Zum Hauptinhalt springen Zur Hauptnavigation springen Zum Footer springen
auf der Richterbank liegen Barett und Arbeitsmappe, dahinter ein Richterstuhl, auf dem eine Robe hängt

Entscheidungen
des Bundesfinanzhofs

Entscheidungen online

Zur Hauptnavigation springen Zum Footer springen

Beschluss vom 28. September 2010, VII B 155/10

Aufteilung einer Gesamtschuld: Keine Erstattung vor Einleitung der Vollstreckung geleisteter Zahlungen eines Gesamtschuldners

BFH VII. Senat

AO § 44 Abs 2, AO § 276 Abs 2, AO § 276 Abs 6, AO § 37 Abs 2 S 1

vorgehend FG Münster, 27. April 2010, Az: 6 K 1791/07 AO

Leitsätze

NV: Von einem nach Einleitung der Vollstreckung gestellten Aufteilungsantrag der Gesamtschuldner wird die im Zeitpunkt der Einleitung der Vollstreckung geschuldete Steuer erfasst. Der Aufteilungsbescheid hat keine über diesen Zeitpunkt hinausgehende Rückwirkung in der Weise, dass vor diesem Zeitpunkt auf die Gesamtschuld geleistete Zahlungen eines Gesamtschuldners, soweit sie den auf ihn entfallenden Aufteilungsbetrag übersteigen, als ohne Rechtsgrund erbracht anzusehen und zu erstatten sind .

Tatbestand

  1. I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wurde in den Streitjahren 1997 bis 2000 zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte in diesen Veranlagungszeiträumen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, seine Ehefrau Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die gegen die Eheleute ergangenen Einkommensteuer- bzw. gegen die Ehefrau ergangenen Umsatzsteuerfestsetzungen sind bestandskräftig. Auf entsprechende seitens der Eheleute gestellte Anträge erließ der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) unter dem 7. September bzw. 19. Oktober 2005 insgesamt vier Aufteilungsbescheide, und zwar betreffend rückständige Einkommensteuer nebst Folgesteuern für 1999 sowie für 2000, betreffend Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1997 nebst Folgesteuern und Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1998 nebst Folgesteuern. Mit diesen Aufteilungsbescheiden, die ebenfalls bestandskräftig sind, wurde jeweils ein auf den Kläger entfallender Rückstandsanteil ausgewiesen.

  2. Nachdem der Kläger geltend gemacht hatte, dass das FA in der Zeit von 1997 bis zur Beantragung der Aufteilungsbescheide durch gegen ihn gerichtete Vollstreckungsmaßnahmen Steuerschulden in Höhe von mehr als … € beigetrieben und auf Umsatzsteuerschulden seiner Ehefrau verbucht habe, teilte ihm das FA mit, eine entsprechende Prüfung habe ergeben, dass die beigetriebenen Beträge überwiegend auf die Rückstände zur Einkommensteuer der Eheleute verbucht worden seien. Lediglich ein Betrag von … € sei unzutreffend auf Umsatzsteuerschulden der Ehefrau verbucht worden; dieser Betrag werde mit den sich aus den Aufteilungsbescheiden ergebenden Rückständen des Klägers verrechnet.

  3. Die seitens des Klägers beantragte Erstattung der beigetriebenen Beträge abzüglich der auf ihn nach den Aufteilungsbescheiden noch entfallenden Steuerschulden lehnte das FA mit Abrechnungsbescheid vom 8. August 2006 mit der Begründung ab, dass die Aufteilung einer Gesamtschuld gemäß §§ 268 ff. der Abgabenordnung (AO) nur die im Zeitpunkt des Aufteilungsantrags noch offenen Steuerschulden erfasse.

  4. Die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Das FG urteilte, die durch Zwangsvollstreckung beigetriebenen Beträge hätten in dieser Höhe das Erlöschen der Ansprüche des FA aus dem Steuerschuldverhältnis auch insoweit bewirkt, als die Einkommensteuerschulden bei einer vorherigen Aufteilung der Gesamtschuld auf die Ehefrau des Klägers entfallen wären. Eine Begrenzung der Steuerschuld auf einen der Gesamtschuldner mit der Folge, dass der andere Gesamtschuldner für diese Steuerschuld nicht einstehen müsse, trete erst mit der Aufteilung der Steuerschuld ein. Das FA habe es daher zu Recht abgelehnt, den vom Kläger beanspruchten Teil der im Vollstreckungsweg beigetriebenen Beträge zu erstatten.

  5. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, welche er auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache, der Fortbildung des Rechts und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑) stützt.

Entscheidungsgründe

  1. II. Die Beschwerde ist unzulässig, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt.

  2. 1. Die Beschwerde formuliert nicht einmal eine abstrakte Rechtsfrage, wie es für die Darlegung der Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung oder der Fortbildung des Rechts erforderlich wäre. Selbst wenn man dem Sinnzusammenhang der Beschwerdebegründung eine für den Streitfall maßgebliche Rechtsfrage entnehmen könnte, so fehlt es jedenfalls an Darlegungen der Beschwerde zur Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit einer solchen in Betracht kommenden Frage.

  3. Soweit sich das Klagebegehren im Streitfall (was die Beschwerde allerdings unterlässt) mit der abstrakten Rechtsfrage beschreiben lässt, ob auf eine Gesamtschuld geleistete Zahlungen eines Gesamtschuldners diesem zu erstatten sind, soweit ein späterer Aufteilungsbescheid einen geringeren auf diesen Gesamtschuldner entfallenden Betrag ergibt, ist diese Frage im Übrigen auch nicht klärungsbedürftig, weil sie sich nur so beantworten lässt, wie es das FG getan hat.

  4. Zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute schulden die Steuer als Gesamtschuldner. Nach § 44 Abs. 2 Satz 1 AO wirkt die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner auch für die übrigen Schuldner. Im Streitfall haben daher die durch Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Kläger beigetriebenen Beträge, soweit sie auf die Einkommensteuerschuld der Eheleute verbucht worden sind, das Erlöschen der Ansprüche des FA bewirkt. Welche Steuerschulden bei einem ‑‑wie im Streitfall‑‑ erst nach Einleitung der Vollstreckung gestellten Aufteilungsantrag von der Aufteilung der Gesamtschuld erfasst werden, regelt § 276 Abs. 2 AO; nach dieser Vorschrift ist die im Zeitpunkt der Einleitung der Vollstreckung geschuldete Steuer aufzuteilen. Ein auf diesen Antrag ergehender Aufteilungsbescheid hat also keine über diesen Stichtag hinausgehende Rückwirkung in der Weise, dass vor dem Stichtag auf die Gesamtschuld geleistete Zahlungen eines Gesamtschuldners, soweit sie den auf ihn entfallenden Aufteilungsbetrag übersteigen, als i.S. des § 37 Abs. 2 Satz 1 AO ohne Rechtsgrund erbracht anzusehen wären.

  5. Im Streitfall ist der nach § 276 Abs. 2 AO maßgebende Stichtag jeweils in den Aufteilungsbescheiden vom 7. September 2005 angegeben. Dass dieser Stichtag unzutreffend ermittelt worden ist bzw. vom Kläger nach diesem Stichtag Zahlungen geleistet wurden ‑‑worunter auch beigetriebene Beträge zu verstehen sind (vgl. Müller-Eiselt in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 276 AO Rz 12)‑‑, die gemäß § 276 Abs. 6 AO anzurechnen das FA unterlassen hat, macht der Kläger nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich. Im Übrigen hätte der Kläger entsprechende Einwände mithilfe eines gegen die ergangenen Aufteilungsbescheide gerichteten Rechtsmittels geltend machen müssen. Die Aufteilungsbescheide sind jedoch bestandskräftig geworden.

  6. 2. Zum geltend gemachten Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung enthält die Beschwerdebegründung keinerlei Darlegungen.

Seite drucken