BFH V. Senat
FGO § 115 Abs 2, FGO § 116 Abs 3, UStG § 12 Abs 2 Nr 1
vorgehend FG Münster, 12. Januar 2011, Az: 5 K 157/08 U
Leitsätze
NV: Die Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde ist hinsichtlich der Anforderungen an ihre Begründung nur nach den innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist (§ 116 Abs. 3 Sätze 1 und 4 FGO) vorgebrachten Ausführungen zu beurteilen .
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig, weil der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) Zulassungsgründe nicht hinreichend dargelegt hat.
1. Die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑) kommt nicht in Betracht.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützt (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), so muss schlüssig dargelegt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsfrage beruht, deren Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, die zudem klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. Dazu ist eine allgemeine Rechtsfrage zu formulieren. Deren Bedeutung für die Allgemeinheit muss substantiiert und konkret dargetan werden. Dazu gehört u.a. auch eine Auseinandersetzung mit zu dieser Frage vertretenen Auffassungen in Rechtsprechung, Schrifttum und veröffentlichten Äußerungen der Verwaltung (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 12. Juni 2008 VII B 61/08, BFH/NV 2008, 1708; vom 4. März 2011 III B 166/10, BFH/NV 2011, 1007).
Diese Anforderungen erfüllt die Beschwerde nicht. Die innerhalb der Beschwerdefrist beim BFH eingegangene Begründung enthält nur den Hinweis auf zwei Entscheidungen des Finanzgerichts (FG) und bezeichnet im Übrigen lediglich die Norm des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, ohne eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung überhaupt zu benennen. Die nach Ablauf der Begründungsfrist dargelegte Frage, ob die Lieferung von standardisiert hergestellten verzehrfertigen Speisen dem ermäßigten Steuersatz unterliege, kann nicht mehr berücksichtigt werden, weil die Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde hinsichtlich der Anforderungen an ihre Begründung nur nach den innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist (§ 116 Abs. 3 Sätze 1 und 4 FGO) vorgebrachten Ausführungen zu beurteilen ist (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 22. April 2008 X B 19/07, BFH/NV 2008, 1342).
Außerdem ist diese Rechtsfrage durch das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 10. März 2011 C-497/09, C-499/09, C-501/09, C-502/09, Bog u.a. (Amtsblatt der Europäischen Union ‑‑ABlEU‑‑ 2011, Nr. C 130, 6, Umsatzsteuer-Rundschau ‑‑UR‑‑ 2011, 272) ausdrücklich entschieden.
2. Es wurden auch die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision wegen Divergenz nicht i.S. von § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt.
Eine die Rechtseinheit gefährdende Abweichung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) liegt nur vor, wenn das FG bei gleichem oder vergleichbarem festgestellten Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als u.a. der BFH oder der EuGH. Das abweichende Gericht muss seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung nicht übereinstimmt (BFH-Beschlüsse vom 12. Oktober 2006 VI B 154/05, BFH/NV 2007, 51; vom 19. April 2010 IV B 38/09, BFH/NV 2010, 1489). In der Beschwerdebegründung müssen deshalb rechtserhebliche abstrakte Rechtssätze in den jeweiligen Entscheidungen so genau bezeichnet werden, dass die Abweichung erkennbar ist (vgl. BFH-Beschluss vom 5. September 2006 IV B 128/05, BFH/NV 2007, 243, m.w.N.).
Eine Divergenz scheidet vorliegend schon deshalb aus, weil es sich bei der Entscheidung des Sächsischen FG um einen Beschluss im Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung gehandelt hat, in dem das FG lediglich ernstliche Zweifel an der Frage, ob bei Dinner-Shows mehrere selbständige Leistungen vorliegen, geäußert hat. Diese Zweifel begründen noch keine "andere Auffassung". Im Übrigen hat der Kläger keine abstrakten einander widersprechenden Rechtssätze dargelegt, sondern lediglich ausgeführt, die beiden Finanzgerichte hätten "widerstreitende Urteile bei kongruenten Sachverhalten erlassen". Das genügt nicht.
3. Es liegt auch keine nachträgliche Divergenz zum EuGH-Urteil in ABlEU 2011, Nr. C 130, 6, UR 2011, 272 vor (vgl. BFH-Beschlüsse vom 19. September 2007 XI B 52/06, BFH/NV 2008, 63; vom 20. Dezember 2006 I B 141/05, BFH/NV 2007, 928; vom 24. August 2000 IV B 158/99, juris). Diese kommt in Betracht, wenn die den formellen Anforderungen entsprechende Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung durch eine nach Einlegung der Beschwerde ergangene Entscheidung entfallen ist und das Urteil der Vorinstanz in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage von der neueren Entscheidung des EuGH oder des BFH abweicht. Es fehlt aus den unter 1. dargelegten Gründen an einer hinreichenden Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung.