BFH IX. Senat
FGO § 119 Nr 3, FGO § 155, ZPO § 227
vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz , 20. Oktober 2010, Az: 1 K 2403/09
Leitsätze
NV: Bescheinigt ein vom Kläger vorgelegtes ärztliches Attest, dass er nicht in der Lage sei, einen Gerichtstermin an einem bestimmten Tag wahrzunehmen, nachdem das Gericht schon drei Tage zuvor über die bösartige Tumorerkrankung des Klägers informiert worden war, so begründet dies in hinreichender Weise den Antrag auf Verlegung der mündlichen Verhandlung.
Gründe
Die Beschwerde ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht ‑‑FG‑‑ (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑ i.V.m. § 116 Abs. 6 FGO). Der von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) geltend gemachte Verfahrensmangel einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt vor.
Zu Unrecht hat das FG trotz ärztlich bescheinigter Verhandlungsunfähigkeit des Klägers dessen Antrag auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung abgelehnt und diese durchgeführt (§ 119 Nr. 3 FGO). Zwar obliegt es dem Beteiligten, der erst kurz vor dem anberaumten Termin einen Terminänderungsantrag stellt, die Gründe für seine Verhinderung so darzulegen und zu untermauern, dass das Gericht die Frage, ob er verhandlungs- und reiseunfähig ist oder nicht, selbst beurteilen kann (Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 19. November 2009 IX B 160/09, BFH/NV 2010, 454, m.w.N.). Dem ist jedoch der Kläger hinreichend nachgekommen. Schon der ärztlichen Bescheinigung über die gesicherte bösartige Tumorerkrankung des Klägers, die dieser mit Schreiben vom 19. Oktober 2010 übersandte, konnte das FG hinreichend entnehmen, dass der Kläger nicht in der Lage sein werde, am 21. Oktober 2010 zur mündlichen Verhandlung zu erscheinen. Jedenfalls aber die ärztliche Bescheinigung, dass der Kläger nicht in der Lage sei, einen Gerichtstermin wahrzunehmen, musste das FG als hinreichende Begründung des Terminverlegungsantrags anerkennen. Denn wenn der Arzt explizit mitteilt, dass der Patient einen Gerichtstermin an einem bestimmten Tag nicht wahrzunehmen in der Lage sei, bedarf es weiterer Informationen dazu nicht mehr; für das abschließende Urteil der Verhandlungsfähigkeit ist der Arzt sachkompetenter als ein entsprechend informierter Richter.
Auf den Verfahrensfehler ist das FG-Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Das FG wird im zweiten Rechtsgang nach Durchführung der mündlichen Verhandlung über den Streitfall erneut zu entscheiden haben.