BFH IX. Senat
FGO § 115 Abs 2 Nr 1, FGO § 118 Abs 2, EStG § 17 Abs 1, EStG § 17 Abs 2, BGB § 1378
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht , 19. Mai 2010, Az: 1 K 11184/05
Leitsätze
1. NV: Überträgt ein Ehegatte zum Ausgleich des wegen der Beendigung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft dem anderen Ehegatten zustehenden Ausgleichsanspruchs eine wesentliche Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft (in Gestalt von Aktien), so liegt darin eine Veräußerung i.S.d. § 17 Abs. 1 EStG .
2. NV: Veräußerungspreis i.S. von § 17 Abs. 2 EStG ist dabei nicht der Wert der Leistung des übertragenden Ehegatten, sondern der Wert der Gegenleistung des Erwerbers, die der Veräußerer durch Abschluss des Veräußerungsgeschäfts erlangt, hier also der des Zugewinnausgleichsanspruchs des anderen Ehegatten .
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Es bleibt dahingestellt, ob ihre Begründung den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht; jedenfalls liegt der vom Beklagten und Beschwerdeführer (Finanzamt ‑‑FA‑‑) geltend gemachte Zulassungsgrund nicht vor.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Die vom FA aufgeworfene Rechtsfrage ist im Streitfall weder klärungsbedürftig noch klärungsfähig; auf bestimmte Umstände des Einzelfalls (z.B. den Wert der übertragenen Wirtschaftsgüter) kommt es in diesem Rahmen nicht an. Nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und damit den Senat bindenden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) Feststellungen des Finanzgerichts (FG) war der zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau, der Beigeladenen, geschlossene notarielle Ehevertrag zivilrechtlich wirksam und stellte auch keinen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten i.S. von § 42 der Abgabenordnung dar.
Aufgrund dieses Vertrages hat der Kläger die Hälfte der ihm als alleinigem Aktionär gehörenden Aktien der AG zum Ausgleich des der Ehefrau infolge der Beendigung des Güterstands der Zugewinngemeinschaft (nunmehr) zustehenden Zugewinnausgleichsanspruchs an diese entgeltlich übertragen und damit i.S. von § 17 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) veräußert; davon geht auch das FA aus. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Annahme des FG vom Vorliegen einer gemischten Schenkung richtig ist; denn jedenfalls nimmt es ‑‑im Ergebnis zutreffend‑‑ hinsichtlich der Aktienübertragung einen entgeltlichen steuerpflichtigen Vorgang an (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 15. Februar 1977 VIII R 175/74, BFHE 121, 340, BStBl II 1977, 389; vom 31. Juli 2002 X R 48/99, BFHE 200, 504, BStBl II 2003, 282). Veräußerungspreis i.S. von § 17 Abs. 2 EStG ist dabei der Wert der Gegenleistung des Erwerbers, die der Veräußerer durch Abschluss des Veräußerungsgeschäfts am maßgebenden Stichtag erlangt (vgl. BFH-Urteile vom 2. April 2008 IX R 73/04, BFH/NV 2008, 1658; vom 20. Juli 2010 IX R 45/09, BFHE 230, 380, BStBl II 2010, 969). Das ist demnach nicht der Wert der Leistung des Klägers (Aktien), sondern der des Zugewinnausgleichsanspruchs der beigeladenen Ehefrau, zu dessen Erfüllung die Aktien übertragen wurden (so auch das FG); dieser Wert ist im Ehevertrag exakt und verbindlich festgelegt worden.