichen Zusammenhang ankomme, was § 15 Abs. 4 UStG verdeutliche.
Soweit die Sanierungsmaßnahmen dem im Jahre 2009 erfolgten steuerpflichtigen Verkauf des Grundstücks zuzurechnen seien, rechtfertige dies eine Berichtigung der Steuerfestsetzung des Besteuerungszeitraums des Leistungsbezugs. Eine Berichtigung nach § 15a Abs. 2 UStG n.F. komme nach § 27 Abs. 11 UStG zwar nicht in Betracht, ein Anspruch auf Berichtigung ergebe sich jedoch unmittelbar aus Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG). Ansonsten würde der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer nicht gewahrt. Die Korrektur habe aufgrund der Formulierung "Berichtigung des ursprünglichen Vorsteuerabzugs" im jeweiligen Streitjahr zu erfolgen.
Sollte eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs rückwirkend nicht möglich sein, müsse jeder einzelne Eingangsumsatz im Hinblick auf die jeweilige Verwendungsabsicht beurteilt werden. Nur in der Zeit vom 20. Juni 2000 bis 20. Dezember 2002 habe er, der Kläger, das Grundstück umsatzsteuerfrei veräußern wollen. Im Übrigen habe er bereits aus wirtschaftlichen Gründen und um sich vor etwaigen Schadensersatzansprüchen zu schützen den steuerpflichtigen Verkauf beabsichtigt.
Insoweit habe das FG gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑) verstoßen. Es habe übersehen, dass er ausweislich seines Schreibens an das Konkursgericht vom 15. Juni 2000 aufgrund des steuerfreien Verkaufs an die KG von Mehrkosten ausgegangen sei, woraus objektiv erkennbar werde, dass er vor dem Abschluss des Kaufvertrags vom 20. Juni 2000 eine steuerpflichtige Veräußerung beabsichtigt habe. Diese Absicht sei nach dem Rücktritt der KG wieder aufgelebt. Das FG hätte für jeden Besteuerungszeitraum der Jahre 2000 bis 2004 prüfen müssen, ob eine steuerpflichtige Veräußerung des Grundstücks beabsichtigt gewesen sei oder nicht.
Das FG habe schließlich den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) verletzt. Es habe nicht zu erkennen gegeben, dass die Absicht, das Grundstück für eine steuerpflichtige oder eine steuerfreie Veräußerung zu verwenden, das maßgebliche Kriterium für seine Entscheidung sei. Vielmehr habe der Berichterstatter in seinem Schreiben vom 12. März 2010 mitgeteilt, dass seines Erachtens spätestens nach dem steuerpflichtigen Verkauf kein Raum mehr für die Auffassung sei, die Sanierungsleistungen stünden mit einer beabsichtigten steuerfreien Grundstücksveräußerung in Zusammenhang; dies habe der Berichterstatter noch in der mündlichen Verhandlung vertreten.
Der Kläger beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Bescheide über Umsatzsteuer dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer für 2000 auf
./. … €, für 2001 auf ./. … €, für 2002 auf
./. … €, für 2003 auf ./. … € und für 2004 auf
./. … € festgesetzt wird,
hilfsweise,
die Sache an das FG zurückzuverweisen,
weiter hilfsweise,
die Sache dem EuGH vorzulegen.Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.Zu Recht habe das FG die Aufwendungen für die Altlastensanierung der beabsichtigten Veräußerung des Grundstücks zugerechnet. Denn das Grundstück habe nur im sanierten Zustand veräußert werden können, wie der Kläger bereits mit Schreiben vom 24. Juni 1999 dem Konkursgericht mitgeteilt habe. Nach dem EuGH-Urteil vom 8. Juni 2000 C-396/98 ‑‑Schlossstrasse‑‑ (Slg. 2000, I-4279, BStBl II 2003, 446, Rz 37) bestimme die tatsächliche oder beabsichtigte Verwendung der Gegenstände oder Dienstleistungen den Umfang des Vorsteuerabzugs. Es gebe keine objektiven Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger vor Vertragsschluss mit der KG oder nach deren Rücktritt vom Kaufvertrag die steuerpflichtige Veräußerung des Grundstücks beabsichtigt habe. Eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs in den Streitjahren komme nicht in Betracht, da Absichtsänderungen nicht in den Zeitraum des Leistungsbezugs zurückwirkten.
Die Fragen der wirtschaftlichen Zurechnung der Sanierungsaufwendungen und der Maßgeblichkeit der Verwendungsabsicht seien im Einspruchs- und Klageverfahren thematisiert worden. Der Kläger habe weder Tatsachen und Beweismittel bezeichnet, die das FG außer Acht gelassen habe, noch einen entsprechenden Verfahrensmangel vor dem FG gerügt.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet und gemäß § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen. Das FG hat zutreffend ‑‑und verfahrensfehlerfrei‑‑ entschieden, dass die streitige Steuer für vom Kläger bezogene Sanierungsleistungen vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist.
1. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ist aber die Steuer für die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet, vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen.
§ 15 UStG beruht auf Art. 17 der Richtlinie 77/388/EWG und ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH richtlinienkonform auszulegen.
a) Nach Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG entsteht das Recht auf Vorsteuerabzug, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht. Dies ist nach Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG der Fall, sobald die Lieferung des Gegenstands oder die Dienstleistung an den vorsteuerabzugsberechtigten Steuerpflichtigen bewirkt wird.
b) Der Steuerpflichtige ist nach Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG zum Vorsteuerabzug befugt, "soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden".
Dieses Recht gilt auch für den Abzug der geschuldeten oder entrichteten Steuer für Investitionen, die für die Zwecke der noch erst beabsichtigten, das Abzugsrecht eröffnenden Umsätze getätigt werden (vgl. EuGH-Urteil vom 8. Juni 2000 C-400/98 ‑‑Breitsohl‑‑, Slg. 2000, I-4321, BStBl II 2003, 452, Rz 34; BFH-Urteil vom 8. März 2001 V R 24/98, BFHE 194, 522, BStBl II 2003, 430), unter der Voraussetzung, dass die Erklärung, zu besteuerten Umsätzen führende wirtschaftliche Tätigkeiten aufnehmen zu wollen, in gutem Glauben abgegeben worden ist und durch objektive Anhaltspunkte belegt wird (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2000, I-4279, BStBl II 2003, 446, Rz 41).
aa) Die Formulierung in Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG "für ... verwendet werden" zeigt, dass das Recht auf Vorsteuerabzug nur entsteht, wenn die bezogenen Gegenstände oder Dienstleistungen direkt und unmittelbar mit Ausgangsumsätzen, die das Recht auf Vorsteuerabzug eröffnen, zusammenhängen, und dass der vom Steuerpflichtigen verfolgte endgültige Zweck unerheblich ist. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist es Sache des nationalen Gerichts, das Kriterium des direkten und unmittelbaren Zusammenhangs auf den Sachverhalt des bei ihm anhängigen Rechtsstreits anzuwenden und dabei alle Umstände zu berücksichtigen, unter denen die betreffenden Umsätze ausgeführt worden sind (vgl. EuGH-Urteil vom 8. Juni 2000 C-98/98 ‑‑Midland Bank‑‑, Slg. 2000, I-4177, Umsatzsteuer-Rundschau ‑‑UR‑‑ 2000, 342, Rz 20, 25).
bb) Das Recht auf Abzug der Steuer für die betreffenden Gegenstände oder Dienstleistungen setzt voraus, dass die für den Bezug dieser Leistungen getätigten Aufwendungen zu den Kostenelementen der besteuerten Umsätze gehören. Die Aufwendungen müssen Teil der Kosten der Ausgangsumsätze sein, für die die Gegenstände und Dienstleistungen verwendet werden. Daher müssen die Kostenelemente in der Regel entstanden sein, bevor der Steuerpflichtige die besteuerten Umsätze ausführt, denen sie zuzurechnen sind (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2000, I-4177, UR 2000, 342, Rz 30; Wagner in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 15 Rz 582, m.w.N.).
cc) Die tatsächliche oder beabsichtigte Verwendung der Gegenstände oder Dienstleistungen bestimmt den Umfang des Vorsteuererstabzugs, zu dem der Steuerpflichtige nach Art. 17 der Richtlinie 77/388/EWG befugt ist, und den Umfang etwaiger Berichtigungen während der darauffolgenden Zeiträume, die unter den Voraussetzungen des Art. 20 der Richtlinie 77/388/EWG bzw. des § 15a UStG vorzunehmen sind (vgl. EuGH-Urteile vom 11. Juli 1991 C-97/90 ‑‑Lennartz‑‑, Slg. 1991, I-3795, Rz 15; in Slg. 2000, I-4279, BStBl II 2003, 446, Rz 37; BFH-Urteil vom 25. April 2002 V R 58/00, BFHE 200, 434, BStBl II 2003, 435, unter II.1., m.w.N.).
2. Nach den vorgenannten Grundsätzen kann der Kläger die Steuern für die bezogenen Sanierungsleistungen nicht als Vorsteuerbeträge abziehen.
a) Da das Recht auf Vorsteuerabzug mit dem jeweiligen Leistungsbezug ‑‑hier in den Streitjahren 2000 bis 2004‑‑ entsteht, und da sich auch der Umfang des Rechts nur nach der im jeweiligen Besteuerungszeitraum des Leistungsbezugs beabsichtigten oder ggf. bereits erfolgten tatsächlichen Verwendung richtet, kommt es entgegen der Auffassung des Klägers nicht auf die steuerpflichtige (§ 9 i.V.m. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG) Lieferung des sanierten Betriebsgrundstücks im Jahr 2009 an (vgl. BFH-Urteil in BFHE 194, 522, BStBl II 2003, 430, unter II.1.b aa).
b) Der Kläger tätigte nach den Feststellungen des FG, an die der erkennende Senat mangels zulässiger und begründeter Revisionsrügen gebunden ist (vgl. § 118 Abs. 2 FGO), die Aufwendungen zur Boden- und Grundwassersanierung im Hinblick auf eine beabsichtigte Veräußerung des Grundstücks. Denn wie er dem Konkursgericht bereits mit Schreiben vom 24. Juni 1999 mitgeteilt hatte, war eine freihändige Grundstücksveräußerung aufgrund des Sanierungsbedarfs bislang nicht möglich; mit Hilfe der Sanierungsmaßnahmen sollte der dann zu erwartende Veräußerungserlös nicht nur die bisherigen dinglichen Belastungen und den noch aufzunehmenden Kredit von ‑‑zunächst‑‑ 1.300.000 DM abdecken, sondern der Masse darüber hinaus ein mindestens sechsstelliger Betrag zufließen.
Mit Beginn des Abbruchs der Gebäude im März 2000 führte der Kläger bereits Vertragsverhandlungen mit der KG, die das Grundstück nur umsatzsteuerfrei erwerben wollte. Nachdem sich der Kläger mit Schreiben vom 15. Juni 2000 wegen der Genehmigung einer Kreditaufnahme von weiteren … DM und wegen der Zustimmung zu der beabsichtigten Veräußerung des Betriebsgrundstücks an die KG an das Konkursgericht gewandt hatte, schloss er mit der KG am 20. Juni 2000 einen Kaufvertrag über die umsatzsteuerfreie Veräußerung des Grundstücks zu einem Preis von … DM. Bestandteil des Vertrags war die Verpflichtung des Klägers zur erfolgreichen Grundwassersanierung zunächst bis zum 31. Dezember 2001, bevor diese Frist um ein Jahr verlängert wurde und die KG schließlich am 20. Dezember 2002 vom Vertrag zurücktrat.
c) Gegenüber diesem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang der vom Kläger bezogenen Sanierungsleistungen mit der beabsichtigten (steuerfreien) Grundstücksveräußerung tritt der (lediglich mittelbare) Zusammenhang der Boden- und Grundwassersanierung mit den früheren Umsätzen der GmbH (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG; BFH-Urteile in BFHE 182, 432, BStBl II 1997, 552, unter II.1.a; vom 2. September 2010 V R 34/09, BFHE 231, 321, BStBl II 2011, 991, unter II.1.a) zurück (vgl. auch BFH-Entscheidungen in BFH/NV 1998, 1533, unter II.2.; vom 29. Mai 2008 V B 224/07, BFH/NV 2008, 1545, unter II.1.a, b).
Die Aufwendungen für die Sanierungsleistungen gehören ‑‑entgegen der Wertung des Klägers‑‑ jedenfalls im Streitfall nicht zu den Kostenelementen der früheren Ausgangsumsätze der …verarbeitenden GmbH (vgl. dazu EuGH-Urteil in Slg. 2000, I-4177, UR 2000, 342, Rz 31). Denn eine solche Einordnung ließe unberücksichtigt, dass die Aufwendungen erst entstanden sind, nachdem der Betrieb der GmbH eingestellt worden war, und dass der Kläger die streitigen Sanierungsleistungen von Beginn an im Hinblick auf die beabsichtigte (steuerfreie) Grundstücksveräußerung bezogen und sich im Kaufvertrag vom 20. Juni 2000 gegenüber der KG zur Grundwassersanierung und zum Abbruch der Betriebsgebäude verpflichtet hat (vgl. auch BFH-Beschluss in BFH/NV 2008, 1545, unter II.1.b).
Dieser unmittelbare Zusammenhang zwischen den im Streitfall durchgeführten Sanierungsleistungen (bzw. den dafür aufgewendeten Kosten) und dem beabsichtigten (steuerfreien) Grundstücksverkauf an die KG ergibt sich mit aller Deutlichkeit aus dem Schreiben des Klägers vom 15. Juni 2000 an das Konkursgericht, in dem es u.a. heißt: "Da die Abbruch- und Sanierungskosten jedoch zum Zwecke der Veräußerung des Betriebsgrundstückes aufgewendet werden, lassen die steuerrechtlichen Vorschriften insoweit den Vorsteuerabzug nicht zu".
Deshalb ist es entgegen der Ansicht des Klägers unerheblich, ob die GmbH für die Altlastenbeseitigung ggf. hätte Rückstellungen bilden müssen oder gar gebildet hat.
d) Eine andere als die Absicht des Klägers, das Grundstück steuerfrei zu liefern, hat das FG den Streitzeitraum 2000 bis 2004 betreffend nicht festgestellt. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
aa) Die Feststellung, ob eine Absicht zur steuerpflichtigen Veräußerung vorlag oder nicht, ist Sache der Tatsachen- und Beweiswürdigung durch das FG. Das Revisionsgericht kann die Feststellungen der Tatsacheninstanz nur daraufhin überprüfen, ob sie gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen. Die Schlussfolgerungen des FG haben schon dann Bestand, wenn sie zwar nicht zwingend, aber möglich sind (vgl. BFH-Entscheidungen vom 14. September 1994 IX R 71/93, BFHE 175, 416, BStBl II 1995, 116, zu I. a.E.; vom 9. Oktober 2002 V R 24/99, juris).
bb) Die Vorsteuern, die mit vor dem 1. April 2000 bezogenen Abbruch- und Sanierungsleistungen zusammenhingen, stehen nicht im Streit.
Angesichts der festgestellten Vertragsverhandlungen des Klägers mit der KG, die in den späteren Vertragsschluss mündeten, ist das FG nachvollziehbar und rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass spätestens mit Beginn des Voranmeldungszeitraums April 2000 die umsatzsteuerfreie Lieferung des Grundstücks beabsichtigt war. Dass der Kläger diese Absicht mit Rücktritt der KG vom Kaufvertrag im Voranmeldungszeitraum Dezember 2002 geändert habe, ist nicht zu erkennen.
Der bloße Vortrag des Klägers, er habe nur in der Zeit vom 20. Juni 2000 bis 20. Dezember 2002 das Grundstück umsatzsteuerfrei liefern wollen, im Übrigen habe er bereits aus wirtschaftlichen Gründen und um sich vor etwaigen Schadensersatzansprüchen zu schützen die steuerpflichtige Lieferung beabsichtigt, ist nicht geeignet, eine solche Absicht objektiv zu belegen. Dies gilt zumal vor dem Hintergrund, dass der Kläger im Juli 2003 beim FA eine verbindliche Auskunft darüber beantragt hatte, ob eine steuerfreie Veräußerung des Grundstücks ohne Auswirkung auf den Vorsteuerabzug aus den für das Grundstück getätigten Sanierungsaufwendungen sei.
e) Die vorhandene Absicht ist eine innere Tatsache, die nicht rückwirkend wegfällt, wenn sie später aufgegeben wird. Die Aufgabe der Absicht, mit den Eingangsleistungen besteuerte Umsätze auszuführen, und die neue Absicht, sie für steuerfreie Umsätze zu verwenden, führt nicht zum rückwirkenden Wegfall der Entstehung des Anspruchs auf Vorsteuerabzug (BFH-Urteil vom 16. Mai 2002 V R 56/00, BFHE 199, 37, BStBl II 2006, 725, unter II.2.c); entsprechendes gilt auch für den umgekehrten Fall, in dem die Eingangsleistungen zunächst für die Ausführung eines steuerfreien Umsatzes bestimmt waren, später jedoch für die Zwecke einer der Umsatzsteuer unterliegenden Tätigkeit verwendet wurden.
Nach diesen Grundsätzen stellt eine in einem Folgezeitraum erfolgte Absichtsänderung keine Tatsache mit steuerlicher Rückwirkung dar, die nach § 164 Abs. 2, § 165 Abs. 2 oder § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung zur Änderung der Steuerfestsetzung für den Besteuerungszeitraum der Entstehung des Vorsteuerabzugs berechtigen könnte.
f) Die Frage einer etwaigen Vorsteuerberichtigung stellt sich für den Streitzeitraum, in dem der Kläger die Sanierungsleistungen in der Absicht bezogen hat, eine steuerfreie Grundstückslieferung auszuführen, nicht (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 1991, I-3795, Rz 15).
g) Einer Vorlage an den EuGH bedarf es nicht. An der Auslegung des Unionsrechts bestehen keine "vernünftigen Zweifel". Durch die EuGH-Rechtsprechung ist geklärt, dass für das Recht auf Vorsteuerabzug allein der Zeitpunkt des Leistungsbezugs maßgeblich ist und ein etwaiger Anspruch auf Berichtigung nur die nachfolgenden Besteuerungszeiträume betrifft (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 2. Juni 2005 C-378/02 ‑‑Waterschap Zeeuws Vlaanderen‑‑, Slg. 2005, I-4685, UR 2005, 437, Rz 37 f., m.w.N.).
3. Die vom Kläger gerügten Verfahrensmängel liegen nicht vor.
a) Nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO hat das FG den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen. Mit der Rüge, das FG habe davon ausgehen müssen, dass der Kläger bereits aus wirtschaftlichen Gründen und um sich vor etwaigen Schadensersatzansprüchen zu schützen den steuerpflichtigen Verkauf beabsichtigt habe, hat der Kläger nicht bezeichnet, welche objektiven Belege einer bestimmten Verwendungsabsicht das FG unbeachtet gelassen und welche Beweismittel es nicht ausgeschöpft habe.
Im Kern wendet sich der Kläger gegen die Tatsachen- und Beweiswürdigung des FG, die ‑‑wie oben ausgeführt‑‑ nicht zu beanstanden ist.
b) Eine Überraschungsentscheidung liegt nicht vor. Der Kläger selbst trägt nicht vor, dass das FG seine Entscheidung auf einen Gesichtspunkt gestützt habe, mit dem kein Beteiligter habe rechnen müssen (vgl. dazu z.B. BFH-Beschluss vom 18. September 2009 IV B 140/08, BFH/NV 2010, 220). Im Übrigen kann bei einer Rechtsäußerung nur eines Mitglieds des zur Entscheidung berufenen Spruchkörpers regelmäßig nicht gefolgert werden, dass die Rechtsfrage eindeutig geklärt sei und der Senat von der Rechtsauffassung nicht abweichen bzw. sie anders beurteilen könnte (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 14. April 2011 VI B 120/10, BFH/NV 2011, 1185).