BFH I. Senat
EStG § 7g Abs 2 Nr 1 Buchst a, EStG § 7g Abs 2 Nr 1 Buchst a, FGO § 115 Abs 2 Nr 1
vorgehend Sächsisches Finanzgericht , 05. Juli 2011, Az: 4 K 1107/07
Leitsätze
NV: Ein Klärungsbedürfnis i.S. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zu der Rechtsfrage, ob das Betriebsgrößenmerkmal des § 7g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG 1997 ausländisches Betriebsvermögen einbeziehen kann bzw. die entsprechende Prüfung nicht auf das durch Betriebsvermögensvergleich ermittelte und auf die inländische Belegenheit bezogene Betriebsvermögen einer Zweigniederlassung beschränkt ist, besteht nicht.
Tatbestand
I. Streitig ist, ob das Betriebsgrößenmerkmal bei der sog. Ansparabschreibung in den Streitjahren 2000 bis 2003 erfüllt ist.
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine Aktiengesellschaft rumänischen Rechts; sie unterhielt in den Streitjahren eine im (inländischen) Handelsregister eingetragene Zweigniederlassung, die im Inland gewerblich tätig war. In ihren ‑‑mit Blick auf eine beschränkte Steuerpflicht (§ 2 Nr. 1 des Körperschaftsteuergesetzes ‑‑KStG‑‑ 1999/2002 i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1999/2002 und § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes ‑‑EStG‑‑ 1997) bzw. mit Blick auf § 2 Abs. 1 Satz 3 des Gewerbesteuergesetzes 1999‑‑ auf die Zweigniederlassung bezogenen Jahresabschlüssen bzw. Steuererklärungen berücksichtigte die Klägerin sog. Ansparabschreibungen nach § 7g Abs. 3 EStG 1997. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) versagte diesen Ansatz unter Hinweis auf die Betriebsgrößenvoraussetzung des § 7g Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG 1997 - insoweit sei neben dem inländischen Betriebsvermögen der Zweigniederlassung auch das (ausländische) Betriebsvermögen der Klägerin ("Stammhaus") einzubeziehen. Die Klage blieb erfolglos (Sächsisches Finanzgericht ‑‑FG‑‑, Urteil vom 6. Juli 2011 4 K 1107/07).
Die Klägerin beantragt unter Hinweis auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO), die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unbegründet und daher zurückzuweisen.
1. Es kann dahinstehen, ob der geltend gemachte Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend dargelegt worden ist. Denn jedenfalls hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung.
a) Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache dann zu, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsfrage beruht, deren Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, die klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. Eine Rechtsfrage ist aber u.a. dann nicht klärungsbedürftig, wenn sich ihre Beantwortung ohne Weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt oder sie offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 18. Dezember 1998 VI B 215/98, BFHE 187, 559, BStBl II 1999, 231; vom 25. Januar 2002 III B 127/01, BFH/NV 2002, 645; vom 12. April 2007 IV B 56/05, BFH/NV 2007, 1311).
b) So verhält es sich hier. Denn versteht man die von der Klägerin dargelegte Rechtsfrage dahin, ob das Betriebsgrößenmerkmal des § 7g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG 1997 ausländisches Betriebsvermögen einbeziehen kann bzw. die entsprechende Prüfung nicht auf das durch Betriebsvermögensvergleich ermittelte und auf die inländische Belegenheit bezogene Betriebsvermögen einer Zweigniederlassung beschränkt ist, so ist sie so zu beantworten, wie es das FG getan hat.
Der Wortlaut des Gesetzes ist insoweit eindeutig: Das Größenmerkmal bezieht sich auf das Betriebsvermögen des (Gewerbe-)Betriebs des Steuerpflichtigen, ohne mit Blick auf die Belegenheit eine sachliche (inlandsbezogene) Einschränkung zu formulieren (s. auch Senatsurteil vom 10. August 2011 I R 45/10, BFHE 234, 412, BStBl II 2012, 118, zu II.2.c aa bbb bbbb 2. Absatz der Gründe). Jene sachliche Einschränkung bezieht sich ausschließlich auf die Verbleibensvoraussetzung in § 7g Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a EStG 1997 ("inländische Betriebsstätte dieses Betriebs"). Nur diese Interpretation wird auch dem (subventiven) Zweck der Regelung gerecht und vermeidet eine Benachteiligung inländischer Betriebe mit inländischen Betriebsstätten, die eine Investition in einer Betriebsstätte beabsichtigen. Es unterliegt auch keinen Zweifeln, dass die Klägerin als Steuerpflichtige ‑‑wenn auch nur im Rahmen ihrer inländischen Einkünfte‑‑ persönliches Zurechnungssubjekt einer etwaigen Ansparabschreibung ist und die Zweigniederlassung (i.S. des § 13d des Handelsgesetzbuchs) als (inländische) Betriebsstätte (§ 12 Satz 2 Nr. 2 der Abgabenordnung) anzusehen ist.
2. Der Zulassungsgrund der Divergenz gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO liegt ebenfalls nicht vor.
a) Es ist schon zweifelhaft, ob die Klägerin den formalen Maßgaben des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend einen entscheidungserheblichen abstrakten Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung herausgearbeitet und ‑‑für eine vergleichbare Sachverhaltskonstellation‑‑ einen ebensolchen Rechtssatz einer anderen Gerichtsentscheidung (hier: von Entscheidungen des BFH) gegenübergestellt hat. So hat das FG entgegen der Darlegung der Klägerin nicht den Rechtssatz aufgestellt, dass ein "Betrieb" nur vorliegt, wenn die entsprechende Wirtschaftseinheit eine eigene Rechtspersönlichkeit darstellt. Vielmehr hat das FG die fehlende Rechtspersönlichkeit der Zweigniederlassung nur herangezogen, um die Klägerin als Steuersubjekt (im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht) zu identifizieren.
b) Jedenfalls begründet aber allein der Umstand, dass das FG nach der Rechtsüberzeugung der Klägerin auf der Grundlage der in den angeführten BFH-Entscheidungen genannten allgemeinen (nicht auf die streitgegenständliche Situation des ausländischen Stammhauses mit einer inländischen Zweigstelle bezogenen) Abgrenzungskriterien einen eigenständigen "Betrieb" (in Gestalt der Zweigniederlassung) hätte annehmen müssen, keine Divergenz. Mit der Rüge der im Einzelfall getroffenen Entscheidung wird allenfalls ein materiell-rechtlicher Fehler bei der Rechtsanwendung geltend gemacht, der grundsätzlich nicht zu einer Zulassung der Revision führen kann.