BFH X. Senat
AO § 180 Abs 1 Nr 2 Buchst a, AO § 182 Abs 1 S 1, EStG § 15 Abs 1 S 1 Nr 2, EStG § 16 Abs 1 Nr 2, GewStG § 7 S 1
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg , 12. April 2010, Az: 4 K 379/09
Leitsätze
1. Die Feststellungswirkung gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO bezieht sich nur auf die gemeinschaftlich verwirklichten Tatbestandsmerkmale, nicht aber auf solche, die außerhalb der Beteiligung im Bereich der persönlichen Einkunftserzielung liegen .
2. Das Wohnsitz-FA darf den Gewinn aus der Veräußerung eines Anteils an einer grundbesitzenden Personengesellschaft auch dann in einen laufenden Gewinn im Rahmen eines vom Kläger betriebenen gewerblichen Grundstückshandels umqualifizieren, wenn er im Feststellungsbescheid als Veräußerungsgewinn bezeichnet worden ist .
Tatbestand
I.
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erzielte im Streitjahr 1991 u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus einem in eigener Person unterhaltenen gewerblichen Grundstückshandel. In diesem Rahmen veräußerte er in den Jahren 1988 bis 1993 mindestens acht Objekte innerhalb von jeweils weniger als fünf Jahren nach ihrem Erwerb. Außerdem war er an einer ‑‑als solcher vermögensverwaltend tätigen‑‑ Grundstücksgemeinschaft beteiligt, die weitere drei Objekte innerhalb von drei Jahren nach ihrem Erwerb veräußerte. Die Aktivitäten der Grundstücksgemeinschaft sind vom Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) im Wege der Umqualifizierung in den gewerblichen Grundstückshandel des Klägers einbezogen worden, was zwischen den Beteiligten nicht streitig ist.
Streitig ist hingegen, wie die Einkünfte aus der Beteiligung an Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) auf der Ebene des Klägers zu behandeln sind. Insoweit erwarb eine GbR, deren Gesellschafter zu je 1/3 der Kläger sowie die Herren B und C waren, zwischen dem 7. Dezember 1990 und dem 5. Juni 1991 fünf Immobilien bzw. Rückübertragungsansprüche in der sächsischen Stadt S. Die GbR trat im Rechtsverkehr als "..." (ABC-GbR) mit Sitz in der X-Straße 10 in S auf. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 19. September 1991 veräußerten der Kläger und B ihre Anteile an der GbR für jeweils 400.000 DM an C und traten gleichzeitig die Anteile ab. Der Kaufpreis wurde sofort fällig. Den Vertrag einleitend erklärten die Gesellschafter: "1. Die Erschienenen haben seit November 1990 eine Grundstücksverwaltungsgesellschaft des bürgerlichen Rechts unter dem Namen ..." (ABC-GbR) "mit Sitz in der ..." (X-Straße 10 in S). In einer weiteren notariellen Urkunde vom selben Tage listeten die Gesellschafter die fünf Grundstücke bzw. Rückübertragungsansprüche der ABC-GbR im Einzelnen auf. In dieser Urkunde war zudem davon die Rede, dass eines der Grundstücke verkauft und der Kaufpreis (225.000 DM) nach Abzug der Aufwendungen zu je 1/3 an die Gesellschafter ausgeschüttet werden solle. Das FG hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob dieser Verkauf tatsächlich durchgeführt worden ist.
Schon vor dem in der notariellen Urkunde für die ABC-GbR erwähnten Gründungsdatum "November 1990", nämlich am 2. Juli 1990, erwarben der Kläger sowie die Herren B und C "zu der zwischen ihnen begründeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts" ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück in der in Baden-Württemberg gelegenen Stadt BW für 875.000 DM. Sie verhandelten ausweislich der Kaufurkunde bereits im Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses mit den Mietern über eine Beendigung der Mietverhältnisse und planten eine Neubebauung mit einem 14-Familien-Haus. Dieses Grundstück ist in der am 19. September 1991 beurkundeten Auflistung derjenigen Grundstücke, die der ABC-GbR gehörten, nicht erwähnt. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 25. November 1991 ‑‑zeitlich nach der am 19. September 1991 vorgenommenen Abtretung aller Anteile an der vormaligen ABC-GbR an C‑‑ verkauften der Kläger sowie die Herren B und C das Grundstück in BW mitsamt einem Bauantrag für 1.050.000 DM an eine Bauträger-GmbH. Von einem Handeln als GbR ist in diesem Vertrag nicht die Rede. Die Baugenehmigung wurde am 13. Januar 1993 an die drei Veräußerer erteilt. Im Jahr 1994 wurde das neu errichtete Gebäude in 14 Wohn- und Teileigentumseinheiten aufgeteilt.
Das FA setzte die Einkommensteuer 1991 zunächst erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 0 DM fest. Am 13. November 1995 erhöhte das FA die Festsetzung auf 88.521 DM. Grundlage hierfür war ein Feststellungsbescheid des FA S für die ABC-GbR, in dem für den Kläger ein gewerblicher Veräußerungsgewinn von 400.000 DM festgestellt worden war. Zu diesem Zeitpunkt waren dem FA S nur die hinsichtlich der Grundstücke in S verwirklichten Vorgänge bekannt.
Der Kläger legte sowohl gegen den Einkommensteuerbescheid als auch gegen den Gewinnfeststellungsbescheid Einspruch ein. Zur Begründung führte er aus, die ABC-GbR sei vermögensverwaltend tätig gewesen. Das FA schloss sich ‑‑nach Durchführung einer Außenprüfung beim Kläger‑‑ dieser Auffassung an, vertrat allerdings die Ansicht, etwaige vermögensverwaltende Einkünfte aus der GbR seien beim Kläger in gewerbliche Einkünfte umzuqualifizieren.
Im weiteren Verlauf des Einspruchsverfahrens änderte der Kläger seine Auffassung und ging nunmehr davon aus, die ABC-GbR sei originär gewerblich tätig gewesen. Zur Begründung wies er das FA S erstmals mit Schreiben vom 14. September 1998 darauf hin, dass "die ABC" auch in BW ein Grundstück erworben und hier von Anfang an eine Veräußerungsabsicht bestanden habe. Der festgestellte Veräußerungsgewinn unterliege daher beim Kläger dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG).
Das FA S stimmte dem zu. Es führte aus, "im Interesse der abschließenden Bearbeitung des Falles" bleibe unberücksichtigt, dass die ABC-GbR erst im November 1990 gegründet, das Grundstück in BW aber schon am 2. Juli 1990 erworben worden sei. In Erledigung des gegen den Feststellungsbescheid gerichteten Einspruchsverfahrens stellte es am 16. September 1999 die laufenden Einkünfte des Klägers aus der ABC-GbR auf ./. 195.338 DM und den Veräußerungsgewinn auf 634.930 DM fest. Der bisher im Feststellungsbescheid enthaltene Vorbehalt der Nachprüfung wurde nicht ausdrücklich aufgehoben.
Das FA wies das FA S mehrfach nachdrücklich darauf hin, dass keine gewerblichen Einkünfte festzustellen seien und bat ‑‑unter Hinweis auf den nicht aufgehobenen Vorbehalt der Nachprüfung sowie die Vorschrift des § 181 Abs. 5 der Abgabenordnung (AO)‑‑ um eine Korrektur des Feststellungsbescheids. Das FA S erließ zwar am 27. Dezember 1999 und 19. Dezember 2000 neue Feststellungsbescheide, hob diese aber auf Einsprüche des Klägers ‑‑gegen den erklärten Willen des FA‑‑ jeweils wieder auf. Damit wurde letztlich der Feststellungsbescheid vom 16. September 1999 wieder wirksam.
Während des fortgeführten Einspruchsverfahrens betreffend die Einkommensteuer 1991 ergingen zahlreiche Änderungsbescheide. Zuletzt setzte das FA die Einkommensteuer am 23. November 2004 auf 191.179 DM fest. Die diesem Bescheid zugrunde gelegten Einkünfte aus gewerblichen Einzelunternehmen setzen sich wie folgt zusammen:
- gewerblicher Grundstückshandel aus eigenen Objekten des Klägers ./. 83.269 DM - gewerblicher Grundstückshandel aus der Grundstücksgemeinschaft (Umqualifizierung) ./. 11.678 DM - laufendes Ergebnis der ABC-GbR ./. 195.338 DM - "Veräußerungsgewinn" aus der ABC-GbR (Umqualifizierung in laufenden Gewinn) 634.930 DM - Ergebnis einer Unternehmensberatung ./. 4.811 DM - Gewerbesteuer-Rückstellung ./. 62.000 DM Saldo 277.834 DM
Der Veräußerungsgewinn wurde wie folgt ermittelt: - Wert der Verbindlichkeiten der ABC-GbR, von denen der Kläger freigestellt wurde (1/3 von 3.119.795 DM) 1.039.932 DM - Wert der fünf Grundstücke bzw. Rückübertragungsansprüche der ABC-GbR in S (1/3 von 2.415.007 DM) 805.002 DM - Differenz (Vorteil des Klägers aus der Freistellung von den Verbindlichkeiten) 234.930 DM - zzgl. von C erhaltener Anteilsveräußerungspreis 400.000 DM - Summe 634.930 DM
Unter dem 10. Dezember 2008 wies das FA den Einspruch zurück. Es hielt an seiner Auffassung fest, die ABC-GbR sei vermögensverwaltend tätig gewesen. Hinsichtlich der fünf Grundstücke in S sei keine gewerbliche Tätigkeit der ABC-GbR feststellbar. Das Grundstück in BW sei in die Betrachtung nicht einzubeziehen, da es bereits vor Gründung der ABC-GbR erworben worden sei. Selbst wenn das Grundstück in BW einzubeziehen sein sollte, würde dies nichts an der Einordnung der ABC-GbR als vermögensverwaltend ändern, da diese bis zum Tag ihrer Auflösung ‑‑dem 19. September 1991‑‑ kein einziges Grundstück veräußert habe. Zudem entfalte weder eine vermögensverwaltende noch eine gewerblich tätige Personengesellschaft eine Abschirmwirkung für die Einbeziehung ihrer Geschäfte in einen auf der Ebene des Gesellschafters unterhaltenen Grundstückshandel. Die Veräußerung des Anteils an der ABC-GbR stehe aus Sicht des Klägers der Veräußerung eines Grundstücks gleich und sei daher als laufender Geschäftsvorfall in den gewerblichen Grundstückshandel einzubeziehen.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt und verpflichtete das FA, den Bescheid dahingehend zu ändern, dass ein Betrag in Höhe von 634.930 DM als begünstigter Veräußerungsgewinn angesetzt werde (Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1044).
Materiell-rechtlich sei der Gewinn aus der Veräußerung eines Anteils an einer Personengesellschaft, die einen gewerblichen Grundstückshandel betreibe, zwar als laufender Gewinn anzusehen, wenn das Betriebsvermögen der Gesellschaft nahezu ausschließlich aus Grundstücken des Umlaufvermögens bestehe (Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 14. Dezember 2006 IV R 3/05, BFHE 216, 233, BStBl II 2007, 777). Der Feststellungsbescheid des FA S sei daher insoweit fehlerhaft. Gleichwohl müsse der Folgebescheid vollständig und zutreffend an den Grundlagenbescheid angepasst werden. Zum Regelungsgehalt eines Gewinnfeststellungsbescheids gehöre auch die Entscheidung über die Zuordnung zu den tarifbegünstigten Einkünften. Eine Umqualifizierung auf der Ebene des Gesellschafters komme hier nicht in Betracht. Eine solche Verfahrensweise sei nur zulässig, wenn die zutreffende Qualifikation von Merkmalen abhängig sei, die nur auf der Ebene des Gesellschafters verwirklicht würden. Vorliegend seien für das FA S aber sämtliche entscheidungserheblichen Tatsachen erkennbar gewesen; einer Umqualifizierung beim Gesellschafter bedürfe es dann nicht.
Mit seiner Revision vertritt das FA die Auffassung, es könne nicht darauf ankommen, ob bereits das Feststellungs-FA eine andere Beurteilung hätte vornehmen können, weil ansonsten auf der Ebene des Folgebescheids die Rechtmäßigkeit des Feststellungsbescheids zu prüfen wäre. Dies solle durch die gesetzlichen Regelungen zum Feststellungsverfahren aber gerade vermieden werden. Daher prüfe das Wohnsitz-FA die Feststellungen des Feststellungs-FA nicht etwa auf deren Rechtmäßigkeit, sondern betrachte sie im Lichte der persönlichen Besteuerungsmerkmale des Gesellschafters, und qualifiziere sie immer dann um, wenn sie in diesem Lichte anders erschienen als sie das Feststellungs-FA ‑‑unabhängig davon, ob rechtmäßig oder rechtsirrig‑‑ festgestellt habe.
Das FA beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, eine Umqualifizierung komme nur hinsichtlich der verwirklichten Einkunftsart in Betracht, nicht aber hinsichtlich der Frage, ob ein als gewerblich festgestellter Gewinn als Veräußerungsgewinn oder laufender Gewinn anzusehen sei. Hierfür sei allein das Feststellungs-FA zuständig. Die Zuordnung zu den tarifbegünstigten Einkünften habe bei Erlass des Feststellungsbescheids vom 16. September 1999 der seinerzeit allgemein vertretenen Rechtsauffassung entsprochen. Erst aus dem BFH-Urteil in BFHE 216, 233, BStBl II 2007, 777 folge die nunmehr als zutreffend angesehene rechtliche Beurteilung, wonach schon auf der Ebene der GbR die Voraussetzungen einer Tarifbegünstigung nicht vorgelegen hätten.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).
Zu Unrecht hat das FG angenommen, auf der Ebene des Klägers sei die Einbeziehung (Umqualifizierung) eines festgestellten Gewinns aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils in den laufenden Gewinn aus seinem bestehenden gewerblichem Grundstückshandel nicht zulässig. Vielmehr erweist sich die vom FA vorgenommene Steuerfestsetzung ‑‑jedenfalls im Ergebnis‑‑ als rechtmäßig.
1. Allerdings war das FA an die Entscheidungen des FA S, zum einen der ABC-GbR auch das Objekt in BW zuzurechnen und zum anderen gewerbliche Einkünfte für die ABC-GbR festzustellen, ungeachtet der erheblichen Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dieser Feststellungen gebunden (§ 182 Abs. 1 Satz 1 AO). Das FA war daher verfahrensrechtlich daran gehindert, seinem angefochtenen Einkommensteuerbescheid die ‑‑materiell-rechtlich möglicherweise zutreffende‑‑ Würdigung zugrunde zu legen, das Grundstück in BW sei nicht in die Betrachtung einzubeziehen und die ABC-GbR als solche sei vermögensverwaltend tätig gewesen.
Lässt sich die Reichweite eines Feststellungsbescheids nicht eindeutig bestimmen, muss zur Auslegung des materiellen Regelungsgehalts auf dessen Gründe zurückgegriffen werden. Die Bindungswirkung erschöpft sich nicht allein in der Übernahme des festgestellten Einkünftebetrags. Vielmehr ist ausgeschlossen, über einen Sachverhalt, über den im Feststellungsverfahren entschieden worden ist, im Folgeverfahren in einem damit unvereinbaren Sinne anders zu entscheiden (BFH-Urteil vom 10. Dezember 1998 III R 61/97, BFHE 187, 526, BStBl II 1999, 390, unter II.2.b).
Zwar ergibt sich der Umfang derjenigen Tätigkeiten auf dem Grundstücksmarkt, die das FA S in die Gewinnfeststellung für die ABC-GbR einbezogen hat, nicht unmittelbar aus dem Feststellungsbescheid. Es hat jedoch im Schreiben vom 10. Mai 1999 dargelegt, es wolle auch das Grundstück in BW einbeziehen. Der Umstand, dass das FA S selbst möglicherweise nicht von der Rechtmäßigkeit seines Handelns überzeugt war, sondern diese Zuordnungsentscheidung ausdrücklich nur "im Interesse der abschließenden Bearbeitung des Falles" getroffen hat, ist für diese Beurteilung unerheblich. Insbesondere führt die aus ‑‑vermeintlichen‑‑ verfahrensökonomischen Gründen vorgenommene Vernachlässigung der auch vom FA S gesehenen Bedenken gegen die getroffene Zuordnungsentscheidung nicht zur Nichtigkeit des Feststellungsbescheids. Hiervon gehen stillschweigend auch die Beteiligten und das FG aus, weshalb der Senat insoweit von weiteren Ausführungen absieht.
2. Indes durfte das FA auch auf der Grundlage der bindenden Feststellung, die ABC-GbR sei gewerblich tätig gewesen, auf der Ebene des Klägers eine zusammenfassende Betrachtung von dessen auf dem Grundstücksmarkt unternommenen Aktivitäten vornehmen und den festgestellten Veräußerungsgewinn in einen laufenden Gewinn umqualifizieren.
a) Seit der Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 3. Juli 1995 GrS 1/93 (BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617) bezieht die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung im Interesse einer sachlich zutreffenden Besteuerung des Gesellschafters alle Tätigkeiten auf dem Gebiet des Grundstückshandels, die dem Gesellschafter zuzurechnen sind, in eine Gesamtwürdigung nach Maßgabe des jeweils einschlägigen Steuertatbestands (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, ggf. § 2 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes ‑‑GewStG‑‑) ein. Dabei hat der Große Senat ausdrücklich nicht danach differenzieren wollen, ob die unter Beteiligung Dritter abgewickelten Grundstücksgeschäfte auf der Gesellschaftsebene als gewerblich oder lediglich vermögensverwaltend anzusehen sind. Auch dürfe der Gesellschafter nicht in Abhängigkeit davon unterschiedlich besteuert werden, ob An- und Verkaufsgeschäfte von der Gesellschaft oder von ihm selbst getätigt werden. Wegen der weiteren Begründung im Einzelnen nimmt der erkennende Senat auf die umfangreichen Ausführungen in der vorgenannten Entscheidung des Großen Senats Bezug.
Entsprechend ist die verfahrensrechtliche Reichweite der Feststellungswirkung gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO in der Weise begrenzt, dass sie sich stets nur auf die gemeinschaftlich verwirklichten Tatbestandsmerkmale bezieht, nicht aber auf solche, die außerhalb der Beteiligung im Bereich der persönlichen Einkunftserzielung liegen. Diese Tatbestandsmerkmale treten vielmehr zu den verbindlich festgestellten Besteuerungsgrundlagen hinzu; sie gehören nicht in den Regelungsbereich des Grundlagenbescheids, sondern in jenen des Folgebescheids. Die Umqualifizierung berührt nicht die Grundlagenentscheidung, die weiterhin als richtig anerkannt wird, aber aufgrund der Umstände, die auf der Ebene des Gesellschafters außerhalb des Regelungsbereich des Grundlagenbescheids liegen, in einem anderen Licht erscheint (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 11. April 2005 GrS 2/02, BFHE 209, 399, BStBl II 2005, 679, unter C.3.b aa).
b) Auch wenn der Kläger zu Recht darauf hinweist, dass diese Rechtsprechung bisher vor allem zu Fallgestaltungen ergangen ist, in denen es um die Umqualifizierung der für die Gesellschaft festgestellten Einkunftsart ging (z.B. BFH-Urteile vom 7. März 1996 IV R 2/92, BFHE 180, 121, BStBl II 1996, 369, und vom 11. Dezember 1997 III R 14/96, BFHE 185, 177, BStBl II 1999, 401), gelten die sie tragenden Erwägungen gleichermaßen für die Umqualifizierung eines festgestellten Veräußerungsgewinns in einen laufenden Gewinn. Denn auch für die Beantwortung der Frage, ob ein bestimmter Ausschnitt des Gewinns aus der von einem Steuerpflichtigen insgesamt auf dem Grundstücksmarkt entfalteten Tätigkeit tarifbegünstigt ist oder nicht, darf es nicht darauf ankommen, ob der Steuerpflichtige ganz oder teilweise durch eine Personengesellschaft tätig wird, und ob diese Gesellschaft auf ihrer Ebene als vermögensverwaltend oder mitunternehmerisch anzusehen ist. Da beim Steuerpflichtigen selbst der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe seines (gesamten) gewerblichen Grundstückshandels nicht tarifbegünstigt wäre (vgl. BFH-Urteil vom 10. Mai 2007 IV R 69/04, BFHE 217, 147, BStBl II 2010, 973, unter II.3., m.w.N.), kann er die Tarifbegünstigung auch nicht dadurch erlangen, dass er einen Teil seiner Geschäfte über eine Mitunternehmerschaft tätigt und diese ihren Betrieb veräußert oder aufgibt bzw. ‑‑wie im Streitfall‑‑ der Steuerpflichtige seinen Mitunternehmeranteil und damit die darin verkörperten Grundstücke veräußert.
aa) Eine Umqualifizierung der im Feststellungsbescheid enthaltenen Zuordnung zum Veräußerungsgewinn wäre auf der Ebene des Mitunternehmers daher nur dann unzulässig, wenn es dafür kein verfahrensrechtliches Bedürfnis gäbe, weil stets bereits im Feststellungsverfahren ‑‑unabhängig von den Erkenntnissen, die erst dem Wohnsitz-FA vorliegen‑‑ die zutreffende Entscheidung über die Tarifbegünstigung getroffen werden könnte. Es dürfte also keine Fallgruppe geben, in der zwar im Feststellungsbescheid für die Mitunternehmerschaft materiell-rechtlich zu Recht ein begünstigter Veräußerungsgewinn festzustellen, beim Gesellschafter aber gleichwohl eine Umqualifizierung vorzunehmen wäre. Denn dann würde sich die Umqualifizierung ‑‑wie es der Kläger im Streitfall als gegeben ansieht‑‑ lediglich als Korrektur einer bereits als solcher fehlerhaften Entscheidung im Feststellungsbescheid darstellen, was die in § 182 Abs. 1 Satz 1 AO angeordnete Bindungswirkung unterlaufen würde. Der Kläger weist hierzu vor allem auf die Rechtsprechung hin, wonach schon auf der Ebene der Mitunternehmerschaft kein begünstigter Veräußerungsgewinn festgestellt werden darf, wenn diese selbst einen gewerblichen Grundstückshandel betreibt und der Veräußerungsgewinn auf den stillen Reserven der im Umlaufvermögen gehaltenen Grundstücke beruht (BFH-Urteil in BFHE 216, 233, BStBl II 2007, 777).
bb) Im Unterschied zur Auffassung des Klägers sind jedoch weitere Sachverhaltskonstellationen denkbar, in denen die endgültige Entscheidung über die Gewährung der Tarifbegünstigung nicht schon auf der Ebene der Mitunternehmerschaft getroffen werden kann, sondern erst beim Mitunternehmer im Lichte der bei ihm gegebenen individuellen Besteuerungsmerkmale.
Hierfür genügt es bereits, wenn das Feststellungs-FA nur "unter Umständen" nicht in der Lage ist, allein aufgrund der in seinem Zuständigkeitsbereich von der Gesellschaft verwirklichten steuerrechtlichen Tatbestände eine sachlich zutreffende Besteuerung des einzelnen Gesellschafters sicherzustellen (BFH-Urteil in BFHE 185, 177, BStBl II 1999, 401, unter II.1.b cc); hingegen kommt es für die Beurteilung der abstrakten Rechtmäßigkeit einer Umqualifizierung nicht auf die tatsächliche Informationslage im konkreten Fall an.
(1) Zum einen sind hier die Fälle zu nennen, in denen die Vorschriften über die Tarifbegünstigung beim Gesellschafter schon deshalb keine Anwendung finden können, weil dieser seiner Rechtsform nach nicht in den Anwendungsbereich der § 16 Abs. 4, § 34 EStG fällt (z.B. Körperschaftsteuersubjekte; auf diese Fallgruppe weist ‑‑für Zwecke der Umqualifizierung der Einkunftsart‑‑ auch das BFH-Urteil vom 5. Juni 2008 IV R 81/06, BFHE 222, 295, BStBl II 2010, 974, unter II.1.b bb hin).
(2) Ferner ist auf Beteiligungen an vermögensverwaltend tätigen, aber gewerblich geprägten Personengesellschaften hinzuweisen. Bei diesen ist eine Anteilsveräußerung grundsätzlich tarifbegünstigt, weil die Grundstücke einer solchen Gesellschaft nicht zum Umlaufvermögen gehören (BFH-Urteil in BFHE 222, 295, BStBl II 2010, 974, unter II.1.a aa, m.w.N.). Gleichwohl ist hier auf der Ebene des Gesellschafters eine Gesamtwürdigung vorzunehmen. Veräußert der Gesellschafter mehr als drei Anteile an derartigen Gesellschaften innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs zu ihrem Erwerb, wird er damit zum gewerblichen Grundstückshändler; die Tarifbegünstigung ist ihm ungeachtet ihrer Feststellung im Gewinnfeststellungsbescheid zu versagen. Denn der Umstand, dass dieser Steuerpflichtige mehr als drei Anteile an derartigen Gesellschaften in engem zeitlichen Zusammenhang zu ihrem Erwerb veräußert hat, ist zwar auf der Ebene der einzelnen Gesellschaft nicht von Bedeutung, wohl aber für die Besteuerung des Gesellschafters (ausführlich zum Ganzen BFH-Urteil in BFHE 222, 295, BStBl II 2010, 974, unter II.1.a dd).
Nichts anderes kann gelten, wenn der Kläger weniger als vier Anteile an derartigen Personengesellschaften veräußert, er die Drei-Objekt-Grenze aber aufgrund der Veräußerung weiterer Grundstücke in eigener Person überschreitet. Auch dann stellt sich die Anteilsveräußerung im Lichte der Gesamttätigkeit des Gesellschafters anders dar als bei einer isolierten Betrachtung der auf der Ebene der Gesellschaft verwirklichten Besteuerungsmerkmale, nämlich als Teil der laufenden Geschäftstätigkeit eines gewerblichen Grundstückshändlers.
(3) Schließlich ist an Gesellschaften zu denken, die originär gewerblich tätig sind, ohne dass ihr Hauptzweck das Betreiben eines gewerblichen Grundstückshandels ist. Betreibt der Gesellschafter in eigener Person ‑‑auch durch Zurechnung der Tätigkeiten weiterer Gesellschaften oder Gemeinschaften‑‑ einen gewerblichen Grundstückshandel und veräußert er die Anteile an der erstgenannten Gesellschaft in engem zeitlichen Zusammenhang zu ihrem Erwerb unter Realisierung einer Substanzwertsteigerung der im Gesellschaftsvermögen enthaltenen Grundstücke, ist denkbar, dass auf der Ebene der Gesellschaft ein tarifbegünstigter Veräußerungsgewinn festgestellt wird (für die Unter-Fallgruppe, dass diese Grundstücke bereits bei der Gesellschaft teilweise dem Umlaufvermögen eines gewerblichen Grundstückshandels zuzurechnen waren, offengelassen im BFH-Urteil in BFHE 216, 233, BStBl II 2007, 777, unter II.1.h). Gleichwohl wäre im Rahmen der beim Gesellschafter vorzunehmenden Gesamtwürdigung ein laufender Gewinn aus gewerblichem Grundstückshandel anzunehmen.
(4) Letztlich hat bereits der Große Senat des BFH ausgeführt, dass in die auf der Ebene des Gesellschafters vorzunehmende zusammenfassende Betrachtung auch Veräußerungsgewinne einzubeziehen seien, weil Subjekt der Einkunftserzielung immer der einzelne Gesellschafter sei (Beschluss in BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617, unter C.IV.2.b cc).
cc) Ist danach die Zulässigkeit einer Umqualifizierung auch im Hinblick auf die Frage der Tarifbegünstigung eines festgestellten Veräußerungsgewinns abstrakt zu bejahen, kommt es nicht darauf an, ob im konkreten Einzelfall schon im Feststellungsverfahren eine andere Entscheidung hätte ergehen können oder müssen. Denn eine solche Differenzierung würde ‑‑worauf das FA in seiner Revisionsbegründung zutreffend hinweist‑‑ voraussetzen, dass das Wohnsitz-FA im jeweiligen Einzelfall die Rechtmäßigkeit des Feststellungsbescheids prüft: Erwiese sich dieser als rechtmäßig, wäre eine Umqualifizierung zulässig; bei einem rechtswidrigen Feststellungsbescheid hingegen nicht. Gerade eine solche Rechtmäßigkeitsprüfung durch die Wohnsitz-FÄ der ‑‑unter Umständen zahlreichen‑‑ Gesellschafter soll durch die gesetzlichen Regelungen über das Feststellungsverfahren aber verhindert werden.
3. Zur Förderung der noch beim FG anhängigen Verfahren hinsichtlich der Gewerbesteuermessbeträge bzw. vortragsfähigen Gewerbeverluste weist der Senat ‑‑ohne Bindungswirkung‑‑ auf die folgenden Punkte hin:
a) Der Gewerbeertrag ist gemäß § 7 Satz 1 GewStG zwar "nach den Vorschriften des EStG", aber ohne verfahrensrechtliche Bindung an einen ergangenen Gewinnfeststellungsbescheid zu ermitteln (BFH-Urteile in BFHE 185, 177, BStBl II 1999, 401, unter II.4., und vom 17. Dezember 2003 XI R 83/00, BFHE 205, 390, BStBl II 2004, 699, unter II.1.). Das FG braucht daher hinsichtlich der Gewerbesteuer die ‑‑in den Gewinnfeststellungsbescheid eingegangene‑‑ Rechtsauffassung des FA S zur Zuordnung des Grundstücks BW an die ABC-GbR und zur Gewerblichkeit dieser GbR nicht zu übernehmen.
b) Sollte das FG hingegen aufgrund einer eigenen Würdigung der Gesamtumstände zu der Auffassung kommen, dass die Rechtsauffassung des FA S zum Tätigkeitsumfang und zur Gewerblichkeit der ABC-GbR materiell-rechtlich zutreffend ist, weist der Senat für die gewerbesteuerrechtliche Würdigung auf die Ausführungen im BFH-Urteil in BFHE 222, 295, BStBl II 2010, 974 (unter II.2.) hin. Danach wären die Gewinne aus der Anteilsveräußerung zwar nicht bei der ABC-GbR, wohl aber beim Kläger der Gewerbesteuer zu unterwerfen.