BFH X. Senat
FGO § 62 Abs 6, FGO § 62 Abs 4, FGO § 62 Abs 2, FGO § 121 S 1, FGO § 116, FGO § 135 Abs 2
vorgehend FG München, 29. Juni 2011, Az: 15 K 1780/07
Leitsätze
1. NV: Die Nichtvorlage einer Prozessvollmacht ist nicht zwingend zu berücksichtigen, wenn es sich um einen Prozessbevollmächtigten i.S.d. § 62 Abs. 4 i.V.m. § 62 Abs. 2 Satz 1 FGO handelt, vgl. § 62 Abs. 6 Satz 4 FGO .
2. NV: Fehlt in einem solchen Fall die Prozessvollmacht, muss das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden, ob die Vorlage einer Vollmacht für notwendig erachtet wird .
Tatbestand
I. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger), mit der die Berücksichtigung zusätzlicher Betriebsausgaben und Werbungskosten geltend gemacht wurde, als unzulässig abgewiesen, weil der Prozessbevollmächtigte X der Aufforderung des FG, die Vollmacht des Klägers im Original vorzulegen, nicht nachgekommen und eine Genehmigung seiner Prozesshandlungen durch den Kläger nicht erfolgt war.
Gegen die Nichtzulassung der Revision wurde von X namens des Klägers Beschwerde eingelegt, die damit begründet wurde, das FG habe das Recht des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt. Im Verlauf des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde hat der Vorsitzende des angerufenen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) X mit Schreiben vom 6. Oktober 2011 unter Hinweis auf § 62 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) um die Vorlage einer Prozessvollmacht im Original bis zum 31. Oktober 2011 gebeten. X hat bis zum heutigen Tage keine Vollmacht vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, da der Prozessbevollmächtigte X seine Bevollmächtigung durch den Kläger nicht nachgewiesen hat.
1. Nach § 62 Abs. 2 Satz 1 FGO können sich im finanzgerichtlichen Verfahren die Beteiligten durch Bevollmächtigte vertreten lassen. Die Bevollmächtigung ist durch eine schriftliche Vollmacht nachzuweisen (§ 62 Abs. 6 Satz 1 FGO). Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter eine Person i.S. des § 62 Abs. 2 Satz 1 FGO auftritt (§ 62 Abs. 6 Satz 4 FGO). Das alles gilt auch für das Revisionsverfahren (§ 121 Satz 1 FGO) und gleichermaßen für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde (BFH-Beschluss vom 11. November 2009 I B 152/09, BFH/NV 2010, 449).
2. Im Streitfall hat X eine Prozessvollmacht trotz Aufforderung nicht vorgelegt. Dieser Mangel muss zwar nicht gemäß § 62 Abs. 6 Satz 4 FGO zwingend berücksichtigt werden, da X als Rechtsanwalt und Steuerberater eine Person i.S. des § 3 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes i.V.m. § 62 Abs. 2 Satz 1 FGO ist. Daraus folgt aber nicht, dass das Fehlen der Prozessvollmacht unbeachtlich ist. Vielmehr ist in einem solchen Fall nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu entscheiden, ob die Vorlage einer Vollmacht für notwendig erachtet wird oder nicht (BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 449, m.w.N.). Kommt das Gericht dabei zu dem Ergebnis, dass die Vorlage der Vollmacht nicht verzichtbar ist, so ist der von dem vollmachtlosen Vertreter eingelegte Rechtsbehelf als unzulässig zu verwerfen.
3. Im Verhältnis zu einer der in § 62 Abs. 6 Satz 4 FGO genannten Personen ist die Anforderung einer schriftlichen Prozessvollmacht ermessensgerecht, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese Person tatsächlich nicht oder nicht wirksam bevollmächtigt ist (BFH-Entscheidungen vom 6. April 2011 IX B 54/11, BFH/NV 2011, 1373, und vom 10. Februar 2009 X B 211/08, BFH/NV 2009, 782; Gräber/ Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 62 Rz 103, m.w.N.). Solche Anhaltspunkte bestehen im Streitfall deshalb, weil X sowohl im konkreten finanzgerichtlichen Verfahren als auch in anderen beim FG anhängigen Verfahren trotz Aufforderung keine Prozessvollmacht im Original vorgelegt hatte. Angesichts dessen ist der Mangel der Vollmacht im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigen mit der Folge, dass die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen ist.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind X als vollmachtlosem Vertreter aufzuerlegen (vgl. BFH-Beschluss vom 24. August 1998 VII B 118/98, BFH/NV 1999, 212).