BFH I. Senat
KStG § 8 Abs 3 S 2, KStG § 8 Abs 3 S 2
vorgehend Finanzgericht des Saarlandes , 09. Juni 2010, Az: 1 K 1178/06
Leitsätze
NV: Bei der dem FG im Rahmen der vGA-Prüfung obliegenden Feststellung der Angemessenheit der Gesamtausstattung kann es bei Vorhandensein mehrerer Gesellschafter-Geschäftsführer sachgerecht sein, einen für die Gesamtgeschäftsführung ermittelten Wert im Ausgangspunkt durch die Zahl der Geschäftsführer zu dividieren. Das gilt namentlich dann, wenn die Gesellschaft in oder nahe der Verlustzone operiert .
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten über die Angemessenheit der Vergütungen von Gesellschafter-Geschäftsführern.
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine GmbH, die ein Speditionsunternehmen betreibt. An ihrem Stammkapital waren in den Streitjahren (1997 bis 2000) vier Personen beteiligt, nämlich A zunächst mit 220.000 DM und ab 2000 mit 250.000 DM, B zunächst mit 180.000 DM und ab 2000 mit 150.000 DM sowie C und D mit jeweils 100.000 DM. C und D sind Söhne des A und wurden, nachdem sie zuvor als Angestellte der Klägerin tätig waren, mit Wirkung vom 1. Juli 1997 zur Einzelvertretung berechtigte Geschäftsführer der Klägerin; A und B waren dies schon zuvor gewesen.
Die Gesamtausstattung der Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin belief sich in den Streitjahren auf 688.270 DM (1997), 685.834 DM (1998), 657.139 DM (1999) und 653.818 DM (2000). Im Anschluss an eine Außenprüfung nahm der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) an, dass die betreffenden Bezüge für 1997 in Höhe von 116.000 DM, für 1999 in Höhe von 34.000 DM und für 2000 in Höhe von 49.000 DM als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) anzusehen seien, und erließ entsprechende Steuerbescheide. Die daraufhin von der Klägerin erhobene Klage, die sich gegen die Bescheide für alle Streitjahre richtete, hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen (FG des Saarlandes, Urteil vom 10. Juni 2010 1 K 1178/06). Die Revision gegen sein Urteil hat das FG nicht zugelassen.
Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin geltend, dass die Revision nach § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen sei. Das FA tritt der Nichtzulassungsbeschwerde entgegen.
Entscheidungsgründe
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, soweit sie die Körperschaftsteuer 1998 betrifft, und hinsichtlich der übrigen Streitjahre unbegründet.
1. Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1) oder wenn die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (Nr. 2). Wird auf einen dieser Zulassungsgründe eine Nichtzulassungsbeschwerde gestützt, so muss der Zulassungsgrund in der Beschwerdebegründung dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Fehlt es daran, so ist die Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig; das gilt sinngemäß, wenn es nur im Hinblick auf einzelne Streitgegenstände an einer Darlegung von Zulassungsgründen fehlt. Im Übrigen können bei der inhaltlichen Prüfung der Nichtzulassungsbeschwerde nur die ordnungsgemäß dargelegten Zulassungsgründe berücksichtigt werden.
2. Im Streitfall hat das FA in dem Bescheid für 1998 keine vGA angesetzt. Die Klägerin trägt nicht vor, weshalb im Streitfall unabhängig von der Frage der vGA ein Grund für die Zulassung der Revision vorliegen könnte. Damit hat sie insoweit keinen solchen Grund dargelegt.
3. Hinsichtlich der übrigen Streitjahre liegt keiner der von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe vor.
a) Grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO hat eine Rechtssache, wenn im konkreten Einzelfall eine Rechtsfrage entscheidungserheblich ist, die im Interesse der Allgemeinheit der Klärung bedarf (Senatsbeschluss vom 9. November 2009 I B 77/09, BFH/NV 2010, 472). Daran fehlt es, wenn die in Rede stehende Frage durch die Rechtsprechung des BFH geklärt ist und in diesem Zusammenhang keine noch nicht vom BFH erwogenen Gründe zu Tage treten, die eine erneute Überprüfung der bisherigen Rechtsprechung geboten erscheinen lassen. Diese Situation liegt im Streitfall vor.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des beschließenden Senats unterliegt die Bestimmung der angemessenen Gesamtausstattung von Gesellschafter-Geschäftsführern, um die es im Streitfall geht, keinen festen Regeln. Vielmehr ist der angemessene Betrag im Einzelfall zu schätzen, wobei zu berücksichtigen ist, dass regelmäßig eine Bandbreite von Beträgen als angemessen angesehen werden muss (Senatsurteil vom 4. Juni 2003 I R 38/02, BFHE 202, 500, BStBl II 2004, 139; Rengers in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewebesteuergesetz, § 8 KStG Rz 651, m.w.N.). Die Schätzung obliegt im gerichtlichen Verfahren in erster Linie dem FG (Senatsbeschlüsse in BFH/NV 2010, 472; vom 17. Februar 2010 I R 79/08, BFH/NV 2010, 1307), das dabei jede angemessene Methode der Wertfindung verwenden und zur Ermittlung der maßgeblichen Vergleichswerte u.a. auf Gehaltsstrukturuntersuchungen zurückgreifen darf (Senatsurteil vom 10. Juli 2002 I R 37/01, BFHE 199, 536, BStBl II 2003, 418; Rengers in Blümich, a.a.O., § 8 KStG Rz 651, m.w.N.). An diesen Grundsätzen hat sich das FG im Streitfall orientiert.
bb) Bei Bestellung mehrerer Gesellschafter-Geschäftsführer kann zwar nicht automatisch davon ausgegangen werden, dass nur einer von ihnen ein Geschäftsführergehalt "verdient" und alle anderen nur wie leitende Angestellte entlohnt werden dürfen; das ist höchstrichterlich geklärt (Senatsurteil in BFHE 202, 500, BStBl II 2004, 139). Es ist aber ebenfalls geklärt, dass die als (höchstens) angemessen anzusehende Gesamtausstattung sich regelmäßig auf die Gesamtgeschäftsführung bezieht und dass deshalb bei einem Einsatz mehrerer Gesellschafter-Geschäftsführer ein aus einer Gehaltsstrukturuntersuchung abgeleiteter Vergleichswert nicht stets mit der Zahl der Geschäftsführer multipliziert werden darf (Senatsurteil in BFHE 202, 500, BStBl II 2004, 139). Vielmehr ist in einem solchen Fall schon zur Vermeidung einer Gewinnabsaugung zu prüfen, wie eine mit mehreren Fremdgeschäftsführern bestückte Kapitalgesellschaft ‑‑unter ansonsten vergleichbaren Umständen‑‑ deren Leistungen vergütet hätte. Dabei kann es im Einzelfall sachgerecht sein, einen für die Gesamtgeschäftsführung ermittelten Wert im Ausgangspunkt durch die Zahl der Geschäftsführer zu dividieren; das gilt namentlich dann, wenn ‑‑wie im Streitfall‑‑ die Kapitalgesellschaft unter Berücksichtigung der Geschäftsführervergütungen in oder nahe der Verlustzone operiert. Ein so gefundener Wert darf zwar nicht pauschal als Fremdvergleichswert angesetzt werden (ebenso z.B. Gosch, Körperschaftsteuergesetz, 2. Aufl., § 8 Rz 814); vielmehr ist stets ergänzend zu prüfen, ob er im konkreten Fall im Hinblick auf besondere Aufgaben oder Qualifikationen der Geschäftsführer korrigiert werden muss. Es bedarf aber keiner Klärung durch ein Revisionsverfahren, dass eine so verstandene Ableitung der angemessenen Gesamtausstattung aus einer Gehaltsstrukturuntersuchung in methodischer Hinsicht nicht ausgeschlossen ist.
Vor diesem Hintergrund wirft das angefochtene Urteil keine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage auf. Das FG hat sich dort an dem verfahrensfehlerfrei ermittelten Höchstbetrag für die Gesamtgeschäftsführung orientiert und ergänzend die konkreten Umstände des Streitfalls in den Blick genommen. Nähere Überlegungen zu den Tätigkeiten, dem Einsatz und etwaigen besonderen Qualifikationen der einzelnen Geschäftsführer waren ihm nicht möglich, weil die Klägerin dazu trotz Nachfrage keine Angaben gemacht hat (S. 17 des Urteilsabdrucks). Das entspricht den vom Senat entwickelten Grundsätzen, von denen abzuweichen kein Anlass besteht. Ob die Überlegungen des FG zu einem inhaltlich zutreffenden Ergebnis geführt haben, kann im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht überprüft werden.
4. Ebenso kann die Revision nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen werden. Es kann offenbleiben, ob die insoweit von der Klägerin erhobene Divergenzrüge den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gerecht wird. Denn jedenfalls liegt die in der Beschwerdebegründung geltend gemachte Divergenz nicht vor.
Die Klägerin beruft sich auf ein Urteil des FG Berlin-Brandenburg (vom 16. Januar 2008 12 K 8312/04 B, Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 717), in dem entschieden worden sei, dass bei Bestellung mehrerer Gesellschafter-Geschäftsführer eine im Einzelfall festgestellte angemessene Gesamtvergütung nicht durch die Zahl der Geschäftsführer zu dividieren sei; vielmehr müsse sie zunächst mit der Anzahl der Geschäftsführer multipliziert werden, und erst der so ermittelte Wert sei um einzelfallbezogene Abschläge oder Zuschläge zu korrigieren. Indessen ist das FG Berlin-Brandenburg zwar in dem von ihm beurteilten Fall in dieser Weise vorgegangen. Doch bezieht sich sein Urteil nicht auf einen Sachverhalt, in dem zu den zunächst vorhandenen Gesellschafter-Geschäftsführern in der Folge ‑‑bei ansonsten nicht wesentlich veränderten wirtschaftlichen Rahmendaten‑‑ weitere hinzugetreten sind. Zudem besagt es, dass in jenem Fall der Kapitalgesellschaft nach Abzug der Geschäftsführervergütungen erhebliche Gewinne verblieben sind. In beiden Punkten liegt der Streitfall deshalb anders als der vom FG Berlin-Brandenburg beurteilte. Auf eine Entscheidung über einen anders gelagerten Sachverhalt kann eine Revisionszulassung wegen Divergenz aber nicht gestützt werden (BFH-Beschlüsse vom 21. April 2010 IV B 32/09, BFH/NV 2010, 1469; vom 5. August 2010 IX B 30/10, BFH/NV 2010, 2104; Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 53, m.w.N.).