BFH XI. Senat
UStG § 2 Abs 1, UStG § 3 Abs 9a Nr 1, UStG § 15 Abs 1 S 1 Nr 1, UStG § 15 Abs 1 S 2, UStG § 15 Abs 4, EEG § 11 Abs 2 S 1, EWGRL 388/77 Art 4, EWGRL 388/77 Art 17, FGO § 68 S 1
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht , 20. Dezember 2009, Az: 16 K 377/09
Leitsätze
1. Der Betreiber einer Photovoltaikanlage kann einen Carport, auf dessen Dach die Anlage installiert wird und der zum Unterstellen eines privat genutzten PKW verwendet wird, insgesamt seinem Unternehmen zuordnen und dann aufgrund der Unternehmenszuordnung in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten des Carports berechtigt sein; er hat dann aber die private Verwendung des Carports als unentgeltliche Wertabgabe zu versteuern .
2. Voraussetzung dafür ist, dass die unternehmerische Nutzung des gesamten Carports mindestens 10 Prozent beträgt .
3. Zur Ermittlung des unternehmerischen Nutzungsanteils im Wege einer sachgerechten Schätzung kommt ein Umsatzschlüssel in Betracht, bei dem ein fiktiver Vermietungsumsatz für den nichtunternehmerisch genutzten inneren Teil des Carports einem fiktiven Umsatz für die Vermietung der Dachfläche an einen Dritten zum Betrieb einer Photovoltaikanlage gegenübergestellt wird .
4. Hat das FG über einen Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid entschieden, der während des finanzgerichtlichen Verfahrens durch einen Umsatzsteuer-Jahresbescheid ersetzt wurde, ist eine Aufhebung des FG-Urteils aus verfahrensrechtlichen Gründen ausnahmsweise entbehrlich, wenn durch den Umsatzsteuer-Jahresbescheid kein neuer Streitpunkt in das Verfahren eingeführt wurde .
Tatbestand
I.
Streitig ist der Vorsteuerabzug aus Aufwendungen für die Errichtung eines Carports, auf dessen Dach eine Photovoltaikanlage (PV-Anlage) zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie betrieben wird.
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Eigentümer eines Grundstücks in B. Im Jahr 2008 (Streitjahr) erweiterte er die Dachfläche der auf dem Grundstück vorhandenen Wagenremise durch den Anbau eines Carports, der seither zum Unterstellen eines privat genutzten PKW verwendet wird.
Im Anschluss an die Dacherweiterung installierte der Kläger auf der Dachfläche eine PV-Anlage, mit der er Strom erzeugt, den er an einen Energieversorger veräußert. Über den Betrieb der PV-Anlage hinausgehend ist der Kläger nicht unternehmerisch tätig.
In der Umsatzsteuer-Voranmeldung für September 2008 machte der Kläger Vorsteuerbeträge aus den Anschaffungs-/Herstellungskosten der PV-Anlage und der Dacherweiterung geltend.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) vertrat im Anschluss an eine beim Kläger durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung die Auffassung, dass Vorsteuerbeträge in Höhe von ... €, die auf die Errichtung des Carports entfielen, nicht abziehbar seien, weil das Gebäude nicht unternehmerisch genutzt werde und in keinem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit der unternehmerisch genutzten PV-Anlage stehe. Das FA änderte daher mit Bescheid vom 11. Mai 2009 die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für September 2008 entsprechend.
Das gegen diesen Bescheid geführte Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg (Einspruchsbescheid vom 17. September 2009).
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit dem Antrag, unter Änderung des Bescheids über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für September 2008 vom 11. Mai 2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. September 2009 die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für September 2008 um ... € niedriger festzusetzen, ab.
Es führte zur Begründung aus, der Kläger sei im Hinblick auf den Betrieb der PV-Anlage zwar Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG).
Die Errichtung des Carports sei jedoch nicht i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG für das Unternehmen des Klägers ausgeführt worden. Der dafür von der Rechtsprechung geforderte unmittelbare und direkte Zusammenhang zwischen der Eingangsleistung und dem Unternehmen sei nicht gegeben.
Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2010, 1366 veröffentlicht.
Das FG hat in dem am 21. Dezember 2009 ohne mündliche Verhandlung ergangenen Urteil nicht berücksichtigt, dass am 26. November 2009 der Umsatzsteuerbescheid für 2008 ergangen war, in dem der streitige Vorsteuerabzug ebenfalls versagt wurde. Nachdem das FG davon Kenntnis erlangt hatte, hat es nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss vom 1. März 2010 richtiggestellt, dass sich das Urteil vom 21. Dezember 2009 in dem Klageverfahren 16 K 377/09 auf den Umsatzsteuerbescheid für 2008 vom 26. November 2009 bezieht.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision macht der Kläger im Wesentlichen geltend, die Errichtung des Carports sei seiner unternehmerischen Tätigkeit zuzuordnen, weil sie in unmittelbarem und direktem Zusammenhang mit der Nutzung der PV-Anlage stehe.
Die Dacherweiterung sei zu dem Zweck vorgenommen worden, eine größere PV-Anlage zu errichten, um zu einer höheren Stromerzeugung zu gelangen. Die nachträgliche Nutzung der Erweiterung auch als Unterstellmöglichkeit für einen PKW sei dabei von untergeordneter Bedeutung. Die Dachfläche wäre auch dann erweitert worden, wenn dort kein PKW hätte untergestellt werden können.
Die Erweiterung der Dachfläche werde von ihm ‑‑wie nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG erforderlich‑‑ zu mehr als 10 Prozent für unternehmerische Zwecke genutzt.
Der Kläger beantragt sinngemäß, unter Aufhebung des FG-Urteils und Änderung des Umsatzsteuerbescheids für 2008 vom 26. November 2009 weitere Vorsteuerbeträge in Höhe von ... € als abziehbar anzuerkennen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Es ist der Auffassung, ein Vorsteuerabzug aus den Gebäudeaufwendungen komme nicht in Betracht. Da die PV-Anlage kein wesentlicher Bestandteil eines Gebäudes sei, habe der Kläger als Betreiber der Anlage nicht die Möglichkeit, den privat als PKW-Unterstellplatz genutzten Carport insgesamt dem Unternehmen zuzuordnen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).
1. Das Urteil des FG muss nicht aus verfahrensrechtlichen Gründen aufgehoben werden, obwohl es zu einem im Zeitpunkt der Entscheidung materiell nicht mehr wirksamen Verwaltungsakt ergangen ist.
a) Das FG hat in dem angefochtenen Urteil vom 21. Dezember 2009 über die Rechtmäßigkeit des Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheids für September 2008 vom 17. September 2009 entschieden. An die Stelle dieses Bescheids war aber während des Klageverfahrens der Umsatzsteuerbescheid für 2008 vom 26. November 2009 getreten und gemäß § 68 Satz 1 FGO zum Gegenstand des Verfahrens geworden (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 19. Mai 2005 V R 31/03, BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671, unter II.1.b).
b) Damit ist das FG-Urteil zu einem rechtlich nicht mehr existierenden Bescheid ergangen. Es kann deshalb in der Regel keinen Bestand haben (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 23. August 2007 V R 10/05, BFHE 217, 332; vom 6. Dezember 2007 V R 61/05, BFHE 221, 55, BStBl II 2008, 695, jeweils unter II.1., m.w.N.).
c) Es widerspräche jedoch dem Sinn und Zweck des § 68 Satz 1 FGO ‑‑der darin besteht, das Verfahren fortsetzen zu können‑‑, wenn die Vorentscheidung im Rechtsmittelverfahren auch dann zwingend aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen wäre, wenn ‑‑wie hier‑‑ durch den Änderungsbescheid kein neuer Streitpunkt in das Verfahren eingeführt worden ist.
Aus prozessökonomischen Gründen reicht deshalb in einem solchen Fall eine Richtigstellung in der Rechtsmittelentscheidung aus (vgl. BFH-Beschluss vom 29. August 2003 II B 70/03, BFHE 203, 174, BStBl II 2003, 944; BFH-Urteile vom 31. Mai 2006 II R 32/04, BFH/NV 2006, 2232; vom 13. Dezember 2006 VIII R 31/05, BFHE 216, 214, BStBl II 2007, 393; BFH-Beschlüsse vom 7. August 2008 I B 161/07, BFH/NV 2008, 2053; vom 14. August 2009 II B 43/09, BFH/NV 2009, 2012; BFH-Urteil vom 19. Mai 2010 I R 62/09, BFHE 230, 18, BFH/NV 2010, 1919, unter B.I.2.).
Diese Richtigstellung hat das FG durch Beschluss vom 1. März 2010 unter Hinweis auf den BFH-Beschluss in BFHE 203, 174, BStBl II 2003, 944 bereits vorgenommen.
2. Das FG hat zu Unrecht den streitigen Vorsteuerabzug mit der Begründung versagt, die Errichtung des Carports sei nicht i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG für das Unternehmen des Klägers ausgeführt worden.
a) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet.
Diese Vorschriften beruhen auf Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG), wonach der Steuerpflichtige (Unternehmer), der Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet, befugt ist, die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert oder erbracht werden, von der von ihm geschuldeten Steuer abzuziehen.
aa) Der Unternehmer ist nach diesen Vorschriften zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Leistungen für sein Unternehmen (§ 2 Abs. 1 UStG, Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG) und damit für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (wirtschaftliche Tätigkeiten) zu verwenden beabsichtigt (vgl. BFH-Urteil vom 3. März 2011 V R 23/10, BFHE 233, 274, BFH/NV 2011, 1261, unter II.1.b, m.w.N.).
bb) Beabsichtigt der Unternehmer eine von ihm bezogene Leistung zugleich für seine wirtschaftliche und seine nichtwirtschaftliche Tätigkeit zu verwenden, kann er den Vorsteuerabzug grundsätzlich nur insoweit in Anspruch nehmen, als die Aufwendungen hierfür seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zuzurechnen sind (vgl. BFH-Urteil in BFHE 233, 274, BFH/NV 2011, 1261, unter II.1.c, m.w.N.).
cc) Anders ist es nur bei der Lieferung eines Gegenstandes, den der Unternehmer sowohl für steuerpflichtige wirtschaftliche Tätigkeiten als auch für private Zwecke verwenden will.
In diesem Fall kann er den Gegenstand insgesamt seinem Unternehmen zuordnen und aufgrund dieser Unternehmenszuordnung in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigt sein; er hat dann aber die private Verwendung des Gegenstandes als unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG zu versteuern (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union ‑‑EuGH‑‑ vom 8. Mai 2003 Rs. C-269/00 ‑‑Seeling‑‑, Slg. 2003, I-4101, BStBl II 2004, 378, Rz 40 bis 43; BFH-Urteile vom 24. Juli 2003 V R 39/99, BFHE 203, 206, BStBl II 2004, 371; vom 11. April 2008 V R 10/07, BFHE 221, 456, BStBl II 2009, 741, unter II.3.b; vom 17. Dezember 2008 XI R 64/06, BFH/NV 2009, 798, unter II.3.c; in BFHE 233, 274, BFH/NV 2011, 1261, unter II.1.c; Lange, Umsatzsteuer-Rundschau ‑‑UR‑‑ 2008, 23, jeweils m.w.N.).
b) Das FG ist ‑‑wie bereits das FA‑‑ mit Recht davon ausgegangen, dass der Kläger als Unternehmer tätig wurde und deshalb nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt war.
aa) Der Betrieb einer PV-Anlage erfüllt die Voraussetzungen einer unternehmerischen Tätigkeit, weil er als Nutzung eines Gegenstandes ‑‑wie vorliegend‑‑ der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen dient (vgl. BFH-Urteile in BFHE 221, 456, BStBl II 2009, 741, unter II.1., m.w.N.; vom 18. Dezember 2008 V R 80/07, BFHE 225, 163, BStBl II 2011, 292, unter II.2., m.w.N.; Abschn. 2.5. des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses ‑‑UStAE‑‑).
bb) Der ‑‑ansonsten nicht unternehmerisch tätige‑‑ Kläger hat bereits bei Bezug der hier streitigen Leistungen als Steuerpflichtiger (Unternehmer) zu gelten, weil er zu diesem Zeitpunkt die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hatte, eine derartige Tätigkeit durch Betrieb einer PV-Anlage auszuüben, und erste Investitionsausgaben für diese Zwecke getätigt hat (vgl. dazu z.B. EuGH-Urteil vom 8. Juni 2000 Rs. C-400/98 ‑‑Breitsohl‑‑, Slg. 2000, I-4321, BStBl II 2003, 452; BFH-Beschluss vom 29. August 2002 V R 65/01, BFH/NV 2003, 211; BFH-Urteil in BFH/NV 2009, 798, unter II.3.b).
c) Im Streitfall liegt auch der für den Vorsteuerabzug erforderliche direkte und unmittelbare Zusammenhang zwischen Eingangs- und zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätzen (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 233, 274, BFH/NV 2011, 1261, unter II.1.b; vom 15. Oktober 2009 XI R 82/07, BFHE 227, 238, BStBl II 2010, 247, unter II.1.b, jeweils m.w.N.) vor.
aa) Eine PV-Anlage besteht im Wesentlichen aus Solarzellen, die in sog. Solarmodulen zusammengefasst werden, einem Wechselrichter, der den Gleichstrom umwandelt und einem Einspeisezähler. Die Solarmodule benötigen eine Halterung, um sie in einem bestimmten Winkel auszurichten. Bei einer sog. "Auf-Dach-Montage" ‑‑wie vorliegend‑‑ werden die Solarmodule ohne Eingriff in die Dichtigkeit der Dachhaut mit einem Gestell auf das bestehende Dach installiert (vgl. FG München, Urteil vom 27. Juli 2009 14 K 595/08, EFG 2009, 1977; Hessisches FG, Urteil vom 20. Januar 2011 11 K 2735/08, Recht der Erneuerbaren Energien ‑‑REE‑‑ 2011, 107, unter 2.a).
bb) Der Carport, für dessen Errichtung die streitigen Vorsteuerbeträge angefallen sind, diente der vom Kläger betriebenen Dach-PV-Anlage. Da das Dach für die Installation der PV-Anlage erforderlich war, besteht ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen den geltend gemachten Vorsteuerbeträgen und den vom Kläger mittels seiner PV-Anlage ausgeführten steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen.
cc) Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass eine PV-Anlage auch unabhängig von einer Dachfläche zum Zweck der Stromerzeugung betrieben werden kann und dass eine Bodeninstallation einer PV-Anlage durchaus möglich und üblich ist. Denn der Unternehmer ist in seiner Entscheidung frei, in welcher Form er sein Unternehmen betreibt.
Hinzu kommt, dass der Betreiber einer PV-Anlage nach dem im Streitjahr 2008 geltenden § 11 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG 2004) vom 21. Juli 2004 (BGBl I 2004, 1918) dann eine erhöhte Vergütung für den von ihm erzeugten Strom beanspruchen konnte, wenn ‑‑wie im Streitfall‑‑ die Anlage auf einem Gebäude angebracht war (vgl. dazu Urteile des Bundesgerichtshofs vom 29. Oktober 2008 VIII ZR 313/07, Gewerbearchiv 2010, 129; vom 17. November 2010 VIII ZR 277/09, BGHZ 187, 311, Neue Juristische Wochenschrift 2011, 380; vom 9. Februar 2011 VIII ZR 35/10, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht-Rechtsprechung-Report 2011, 364, REE 2011, 78). Die Vergütung betrug nach dieser Vorschrift statt mindestens 45,7 Cent pro Kilowattstunde (§ 11 Abs. 1 EEG 2004) ‑‑je nach Leistung der Anlage‑‑ mindestens 57,4 Cent, 54,6 Cent oder 54 Cent pro Kilowattstunde.
d) Im Streitfall kann der Kläger aus den Rechnungen über die Leistungen zur Herstellung des Carports aufgrund einer Unternehmenszuordnung grundsätzlich den vollen Vorsteuerabzug geltend machen.
aa) Während der Kläger das Dach des Carports durch die PV-Anlage teilweise unternehmerisch nutzte, verwendete er den Carport im Übrigen zum Unterstellen eines privat genutzten PKW.
bb) Diese teilweise unternehmerische und teilweise private Nutzung des Carports ermöglicht eine volle Zuordnung des Carports zum Unternehmen (siehe dazu unter II.2.a cc). Diese Zuordnung hat der Kläger vorgenommen, indem er in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für September 2008 die gesamten Vorsteuerbeträge geltend gemacht hat.
Dieser Zuordnungsmöglichkeit steht nicht entgegen, dass nach der Auffassung des FA eine auf dem Dach eines Gebäudes montierte PV-Anlage gemäß § 94 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kein wesentlicher Bestandteil des Gebäudes ist. Denn die nationale zivilrechtliche Beurteilung der Verhältnisse ist in diesem Zusammenhang unerheblich (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 4. Oktober 1995 Rs. C-291/92 ‑‑Armbrecht‑‑, Slg. 1995, I-2775, BStBl II 1996, 392; BFH-Urteile vom 8. November 1995 XI R 63/94, BFHE 179, 189, BStBl II 1996, 114, unter II.2.a; vom 23. September 2009 XI R 18/08, BFHE 227, 226, BStBl II 2010, 313, unter II.1.b).
e) Die Vorentscheidung ist von anderen Grundsätzen ausgegangen und daher aufzuheben.
3. Die Sache ist nicht spruchreif; es sind weitere Feststellungen zu treffen.
Den Vorsteuerabzug aus den Leistungen zur Errichtung des Carports kann der Kläger nur dann beanspruchen, wenn er den gesamten Carport zu mindestens 10 Prozent unternehmerisch nutzt.
a) Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG gilt als nicht für das Unternehmen ausgeführt u.a. die Lieferung eines Gegenstandes, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt (sog. unternehmerische Mindestnutzung). Die Vorschrift beruht auf Art. 27 der Richtlinie 77/388/EWG (vgl. Wagner in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 15 Rz 441 ff.; Lippross, Umsatzsteuer, 22. Aufl., S. 402 f., jeweils m.w.N.).
§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG ist im Streitfall anwendbar, weil der errichtete Carport dem Kläger geliefert worden ist. Es handelt sich um eine Werklieferung i.S. von § 3 Abs. 4 UStG (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 20. Januar 1997 V R 5/96, BFH/NV 1997, 811; Leonard in Bunjes/Geist, UStG, 10. Aufl., § 3 Rz 181).
b) Bei der Ermittlung der nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG erforderlichen unternehmerischen Mindestnutzung von 10 Prozent darf nicht nur die innere Nutzfläche des Carports berücksichtigt werden.
aa) Für den Vorsteuerabzug aus Baumaßnahmen ist bei der Herstellung eines neuen Gebäudes ‑‑wie hier die Neuerrichtung des Carports‑‑ auf die Verwendungsverhältnisse des gesamten Gebäudes abzustellen (vgl. BFH-Urteile vom 28. September 2006 V R 43/03, BFHE 215, 335, BStBl II 2007, 417; vom 22. November 2007 V R 43/06, BFHE 219, 450, BStBl II 2008, 770; vom 13. August 2008 XI R 53/07, BFH/NV 2009, 228; vom 25. März 2009 V R 9/08, BFHE 225, 230, BStBl II 2010, 651, unter II.2.; vom 10. Dezember 2009 V R 13/08, BFH/NV 2010, 960; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 30. September 2008, BStBl I 2008, 896; Abschn. 15.17. Abs. 7 Sätze 1 und 2 UStAE).
bb) Die für die Beurteilung des Vorsteuerabzugs somit maßgeblichen Verwendungsverhältnisse des gesamten Gebäudes umfassen nicht nur die innere Nutzfläche des Gebäudes, wenn wie im Streitfall das Gebäude ‑‑teilweise‑‑ dadurch unternehmerisch genutzt wird, dass auf dessen Dach eine PV-Anlage installiert wird.
Vielmehr muss die unternehmerische Nutzung des Daches mitberücksichtigt werden, weil dadurch Umsätze i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG ausgeführt wurden, die nicht der Nutzfläche innerhalb des Gebäudes zugeordnet werden können.
4. Der Senat kann auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen nicht entscheiden, wie hoch der unternehmerische Nutzungsanteil des Carports liegt und ob die 10-Prozent-Grenze des § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG erreicht wird.
a) Die im Streitfall erforderliche Aufteilung der Vorsteuerbeträge auf die wirtschaftlichen und die privaten Tätigkeiten eines Unternehmers ist in § 15 UStG nicht geregelt.
b) Im Rahmen des § 15 Abs. 4 UStG kommt bei Gebäuden nach Auffassung der Finanzverwaltung als sachgerechter Aufteilungsmaßstab "in der Regel" eine Aufteilung nach dem Verhältnis der Nutzflächen in Betracht (vgl. Abschn. 15.17. Abs. 7 Satz 4 UStAE).
Nach Ansicht des Senats scheidet aber im Streitfall die Ermittlung des abziehbaren Vorsteueranteils durch eine Gegenüberstellung von Nutzflächen des Carports, die einerseits unternehmerisch und die andererseits privat genutzt werden, aus. Denn durch eine solche Aufteilung nach dem Verhältnis der Nutzflächen lässt sich nicht objektiv widerspiegeln, welcher Teil der Eingangsaufwendungen jedem dieser beiden Bereiche wirtschaftlich zuzurechnen (vgl. § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG) ist.
Nutzflächen innerhalb eines Gebäudes und Nutzflächen auf dessen Dach sind nicht ohne weiteres zu einer Gesamtnutzfläche zu addieren, weil sie in der Regel nicht miteinander vergleichbar sind. Zudem macht es einen Unterschied, ob eine PV-Anlage auf einem mit geringem Aufwand zu errichtenden Gebäude ‑‑wie einem Carport‑‑ oder z.B. auf einem Ein- oder Mehrfamilienhaus installiert ist (vgl. auch Abschn. 15.17. Abs. 7 Sätze 5 und 6 UStAE).
c) Der Senat hält für die Aufteilung der Vorsteuerbeträge im Streitfall vielmehr ‑‑vorbehaltlich einer anderen vom Kläger im zweiten Rechtsgang gewählten sachgerechten Schätzungsmethode‑‑ die Anwendung eines Umsatzschlüssels für sachgerecht.
aa) Da es sowohl an einem Umsatz für das Innere des Carports als auch an einer entgeltlichen Nutzung der Dachfläche fehlt, könnte insoweit jeweils auf einen fiktiven Vermietungsumsatz abgestellt werden.
Hinsichtlich der Dachfläche wäre abzustellen auf den fiktiven Umsatz, der sich ergäbe, wenn der Kläger die Dachfläche an einen Dritten zum Betrieb einer PV-Anlage vermietet hätte. Grundstückseigentümer betreiben oftmals eine PV-Anlage nicht selbst, sondern vermieten die Dachfläche ihres Gebäudes zu diesem Zweck an einen Dritten (vgl. z.B. Verfügung der Oberfinanzdirektion ‑‑OFD‑‑ Niedersachsen vom 8. Juli 2010 -S 7300- 616 - St 173, juris; Verfügung der OFD Magdeburg vom 21. Juli 2010 -S 7300- 122 - St 24, USt-Kartei ST § 15 Abs. 1 UStG Karte 7, juris; Neufang/Bukowski, Der Steuerberater 2010, 115).
bb) Einer derartigen oder ähnlichen Anwendung eines Umsatzschlüssels im Streitfall steht § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG nicht entgegen, wonach eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, nur zulässig ist, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist.
Dabei kann offen bleiben, ob § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG möglicherweise unionsrechtswidrig ist (vgl. dazu den Vorlagebeschluss des BFH vom 22. Juli 2010 V R 19/09, BFHE 231, 280, BStBl II 2010, 1090). Denn im Streitfall ist aus den dargelegten Gründen ‑‑soweit ersichtlich‑‑ keine andere sachgerechte wirtschaftliche Zurechnung der Vorsteuerbeträge als nach einem (fiktiven) Umsatzschlüssel möglich.
d) Das FG wird die erforderlichen Feststellungen zur Ermittlung des unternehmerischen Nutzungsanteils des Carports im zweiten Rechtsgang zu treffen haben.