BFH I. Senat
EStG § 10c, EStG § 12 Nr 3, EStG § 32a Abs 1, EStG § 50 Abs 3 S 2, EStG § 50 Abs 5 S 4 Nr 3, EStG § 50a Abs 4 S 1 Nr 1, EStG § 50a Abs 4 S 1 Nr 2, EStG § 50a Abs 4 S 4, AEUV Art 56, AEUV Art 57, AO § 90 Abs 2, AO § 162
vorgehend FG Köln, 27. April 2010, Az: 2 K 7370/01
Leitsätze
1. NV: Im (nachgelagerten) Erstattungsverfahren (§ 50 Abs. 5 Satz 4 Nr. 3 EStG 1997) können nur solche Ausgaben steuermindernd berücksichtigt werden, die nach den unionsrechtlichen Maßgaben zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage einer Abzugsteuer abzugsfähig gewesen wären. Der damit erforderliche unmittelbare wirtschaftliche Zusammenhang mit den abzugsteuerpflichtigen Einnahmen ist vom Erstattungsgläubiger darzulegen.
2. NV: Zur unionsrechtskonformen Berechnung des Steuersatzes.
Tatbestand
I. Streitig ist, ob ein Anspruch auf Erstattung von Abzugsteuern nach § 50 Abs. 5 i.V.m. § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG 1997) besteht.
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind in Großbritannien ansässige Mitglieder einer Musikgruppe (M). Diese schloss (vertreten durch ihren Manager ‑‑A‑‑) am 30. März 2000 mit einer deutschen Konzertveranstalterin einen Vertrag über verschiedene Auftritte in Deutschland (März/April 2000). Die Kläger erzielten Einnahmen in Höhe von insgesamt 164.738 DM; Betriebsausgaben fielen in Höhe von 161.099 DM an. Die Konzertveranstalterin (Vergütungsschuldnerin) behielt Einkommensteuern (41.954 DM) zzgl. Solidaritätszuschlag (2.305 DM) ein und führte diesen Betrag an das zuständige Finanzamt ab.
Am 24. Juli 2000 beantragte M die Erstattung von Abzugsteuer (einschl. Solidaritätszuschlag) in Höhe von 48.713 DM. Diesem Antrag gab der Beklagte und Revisionsbeklagte (das damalige Bundesamt für Finanzen, nunmehr: das Bundeszentralamt für Steuern ‑‑BZSt‑‑) mit Bescheid vom 11. April 2001 nur teilweise (Erstattungsbetrag: 39.276 DM) statt, da nicht alle Belege im Original vorhanden gewesen bzw. die Aufwendungen nicht eindeutig zuzuordnen gewesen seien. Der Erstattungsbetrag ermittelte sich wie folgt:
Einnahmen
164.738,68 DM
Ausgaben
155.291,13 DM
Differenz
9.447,55 DM
Steuer (50 %)
4.723,77 DM
Solidaritätszuschlag
259,80 DM
./. Abzugsteuer
gemäß § 50a Abs. 4 EStG
41.954,17 DM
./. bereits gezahlter SolZ
2.305,52 DM
Erstattungsbetrag
39.276,12 DM
In dem anschließenden Klageverfahren kam es unter dem 13. Mai 2004 unter Hinweis auf Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (nunmehr: Gerichtshof der Europäischen Union) ‑‑EuGH‑‑ zu einer Änderung des Bescheids (geänderter Erstattungsbetrag: 39.744 DM zzgl. 2.183 DM). Insoweit war der von M erzielte Gewinn (9.447 DM) auf die Kläger gleichmäßig aufgeteilt, sodann zur Ermittlung der Einkommensteuer bei jedem Kläger jeweils der Grundfreibetrag (13.499 DM) hinzugerechnet und von diesem Betrag ausgehend die tarifliche Einkommensteuer laut Grundtabelle (442 DM) angesetzt worden. Die sich für die einzelnen Kläger ergebende Einkommensteuer wurde addiert und als Einkommensteuer festgesetzt. Die dagegen erhobene Klage blieb erfolglos (Finanzgericht ‑‑FG‑‑ Köln, Urteil vom 28. April 2010 2 K 7370/01, Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 806).
Die Kläger rügen mit ihrer Revision die Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragen, das angefochtene Urteil und den Erstattungsbescheid vom 11. April 2001 in Form der Einspruchsentscheidung vom 29. November 2001 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. Mai 2004 und vom 28. April 2010 aufzuheben und die Steuer abweichend auf 0 DM festzusetzen.
Das BZSt beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat einen weiter gehenden Anspruch der Kläger auf Erstattung von Abzugsteuern nach § 50 Abs. 5 i.V.m. § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG 1997 ohne Rechtsfehler abgelehnt.
1. Die Kläger waren im streitigen Zeitraum in Deutschland mit ihren Einnahmen aus den Konzertveranstaltungen beschränkt steuerpflichtig (§ 1 Abs. 4 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG 1997). Bei einem beschränkt Steuerpflichtigen, dessen Einnahmen im Inland dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 oder 2 EStG 1997 unterliegen, wird auf Antrag die einbehaltene und abgeführte Steuer nach § 50 Abs. 5 Satz 4 Nr. 3 EStG 1997 völlig oder teilweise erstattet. Dies setzt voraus, dass die mit inländischen Betriebseinnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben höher sind als die Hälfte der Einnahmen. Die Steuer wird nach dem Gesetzeswortlaut erstattet, soweit sie 50 % des Unterschiedsbetrags zwischen den Einnahmen und mit diesen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben übersteigt. Insoweit gilt die grundsätzliche Abgeltungswirkung des § 50 Abs. 5 Satz 1 EStG 1997 nicht.
2. Das FG hat die Festsetzung des Erstattungsbetrags durch das BZSt im angefochtenen Urteil ohne Rechtsfehler sowohl im Hinblick auf die Bemessungsgrundlage der Abzugsteuer als auch auf den Steuersatz als rechtmäßig beurteilt.
a) Zutreffend geht das FG davon aus, dass im Steuerabzugsverfahren ‑‑entgegen dem Gesetzeswortlaut des § 50a Abs. 4 Satz 4 EStG 1997‑‑ unmittelbar im Zusammenhang mit den Einnahmen stehende Betriebsausgaben von der Brutto-Bemessungsgrundlage abgezogen werden können. Der EuGH hat mit Urteil vom 3. Oktober 2006 C-290/04 "Scorpio" (Slg. 2006, I-9461) entschieden, dass das Steuerabzugsverfahren bei beschränkt Steuerpflichtigen und die damit einhergehende Haftung des Vergütungsschuldners grundsätzlich mit EU-Recht, insbesondere der Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 49, Art. 50 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, jetzt Art. 56, Art. 57 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) i.d.F. des Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (Amtsblatt der Europäischen Union 2007 Nr. C 306/01), vereinbar sind, sofern im Steuerabzugsverfahren die im unmittelbaren Zusammenhang mit der inländischen Tätigkeit stehenden Betriebsausgaben des beschränkt steuerpflichtigen EU/EWR-Vergütungsgläubigers, die er dem Vergütungsschuldner mitgeteilt hat, geltend gemacht werden können (vgl. dazu Senatsurteil vom 24. April 2007 I R 39/04, BFHE 218, 89, BStBl II 2008, 95). Eine Schätzung von Betriebsausgaben im Abzugsverfahren ist ausgeschlossen (Senatsurteil vom 5. Mai 2010 I R 105/08, BFH/NV 2010, 2043).
Im Urteil vom 31. März 2011 C-450/09 "Schröder" (Internationales Steuerrecht ‑‑IStR‑‑ 2011, 301) hat der EuGH das Merkmal des unmittelbaren Zusammenhangs weiter konkretisiert: Es muss eine "untrennbare Verbindung" zwischen der Aufwendung und der Tätigkeit zur Erzielung dieser Einkünfte bestehen (dort Rz 43 unter Hinweis auf sein Urteil vom 15. Februar 2007 C-345/04 "Centro Equestre da Lezíria Grande", Slg. 2007 I-1425, Rz 25). Die Ausgaben müssen durch die Tätigkeit verursacht werden und damit für deren Ausübung erforderlich sein. Dies ist der Fall, wenn die Verpflichtung zur Zahlung dieser Aufwendungen Voraussetzung dafür war, dass der Steuerpflichtige die in Deutschland zu versteuernden Einkünfte erzielen konnte (Rz 45).
Nach der Rechtsprechung des EuGH ist es damit zur Herstellung der Gemeinschaftsrechtskonformität notwendig, aber auch ausreichend, wenn im Abzugsverfahren nur die im unmittelbaren Zusammenhang mit der steuerpflichtigen Tätigkeit stehenden, vom Vergütungsgläubiger "mitgeteilten" Betriebsausgaben berücksichtigt werden. Eine weiter gehende Einschränkung des § 50a Abs. 4 Satz 4 EStG 1997 dahin, dass auch vom Vergütungsgläubiger nicht mitgeteilte Betriebsausgaben nach Maßgabe von § 162 der Abgabenordnung (AO) zu schätzen und in Abzug zu bringen wären, erfordert der Anwendungsvorrang des EU-Rechts nicht. Vielmehr kann der Steuerschuldner seine Erwerbsaufwendungen im Nachhinein im Rahmen eines Erstattungsbegehrens (s. insoweit § 50 Abs. 5 Satz 4 Nr. 3 EStG 1997 in unionsrechtskonformer Auslegung, dazu Senatsurteil vom 10. Januar 2007 I R 87/03, BFHE 216, 312, BStBl II 2008, 22) geltend machen (vgl. Senatsurteil in BFHE 218, 89, BStBl II 2008, 95; s.a. Bundesverfassungsgericht ‑‑BVerfG‑‑, Beschluss vom 9. Februar 2010 2 BvR 1178/07, IStR 2010, 327; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen ‑‑BMF‑‑ vom 3. November 2003, BStBl I 2003, 553).
b) Die hier in Rede stehenden Aufwendungen für Telefon- und Mietkosten, die aus Sicht der Kläger ‑‑ohne spezifischen Nachweis‑‑ anteilig auf die inländischen Einkünfte entfallen, mindern die Bemessungsgrundlage der Abzugsteuer auch im streitgegenständlichen Erstattungsverfahren nicht.
aa) Zu den von den Klägern pauschal geltend gemachten Aufwendungen hat das FG ausgeführt, dass es sich um Aufwendungen handele, die auch ohne die inländischen Auftritte angefallen wären ("Gemeinkosten"). Es könne dahingestellt bleiben, ob solche Kosten, die sich von der im deutschen Inland ausgeübten Tätigkeit trennen ließen und den Klägern in jedem Fall entstehen würden ("Sowieso"-Kosten), überhaupt Berücksichtigung finden könnten. Jedenfalls sei die bloße Behauptung der Kläger, dass Gemeinkosten entstanden seien, insoweit nicht ausreichend. Es sei weder substantiiert dargelegt worden, welche Kosten damit abgegolten werden sollten, noch in welchem Umfang diese Kosten insgesamt im Wohnsitzstaat angefallen oder dort bereits berücksichtigt worden seien. Die Kläger seien insoweit ihrer wegen des Auslandssachverhalts erhöhten Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO nicht nachgekommen.
bb) Diesen Ausführungen des FG ist im Ergebnis beizupflichten. Der Abzug der geltend gemachten Aufwendungen ist ausgeschlossen.
aaa) Zunächst kann entgegen der Ansicht der Revision allein der Umstand, dass das Erstattungsverfahren dem Abzugsverfahren zeitlich nachgelagert ist, den spezifischen Umfang der aus unionsrechtlichen Gründen zu berücksichtigenden Ausgaben im Zusammenhang mit den im Inland erzielten Einnahmen nicht verändern. Soweit der Senat in seinem Urteil in BFHE 218, 89, BStBl II 2008, 95 ausgeführt hat, der Steuerschuldner könne seine Erwerbsaufwendungen im Nachhinein im Rahmen eines Erstattungsbegehrens geltend machen, bezieht sich diese Aussage erkennbar nur auf jene Aufwendungen, die er dem Vergütungsschuldner im Abzugsverfahren noch nicht "mitgeteilt" hatte, was wiederum zur Folge hatte, dass der Steuerabzug auf der Grundlage der erzielten Einnahmen vorgenommen wurde. Weitergehendes lässt sich dem nicht entnehmen. Insbesondere sollte damit nicht die materielle Erstattungsvoraussetzung (z.B. Gosch in Kirchhof, EStG, 10. Aufl., § 50 Rz 27) des unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs der Betriebsausgaben mit den Einnahmen entsprechend § 3c Abs. 1 EStG 1997 im Sinne einer allgemeinen Veranlassung ausgedehnt werden (Gosch, ebenda; Heinicke in Schmidt, EStG, 27. Aufl., § 50 Rz 17).
bbb) Wenn es damit nicht auf die Art der Aufwendungen ankommt, sind auch im Ausland angefallene Telefon- oder Mietkosten zwar nicht von vornherein von einer Berücksichtigung ausgeschlossen. Es bleibt jedoch bei dem beschriebenen Erfordernis des unmittelbaren Zusammenhangs. Dazu haben es die Kläger bezogen auf die ohne besondere Spezifizierung pauschal geltend gemachten (anteiligen) Telefon- und Mietkosten aber unterlassen, einen entsprechend engen Zusammenhang mit den im Inland erzielten Einnahmen darzulegen (s. insoweit auch Senatsurteil vom 24. April 2007 I R 93/03, BFHE 218, 83, BStBl II 2008, 132). Dies schließt eine Minderung der Bemessungsgrundlage aus.
c) Eine Rückstellung für die Kosten des vorliegenden Rechtsstreits mindert die Bemessungsgrundlage ebenfalls nicht.
Das FG hat ausgeführt, dass für eine periodische Abgrenzung von Aufwendungen angesichts der im Rahmen des Erstattungsverfahrens praktizierten Einkünfteermittlung (im Wege der Gegenüberstellung von Einnahmen und Betriebsausgaben entsprechend einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung) kein Raum sei. Eine nachträgliche Kontrolle, ob die drohenden Aufwendungen, derentwegen die Rückstellung erfolgt sei, auch tatsächlich angefallen seien, widerspräche dem Vereinfachungscharakter des Steuererstattungsverfahrens (BVerfG-Beschluss vom 3. September 2009 1 BvR 1098/08, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2010, 66). Letztlich sei die Versagung der Rückstellung nur in der Art der Gewinnermittlung begründet, ohne dass damit eine Versagung des Abzugs von tatsächlich angefallenen Aufwendungen verbunden sei.
Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob der vorrangig auf den Zahlungszeitpunkt abstellenden Argumentation des FG zugestimmt werden kann (ablehnend Gosch in Kirchhof, a.a.O., § 50a Rz 23; Loschelder in Schmidt, EStG, 30. Aufl., § 50a Rz 23; wohl auch Heinicke in Schmidt, a.a.O., § 50 Rz 17). Denn die Kläger, die der Sache nach um die Höhe ihrer Einkommensteuer streiten, haben eine besondere Differenzierung der zu erwartenden Belastungen (Rechtsverfolgungskosten) nach einem Zusammenhang mit dem Einkünfteerzielungsbereich (s. insoweit für Steuerberatungskosten EuGH-Urteil vom 6. Juli 2006 C-346/04 "Conijn", Slg. 2006, I-6137) und dem Bereich der privaten Abzüge bzw. des Tarifs (s. insoweit § 12 Nr. 3 EStG 1997) nicht vorgenommen. Damit sind die Kläger auch insoweit einer Darlegung eines unmittelbaren Zusammenhangs nicht nachgekommen.
d) Ein Sonderausgaben-Pauschbetrag nach § 10c (Abs. 1) EStG 1997 ist bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage ebenfalls nicht zu berücksichtigen.
Das FG hat unter Hinweis auf das Senatsurteil in BFHE 216, 312, BStBl II 2008, 22 zu Recht ausgeführt, dass einem selbständig Tätigen, der im Inland nicht sein überwiegendes Einkommen erzielt, zusätzlich zu den Betriebsausgaben keine weiteren personenbezogenen Steuervergünstigungen im Inland zustünden; hierfür sei der Wohnsitzstaat zuständig. Dem stehe nicht entgegen, dass Steuerberatungskosten nach dem EuGH-Urteil in Slg. 2006, I-6137 zum Abzug zuzulassen seien. Denn diese Steuerberatungskosten stünden in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den in diesem Mitgliedstaat erzielten Einkünften und seien daher in gewisser Weise mit Betriebsausgaben vergleichbar. Daran fehlt es aber bei personenbezogenen Steuervergünstigungen, die Gegenstand der Pauschalierung des § 10c Abs. 1 EStG 1997 sind (Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1, 1a, 4 bis 9 und nach § 10b EStG 1997).
e) Das FG hat auch die Berechnung der Steuer durch das BZSt ohne Rechtsfehler als unionsrechtskonform angesehen. Es kommt entgegen der Ansicht der Kläger nicht in Betracht, den nach der Hinzurechnung des Grundfreibetrags ermittelten Steuerbetrag (442 DM) bezogen auf die inländischen Einkünfte als Steuersatz umzurechnen (hier: 2,87 %) und diesen Steuersatz auf das konkrete zu versteuernde Einkommen (hier: 1.889 DM) anzuwenden.
Das folgt, wie der Senat bereits beiläufig in seinem Beschluss vom 19. November 2008 I B 90/08 (BFH/NV 2009, 393) erkannt hat, aus dem EuGH-Urteil vom 12. Juni 2003 C-234/01 "Gerritse" (Slg. 2003, I-5933, BStBl II 2003, 859), dem sich der Senat angeschlossen hat (vgl. Senatsurteile vom 19. November 2003 I R 34/02, BFHE 204, 449, BStBl II 2004, 773; in BFHE 216, 312, BStBl II 2008, 22). Danach unterliegt ein beschränkt Steuerpflichtiger mit seinen inländischen Einkünften anstelle der Mindestbesteuerung nach § 50 Abs. 3 Satz 2 EStG 1997 dem progressiven Steuertarif des § 32a Abs. 1 EStG 1997, wenn sich bei Anwendung dieses Tarifs auf die Nettoeinkünfte zuzüglich eines Betrags in Höhe des Grundfreibetrags tatsächlich ein geringerer Steuersatz ergibt. Zur Ermittlung dieses durchschnittlichen (progressiven) Steuersatzes verweist der EuGH auf die Berechnung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften in Tz. 39 f. dieses Urteils (EuGH-Urteil in Slg. 2003, 5933, BStBl II 2003, 859, Tz. 54), nach der der Steuerbetrag, der sich aus der Anwendung des progressiven Tarifs auf die um den Grundfreibetrag erhöhten Nettoeinkünfte ergibt, ins Verhältnis zu den Nettoeinkünften ‑‑und nicht zu den erhöhten Nettoeinkünften‑‑ zu setzen ist (vgl. hierzu Gosch in Kirchhof, a.a.O., § 50a Rz 30). Liegt der durchschnittliche (progressive) Steuersatz nach dem Ergebnis dieser Vergleichsrechnung unter dem Mindeststeuersatz aus § 50 Abs. 3 Satz 2 EStG 1997, sind die inländischen Einkünfte des beschränkt Steuerpflichtigen diesem niedrigeren Steuersatz zu unterwerfen (Senatsurteil in BFHE 216, 312, BStBl II 2008, 22, unter III.3. der Gründe, m.w.N.). Dies führt dann im Ergebnis dazu, dass für die inländischen Einkünfte des beschränkt Steuerpflichtigen die Steuer festzusetzen ist, die sich daraus ergibt, dass der progressive Tarif des § 32a Abs. 1 EStG 1997 auf das um den Grundfreibetrag erhöhte Einkommen angewendet wird (vgl. auch BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 553; vom 10. September 2004, BStBl I 2004, 860). Daran ist festzuhalten.
3. Der Senat sieht schließlich keinen Anlass, das Verfahren auszusetzen und eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen. Die Auslegung der Dienstleistungsfreiheit und der sonstigen unionsrechtlichen Bestimmungen ist hinsichtlich der streitentscheidenden Vorschriften in Anbetracht der bereits vorliegenden gefestigten Spruchpraxis des EuGH nicht zweifelhaft, so dass die Voraussetzungen für eine Vorlage des Streitfalls nach Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht erfüllt sind (vgl. zur fehlenden Vorlageverpflichtung bei offenkundiger Rechtslage EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81 "C.I.L.F.I.T.", EuGHE 1982, 3415).