BFH X. Senat
EStG § 10 Abs 1 Nr 9, EStG § 52 Abs 24b, GG Art 3 Abs 1, GG Art 7 Abs 4, AEUV Art 21, EG Art 18, AEUV Art 49, EG Art 43
vorgehend FG München, 27. April 2010, Az: 1 K 1758/07
Leitsätze
1. NV: Die deutsch-französische Schule Jean Renoir ist nicht durch einen staatlichen Akt anerkannt worden, der der landesrechtlichen Anerkennung als Ergänzungsschule gleichkommen könnte.
2. NV: Es verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz, wenn die Schulgeldzahlungen an eine nicht anerkannte Ergänzungsschule nicht gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG i.d.F. vor Inkrafttreten des JStG 2009 abziehbar sind.
3. NV: Aus § 52 Abs. 24b Satz 2 EStG i.d.F. des JStG 2009 kann kein Anspruch auf steuerliche Berücksichtigung des an eine nicht anerkannte inländische Ergänzungsschule gezahlten Schulgeldes gestützt werden.
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind verheiratet und wurden für die Streitjahre 2003 und 2004 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Ihr im Jahr 1992 geborener Sohn A besuchte in den Streitjahren die deutsch-französische Schule Lycée Jean Renoir (Lycée) in München. Die Kläger machten u.a. auch das Schulgeld, das ab September 2003 für den Besuch der Jahrgangsstufen 6 und 7 zu entrichten war, gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 9 des Einkommensteuergesetzes in der für die Streitjahre geltenden Fassung (EStG) als Sonderausgaben geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) lehnte eine Berücksichtigung dieser Schulgeldzahlungen ab, da das Lycée ab der Jahrgangsstufe 6 als lediglich angezeigte Ergänzungsschule anzusehen sei. Ihre nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage begründeten die Kläger damit, dass selbst wenn die Schule hinsichtlich der von A in den Streitjahren besuchten Jahrgangsstufen 6 und 7 nach den maßgeblichen Vorschriften des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) i.d.F. vom 31. Mai 2000 (Gesetz- und Verordnungsblatt 2000, 414) weder eine erlaubte Ersatzschule noch eine anerkannte Ergänzungsschule sei, die streitigen Aufwendungen dennoch als Sonderausgaben geltend gemacht werden könnten. Das Lycée habe aufgrund des Abkommens zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Französischen Republik über den gleichzeitigen Erwerb der deutschen Allgemeinen Hochschulreife und des französischen Baccalauréat vom 31. Mai 1994 (Abkommen) sowie der Verwaltungsabsprache zwischen dem Bevollmächtigten der Bundesrepublik Deutschland für kulturelle Angelegenheiten im Rahmen des Vertrages über die deutsch-französische Zusammenarbeit und dem Minister für Erziehung der Französischen Republik über die Organisation des Bildungsgangs, die Gestaltung der Lehrpläne und die Prüfungsordnung zum gleichzeitigen Erwerb der deutschen Allgemeinen Hochschulreife und des französischen Baccalauréat (Verwaltungsabsprache) einen besonderen schulrechtlichen Status und sei damit den deutschen öffentlichen Schulen gleichgestellt. Ihr Besuch ermögliche den gleichzeitigen Erwerb der deutschen Allgemeinen Hochschulreife und des französischen Baccalauréat, das sog. AbiBac. Mit Schreiben vom 6. Juni 2000 habe die französische Botschaft dem Lycée bestätigt, dass es nachträglich in das Verzeichnis der an dem Abkommen beteiligten Schulen aufgenommen worden sei. Das Abkommen sehe unter Art. 4 Abs. 9 vor, dass für Koordinierungsfragen eine deutsch-französische Expertenkommission für die Zusammenarbeit im allgemeinbildenden Schulwesen zuständig sei. Einem Schreiben des Lycée vom 17. Mai 2001 sei zu entnehmen, dass diesem Sachverständigenausschuss auch ein Vertreter der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder (KMK) angehöre. Der KMK sei das Abkommen zuzurechnen, sodass das Lycée einer genehmigten Ersatzschule gleichwertig sei.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2010, 1310 veröffentlichten Urteil ab.
Ihre Revision begründen die Kläger damit, § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG enthalte eine verdeckte Lücke, die durch eine teleologische Extension der Vorschrift in einer Art. 3 des Grundgesetzes (GG) entsprechenden Weise so zu schließen sei, dass alle privaten Schulen, die gemäß Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstünden, einen Anspruch auf Genehmigung hätten, soweit das Sonderungsverbot nicht entgegenstehe. Entgegen der Auffassung des FG sei ein besonderes Verfahren weder gesetzlich vorgesehen noch beschrieben worden und dürfe im Hinblick auf den grundrechtsrelevanten Bereich (Art. 7 Abs. 4 und Art. 3 GG) auch nicht vorausgesetzt werden. Das Lycée erfülle die Voraussetzungen, unter denen einer deutschen Schule die Genehmigung bzw. Anerkennung i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG zu erteilen wäre; es sei sowohl durch die KMK als auch durch die Bundesrepublik Deutschland in einer Weise anerkannt worden, die einer staatlichen Genehmigung gleichkomme. Dazu tragen die Kläger ergänzend vor, nach dem Abkommen seien gewisse Standards festgelegt sowie gemäß dem Auftrag an die KMK in Abschnitt II.B. § 1 der Verwaltungsabsprache auch laufend kontrolliert worden. Dem Abkommen entsprechend sei die KMK für die Durchführung der deutschsprachigen sog. AbiBac-Prüfungen verantwortlich; die KMK genehmige die Prüfungsordnung und beauftrage den/die Prüfungsvorsitzende(n). Eine laufende Qualitätskontrolle finde auch dadurch statt, dass die betroffenen Lehrer einmal im Jahr zu einem Arbeitstreffen eingeladen würden. Die Mitwirkung der KMK an diesen Aufgaben sei nur bei Vorhandensein entsprechender Haushaltsmittel möglich. Dies sei wiederum im Haushaltsplan, einem förmlichen Gesetz, geregelt.
Werde § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG nicht entsprechend erweiternd ausgelegt, liege ein Verstoß gegen Art. 3 GG vor. Es ergäbe sich eine Ungleichbehandlung des Lycée im Vergleich zu anderen Privatschulen in Deutschland, wie z.B. zur Europäischen Schule oder zu den allgemeinbildenden Ergänzungsschulen, die in anderen Bundesländern anerkennungsfähig seien. Es werde zudem gegen Art. 7 Abs. 4 GG verstoßen, da Privatschulen unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes stünden und damit die Gewährung oder Versagung des Sonderausgabenabzugs die besonderen Anforderungen der Art. 7 und 3 GG zu beachten habe.
Das finanzgerichtliche Urteil verstoße zudem gegen § 52 Abs. 24b Satz 2 EStG in der Fassung des Jahresteuergesetzes 2009 (JStG 2009) vom 19. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 2794, ‑‑EStG 2009‑‑), der eine Übergangsregelung für bei Inkrafttreten des JStG 2009 noch nicht bestandskräftige Steuerfestsetzungen vorsehe. Um einen Verstoß gegen Art. 3 und Art. 7 GG zu vermeiden, sei § 52 Abs. 24b Satz 2 EStG 2009 verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die Vorschrift für die Schulen in allen Staaten gelte, auf die das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) Anwendung finde, d.h. auch für Schulen in der Bundesrepublik Deutschland. Die Belegenheit einer Schule im Ausland sei kein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung.
Entgegen der Auffassung des FG liege in der Nichtanerkennung des Sonderausgabenabzugs ein Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht. Das Lycée sei eine Auslandsschule des französischen Staates, die "althergebracht" von den jeweils anderen Staaten ohne Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung auf Grund von Gewohnheitsrecht anerkannt sei. Unabhängig von der Belegenheit der Schule sei damit ein grenzüberschreitender Sachverhalt gegeben.
Das finanzgerichtliche Urteil leide an einem Verfahrensmangel, da das FG den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt habe. Es habe die Anerkennung des Lycée durch die KMK mangels eines festgelegten Verfahrens verneint, ohne ‑‑wie von ihnen beantragt‑‑ Beweis darüber zu erheben, in welchem Verfahren und in welcher konkreten Ausgestaltung die KMK sich mit der Durchführung des entsprechenden Unterrichts und der entsprechenden Prüfungen befasst habe.
Zusätzlich weisen die Kläger darauf hin, dass nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung über die Qualifikation für ein Studium an den Hochschulen des Freistaates Bayern und den staatlich anerkannten nichtstaatlichen Hochschulen (Qualifikationsverordnung ‑‑QualV‑‑) vom 2. November 2007 (GVBl 2007, 767) die Allgemeine Hochschulreife durch das AbiBac-Zeugniss nachgewiesen werden könne.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
das finanzgerichtliche Urteil aufzuheben und unter Änderung der Einkommensteuerbescheide 2003 vom 7. Juni 2005 und 2004 vom 26. Juni 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. April 2007 die Schulgeldzahlung als Sonderausgaben abzuziehen.
Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat zu Recht entschieden, dass das von den Klägern gezahlte Schulgeld in den Streitjahren nicht als Sonderausgabe gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG abgezogen werden kann (unten 1.). Ein Sonderausgabenabzug ergibt sich auch nicht aus der Übergangsregelung des § 52 Abs. 24b EStG 2009 (ab dem 23. Juli 2009 § 52 Abs. 24a EStG) i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 (JStG 2007) vom 13. Dezember 2006 (BGBl I 2006, 2878) (unten 2.). Der fehlende Sonderausgabenabzug für das an das Lycée gezahlte Schulgeld verstößt nicht gegen die europäischen Grundfreiheiten (unten 3.).
1. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG können 30 Prozent des Entgelts, das der Steuerpflichtige für ein Kind, für das er einen Kinderfreibetrag oder Kindergeld erhält, für den Besuch einer gemäß Art. 7 Abs. 4 GG staatlich genehmigten oder nach Landesrecht erlaubten Ersatzschule sowie einer nach Landesrecht anerkannten allgemein bildenden Ergänzungsschule entrichtet mit Ausnahme des Entgelts für Beherbergung, Betreuung und Verpflegung, als Sonderausgaben abgezogen werden.
a) Ergänzungsschulen bedürfen ‑‑im Unterschied zu Ersatzschulen‑‑ schulrechtlich keiner Genehmigung und müssen lediglich die Aufnahme des Betriebs anzeigen. Schulgeld für den Besuch von Ergänzungsschulen ist jedoch nur begünstigt, wenn es sich um eine nach Landesrecht anerkannte allgemeinbildende Ergänzungsschule handelt (Senatsurteil vom 11. Juni 1997 X R 77/94, BFHE 183, 432, BStBl II 1997, 615). Nach gefestigter Rechtsprechung sind die entsprechenden landesrechtlichen Genehmigungs- und Anerkennungsentscheidungen bindende Grundlagenentscheidungen für den Abzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG (vgl. statt vieler Senatsurteil vom 29. April 2009 X R 30/08, BFH/NV 2009, 1623, m.w.N. aus der BFH-Rechtsprechung).
aa) Es ist unstreitig, dass es sich bei dem von A besuchten Lycée um eine allgemeinbildende angezeigte Ergänzungsschule handelt, die mangels landesrechtlicher Regelungen in Bayern nicht als Ergänzungsschule anerkannt wurde. Damit sind die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG nicht erfüllt.
bb) Zwar enthält § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG ‑‑wie der Bundesfinanzhof (BFH) in seinen Urteilen vom 14. Dezember 2004 XI R 32/03 (BFHE 209, 40, BStBl II 2005, 518) und vom 5. April 2006 XI R 1/04 (BFHE 213, 345, BStBl II 2006, 682) dargelegt hat‑‑ eine Regelungslücke, die durch eine teleologische Extension für bestimmte Ersatz- oder Ergänzungsschulen zu schließen ist. Diese Regelungslücke bezieht sich aber auf Sachverhalte, in denen die jeweiligen ‑‑vor allem im Ausland belegenen‑‑ Schulen aufgrund besonderer staatlicher Akte die Voraussetzungen einer Schule i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG erfüllten. So wurde die Deutsche Schule in Spanien in einem festgelegten Genehmigungsverfahren durch Beschluss der KMK als Deutsche Schule im Ausland anerkannt. Mit diesem Akt der KMK sei die zur staatlichen Förderung notwendige Qualifizierung einer Deutschen Schule im Ausland fest- und sichergestellt worden. Dass die Anerkennung nicht von einer einzelnen Landesbehörde, sondern durch die KMK beschlossen worden sei, stehe dem nicht entgegen, da die KMK die sich aus dem Kulturföderalismus ergebende gemeinsame Verantwortung der Länder wahrnehme und die Anerkennung damit der Gesamtheit der Länder zuzurechnen sei (BFH-Urteil in BFHE 209, 40, BStBl II 2005, 518). In dem Verfahren in BFHE 213, 345, BStBl II 2006, 682 wurde die Europäische Schule in Brüssel zwar nicht durch eine nationale Behörde staatlich genehmigt; sie erfüllte aber die Voraussetzungen, unter denen bei einer deutschen Schule eine Genehmigung zu erteilen gewesen wäre, und wurde durch den deutschen Gesetzgeber in einer Weise anerkannt, die einer staatlichen Genehmigung gleichkam.
cc) Die Gemeinsamkeit dieser Fälle ist das Vorliegen eines staatlichen Anerkennungsakts ‑‑entweder durch den Landesgesetzgeber, den Bundesgesetzgeber oder die KMK‑‑, der sich auf die Schule selbst bezieht. An einem vergleichbaren staatlichen Anerkennungsakt fehlt es jedoch im Streitfall.
(1) Durch das Abkommen sowie die darauf beruhende Verwaltungsabsprache ist keine Anerkennung des Lycée erfolgt. Der Senat kann es dabei dahingestellt sein lassen, ob ein Regierungsabkommen oder eine Verwaltungsvereinbarung überhaupt eine qualifizierte hoheitliche Anerkennung bewirken könnte, die einem Gesetzesbeschluss gleichzustellen wäre. Entscheidend ist, dass weder das Abkommen noch die Verwaltungsabsprache die Anerkennung einer bestimmten Schule zum Inhalt haben. Sie ermöglichen lediglich ‑‑wie auch ihren Bezeichnungen zu entnehmen ist‑‑ den gleichzeitigen Erwerb der beiden nationalen Abschlüsse Abitur und Baccalauréat und bilden die Basis für eine Absprache über die Organisation des Bildungsgangs, die Gestaltung der Lehrpläne und die Prüfungsordnung.
Dass dem Vertragswerk als Anlage VI ein Verzeichnis der teilnehmenden Schulen, zu denen unstreitig auch das Lycée gehört, beigefügt ist, führt wegen des ausdrücklichen Hinweises, die Anlagen seien weder Bestandteil des Abkommens noch der Verwaltungsvereinbarung, zu keiner Änderung dieser Beurteilung.
(2) Auch die KMK hat das Lycée nicht durch einen Anerkennungsbeschluss oder einen vergleichbaren Akt anerkannt. Vertreter der KMK wirken zwar in unterschiedlichen Gremien im Zusammenhang mit dem sog. AbiBac mit. So gehört ein Vertreter des Sekretariats ‑‑neben Vertretern des Bundes und der Länder‑‑ der ständigen deutsch-französischen Expertenkommission für das allgemeinbildende Schulwesen an, die gemäß Art. 4 Nr. 9 des Abkommens für die Koordinierungsfragen zuständig ist. Zu deren Aufgabe gehört, wie dem Schreiben der französischen Botschaft vom 6. Juni 2000 zu entnehmen ist, zu entscheiden, welche Schule als Abschluss das AbiBac anbieten kann. Ein Vertreter der KMK legt außerdem ‑‑wie sich aus dem von den Klägern vorgelegten Schreiben vom 17. Mai 2001 ergibt‑‑ zusammen mit einem deutsch-französischen Sachverständigenausschuss die Inhalte und Prüfungsordnung der "Option Internationale du Baccalauréat" fest. Weiterhin ist der Vertreter der KMK der Vorsitzende des Abiturprüfungsausschusses für den deutschsprachigen Prüfungsteil im Rahmen der Baccalauréatprüfung zum Erwerb des AbiBac gemäß Abschnitt II.B. § 1 Nr. 1 der Verwaltungsvereinbarung. In diesem Fall wird die "Bescheinigung über den Erwerb der Allgemeinen Hochschulreife" von dem Prüfungsbeauftragten der KMK ausgestellt, in der auch bescheinigt wird, dass die deutschsprachigen Prüfungen auf der Grundlage der von der KMK genehmigten Prüfungsordnung durchgeführt wurden.
All diesen Mitwirkungsakten ist zum einen gemein, dass sie jeweils nur durch einen Vertreter der KMK vorgenommen wurden und bereits deshalb nicht der KMK in ihrer Gesamtheit zugerechnet werden können, wie dies das FG zu Recht festgestellt hat. Zum anderen beziehen sich die Mitwirkungsakte der KMK ‑‑im Gegensatz zur Genehmigung der Deutschen Auslandsschulen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 209, 40, BStBl II 2005, 518)‑‑ auf die Organisation und Abnahme des AbiBac, also auf Aspekte des Schulabschlusses und nicht auf die Anerkennung der Schule selbst.
(3) Der Haushaltsplan, das förmliche Gesetz, auf dem die Haushaltsmittel für die Mitwirkung der KMK im Zusammenhang mit der Organisation und Durchführung des AbiBac beruhen, kann ebenfalls keinen qualifizierten Anerkennungsakt darstellen, da ein Zusammenhang mit der Anerkennung einer bestimmten Schule nicht erkennbar ist.
(4) Der Hinweis der Kläger, nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a QualV könne die allgemeine Hochschulreife durch das AbiBac-Zeugnis nachgewiesen werden, ist unerheblich, da auch er sich nur auf den durch die Schule vermittelten Abschluss und nicht auf deren Status bezieht.
dd) Das Argument der Kläger, das Lycée sei auf Grund von Gewohnheitsrecht ohne Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung anzuerkennen, da es sich um eine Auslandsschule des französischen Staates handele, kann nicht zum Erfolg der Revision führen. Zum einen wird ein solches Gewohnheitsrecht von den Klägern lediglich behauptet, zum anderen wäre das Lycée als staatliche ausländische Schule nicht von § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG erfasst (vgl. Senatsurteil vom 3. Dezember 2008 X R 26/08, BFH/NV 2009, 902; FG Münster, Urteil vom 19. Juni 2009 14 K 1652/06 E, EFG 2010, 49).
b) Die Begrenzung des Sonderausgabenabzugs auf das Schulgeld für bestimmte Privatschulen durch § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG und damit die Nichtberücksichtigung der Zahlung des Schulgelds an eine nicht anerkannte Ergänzungsschule verstößt nicht gegen Art. 3 GG.
aa) Der mit dem Kultur- und Stiftungsförderungsgesetz vom 13. Dezember 1990 (BGBl I 1990, 2775, BStBl I 1991, 51) eingeführte Sonderausgabenabzug sollte zunächst auf nach Art. 7 Abs. 4 GG staatlich genehmigte oder nach Landesrecht erlaubte Ersatzschulen beschränkt sein (BTDrucks 11/7833, 8). Erst aufgrund der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses wurden auch die nach Landesrecht anerkannten allgemeinbildenden Ergänzungsschulen in die Förderung einbezogen (BTDrucks 11/8346, 21). Die gesetzliche Beschränkung auf die bezeichneten Schultypen in § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG zeigt, dass nicht alle Privatschulen gefördert werden sollten, sondern nur solche, die in besonderer Weise staatlicher Unterstützung bedurften. Bei Schaffung der Vorschrift war dem Gesetzgeber bewusst, dass landesrechtlich nicht überall eine Anerkennung von allgemeinbildenden Ergänzungsschulen vorgesehen ist. Es sollte den Ländern überlassen bleiben, ggf. durch Änderung ihrer Schulgesetze die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug zu schaffen (Senatsurteil vom 11. Juni 1997 X R 144/95, BFHE 183, 445, BStBl II 1997, 621).
bb) Eine verfassungsrechtliche Pflicht, den Besuch von Privatschulen jeder Art in gleicher Weise zu fördern, besteht nicht. Dem Gesetzgeber steht insoweit ein weiter Entscheidungsspielraum zu. Es liegt im freien Ermessen von Eltern, ob sie ihre Kinder an einer öffentlichen Schule, einer steuerlich begünstigten oder einer sonstigen Privatschule unterrichten lassen (ständige BFH-Rechtsprechung, vgl. Senatsurteil vom 11. Juni 1997 X R 74/95, BFHE 183, 436, BStBl II 1997, 617, m.w.N). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die BFH-Rechtsprechung bestätigt und entschieden, dass ‑‑soweit der Gesetzgeber nur das Recht, aber nicht die Pflicht zur Förderung bestimmter Schulen hat‑‑ er für die Frage des einkommensteuerrechtlichen Sonderausgabenabzugs gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG zwischen den verschiedenen Typen privater Schulen durch Anknüpfung an die schulrechtlichen Begriffe der Länder habe unterscheiden dürfen. Mit der Regelung des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG habe der Gesetzgeber berücksichtigt, dass nach dem Grundgesetz die Länder die ausschließliche Zuständigkeit zur Regelung des Privatschulwesens hätten (vgl. Art. 30, 70 ff. GG); er habe es den Landesgesetzgebern überlassen, die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug zu schaffen. Durch die Anknüpfung des Einkommensteuergesetzes an eine landesrechtliche Anerkennung werde zudem den Landesgesetzgebern im Rahmen ihrer (Privat-)Schulhoheit die Möglichkeit eingeräumt, durch Gestaltung eines Anerkennungsverfahrens die Förderungsbedürftigkeit und -würdigkeit der Schulen näher zu regeln. Die steuerrechtliche Voraussetzung, dass die Schulen ein Genehmigungs-, Erlaubnis- oder Anerkennungsverfahren durchlaufen müssten, in dem gegebenenfalls ‑‑nach Maßgabe der landesgesetzlichen Regelung‑‑ Mindestanforderungen z.B. an die Lehrziele, die Einrichtungen der Schule und die Ausbildung ihrer Lehrkräfte überprüft würden, sei jedenfalls nicht sachfremd. Schon aus Praktikabilitätsgründen sei es nicht zu beanstanden, wenn der Bundesgesetzgeber durch diese an die Ländergesetze anknüpfende einkommensteuerrechtliche Regelung einerseits eine eigenständige steuerrechtliche Differenzierung zwischen den verschiedenen Schulen und andererseits die Notwendigkeit eigener Feststellungen der Finanzverwaltung und der Finanzgerichtsbarkeit zur Tatbestandsmäßigkeit der jeweiligen Schule vermeiden wolle (BVerfG-Beschluss vom 16. April 2004 2 BvR 88/03, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung ‑‑HFR‑‑ 2004, 690).
cc) Der erkennende Senat sieht diese langjährige Rechtsprechung weiterhin als sachgerecht an und hält an ihr fest. Damit müssen die betroffenen Steuerpflichtigen die landesrechtliche Differenzierung zwischen den geförderten und den nicht geförderten Schultypen gegen sich gelten lassen (so auch BVerfG-Beschluss in HFR 2004, 690).
c) Eine Verletzung des Art. 7 Abs. 4 GG liegt nicht vor. Die Privatschule wird zwar durch Art. 7 Abs. 4 GG als eine für das Gemeinwesen notwendige Einrichtung anerkannt und als solche mit ihren typusbestimmenden Merkmalen unter den Schutz des Staates gestellt. Aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG folgt jedoch kein verfassungsunmittelbarer Anspruch auf Gewährung staatlicher Finanzhilfe oder andere staatliche Förderung und schon gar nicht ein Anspruch auf Leistung in bestimmter Höhe. Zu einer solchen Hilfe ist der Staat nur verpflichtet, wenn anders das Ersatzschulwesen als von der Verfassung anerkannte und geforderte Einrichtung in seinem Bestand eindeutig nicht mehr gesichert wäre (so auch BVerfG-Beschluss vom 23. November 2004 1 BvL 6/99, BVerfGE 112, 74). Davon kann im Streitfall keine Rede sein.
Dass der Gesetzgeber mit dem Sonderausgabenabzug nicht alle, sondern nur bestimmte Privatschulen (indirekt) fördert, führt nicht zu einer Grundrechtsverletzung der Kläger. Der Zweck der Begünstigung nur bestimmter Privatschulen (siehe oben unter II.1.b) rechtfertigt grundsätzlich auch die ‑‑als Reflex auftretenden‑‑ Ungleichbehandlungen der schulgeldleistenden Steuerpflichtigen (so BVerfG-Beschluss in HFR 2004, 690; Senatsbeschluss vom 8. Juni 2011 X B 176/10, BFH/NV 2011, 1679; ähnlich auch BVerfG-Beschluss vom 7. Juli 2010 1 BvR 2556/09, Neue Juristische Wochenschrift 2010, 2866, unter II.1.c).
2. Ein Anspruch auf steuerliche Berücksichtigung des gezahlten Schulgeldes ergibt sich auch nicht aus § 52 Abs. 24b Satz 2 EStG 2009. Nach dieser Vorschrift gilt für Schulgeldzahlungen an Schulen in freier Trägerschaft oder an überwiegend privat finanzierte Schulen, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) oder in einem Staat belegen sind, auf den das Abkommen über den EWR Anwendung findet, eine besondere Übergangsregelung. § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG i.d.F. des JStG 2007 ist danach für noch nicht bestandskräftige Steuerfestsetzungen der Veranlagungszeiträume vor 2008 mit der Maßgabe anzuwenden, dass es sich nicht um eine gemäß Art. 7 Abs. 4 GG erlaubte Ersatzschule oder eine nach Landesrecht anerkannte allgemein bildende Ergänzungsschule handeln muss, sofern diese Schulen zu einem von dem zuständigen inländischen Ministerium eines Landes, von der KMK oder von einer inländischen Zeugnisanerkennungsstelle anerkannten oder einem inländischen Abschluss an einer öffentlichen Schule als gleichwertig anerkannten allgemein bildenden oder berufsbildenden Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss führen.
Das Lycée erfüllt diese letztgenannten Voraussetzungen, so dass sein fehlender Status als anerkannte Ergänzungsschule dem Sonderausgabenabzug nicht entgegenstünde.
a) Die Übergangsregelung des § 52 Abs. 24a Satz 2 EStG 2009 findet jedoch auf das von inländischen Schulen in freier Trägerschaft oder von überwiegend privat finanzierte Schulen (Privatschulen) erhobene Schulgeld keine Anwendung (so auch Senatsurteile vom 19. Oktober 2011 X R 27/09 und X R 48/09, jeweils www.bundesfinanzhof.de/entscheidungen; FG München, Urteil vom 23. September 2008 12 K 718/08, EFG 2009, 1456, und Sächsisches FG, Urteil vom 1. Oktober 2009 1 K 2304/07, EFG 2010, 1030). Dies folgt zum einen aus dem Wortlaut der Vorschrift, der ausdrücklich auf die Belegenheit der Privatschule in einem anderen Mitgliedstaat der EU verweist. Aus dem Satzteil "in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet" kann nicht abgeleitet werden, dass durch diese Formulierung der Ausschluss der inländischen Privatschulen aus der Übergangsregelung rückgängig gemacht werden sollte. Die auch in anderen Steuernormen gebräuchliche Gesetzestechnik sieht die EWR-Staaten immer neben den Mitgliedsstaaten der EU (vgl. z.B. §§ 1a, 10 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a EStG). Es wäre zudem nicht verständlich, warum der Gesetzgeber innerhalb einer Vorschrift inländische Privatschulen zunächst ausschließen sollte, um sie unmittelbar darauf wieder in die Regelung einzubeziehen.
Dieses Auslegungsergebnis wird auch durch den Zweck der Übergangsregelung, der sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt, gestützt. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollte ‑‑um der Forderung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) nach einer Änderung der gesetzlichen Regelung Rechnung zu tragen‑‑ durch § 52 Abs. 24b Satz 2 EStG 2009 sichergestellt werden, dass der Sonderausgabenabzug auch dann möglich ist, wenn die Privatschule in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den EWR Anwendung findet (BTDrucks 16/10189, 65). Der EuGH hatte aber in seinen Urteilen nur den generellen Ausschluss der Schulgeldzahlungen für den Besuch von Schulen in anderen Mitgliedstaaten vom Abzug als Sonderausgaben als Verstoß gegen die europäischen Grundfreiheiten angesehen. Die steuerliche Behandlung von Schulgeldzahlungen an inländische Privatschulen war nicht Gegenstand der EuGH-Rechtsprechung, so dass insoweit auch kein gesetzgeberischer Anpassungsbedarf bestand.
b) Die Übergangsregelung des § 52 Abs. 24b EStG 2009 verstößt durch die Nichteinbeziehung der Schulgeldzahlungen an inländische Schulen nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 GG, obwohl in den noch offenen Veranlagungen bis 2008 die in der EU bzw. im EWR belegenen Privatschulen bevorzugt werden.
aa) Die aufgrund der EuGH-Rechtsprechung notwendig gewordene Neuregelung der steuerlichen Berücksichtigung des Schulgelds für Privatschulen durch das JStG 2009 führt dazu, dass ab dem Veranlagungsjahr 2008 nicht mehr die landesrechtliche Anerkennung einer bestimmten Privatschule, sondern der durch die Schule vermittelte Abschluss für die Frage der Abziehbarkeit des Schulgelds entscheidend ist. Nach Einschätzung des Gesetzgebers war eine Übertragung der bisherigen schulrechtlichen Kriterien auf ausländische Schulen nicht möglich (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs des JStG 2009, BTDrucks 16/10189, 49). Um den Vorgaben der EuGH-Rechtsprechung aber dennoch Rechnung zu tragen und den Besuch von EU/EWR-Schulen nicht mehr vom Sonderausgabenabzug auszuschließen, musste eine Übergangsregelung für die noch offenen Veranlagungsfälle geschaffen werden, durch die ein Sonderausgabenabzug für das an eine EU/EWR-Privatschule gezahlte Schulgeld möglich wurde (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs des JStG 2009, BTDrucks 16/10189, 65).
bb) Aus Art. 3 Abs. 1 GG ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber. Für die Anforderungen an Rechtfertigungsgründe für gesetzliche Differenzierungen kommt es wesentlich darauf an, in welchem Maß sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten auswirken kann. Genauere Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber den Gleichheitssatz verletzt, lassen sich nur in Bezug auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche bestimmen (ständige Rechtsprechung des BVerfG, vgl. z.B. den Beschluss vom 26. Juli 2010 2 BvR 2227/08, 2228/08, BFH/NV 2010, 1983, m.w.N.).
Bei der verfassungsrechtlichen Überprüfung einer Übergangsregelung ist im Hinblick auf die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung zu beachten, dass es sich um eine Regelung für einen begrenzten Zeitraum oder um eine vorläufige Maßnahme handelt (BVerfG-Beschluss vom 21. Juni 2006 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, 195 f.; vgl. auch u.a. Senatsurteil vom 19. Januar 2010 X R 53/08, BFHE 228, 223, BStBl II 2011, 567, unter B.II.). Dem Gesetzgeber kommt bei solchen Überleitungsvorschriften, die nicht auf eine ungleiche Behandlung Berechtigter abzielen, in der Regel nur für kurze Dauer gelten und zu keinen wesentlichen Ungleichheiten führen, ein erweiterter Gestaltungsspielraum zu (BVerfG-Beschluss vom 19. April 1977 1 BvL 17/75, BVerfGE 44, 283). Es liegt im Wesen einer Übergangsregelung, einen vorgefundenen Rechtszustand gleitend in eine neue gesetzgeberische Konzeption zu überführen (Senatsurteil vom 26. November 2008 X R 15/07, BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710). Bei unterschiedlichen steuerlichen Ausgangssituationen ist es damit zwangsläufig, dass unterschiedliche Zwischenschritte notwendig sind, um zur angestrebten Neuregelung zu gelangen (ständige Senatsrechtsprechung, z.B. Urteil vom 18. November 2009 X R 6/08, BFHE 227, 137, BStBl II 2010, 282, zur steuerlichen Berücksichtigung von Altersvorsorgeaufwendungen). Der gesetzgeberische Entscheidungsspielraum ist zudem durch die Abwägung zwischen den Erfordernissen folgerichtiger Ausrichtung der Einkommensbesteuerung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen und den Notwendigkeiten einfacher, praktikabler und gesamtwirtschaftlich tragfähiger Lösungen gekennzeichnet (siehe z.B. BVerfG-Urteil vom 6. März 200 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73, BStBl II 2002, 618, unter D.II., zur Übergangregelung im Bereich der Besteuerung der Alterseinkünfte und der Altersvorsorge).
cc) Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber aus Vereinfachungsgründen eine Übergangsregelung gewählt hat, welche die ‑‑seiner Einschätzung nach nicht mögliche‑‑ Einordnung einer ausländischen Schule nach den schulrechtlichen Begriffen der Länder entbehrlich machte. Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass eine entsprechende Qualifizierung ausländischer Schulen möglich gewesen wäre, hätte es eines erheblichen Verwaltungsaufwandes bedurft, der nur für einen begrenzten Zeitraum und nur für eine begrenzte Zahl von Steuerfällen notwendig gewesen und ab 2008 gegenstandslos geworden wäre. Insofern ist es gerechtfertigt, für die EU/EWR-Privatschulen sozusagen im Vorgriff auf die ab 2008 geltende Neuregelung die künftig geforderten Voraussetzungen zugrunde zu legen und damit auf die den Status der Schule betreffenden Voraussetzungen zu verzichten, selbst wenn es hierdurch zu einer vorübergehenden steuerlichen Schlechterstellung der Steuerpflichtigen, die Schulgeld an entsprechende inländische Privatschulen zahlen, kommen sollte (vgl. auch BFH-Urteil vom 20. Oktober 2010 IX R 56/09, BFHE 231, 173, BStBl II 2011, 409, zum unterschiedlichen Anwendbarkeitszeitpunkt des Halbeinkünfteverfahrens auf Veräußerungen von Inlandsbeteiligungen ‑‑ab 2002‑‑ und von Auslandsbeteiligungen ‑‑bereits ab 2001‑‑, der durch den besonderen Anpassungsbedarf gerechtfertigt wurde). Die für den begrenzten Übergangszeitraum erkennbare Bevorzugung des Besuchs von EU/EWR-Privatschulen ist jedoch genauso wie spiegelbildlich die Benachteiligung im Einzelfall eine zwangsläufige Konsequenz der grundsätzlichen Befugnis des Gesetzgebers zur Vereinfachung. Sie führt nicht zu einem Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (so auch FG München, Urteile in EFG 2009, 1456, und vom 28. April 2010 1 K 1758/07, EFG 2010, 1310; Korte, Anmerkung zum Urteil in EFG 2010, 1310, 1314; a.A. Nacke, Der Betrieb 2008, 2792).
3. Der fehlende Sonderausgabenabzug für das an das Lycée gezahlte Schulgeld verletzt nicht die Grundfreiheiten der Kläger. Es fehlt an dem notwendigen Auslandsbezug. Nach ständiger Rechtsprechung sowohl des EuGH als auch des BFH sind die Grundfreiheiten auf rein innerstaatliche Sachverhalte eines Mitgliedstaats nicht anwendbar (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 26. Januar 1993 Rs. C-112/91 ‑‑Werner‑‑, Slg. 1993, I-429; Senatsurteil vom 18. September 2003 X R 2/00, BFHE 203, 263, BStBl II 2004, 17; BFH-Entscheidungen vom 15. Juli 2005 I R 21/04, BFHE 210, 43, BStBl II 2005, 716, und in BFHE 231, 173, BStBl II 2011, 409, jeweils m.w.N.).
a) In Bezug auf die Verletzung der Dienstleistungsfreiheit der Art. 49 und 50 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ‑‑EG‑‑ (ab dem 1. Dezember 2009 Art. 56 und 57 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ‑‑AEUV‑‑) liegt bereits deswegen kein grenzüberschreitender Sachverhalt vor, weil sowohl die Kläger und ihr Sohn als Dienstleistungsempfänger als auch das die Dienstleistungen anbietende Lycée in München ansässig sind.
b) Die Kläger können auch keine Verletzung einer (eigenen) Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 43 EG (Art. 49 AEUV) geltend machen. Es könnte ‑‑wenn überhaupt‑‑ nur die Niederlassungsfreiheit des Lycée Jean Renoir in Frankreich betroffen sein. Deren Verletzung scheidet aber aus, weil auch alle anderen in Bayern belegenen Privatschulen, die nicht gemäß Art. 91 BayEUG genehmigte Ersatzschulen sind oder durch qualifizierte Ersatzakte des Bundesgesetzgebers bzw. der KMK anerkannt wurden, nicht unter die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG fallen.
c) Ein Verstoß gegen Art. 18 EG (Art. 21 AEUV), der nach Auffassung des EuGH (vgl. Urteile vom 11. September 2007 Rs. C-76/05 ‑‑Schwarz und Gootjes-Schwarz‑‑, Slg. 2007, I-6849, und vom 20. Mai 2010 Rs. C-56/09 ‑‑Zanotti‑‑, Slg. 2010, I-4517, Rz 56) dann zu prüfen ist, wenn wie im Streitfall keine Verletzung der Art. 49, 50 EG gegeben ist, liegt ebenfalls nicht vor. Wenn ein Kind von in der Bundesrepublik ansässigen Steuerpflichtigen eine inländische Schule besucht, ist die Freizügigkeit von der Versagung des Abzugs des Schulgelds nicht betroffen (so auch Senatsurteil in BFH/NV 2009, 902).
4. Verfahrensfehler, die zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung führen könnten, sind nicht gegeben.
Anhaltspunkte für eine Verletzung der richterlichen Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) sind nicht erkennbar. Die Nichtberücksichtigung der Beweisanträge der Kläger erklärt sich daraus, dass nach der ‑‑zutreffenden‑‑ Rechtsauffassung des FG für den Sonderausgabenabzug die qualifizierte Anerkennung der Privatschule selbst und nicht der dort zu erreichende Schulabschluss entscheidend war. Die Beweisanträge der Kläger bezogen sich jedoch darauf, in welchem Verfahren und in welcher konkreten Ausgestaltung die KMK sich mit der Durchführung des entsprechenden Unterrichts und der entsprechenden Prüfungen befasst habe.