BFH V. Senat
UStG § 17, FGO § 115 Abs 2 Nr 3, FGO § 126 Abs 4, FGO § 127, FGO § 115 Abs 2 Nr 1, FGO § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 2, UStG § 10 Abs 1
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht , 25. August 2009, Az: 16 K 87/09
Leitsätze
1. NV: Es ist durch die BFH-Rechtsprechung bereits geklärt, dass sich die Bemessungsgrundlage für eine durch einen Unternehmer ausgeführte Leistung nicht dadurch mindert, dass der Unternehmer die Forderung aus dem der Leistung zugrunde liegenden Umsatzgeschäft gegen einen unter dem Nennwert der Forderung liegenden Forderungskaufpreis abtritt und dass sich weiter das Entgelt für die Leistung nach den Zahlungen der Kunden des Unternehmers an den Forderungserwerber richtet .
2. NV: Ein Verfahrensfehler ist unbeachtlich, wenn sich das angefochtene Urteil in entsprechender Anwendung von § 126 Abs. 4 FGO aus anderen als den vom FG angeführten Gründen als richtig erweist .
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war als Anwalt unternehmerisch tätig und versteuerte seine Umsätze nach vereinnahmten Entgelten. Er trat einen Honoraranspruch gegen Y an die in Großbritannien ansässige X-Ltd ab, deren Anteile er hielt. Der Kläger ging davon aus, dass er aufgrund der Abtretung als Treuhänder für die X-Ltd als Treugeber zur Einziehung der abgetretenen Forderung berechtigt sei, ohne dass er insoweit einen gegenüber Y erbrachten Umsatz zu versteuern habe. Der Kläger erwirkte für die Forderung ein rechtskräftiges Urteil und vereinnahmte den Forderungsbetrag auf einem Fremdgeldkonto.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) vertrat die Auffassung, dass der Kläger eine Gegenleistung für eine von ihm erbrachte umsatzsteuerpflichtige Leistung vereinnahmt habe und setzte dementsprechend Umsatzsteuer fest. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) stützte die Klageabweisung darauf, dass der Kläger bereits nicht nachgewiesen habe, dass die Forderungsabtretung tatsächlich erfolgt sei. Nach dem Wortlaut der mit der X-Ltd getroffenen Vereinbarung sei der Kläger Forderungsinhaber geblieben. Selbst wenn eine Forderungsabtretung vorläge, habe der Kläger aber zumindest die Forderung vereinnahmt. Es lägen keine Anhaltspunkte für ein echtes Factoring vor. Beim unechten Factoring sei der Kläger weiterhin Forderungsinhaber.
Mit seiner Beschwerde macht der Kläger geltend, dass die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑) und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) zuzulassen sei. Es sei von grundsätzlicher Bedeutung, "ob von einem Treuhänder für einen Treugeber vereinnahmtes Festgeld steuerrechtlich dem Treuhänder oder dem Treugeber zuzurechnen" sei. Es sei weiter zu klären, "ob trotz regressloser entgeltlicher Übertragung einer Forderung auf eine juristische Person, die daraus resultierenden Einkünfte gleichwohl dem ursprünglichen Forderungsinhaber zuzurechnen" seien. Das FG habe, wenn es für seine Auffassung die die Sollbesteuerung betreffende Entscheidung vom 27. Mai 1987 X R 2/81 (BFHE 150, 375, BStBl II 1987, 739) zitiere, auch nicht berücksichtigt, dass er seine Umsätze nach vereinnahmten Entgelten zu versteuern habe. Weiter habe das FG mehrfach seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, so dass ein Verfahrensfehler vorliege (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unbegründet und war daher zurückzuweisen.
1. Die Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) zuzulassen.
Es ist durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) bereits geklärt, dass sich die Bemessungsgrundlage für eine durch einen Unternehmer ausgeführte Leistung nicht dadurch mindert, dass der Unternehmer die Forderung aus dem der Leistung zugrunde liegenden Umsatzgeschäft gegen einen unter dem Nennwert der Forderung liegenden Forderungskaufpreis abtritt und dass sich weiter das Entgelt für die Leistung nach den Zahlungen der Kunden des Unternehmers an den Forderungserwerber richtet (BFH-Urteil vom 6. Mai 2010 V R 15/09, BFH/NV 2010, 1950; ebenso bereits zuvor BFH-Urteil in BFHE 150, 375, BStBl II 1987, 739). Der Unternehmer, der die Leistung erbracht hat, hat diese auch dann zu versteuern, wenn er seinen Anspruch auf die Gegenleistung, die sich aus Entgelt und Steuerbetrag zusammensetzt, abtritt. Auf den Rechtsgrund der Abtretung kommt es dabei nicht an. Dementsprechend ist nicht klärungsbedürftig, sondern bereits geklärt, dass der Unternehmer, der eine Forderung für eine von ihm erbrachte Leistung abtritt, das Entgelt auch dann im Umfang der von seinem Kunden entrichteten Zahlung zu versteuern hat, wenn er die Forderung als Treuhänder für den Zessionar als Treugeber vereinnahmt.
2. Auf den geltend gemachten Verfahrensfehler kam es nicht an.
Der Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO steht insoweit in entsprechender Anwendung von § 126 Abs. 4 FGO (vgl. BFH-Beschlüsse vom 29. Juli 1994 VIII B 71/93, BFH/NV 1995, 118; vom 15. Dezember 2004 X B 116/04, BFH/NV 2005, 715; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, § 115 Rz 98, m.w.N.) entgegen, dass sich das angefochtene Urteil aus anderen als den vom FG angeführten Gründen als richtig erweist.
Nach dem Senatsurteil in BFH/NV 2010, 1950 hat der Unternehmer die Leistung auch dann nach dem von seinem Leistungsempfänger (hier: Y) entrichteten Entgelt zu versteuern, wenn er den Anspruch auf das Entgelt an einen Dritten (hier: X-Ltd) abtritt. Dies gilt nach diesem Senatsurteil auch für den Fall der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten. Besteht somit kein rechtlicher Gesichtspunkt, der es rechtfertigen könnte, den Kläger abweichend von den von Y geleisteten Zahlungen zu besteuern, kommt es somit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt auf die gerügten Verfahrensfehler an.
3. Auch der Erlass des Änderungsbescheides führt nicht zur Begründetheit der Beschwerde.
Ergeht während des Verfahrens über eine zulässige, aber unbegründete Nichtzulassungsbeschwerde ein Änderungsbescheid, ist die Vorentscheidung entsprechend § 127 FGO aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen. Die Vorentscheidung ist aber nicht entsprechend § 127 FGO aufzuheben, wenn der Änderungsbescheid keine gegenüber den bisherigen Belastungen verbösernde Entscheidung enthält oder diese Entscheidung nicht streitig ist (z.B. BFH-Beschlüsse vom 31. März 2006 V B 13/04, BFH/NV 2006, 1492; vom 8. Februar 2007 IV B 138/05, BFH/NV 2007, 1326).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Umsatzsteuerjahresbescheid vom 29. Oktober 2009 hat den angefochtenen Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid II/2008 ersetzt und ist nach § 68 FGO zum Verfahrensgegenstand geworden (BFH-Beschlüsse vom 15. Oktober 2008 X B 60/07, BFH/NV 2009, 205; vom 29. Oktober 2004 XI B 213/02, BFH/NV 2005, 566). Kläger und FA haben erklärt, dass sich durch den Erlass des Umsatzsteuerjahresbescheides der Streitgegenstand nicht geändert habe.