BFH II. Senat
ErbStG § 3 Abs 1 Nr 1, ErbStG § 9 Abs 1 Nr 1, ErbStG § 10 Abs 5, ErbStG § 11, BGB § 133, BGB § 157, BGB § 2048, BGB § 2150, FGO § 116 Abs 7 S 1, VwZG § 5 Abs 2, ErbStG § 12 Abs 1, BewG § 9 Abs 1, BGB § 2047 Abs 1, BGB § 2049, BGB § 2087 Abs 1, FGO § 57
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht , 24. Juni 2008, Az: 3 K 310/05
Leitsätze
1. NV: Bei einer Teilungsanordnung, durch die der Erblasser unter Ausschluss einer Ausgleichspflicht einem von mehreren Miterben Gegenstände zuweist, die wertvoller sind, als dies dem Erbteil des Miterben entspricht, liegt eine reine Teilungsanordnung vor, soweit eine Anrechnung auf den Erbteil des Miterben möglich ist, und in Höhe des Mehrwerts ein Vorausvermächtnis .
2. NV: Am Todestag noch nicht entstandene Steuerschulden sind nicht als Nachlassverbindlichkeiten abziehbar .
3. NV: Ein klageabweisendes Sachurteil statt eines Prozessurteils begründet grundsätzlich keine Beschwer für den obsiegenden Beklagten .
Tatbestand
I. Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) und ihre Schwestern S1 und S2 beerbten aufgrund des notariell beurkundeten Testaments vom 26. Juli 1991 ihren am … Februar 1993 verstorbenen Vater (V), der sie zu gleichen Teilen als Erben eingesetzt hatte. V traf dazu in Abschn. I. "Erbeinsetzung" des Testaments folgende Verfügung: "Diese Erbeinsetzung gilt für diejenigen Nachlassgegenstände, über die ich nicht durch Teilungsanordnung und Vermächtnisse verfügt habe, auch für meine im Ausland befindlichen Vermögenswerte, sofern ich für diese keine Einzelanordnungen getroffen habe."
Unter der Überschrift "Teilungsanordnungen" (Abschn. II. des Testaments) verfügte V, dass die Klägerin seinen im Zeitpunkt seines Ablebens noch vorhandenen Grundbesitz in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) sowie die Beteiligungen an inländischen gewerblichen Vermögensanlagegesellschaften mit den im Zeitpunkt seines Ablebens darauf noch ruhenden Lasten und Belastungen erhalte. Um den übertragenen Grundbesitz und die Beteiligungen ordnungsgemäß verwalten zu können, sollte die Klägerin zusätzlich 10 %, maximal 500.000 DM, seines in der Bundesrepublik befindlichen, aus Barvermögen, Wertpapieren und sonstigen nicht grundstücksbezogenen Anlagen bestehenden Barvermögens erhalten. Von dem danach verbleibenden Barvermögen sollten S1 55 % und S2 45 % erhalten. Die unterschiedliche Aufteilung des Barvermögens sollte sich daraus rechtfertigen, dass S2 zusätzlich aus dem Vermögen der Ehefrau des V bedacht werden sollte. Darüber hinaus setzte V mehrere Vermächtnisse zugunsten seiner Ehefrau und Enkel sowie von Dritten aus.
Im Vorwort des Testaments führte V u.a. aus, er habe keines der Kinder benachteiligen wollen, hoffe jedoch andererseits, dass seine Kinder insbesondere die von ihm vorgenommene Teilungsanordnung akzeptieren, wobei er klarstelle, dass es neben der Teilungsanordnung zu keiner weiteren Erbauseinandersetzung unter den Erben auf der Basis dieses Testaments kommen dürfe. Sollten seine Kinder dieses Testament und die getroffenen Teilungsanordnungen ohne weitere Ausgleichsverpflichtungen nicht akzeptieren, so hätten sie nur die Möglichkeit, die Erbschaft auszuschlagen. Bei demjenigen Kind, das die Erbschaft ausschlage, seien bei der dann vorzunehmenden Pflichtteilsberechnung auch die Vermögenswerte hinzuzurechnen, die es zu Lebzeiten von ihm geschenkt erhalten habe.
Der Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) setzte die Erbschaftsteuer gegen die drei Erbinnen durch Bescheide vom 24. Mai 1994 aufgrund eines steuerpflichtigen Erwerbs von jeweils … DM auf je … DM fest. Bei der Ermittlung des Nachlasswerts setzte das FA folgende Werte an:
DM
Grundvermögen
...
inländische gewerbliche Personengesellschaften
...
Kontoguthaben + Depot
...
USA-Firmenbeteiligungen
...
Gesamtwert des Vermögens
...
Nachlassverbindlichkeiten
./. ...
Vermächtnisse
./. ...
Reinwert des Nachlasses
...
1/3 Erbanteil
...
…
Während die gegen S1 und S2 ergangenen Erbschaftsteuerbescheide durch Rücknahme der zunächst eingelegten Einsprüche bestandskräftig wurden, führte die Klägerin das Einspruchsverfahren fort, auch nachdem das FA eine Erhöhung der festgesetzten Steuer angekündigt hatte. Das FA setzte die Erbschaftsteuer gegen die Klägerin im "Einspruchsbescheid" vom 10. Juni 2005 auf … DM = … € fest. Es nahm dabei an, die Teilungsanordnung habe dazu geführt, dass die Erbquoten der drei Schwestern nicht jeweils 1/3 betragen hätten, sondern je 55/155 für die Klägerin und S1 sowie 45/155 für S2. S1 und S2 hätten nämlich das nach Abzug des der Klägerin zustehenden Anteils verbleibende Barvermögen im Verhältnis 55 zu 45 erhalten sollen. Die Klägerin habe insgesamt wertmäßig den gleichen Anteil wie S1 bekommen sollen. Der Nenner betrage daher 55 + 55 + 45 = 155. Das FA nahm ferner an, der Wert der Firmenbeteiligungen in den USA belaufe sich auf … DM, der Ansatz eines Vermächtnisses im Wert von … DM entfalle und die Verbindlichkeiten betrügen lediglich … DM (Berichtigung eines Rechenfehlers).
Die Steuer errechnet sich danach wie folgt:
DM
Grundvermögen
...
inländische gewerbliche Personengesellschaften
...
Kontoguthaben + Depot
...
USA-Firmenbeteiligungen
...
Gesamtwert des Vermögens
...
Nachlassverbindlichkeiten
./.
...
Vermächtnisse
./.
...
Reinwert des Nachlasses
...
abgerundet
...
Anteil der Klägerin 55/155
...
Freibetrag
./. 90.000,00
...
abgerundet
. . .
Steuersatz 14 %
Steuer
...
Die Einspruchsentscheidung wurde der Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin, einer Steuerberatungsgesellschaft, mit Empfangsbekenntnis zugestellt. Das von einem Mitglied der Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin unterzeichnete Empfangsbekenntnis weist mit einem handschriftlichen Eintrag als Empfangsdatum den 11. Juni 2005 (Samstag) aus und ist am 13. Juni 2005 beim FA eingegangen. Die Klage wurde am 13. Juli 2005 beim Finanzgericht (FG) erhoben.
Mit der Klage beantragte die Klägerin, die Erbschaftsteuer auf 250.953,42 DM herabzusetzen, und führte zur Begründung insbesondere aus, die vom Erblasser verfügten Teilungsanordnungen stellten bei zutreffender Beurteilung Vorausvermächtnisse dar. Dieser Ansicht sei auch das Oberlandesgericht (OLG B) in dem im Klageverfahren der S1 gegen den Testamentsvollstrecker ergangenen Urteil vom 22. November 2002 … gewesen. In diesem Verfahren hatte S1 beantragt, dem Testamentsvollstrecker eine Veräußerung oder Belastung der in den Nachlass gefallenen Grundstücke zu untersagen.
Das OLG B hatte diese Klage mit der Begründung abgewiesen, V habe der Klägerin im vorliegenden steuergerichtlichen Verfahren die Nachlassgrundstücke entgegen dem Wortlaut des Testaments durch Vorausvermächtnisse (§ 2150 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ‑‑BGB‑‑) zugewandt und darüber nicht durch Teilungsanordnung nach § 2048 BGB verfügt. Dies folge aus dem Gesamtzusammenhang der im Testament getroffenen Regelungen und aus dem darin klar zum Ausdruck gebrachten Erblasserwillen. V habe danach keine Teilungsanordnungen mit etwaigen Ausgleichsverpflichtungen gegenüber den anderen Erbinnen verfügen wollen. Er habe mit den Ausführungen in der Einleitung des Testaments Auseinandersetzungen unter den Erben vermeiden und Ausgleichsverpflichtungen ausschließen wollen. Die Ansicht der S1, dem V sei es primär darauf angekommen, dass sein Nachlass gleichmäßig verteilt werde, finde im Testament keine Stütze. Die Auslegung der Teilungsanordnungen als Vorausvermächtnisse werde auch dadurch gestützt, dass der beurkundende Notar in einem Schreiben erklärt habe, dass V die von ihm getroffene Teilungsanordnung als Vorausvermächtnis angesehen habe und sich bewusst gewesen sei, dass es bei der im Testament vorgenommenen Aufteilung zu Ungerechtigkeiten bezüglich der Vermögenswerte kommen könne. Es sei jedoch sein ausdrücklicher Wunsch gewesen, dass seine Kinder diese Testamentsanordnung ohne die Möglichkeit von Streitigkeiten über die Bewertung einzelner Vermögenspositionen akzeptieren sollten. Dieses Ziel des V wäre aber beim Bestehen von Ausgleichsverpflichtungen nicht zu erreichen gewesen.
Dass V eine Anrechnung des durch die Teilungsanordnungen Zugewandten auf den Erbteil nicht gewollt habe, ergebe sich auch aus der scheinbaren Beschränkung der Erbeinsetzungen in Abschn. I. des Testaments. V habe damit zum Ausdruck bringen wollen, dass wirtschaftlich nur das nicht durch Teilungsanordnungen und Vermächtnisse betroffene Vermögen den Erbinnen nach dem Verhältnis ihrer Erbteile zufließen solle, während im Übrigen allein die von ihm getroffenen besonderen Bestimmungen über die reale und die wertmäßige Aufteilung des Nachlasses maßgebend sein sollten. Der Auffassung der S1, die Grundstückszuwendungen seien nur zu dem die Erbquote der Klägerin übersteigenden Teil als Vorausvermächtnis und im Übrigen als Teilungsanordnung anzusehen, könne nicht gefolgt werden. Eine Zuwendung könne allenfalls dann zu einem Teil Vorausvermächtnis und zu einem anderen Teil Teilungsanordnung sein, wenn besondere Gründe dafür ersichtlich seien, dass von der Aufteilung der einheitlich getroffenen Verfügung in die mit unterschiedlichen rechtlichen Voraussetzungen und Wirkungen ausgestalteten Institute von Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis ausgegangen werden könne. Derartige Gründe seien hier nicht zu erkennen. Vielmehr habe V die Nachlassgrundstücke und einen Teil des Barvermögens der Klägerin und das restliche Barvermögen der S1 und der S2 einheitlich als Vorausvermächtnisse zugewandt. Der Klägerin stehe somit gegen den Testamentsvollstrecker ein Anspruch auf Erfüllung der ihr zugewendeten Grundstücksvorausvermächtnisse zu, ohne dass sich daraus eine Ausgleichspflicht oder Einzahlungspflicht in den Nachlass ergebe.
Die Klägerin berechnete die nach ihrer Ansicht festzusetzende Erbschaftsteuer wie folgt:
DM
Grundvermögen
...
inländisches gewerbliches Vermögen
...
USA-Vermögenswerte
(1/3 von ... DM
...
Barvermögen
...
Gesamtwert (rechnerisch rich-
tig: ... DM)
...
Nachlassverbindlichkeiten
./. ...
Erwerb
...
Freibetrag
./. 90.000,00
steuerpflichtiger Erwerb
...
Steuersatz 12 %
Steuer
...
Bei den Nachlassverbindlichkeiten berücksichtigte die Klägerin u.a. Vermächtnisse von insgesamt …DM sowie Steuerschulden von zusammen … DM, davon … DM Steuer für die nach dem Eintritt des Erbfalls erfolgte Entnahme eines Grundstücks aus dem Betriebsvermögen.
Das FG wies die Klage durch das in Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2009, 1258 veröffentlichte Urteil ab. Die Klägerin habe sie rechtzeitig erhoben. Es stehe zur vollen Überzeugung des Senats fest, dass die Einspruchsentscheidung zwar bereits am 11. Juni 2005 im Büro des Klägervertreters eingegangen sei, dieser aber erst am 13. Juni 2005 davon Kenntnis genommen habe. Der Klägervertreter habe überzeugend vorgetragen, dass die Angestellte im Rahmen ihrer Urlaubsvertretung das Empfangsbekenntnis am Montag, den 13. Juni 2005, vorgefunden habe. Dies werde auch durch die eidesstattliche Versicherung der Angestellten bestätigt. Dass darin als Datum des Eingangs der 13. Juli 2005 genannt sei, werde als unbeachtliches Schreibversehen gewertet. Im Posteingangs- und Fristenkontrollbuch sei als Eingangsdatum der 13. Juni 2005 eingetragen worden. Aufgrund der Urlaubsvertretung sei zudem glaubhaft, dass im Empfangsbekenntnis der am 11. Juni 2005 tatsächlich erfolgte Eingang beim Büro vermerkt worden sei. Somit sei von einer tatsächlichen Kenntnisnahme des Klägervertreters erst am Montag, den 13. Juni 2005, auszugehen.
Die Klage sei aber unbegründet. Wie das FA zu Recht angenommen habe, hätten die von V getroffenen Verfügungen von Todes wegen dazu geführt, dass die Klägerin Miterbin nicht nur zu 1/3, sondern zu 55/155 geworden sei. Bei der testamentarischen Regelung handele es sich nicht um erbschaftsteuerrechtlich zu beachtende Vorausvermächtnisse, sondern um eine quotenbestimmende Teilungsanordnung, die zu einer Verschiebung der vorgesehenen Erbquoten geführt habe und der keine erbschaftsteuerrechtliche Bedeutung zukomme. Es bestünden keine Anhaltspunkte, dass V den Töchtern hinsichtlich des ausdrücklich zugeordneten Vermögens die bei Vermächtnissen bestehende schuldrechtliche Stellung habe einräumen wollen. Vielmehr sei er von einer Akzeptanz der gesamten Regelung oder einer Ausschlagung der Erbschaft ausgegangen. Eine Bindung an die Testamentsauslegung durch das OLG B bestehe nicht.
Nach § 2087 Abs. 1 BGB liege eine Erbeinsetzung auch dann vor, wenn der Erblasser sein Vermögen oder einen Bruchteil davon einem Bedachten zuwende. Dies sei auch der Fall, wenn der Bedachte nicht ausdrücklich als Erbe bezeichnet sei. Eine Erbeinsetzung sei demnach durch Zuweisung von Vermögensgruppen auf mehrere Personen als Erben entsprechend dem Verkehrswert der zugewiesenen Vermögensgegenstände möglich. Eine solche Erbeinsetzung werde regelmäßig dann angenommen, wenn der Erblasser den Bedachten diejenigen Gegenstände zugewiesen habe, die nach seiner Vorstellung bei Testamentserrichtung nahezu das gesamte Vermögen ausgemacht hätten. Dann sei davon auszugehen, dass der Erblasser durch die in dieser Weise bedachten Personen seine wirtschaftliche Stellung fortgesetzt wissen wolle.
Für die Abgrenzung zwischen Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis sei entscheidend, ob die zu beurteilende Regelung zu einer Wertverschiebung bei der Erbquote führe. Habe ein Erblasser einem Miterben Gegenstände zugewiesen, deren Wert objektiv höher sei, als diesem seiner Quote nach bei der Auseinandersetzung zukäme, so komme es darauf an, ob der Erblasser subjektiv dem durch die Anordnung begünstigten Miterben zusätzlich zu seinem Erbteil auch noch den Mehrwert habe zuwenden wollen (dann Vorausvermächtnis) oder ob nach seinem Willen eine Wertverschiebung dadurch ausgeschlossen sein sollte, dass der Bedachte hinsichtlich des Mehrwerts den übrigen Miterben einen Wertausgleich aus seinem eigenen Vermögen zahlen müsse.
Für das Vorliegen einer Erbeinsetzung spreche aber, wenn praktisch über das gesamte Vermögen verfügt worden sei. Dann könne sich eine mit einer Teilungsanordnung verbundene Erbeinsetzung ergeben, wobei sich die jeweilige Erbquote aus dem Verhältnis der Werte der zugewendeten Vermögensteile zum Wert des gesamten Nachlasses ergebe. Hierbei seien die Vorstellungen des Erblassers im Zeitpunkt der Testamentserrichtung maßgebend.
Bei den von V im Testament unter "Teilungsanordnung" getroffenen Regelungen handele es sich nicht um Vorausvermächtnisse zugunsten der jeweiligen Erbinnen, sondern um eine quotenbestimmende Teilungsanordnung. Zwar habe V eine Erbeinsetzung zu gleichen Teilen nach Köpfen vorgenommen, aber gleichzeitig geregelt, wie das Vermögen verteilt werden solle, und dabei den Töchtern Vermögensgegenstände ohne Rücksicht auf deren Wert zugewiesen. Ausgleichspflichten habe V ausdrücklich ausgeschlossen. Solche entstünden jedoch typischerweise bei einer Erbeinsetzung und einer Vermächtnisregelung. Ausgeschlossen werden könne eine Ausgleichspflicht jedoch durch eine quotenbestimmende Teilungsanordnung, da hierdurch die Erbquoten verbindlich festgelegt würden.
V habe im Rahmen der Teilungsanordnungen nahezu über sein gesamtes Vermögen verfügt. Die aktiven Nachlassgegenstände hätten einen Verkehrswert von weit über … Mio. DM gehabt. Der Wert des USA-Vermögens habe lediglich 1,3 Mio. DM betragen und trete daher wertmäßig zurück. Eine Erbanwachsung nach Köpfen habe danach von vornherein nicht erfolgen sollen. Die von V bestimmten Erbquoten könnten folglich der Besteuerung nicht zu Grunde gelegt werden. Es habe sich nur eine geringe Verschiebung der Erbquote für die Klägerin von 33 1/3 zu 35,48 % ergeben.
Die Klägerin macht mit der Revision geltend, V habe ihr den inländischen Grundbesitz und die Beteiligungen an inländischen gewerblichen Vermögensgesellschaften einschließlich der darauf ruhenden Belastungen und Schulden sowie einen Teil des Barvermögens durch Vorausvermächtnisse zugewendet. Eine Teilungsanordnung liege entgegen dem Wortlaut des Testaments nicht vor. V habe erkannt, dass seine unter Abschn. II. des Testaments vorgenommene Aufteilung eines Teils des Nachlasses nicht der von ihm angeordneten Erbquote entsprochen habe. Ausgleichspflichten habe er dennoch ausgeschlossen, nicht zuletzt auch im Hinblick auf die letztwillige Verfügung seiner Ehefrau zugunsten der S2. Eine quotenbestimmende Teilungsanordnung gebe es nach herrschender Meinung nicht. Die Revision des FA sei unbegründet. Die Klage sei nicht verspätet erhoben worden.
Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Steuerfestsetzung unter Änderung des Steuerbescheids vom 24. Mai 1994 in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahingehend abzuändern, dass ein steuerpflichtiger Erwerb von 2.091.278,48 DM angesetzt wird.
Das FA beantragt mit seiner Revision, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage wegen verspäteter Einlegung abzuweisen. Die Klägerin habe nicht hinreichend nachgewiesen, dass ihr seinerzeitiger Verfahrensbevollmächtigter das Empfangsbekenntnis nicht bereits am 11. Juni 2005, sondern erst am 13. Juni 2005 unterzeichnet habe. Zudem komme es für den Fristbeginn nicht auf die Kenntnisnahme durch den Prozessbevollmächtigten, sondern allein auf den bereits am 11. Juni 2005 erfolgten tatsächlichen Zugang in dessen Büro an.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision des FA ist als unzulässig zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).
1. Der Statthaftigkeit der Revision des FA steht zwar nicht entgegen, dass lediglich die Klägerin Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision in der Vorentscheidung eingelegt hatte. Die Zulassung der Revision durch den Bundesfinanzhof (BFH) gemäß § 116 Abs. 7 Satz 1 FGO wirkt nicht nur zugunsten des Beschwerdeführers, sondern zugunsten aller Beteiligter des finanzgerichtlichen Verfahrens (§ 57 FGO), wie es sich aus der Regelung in § 116 Abs. 7 Satz 2 FGO über den Beginn der Revisions- und der Revisionsbegründungsfrist für die übrigen Beteiligten ergibt (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 6. Aufl., § 116 Rz 71; Lange in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 116 FGO Rz 305; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 116 FGO Rz 86; Beermann in Beermann/Gosch, FGO § 116 Rz 118).
2. Die Revision des FA ist aber unzulässig, weil es nicht dadurch beschwert ist, dass das FG die Klage durch Sachurteil und nicht, wie es das FA für richtig hält, durch Prozessurteil abgewiesen hat (Gräber/Ruban, a.a.O., Vor § 115 Rz 19; Lange, a.a.O., Vor §§ 115 bis 134 FGO Rz 22; Seer, a.a.O., Vor § 115 FGO Rz 22).
Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision des FA ist u.a., dass es durch das angefochtene Urteil des FG beschwert ist. Dabei kommt es nicht auf die formelle, sondern die materielle Beschwer an. Materiell beschwert ist das FA, wenn der rechtskraftfähige Inhalt der angefochtenen Entscheidung für das FA nachteilig ist (BFH-Beschluss vom 11. Dezember 1990 IX R 158/86, BFH/NV 1991, 391). Ein klageabweisendes Sachurteil statt eines Prozessurteils begründet grundsätzlich keine Beschwer für den obsiegenden Beklagten, da die Rechtskraft des in der Sache abweisenden Urteils umfassender ist als eine Abweisung wegen Unzulässigkeit der Klage. Ob dieser Grundsatz Ausnahmen kennt, wie für den Zivilprozess in der Literatur verschiedentlich angenommen wird (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 28. Aufl., Vor § 511 Rz 20, m.w.N.), kann auf sich beruhen, weil die Sachabweisung gegenüber der Prozessabweisung dem FA im vorliegenden Verfahren unter keinem Gesichtspunkt zum Nachteil gereicht. Eine Wiederholung der Klage ist bei einer Abweisung der Klage als unbegründet ausgeschlossen. Ein besseres Ergebnis kann das FA durch Abweisung der Klage als unzulässig nicht erreichen (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Juni 1977 I C 20.74, Die Öffentliche Verwaltung 1977, 784).
III.
Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
1. Die Annahme des FG, die Klage sei fristgerecht erhoben worden, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
a) Da das FA die Einspruchsentscheidung nicht mit einfachem Brief bekannt gegeben, sondern gemäß § 122 Abs. 5 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) die Zustellung angeordnet hatte, richtet sich die Zustellung nach den Vorschriften des im Juni 2005 noch geltenden Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) vom 3. Juli 1952 (BGBl I 1952, 379), das zuletzt durch Art. 2 des Gesetzes vom 25. Juni 2001 (BGBl I 2001, 1206) geändert worden war. Bei der vom FA gewählten Form der Zustellung durch Empfangsbekenntnis bringt das datierte und unterschriebene Empfangsbekenntnis nach § 5 Abs. 2 VwZG den vollen Beweis dafür, dass das darin bezeichnete Schriftstück an dem vom Empfänger angegebenen Tag tatsächlich zugestellt worden ist. Bei einer Zustellung gegen Empfangsbekenntnis ist nicht der Zeitpunkt des Eingangs des zuzustellenden Schriftstücks im Büro des Bevollmächtigten entscheidend, sondern die Kenntnisnahme des Adressaten von der Zustellung. Das ausgefüllte Empfangsbekenntnis dient dem Nachweis des Zeitpunkts, zu dem der Empfänger von dem Zugang des zuzustellenden Schriftstücks Kenntnis erlangt hat und bereit gewesen ist, dieses entgegenzunehmen und zu behalten (BFH-Urteil vom 31. Oktober 2000 VIII R 14/00, BFHE 193, 392, BStBl II 2001, 156, m.w.N.).
Der im Empfangsbekenntnis angegebene Zustelltag ist nicht maßgebend, wenn er nachgewiesenermaßen unrichtig ist. Der Gegenbeweis ist nicht schon dann erbracht, wenn nur die Möglichkeit der Unrichtigkeit besteht, die Richtigkeit also nur erschüttert ist; vielmehr muss die Unrichtigkeit zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen (BFH-Urteil in BFHE 193, 392, BStBl II 2001, 156; BFH-Beschluss vom 23. Februar 2006 IX B 206/05, BFH/NV 2006, 1667). Unter welchen näheren Voraussetzungen ein Gericht von der Unrichtigkeit überzeugt zu sein hat, lässt sich nicht allgemein bestimmen, sondern ist Inhalt der jeweiligen tatrichterlichen Überzeugungsbildung (BFH-Urteil in BFHE 193, 392, BStBl II 2001, 156, m.w.N.).
b) Das FG ist von diesen Grundsätzen ausgegangen und aufgrund einer Tatsachen- und Beweiswürdigung zu der Überzeugung gelangt, dass die Einspruchsentscheidung bereits am 11. Juni 2005 im Büro des Klägervertreters eingegangen sei, dieser jedoch erst am 13. Juni 2005 hiervon Kenntnis genommen habe. Dabei handelt es sich um tatsächliche Feststellungen, an die der BFH nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist.
aa) Die Tatsachen- und Beweiswürdigung des FG bindet den BFH auch dann, wenn sie nicht zwingend, sondern nur möglich ist (BFH-Urteile vom 5. September 2000 IX R 33/97, BFHE 192, 559, BStBl II 2000, 676; vom 27. Oktober 2005 IX R 76/03, BFHE 212, 360, BStBl II 2006, 359, unter II.2.a; vom 19. März 2009 IV R 45/06, BFHE 225, 334, BStBl II 2009, 902, unter II.2., und vom 9. Dezember 2009 II R 52/07, BFH/NV 2010, 824, unter II.2.a aa). Sie ist nur dann für den BFH nicht verbindlich, wenn eine zulässige und begründete Verfahrensrüge erhoben wurde oder Verstöße gegen Denkgesetze oder gesichertes Erfahrungswissen vorliegen oder die Tatsachen- und Beweiswürdigung widersprüchlich, lückenhaft oder unklar ist oder ihr zu hohe Anforderungen an die Überzeugungsbildung zugrunde liegen (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 212, 360, BStBl II 2006, 359, unter II.2.a, in BFHE 225, 334, BStBl II 2009, 902, unter II.2., und in BFH/NV 2010, 824, unter II.2.a aa).
bb) Derartige Gründe, die in Bezug auf den Zeitpunkt der Zustellung der Einspruchsentscheidung zum Wegfall der auf § 118 Abs. 2 FGO beruhenden Bindungswirkung der vom FG getroffenen Feststellungen führen würden, hat das FA nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich. Die Bindungswirkung entfällt nicht deshalb, weil das FG möglicherweise auch zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können.
2. Das FG hat das Testament zu Unrecht dahingehend ausgelegt, V habe die Klägerin und S1 jeweils mit Erbquoten von 55/155 und S2 mit einer Erbquote von 45/155 zu seinen Erbinnen eingesetzt. Die Testamentsauslegung durch das FG ist in diesem Punkt für den BFH nicht nach § 118 Abs. 2 FGO verbindlich.
a) Die Auslegung von Willenserklärungen durch das FG ist zwar eine Tatsachenfeststellung i.S. von § 118 Abs. 2 FGO. Der BFH als Revisionsinstanz ist aber nicht gehindert, die Auslegung des FG daraufhin zu überprüfen, ob die gesetzlichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB), die Denkgesetze und die allgemeinen Erfahrungssätze zutreffend angewandt worden sind, d.h. ob die Auslegung jedenfalls möglich ist (BFH-Urteile vom 10. Oktober 2002 VI R 13/01, BFHE 200, 363, BStBl II 2003, 156, unter II.3.a; vom 25. Februar 2009 IX R 76/07, BFH/NV 2009, 1268, unter II.2., und vom 9. Dezember 2009 X R 41/07, BFH/NV 2010, 860, unter II.3.b).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), der sich der erkennende Senat anschließt, ist bei der Auslegung eines jeden Testaments der wirkliche Wille des Erblassers zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften (§ 133 BGB). Dabei darf sich der Tatrichter nicht auf eine Analyse des Wortlauts beschränken, sondern muss auch alle ihm zugänglichen Umstände außerhalb des Testaments auswerten, die zur Aufdeckung des Erblasserwillens beitragen können. Dabei geht es nicht um die Ermittlung eines von der Erklärung losgelösten Willens, sondern um die Klärung der Frage, was der Erblasser mit seinen Worten sagen wollte. Dem liegt die Erkenntnis zugrunde, dass der Sprachgebrauch nicht immer so exakt ist oder sein kann, dass der Erklärende mit seinen Worten genau das unmissverständlich wiedergibt, was er zum Ausdruck bringen wollte. Gerade deshalb ordnet § 133 BGB an, den Wortsinn der benutzten Ausdrücke unter Heranziehung aller Umstände zu "hinterfragen". Nur dann kann die Auslegung der Erklärung durch den Richter gerade die Bedeutung auffinden und ihr die rechtliche Wirkung zukommen lassen, die der Erklärende seiner Willenserklärung "wirklich" beilegen wollte. Der Erblasserwille geht, wenn er feststeht und formgerecht erklärt ist, jeder anderen Interpretation vor. Kann der Richter sich aber trotz Auswertung aller Umstände von dem tatsächlich vorhandenen wirklichen Willen des Erblassers nicht überzeugen, dann muss er sich ‑‑wiederum unter Auswertung von Wortlaut und allen Umständen‑‑ notfalls mit dem Sinn begnügen, der dem Erblasserwillen mutmaßlich am ehesten entspricht. Von diesem durch Wortlaut und Umständen nahegelegten Verständnis darf er nur dann abgehen, wenn weitere Umstände mit mindestens annähernd gleich großem Gewicht für ein Verständnis in einem anderen Sinne dargetan und bewiesen sind (BGH-Urteil vom 7. Oktober 1992 IV ZR 160/91, Neue Juristische Wochenschrift ‑‑NJW‑‑ 1993, 256, m.w.N.).
b) Das FG hat diese Auslegungsregeln für Testamente nicht beachtet, soweit es angenommen hat, V habe seine Töchter entgegen dem ausdrücklichen Wortlaut des Testaments nicht zu gleichen Teilen, sondern die Klägerin und S1 zu je 55/155 und S2 zu 45/155 als Erbinnen eingesetzt. Für eine solche vom Wortlaut abweichende Auslegung des Testaments gibt es keine Grundlage.
Wie V in dem Testament ausgeführt hat, gilt die Erbeinsetzung zu gleichen Teilen für diejenigen Nachlassgegenstände, über die er nicht durch Teilungsanordnung und Vermächtnisse verfügt hat, auch für seine im Ausland befindlichen Vermögenswerte, sofern er für diese keine Einzelanordnungen getroffen hat. Daraus geht klar und eindeutig hervor, dass die Töchter des V das nicht von Teilungsanordnungen, Vermächtnissen und sonstigen Einzelanordnungen betroffene Vermögen wertmäßig zu gleichen Teilen erhalten sollten. Die vom FG vorgenommene Auslegung des Testaments hätte demgegenüber zur Folge, dass die Klägerin und S1 von diesem Vermögen wertmäßig jeweils 55/155 und S2 lediglich 45/155 erhalten würden. Die durch die Teilungsanordnung bewirkte Ungleichbehandlung der Miterbinnen würde dadurch weiter verstärkt, ohne dass es Anhaltspunkte dafür gibt, dass dies dem Willen des V, der die Töchter von den von ihm bestimmten Ausnahmen abgesehen gleich behandeln wollte, entsprechen könnte.
Die vom FG vorgenommene Auslegung des Testaments kann auch nicht auf § 2087 Abs. 1 BGB gestützt werden. Hat der Erblasser sein Vermögen oder einen Bruchteil seines Vermögens dem Bedachten zugewendet, so ist die Verfügung nach dieser Vorschrift als Erbeinsetzung anzusehen, auch wenn der Bedachte nicht als Erbe bezeichnet ist. Es handelt sich dabei um eine Auslegungsregel, die nicht anwendbar ist, wenn der Erblasser ausdrücklich Erben eingesetzt und die von ihm bestimmten Erbquoten insgesamt 100 % ausmachen.
c) Zur Begründung der vom FA und vom FG vorgenommenen Testamentsauslegung lässt sich entgegen der Ansicht des FG auch nicht anführen, die vom FA ermittelten Erbquoten seien für sich genommen geeignet, das Entstehen von Ausgleichsansprüchen aufgrund der Teilungsanordnung auszuschließen. Das FA ist nämlich bei der Ermittlung der Erbquoten von dem Verhältnis ausgegangen, in dem S1 und S2 aufgrund der Teilungsanordnung das Barvermögen erhalten sollten, das nach Abzug des der Klägerin zustehenden Anteils verblieb. Für die Frage, ob die Miterbinnen durch die Teilungsanordnung wertmäßig teilweise begünstigt und teilweise benachteiligt sind, kommt es demgegenüber auf die Wertverhältnisse bei Eintritt des Erbfalls an. Für den Fall der wertmäßigen Begünstigung eines Teils der Miterbinnen konnte das Entstehen von darauf beruhenden Ausgleichsansprüchen sowohl bei der von V ausdrücklich verfügten Erbeinsetzung zu gleichen Teilen als auch bei den vom FA ermittelten hiervon lediglich geringfügig abweichenden Erbquoten nur durch eine entsprechende Verfügung des V verhindert werden (vgl. unten 3.).
d) Da das FG von einer anderen Ansicht ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben.
3. Die Sache ist nicht spruchreif. Auf der Grundlage der vom FG getroffenen Feststellungen kann nicht abschließend entschieden werden, ob die Erbschaftsteuer bei zutreffender Berechnung mindestens so hoch wie vom FA festgesetzt und daher die Klage unbegründet ist oder ob die festgesetzte Erbschaftsteuer herabzusetzen ist.
a) Der der Klägerin aufgrund der Teilungsanordnung gegen die Erbengemeinschaft zustehende Anspruch auf Übertragung des Grundbesitzes in der Bundesrepublik sowie der Beteiligungen an inländischen gewerblichen Vermögensanlagegesellschaften mit den im Zeitpunkt des Ablebens des V darauf noch ruhenden Lasten und Belastungen ist als solcher unabhängig von den Wertverhältnissen bei Eintritt des Erbfalls nicht als Erwerb durch (Voraus-)Vermächtnis (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes ‑‑ErbStG‑‑) anzusetzen. Vielmehr beruht dieser Anspruch auf der Teilungsanordnung, soweit die Klägerin dadurch gegenüber S1 und S2 wertmäßig nicht begünstigt wird. Soweit eine solche wertmäßige Begünstigung vorliegt, handelt es sich um ein Vorausvermächtnis (§ 2150 BGB), das mit dem gemeinen Wert (§ 9 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes ‑‑BewG‑‑) der Besteuerung unterliegt.
aa) Als der Erbschaftsteuer unterliegender Erwerb von Todes wegen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) gilt nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG u.a. der Erwerb durch Erbanfall. Unter Erbanfall ist der Übergang des Vermögens des Erblassers auf den (die) Erben i.S. von § 1922 BGB zu verstehen. Dieser Anteil ist bei einer Mehrheit von Erben beim jeweiligen Miterben entsprechend seiner Erbquote (vgl. § 2047 Abs. 1 BGB) erbschaftsteuerrechtlich zu erfassen, und zwar auch dann, wenn eine verbindliche Teilungsanordnung des Erblassers (§ 2048 BGB) vorliegt (BFH-Urteile vom 10. November 1982 II R 85-86/78, BFHE 137, 500, BStBl II 1983, 329; vom 5. Februar 1992 II R 7/89, BFH/NV 1993, 100, und vom 1. April 1992 II R 21/89, BFHE 167, 562, BStBl II 1992, 669). Der zivilrechtliche Leistungsanspruch aus einer Teilungsanordnung kann nach dieser neueren Rechtsprechung abweichend vom BFH-Urteil vom 16. März 1977 II R 11/69 (BFHE 121, 519, BStBl II 1977, 640) nicht dem Anspruch aus einem Vorausvermächtnis, der bei den Erben eine abziehbare Nachlassverbindlichkeit darstellt (§ 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG) und beim Vermächtnisnehmer als Erwerb von Todes wegen gilt (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG), gleichgestellt werden.
Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Auslegung des Testaments unter Berücksichtigung des Erblasserwillens ergibt, dass dem Miterben der Anspruch aus der "Teilungsanordnung" auf einen bestimmten Gegenstand auch für den (bei Testamentserrichtung hypothetischen) Fall zustehen soll, dass er das Erbe ausschlägt oder aus anderen Gründen nicht Erbe wird. War die Zuwendung des Gegenstands so gemeint, liegt unabhängig von den vom Erblasser verwendeten Begriffen und von den Wertverhältnissen ein von der Erbeinsetzung unabhängiger Geltungsgrund vor, der zum Vorliegen eines Vermächtnisses führt (BGH-Urteil vom 7. Dezember 1994 IV ZR 281/93, NJW 1995, 721; vgl. BFH-Urteile vom 1. August 2001 II R 47/00, BFH/NV 2002, 788, und vom 2. Juli 2004 II R 73/01, BFH/NV 2005, 214).
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Wie V in der Einleitung des Testaments ausgeführt hat, sollten seine Kinder in dem Fall, dass sie das Testament und die getroffenen Teilungsanordnungen ohne weitere Ausgleichsverpflichtungen nicht akzeptieren, nur die Möglichkeit haben, die Erbschaft auszuschlagen und den Pflichtteil zu beanspruchen. Danach sollten die Erbinnen nicht in der Lage sein, trotz Ausschlagung der Erbschaft den Vollzug der Teilungsanordnungen zu fordern.
bb) Der Erblasser kann für die Auseinandersetzung unter mehreren Miterben durch letztwillige Verfügung gemäß § 2048 BGB Anordnungen treffen; derartige Verfügungen (Teilungsanordnungen) gehen den gesetzlichen Regeln für die Auseinandersetzung vor; sie lassen die Höhe der Erbteile und den Wert der Beteiligung der einzelnen Miterben am Nachlass grundsätzlich unberührt. Der Erblasser kann aber einem von mehreren Miterben durch Teilungsanordnung Gegenstände zuweisen, die wertvoller sind, als seinem Erbteil entspricht.
Ist dies der Fall, stellt sich stets die Frage, ob der Mehrbetrag zusätzlich zu dem Erbteil zugewendet sein soll; trifft dies zu, dann handelt es sich ‑‑jedenfalls wegen des Mehrwerts‑‑ nicht um eine Teilungsanordnung i.S. von § 2048 BGB, sondern um ein Vorausvermächtnis i.S. des § 2150 BGB (BGH-Urteile vom 14. März 1984 IVa ZR 87/82, NJW 1985, 51; vom 27. Juni 1990 IV ZR 104/89, NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht ‑‑NJW-RR‑‑ 1990, 1220; vom 19. März 1992 IX ZR 120/91, NJW-RR 1992, 772, und vom 15. Oktober 1997 IV ZR 327/96, NJW 1998, 682). Anders ist es dagegen, wenn feststeht, dass es sich (nur) um eine Teilungsanordnung handelt und der Erblasser dem durch die Anordnung begünstigten Miterben nicht zusätzlich zu seinem Erbteil auch noch den Mehrwert zuwenden wollte. Dann lässt sich die Teilungsanordnung nur aufrechterhalten, wenn eine Wertverschiebung ausgeschlossen ist, der betreffende Miterbe den Mehrwert also durch Leistungen aus seinem eigenen Vermögen auszugleichen hat oder jedenfalls ausgleicht (BGH-Urteil in NJW 1985, 51; zur Abgrenzung von Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis vgl. ferner BFH-Urteile in BFHE 167, 562, BStBl II 1992, 669, und vom 30. März 2009 II R 12/07, BFH/NV 2009, 1653).
Nach der in der zivilrechtlichen Rechtsprechung und Literatur überwiegend vertretenen Ansicht liegt bei einer Teilungsanordnung, durch die der Erblasser unter Ausschluss einer Ausgleichspflicht einem von mehreren Miterben Gegenstände zuweist, die wertvoller sind, als dies dem Erbteil des Miterben entspricht, eine reine Teilungsanordnung vor, soweit eine Anrechnung auf den Erbteil des Miterben möglich ist, und in Höhe des Mehrwerts ein Vorausvermächtnis (Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 7. Oktober 2005 3 O 205/04, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht 2006, 447; MünchKommBGB/Ann, 5. Aufl., § 2048 Rz 17; Lohmann in Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl., § 2048 Rz 4; Sommer/Kerschbaumer, Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge ‑‑ZEV‑‑ 2004, 13, 14 f.). Das Vorausvermächtnis bezieht sich danach in solchen Fällen nicht auf die dem Miterben zustehenden Gegenstände, sondern nur auf den Mehrwert. Eine solche Kombination von Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis ist möglich (Müller-Christmann in Bamberger/Roth, a.a.O., § 2150 Rz 7).
cc) Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung auch für die Erbschaftsteuer an (ebenso Geck in Kapp/Ebeling, ErbStG, § 3 Rz 129.11; Sommer/Kerschbaumer, ZEV 2004, 13, 17). Hat der Erblasser ausdrücklich eine Teilungsanordnung verfügt, die nicht ausnahmsweise als selbständiges Vorausvermächtnis zu verstehen ist (oben aa), ist das Testament soweit möglich so auszulegen, wie es dem Wortlaut der Verfügung des Erblassers entspricht. Es bleibt danach bei der Teilungsanordnung, soweit eine Anrechnung auf den dem Miterben zustehenden Anteil am Nachlass möglich ist. Lediglich hinsichtlich des dem Miterben zukommenden Mehrwerts ist abweichend vom Wortlaut des Testaments nicht vom Vorliegen einer Teilungsanordnung, sondern eines Vorausvermächtnisses auszugehen. Dieses Vorausvermächtnis besteht in der Befreiung des besser gestellten Miterben von der ihn ansonsten treffenden Wertausgleichsverpflichtung (Fischer in Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter, ErbStG, 2. Aufl., § 3 Rz 131) und ist bei der Ermittlung der Erbschaftsteuer nach § 12 Abs. 1 ErbStG mit dem gemeinen Wert (§ 9 Abs. 1 BewG) der Ausgleichsverpflichtung anzusetzen, die bestünde, wenn sie der Erblasser nicht ausgeschlossen hätte. Der Wert der Ausgleichsverpflichtung ist gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG bei den übrigen Miterben als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig, und zwar jeweils in der Höhe, in der ihnen der durch die Teilungsanordnung begünstigte Miterbe einen Ausgleich hätte zahlen müssen, wenn ihn der Erblasser nicht durch das Vorausvermächtnis von einer Ausgleichspflicht befreit hätte.
dd) Entgegen der von der Klägerin und vom OLG B vertretenen Ansicht standen danach der Klägerin der Grundbesitz in der Bundesrepublik sowie die Beteiligungen an inländischen gewerblichen Vermögensanlagegesellschaften mit den im Zeitpunkt des Ablebens des V darauf ruhenden Lasten und Belastungen nicht aufgrund eines Vorausvermächtnisses zu. Der Wortwahl im Testament des V kommt dabei besonderes Gewicht zu, weil es notariell beurkundet ist (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 214; BGH-Urteil vom 6. Dezember 1989 IVa ZR 59/88, NJW-RR 1990, 391). Es liegt vielmehr eine Teilungsanordnung vor, bei der V nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden, mit der Ansicht des OLG B und der Beteiligten übereinstimmenden Auffassung des FG Ausgleichsansprüche ausgeschlossen hatte. Wurde die Klägerin durch die Teilungsanordnung über ihren Anteil am Nachlass von einem Drittel hinaus begünstigt, stellt der in der Befreiung von Ausgleichsverpflichtungen liegende Mehrwert ein Vorausvermächtnis dar. Es kommt dabei nicht auf die bei der Bemessung der Erbschaftsteuer anzusetzenden Steuerwerte, sondern auf die Verkehrswerte an; denn es handelt sich um zivilrechtliche Verpflichtungen, die nicht nach steuerlichen Grundsätzen bewertet werden können.
ee) Diesem Verständnis der Teilungsanordnung kann nicht entgegengehalten werden, diese habe nach den Wertverhältnissen bei Eintritt des Erbfalls zu einer entsprechenden Verschiebung der Erbquoten geführt. Eine quotenverschiebende Teilungsanordnung gibt es nach der Rechtsprechung des BGH, der sich der erkennende Senat anschließt, abgesehen vom Fall des § 2049 BGB (Übernahme eines Landguts) nicht (BGH-Urteil in NJW-RR 1990, 1220; ebenso MünchKommBGB/Ann, 5. Aufl., § 2048 Rz 17; Otte in Staudinger, BGB, 1996, § 2150 Rz 14; Palandt/Edenhofer, Bürgerliches Gesetzbuch, 69. Aufl., § 2048 Rz 1; Sommer/ Kerschbaumer, ZEV 2004, 13, 14).
Der vom FG angeführten Rechtsprechung lässt sich nicht entnehmen, dass eine Teilungsanordnung zu einer Änderung der vom Erblasser selbst bestimmten Erbquoten führen könne. Vielmehr lagen dem Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 19. Dezember 1996 1Z BR 107/96 (NJW-RR 1997, 517) sowie den Urteilen des OLG Düsseldorf vom 28. April 1995 7 U 113/94 (ZEV 1995, 410) und des FG München vom 15. Juli 1998 4 K 2821/94 (ZEV 1999, 38) Fälle zugrunde, in denen es an einer ausdrücklichen Erbeneinsetzung durch den Erblasser gefehlt hatte. In solchen Fällen kann eine Erbeinsetzung nach Vermögensgruppen vorliegen, bei der durch die gegenständliche Verteilung der zum Nachlass gehörenden Gegenstände die Erbquote bestimmt wird (BGH-Urteil in NJW-RR 1990, 391).
ff) Eine entsprechende Prüfung wird das FG nunmehr nachzuholen und dabei zu berücksichtigen haben, dass der Klägerin nach den von V getroffenen Verfügungen neben den ihr durch die Teilungsanordnung zugewiesenen Nachlassgegenständen ein Drittel des Nachlasses (Aktiva abzüglich der von allen Erbinnen gemeinschaftlich zu tragenden Nachlassverbindlichkeiten), über den V nicht durch Teilungsanordnung und Vermächtnisse verfügt hatte, zustand. Die Klägerin wurde danach durch die Teilungsanordnung besser als durch eine ohne Teilungsanordnung erfolgte Erbeinsetzung der drei Töchter des V zu gleichen Teilen gestellt, wenn und soweit der Gesamtwert des im Zeitpunkt des Ablebens des V noch vorhandenen Grundbesitzes in der Bundesrepublik sowie der Beteiligungen an inländischen gewerblichen Vermögensanlagegesellschaften mit den in diesem Zeitpunkt darauf noch ruhenden Lasten und Belastungen zuzüglich 500.000 DM höher ist als ein Drittel des Gesamtwerts des im Zeitpunkt des Ablebens des V noch vorhandenen Grundbesitzes in der Bundesrepublik sowie der Beteiligungen an inländischen gewerblichen Vermögensanlagegesellschaften mit den in diesem Zeitpunkt darauf noch ruhenden Lasten und Belastungen und des gesamten Barvermögens. Der Nachlass, über den V nicht durch Teilungsanordnung und Vermächtnisse verfügt hatte, wäre bei dem Vergleich auf beiden Seiten mit demselben (Drittel-)Wert anzusetzen und kann daher unberücksichtigt bleiben.
Das FG wird bei dem anzustellenden Wertvergleich auch zu prüfen haben, inwieweit die dem Grunde und der Höhe nach zu berücksichtigenden Nachlassverbindlichkeiten auf dem Grundbesitz und den Beteiligungen an inländischen gewerblichen Vermögensanlagegesellschaften ruhende Lasten und Belastungen darstellen und daher von der Klägerin im Innenverhältnis allein zu tragen waren, und inwieweit die Nachlassverbindlichkeiten diese Voraussetzung nicht erfüllen und deshalb den Miterbinnen gemeinsam zur Last fielen.
b) Das FG wird bei seiner erneuten Entscheidung ferner zu beachten haben, dass die von der Klägerin geltend gemachten Steuerschulden nur insoweit gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG als Nachlassverbindlichkeiten abgezogen werden können, als sie gemäß § 1922 Abs. 1 BGB, § 45 Abs. 1 AO auf die Erbinnen übergegangen sind. Soweit die Steuerschulden am Todestag des V als dem gemäß § 11 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG maßgebenden Stichtag noch nicht entstanden waren, wie insbesondere die aufgrund der nach diesem Zeitpunkt erfolgten Grundstücksentnahme entstandene Steuer, sind sie nicht abziehbar (BFH-Urteil vom 17. Februar 2010 II R 23/09, BFHE 229, 363, BStBl II 2010, 641, m.w.N.).
4. Die Übertragung der Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung (vgl. BFH-Urteile vom 16. September 2004 X R 25/01, BFHE 207, 515, BStBl II 2006, 228, unter II.8.; vom 17. Juli 2008 I R 83/07, BFH/NV 2009, 417, unter II.6., und vom 17. März 2010 IV R 25/08, BFHE 228, 509, BStBl II 2010, 622, unter II.5.; BFH-Beschluss vom 23. September 2009 IX B 52/09, BFH/NV 2010, 220, unter 3.).