BFH III. Senat
FGO § 120 Abs 3 Nr 2 Buchst a
vorgehend FG Münster, 03. Juni 2009, Az: 3 K 840/08 Kg
Leitsätze
NV: Als Revisionsbegründung ist es nicht ausreichend, wenn die Familienkasse lediglich darauf verweist, dass das angefochtene Urteil in Widerspruch zu einer Weisung des Bundeszentralamts für Steuern steht .
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) beantragte die Festsetzung von Kindergeld ab Januar 2004 für seine Tochter, die an einer Universität studierte. Die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) lehnte den Antrag ab, weil nach ihrer Berechnung die Einkünfte und Bezüge der Tochter den Jahresgrenzbetrag von 7.680 € nach § 32 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung für das Jahr 2004 (EStG) überstiegen. Im Einspruchsverfahren machte der Kläger Aufwendungen geltend, die nach seiner Ansicht von den Einkünften und Bezügen der Tochter abzuziehen waren, insbesondere Zahlungen, die seine Ehefrau als Versicherungsnehmerin an eine private Krankenversicherung geleistet hatte. Der Versicherungsschutz umfasste die Krankenversicherung für die ganze Familie des Klägers. Auf die Tochter entfiel ein Betrag von 3.108,24 €, bei dessen Berücksichtigung der Jahresgrenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht überschritten würde. Der Rechtsbehelf des Klägers hatte keinen Erfolg. Die Familienkasse lehnte einen Abzug der auf die Tochter entfallenden Krankenversicherungsbeiträge ab.
Das Finanzgericht (FG) gab der anschließend erhobenen Klage statt (Urteil vom 4. Juni 2009 3 K 840/08 Kg, Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 1654). Zur Begründung führte es aus, nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Januar 2005 2 BvR 167/02 (BVerfGE 112, 164) seien Beträge, die ‑‑wie die gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge‑‑ von Gesetzes wegen dem Einkünfte erzielenden Kind oder dessen Eltern nicht zur Verfügung stünden und die deshalb die Eltern finanziell nicht entlasten könnten, nicht als Einkünfte des Kindes anzusehen. Beiträge des Kindes für eine freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung seien nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) den Sozialversicherungsbeiträgen gleichzustellen. Der Streitfall unterscheide sich von den Sachverhalten, über die der BFH zu urteilen gehabt habe, lediglich dadurch, dass in den vom BFH entschiedenen Fällen das Kind selbst versichert gewesen sei, während es im Streitfall im Rahmen einer Familienversicherung mitversichert sei. Dies sei jedoch kein Grund für eine unterschiedliche kindergeldrechtliche Beurteilung. Das FG errechnete Einkünfte und Bezüge der Tochter von 7.439,76 €.
Zur Begründung der Revision trägt die Familienkasse vor, nach einer Weisung des Bundeszentralamts für Steuern ‑‑Newsletter Familienleistungsausgleich, Ausgabe September 2007‑‑ könnten Beiträge für eine Krankenversicherung nur dann abgezogen werden, wenn das Kind Versicherungsnehmer sei. Auf Kinder entfallende Beiträge für eine Familienversicherung könnten nicht berücksichtigt werden.
Die Familienkasse beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unzulässig und daher durch Beschluss zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Die Revisionsbegründung entspricht nicht den Mindestanforderungen.
1. Nach § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO muss die Revisionsbegründung die bestimmte Bezeichnung der Umstände enthalten, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt. Dies erfordert, dass die erhobene Rüge eindeutig erkennen lässt, welche Norm der Revisionskläger für verletzt hält. Weiterhin muss er die Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art angeben, die nach seiner Auffassung das erstinstanzliche Urteil als unrichtig erscheinen lassen. Der Revisionskläger muss sich mit den tragenden Gründen des finanzgerichtlichen Urteils auseinandersetzen und darlegen, weshalb er diese für unrichtig hält (z.B. Senatsbeschluss vom 4. März 2011 III R 44/09, BFH/NV 2011, 997).
2. Diesen Anforderungen wird das Vorbringen der Familienkasse nicht gerecht.
a) Die Familienkasse gibt in der Revisionsbegründung zunächst das Urteil des FG wieder, im Anschluss daran formuliert sie die ihrer Ansicht nach zu entscheidende Rechtsfrage und weist darauf hin, dass nach einer schriftlichen Weisung der Aufsichtsbehörde, des Bundeszentralamts für Steuern, der Versicherungsnehmer und die den Beitrag zahlende Person grundsätzlich übereinstimmen müssten. Diese Weisung sei zu beachten.
b) Es fehlt an einer Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen des angefochtenen Urteils. Die Revisionsbegründung lässt nicht erkennen, dass die Familienkasse ihr bisheriges Vorbringen anhand der Gründe des angefochtenen finanzgerichtlichen Urteils überprüft hat (BFH-Urteil vom 25. August 2009 I R 88, 89/07, BFHE 226, 296, BFH/NV 2009, 2047, m.w.N.; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 120 Rz 59, m.w.N.). Die Weisungsgebundenheit der Familienkasse entbindet sie nicht von der Verpflichtung, die Revision den Anforderungen des § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO entsprechend zu begründen.