BFH X. Senat
EStG § 15 Abs 1 Nr 2, FGO § 115 Abs 2, FGO § 96 Abs 2, GG Art 103, FGO § 142, FGO § 116 Abs 5
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht , 14. Juni 2009, Az: 7 K 411/05
Leitsätze
NV: Der BFH kann zum Beschwerdevorbringen ohne vorherige Entscheidung über einen für das Beschwerdeverfahren anhängig gemachten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) entscheiden. Eine vorherige Bescheidung des Begehrens auf PKH ist nur erforderlich, wenn dies im Interesse effektiven Rechtsschutzes geboten ist, mithin die mögliche Einschaltung eines beizuordnenden Anwalts oder Steuerberaters Einfluss auf die Sachentscheidung des Gerichts haben kann (vgl. BVerfG-Beschluss vom 13.07.1992 1 BvR 99/90). Daran fehlt es, wenn bereits ein Prozessbevollmächtigter sowohl den PKH-Antrag gestellt als auch die Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und begründet hat.
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist gelernter Handwerker und erklärte in den für die Streitjahre 2002 und 2003 eingereichten Steuererklärungen keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Im Januar 2002 meldete die im Jahr 1923 geborene Mutter des Klägers, die zu diesem Zeitpunkt Renteneinkünfte bezog, einen Handwerksbetrieb der Silikon- und Fugentechnik an. Sie reichte für 2002 Einkommen- und Umsatzsteuererklärungen ein. Für 2003 gab sie Umsatzsteuervoranmeldungen ab. Einen Jahresabschluss mit Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2003 erstellte sie nicht.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) führte für das Jahr 2002 sowie für den Voranmeldungszeitraum Januar 2003 bis Dezember 2003 eine Umsatzsteuersonderprüfung bei der Mutter des Klägers durch. Der Prüfer kam nach Durchsicht der Unterlagen zu dem Ergebnis, die Mutter betreibe nicht das Unternehmen. Sie trete nur als "Strohfrau" für ihren Sohn auf. Das FA ordnete daher eine Außenprüfung für Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer für die Jahre 2002 und 2003 an und führte diese in der Zeit vom 19. April 2004 bis 4. August 2005 mit Unterbrechungen durch. Darüber hinaus leitete es ein Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung gegen den Kläger ein.
Bei der Außenprüfung und den strafrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen stellte das FA fest, der Kläger habe die handwerklichen Arbeiten im Rahmen der Firma X selbst ausgeführt. Er sei Ansprechpartner für Kunden und Auftraggeber und habe die Verträge im Namen seiner Mutter geschlossen. Darüber hinaus habe er eine umfassende Vollmacht zur Führung des Unternehmens. In den Schreiben der Firma und den Rechnungen sei zwar die Mutter als Firmeninhaberin angeführt; die Schreiben seien jedoch ausschließlich vom Kläger unterzeichnet. Das Betriebskonto laute auf den Namen der Mutter, der Kläger habe jedoch eine umfassende Kontovollmacht. Das einzige Firmenfahrzeug sei mit dem Namen des Klägers beschriftet. Die dort genannte Anschrift sei dessen privater Wohnsitz und die auf dem Fahrzeug angegebene Telefon- und Telefaxnummer sei diejenige des Klägers. Die Geldbeträge, die der Kläger für sich und seine Familie aus dem Unternehmen entnommen habe, seien in der laufenden Buchführung als Privatentnahmen i.S. des § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) verbucht worden. Eine Tätigkeit der Mutter des Klägers im Unternehmen konnte das FA anhand der Unterlagen nicht feststellen.
Das FA vertrat im Anschluss an die Außenprüfung die Auffassung, der Kläger sei als der eigentliche Gewerbetreibende anzusehen. Die Mutter sei nur als "Strohfrau" tätig geworden. In materieller Hinsicht führte die Außenprüfung zu dem Ergebnis, dass eine Vielzahl privater Kosten als Betriebsausgaben erfasst worden seien. Das FA korrigierte diese fehlerhaften Buchungen gewinnerhöhend und erließ für die Streitjahre 2002 und 2003 Steuerbescheide gegen den Kläger.
Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren gegen die Einkommensteuerbescheide 2002 und 2003 erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Der Kläger allein habe die Unternehmerinitiative entfaltet und auch das Unternehmerrisiko getragen. Auch wenn die Betriebseinnahmen auf ein Konto geflossen seien, das auf den Namen der Mutter gelautet habe, habe allein der Kläger über die betrieblichen Gelder verfügt. Aus der Buchführung sei ersichtlich, dass der Kläger die betrieblichen Einnahmen überwiegend für eigene Zwecke verwendet habe. Entnahmen der Mutter hätten nicht festgestellt werden können. Darüber hinaus mache die Buchung der Geldentnahmen des Klägers als Entnahmen i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG deutlich, dass der Kläger den Betrieb als eigenes Unternehmen angesehen habe. Entnahmen i.S. des § 4 EStG seien nur gegeben, wenn der Betriebsinhaber Wirtschaftsgüter für sich, für seinen Haushalt oder andere betriebsfremde Zwecke entnehme. Das FA habe auch kein einheitliches und gesondertes Feststellungsverfahren für den Kläger und seine Mutter durchführen müssen, weil beide nicht im Rahmen einer Mitunternehmerschaft tätig geworden seien. Zwar sei nach der Rechtsprechung zwischen einem "Strohmann" und dem hinter ihm stehenden Unternehmer grundsätzlich eine Mitunternehmerschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG anzunehmen. Eine Ausnahme hiervon mache die Rechtsprechung jedoch dann, wenn das Unternehmen wesentlich durch die persönliche Arbeitsleistung geprägt werde, nur ein geringer Kapitaleinsatz erforderlich sei und die Geschäftsabschlüsse zu keinem nennenswerten wirtschaftlichen Risiko führten. Diese Voraussetzungen lägen vor.
Gegen dieses FG-Urteil legte der Kläger Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Revision ein. Er macht geltend, die Revision sei nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) wegen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts und Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sowie wegen Verfahrensmängeln, auf denen die Entscheidung des FG beruhe, zuzulassen. Zu Unrecht sei das FG davon ausgegangen, der Kläger habe Unternehmerinitiative entfaltet und Unternehmerrisiko getragen. Nicht er, sondern versierte Arbeitnehmer hätten die Handwerksaufträge durchgeführt. Er könne keinen Computer bedienen. Die Bankgeschäfte (online-banking) hätten seine Ehefrau, sein Sohn und seine Schwester getätigt. Barabhebungen habe er regelmäßig im Auftrag seiner Mutter vorgenommen. Für seine Tätigkeiten im Betrieb habe er kein Geld erhalten. Da seine Mutter nicht mehr die Jüngste gewesen sei und sich die ersten Gebrechen eingestellt hätten, habe er jedoch die sittliche und moralische Verpflichtung empfunden, die Mutter bei der Betriebsführung zu unterstützen. Eine Mutter-Kind-Beziehung rechtfertige nach der Rechtsprechung (zuletzt Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 28. Oktober 2008 VII R 32/07, BFH/NV 2009, 355) keine willkürliche Zurechnung eines eingerichteten Gewerbebetriebs auf den Sohn. Von dieser Rechtsprechung weiche das FG-Urteil ab. Die Entscheidung des FG divergiere auch vom BFH-Urteil vom 4. November 2004 III R 21/02 (BFHE 207, 321, BStBl II 2005, 168). Nach dieser Entscheidung hätte die Mitunternehmerstellung des Klägers in einem einheitlichen und gesonderten Feststellungsverfahren geklärt werden müssen. Die Annahme des FG, der Handwerksbetrieb berge kein größeres Risiko, gehe fehl. Würden Silikon- und Verfugungsarbeiten nicht sachgerecht ausgeführt, könnten durch eindringendes Wasser erhebliche Schäden an Gebäuden entstehen, für die der Bauausführungsbetrieb haften müsse. Im Übrigen müsse das FG-Urteil als krasse Fehlentscheidung gewertet werden, die von erheblichem Gewicht und geeignet sei, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen. Schließlich habe das FG Verfahrensfehler begangen. Im Verfahren wegen Umsatzsteuer 2002 und 2003 habe das FA auf Drängen des FG die angefochtenen Steuerbescheide ersatzlos aufgehoben und die Hauptsache für erledigt erklärt. Nach den Feststellungen des 16. Senats des FG sei der Kläger nicht Unternehmer i.S. des § 2 des Umsatzsteuergesetzes. Vor diesem Hintergrund habe der Kläger im hier relevanten Klageverfahren einen Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) gestellt, dem das FG auch entsprochen habe. Er sei deshalb davon ausgegangen, die Klage habe eine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Da das FG während der mündlichen Verhandlung nicht angedeutet habe, dass eine andere Entscheidung als im umsatzsteuerlichen Verfahren möglich sei, stelle das Urteil eine Überraschungsentscheidung dar und verstoße gegen Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), §§ 76, 96 FGO. Nur deshalb habe der Kläger keine materiell-rechtlichen Einwendungen gegen die Feststellungen der Außenprüfung erhoben. Zudem habe das FG gegen die Sachaufklärungspflicht verstoßen. Es habe nicht geprüft, ob Aufwendungen, die dem insolventen Unternehmen der Ehefrau des Klägers zuzurechnen seien und die das FA deshalb nicht zum Betriebsausgabenabzug zugelassen habe, im Rahmen der Zusammenveranlagung als nachträgliche Betriebsausgaben des Unternehmens der Ehefrau hätten berücksichtigt werden müssen. Da der Kläger den gesamten Sachverhalt im Verfahren wegen Umsatzsteuer 2002 und 2003 vorgetragen habe, hätte sich dem FG eine Beweiserhebung von Amts wegen auch ohne Antrag aufdrängen müssen.
Entscheidungsgründe
II. Der Senat kann ohne vorherige Entscheidung über den für das Beschwerdeverfahren anhängig gemachten ‑‑und mit Beschluss vom heutigen Tage beschiedenen‑‑ Antrag auf Bewilligung von PKH zum Beschwerdevorbringen entscheiden.
1. Eine vorherige Bescheidung des Begehrens auf PKH ist nur erforderlich, wenn dies im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes geboten ist, mithin die mögliche Einschaltung eines beizuordnenden Anwalts oder Steuerberaters Einfluss auf die Sachentscheidung des Gerichts haben kann (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Juli 1992 1 BvR 99/90, Neue Juristische Wochenschrift- Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 1993, 382; BFH-Beschluss vom 3. März 2010 VIII B 173/09, nicht veröffentlicht). Kommt aber die Beiordnung eines Rechtsanwalts oder Steuerberaters ‑‑wie hier angesichts der Tatsache, dass sowohl der PKH-Antrag als auch die Nichtzulassungsbeschwerde bereits von einem Prozessbevollmächtigten gestellt und begründet worden sind‑‑ nicht in Betracht, ist ein fehlender zeitlicher Abstand zwischen (negativer) Entscheidung über das PKH-Begehren und der Entscheidung zur Hauptsache für das Rechtsmittelverfahren ohne rechtliche Bedeutung.
III.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und eine Entscheidung des BFH ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Auch die geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) liegen nicht vor.
1. a) Die Zulassung der Revision kommt nicht wegen eines offensichtlichen Rechtsanwendungsfehlers in Betracht. Mit der Rüge materiell-rechtlicher Fehler kann die Revisionszulassung nur dann erreicht werden, wenn sie von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzeswidrigen Entscheidung sind, die geeignet wären, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung zu beschädigen, wenn sie nicht von einem Rechtsmittelgericht korrigiert würden (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 5. Juli 2005 VI B 150/04, BFH/NV 2005, 2025). Eine Entscheidung ist nur dann (objektiv) willkürlich, wenn die fehlerhafte Rechtsanwendung bei verständiger Würdigung nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht. Greifbare Gesetzeswidrigkeit ist anzunehmen, wenn das Urteil jeglicher gesetzlichen Grundlage entbehrt oder durch eine offensichtlich Wortlaut und Gesetzeszweck widersprechende Gesetzesauslegung verursacht ist (z.B. BFH-Beschluss vom 8. Februar 2006 III B 128/04, BFH/NV 2006, 1116, m.w.N.). Diese besonderen Umstände sind in der Beschwerdeschrift auszuführen (BFH-Beschluss vom 12. Januar 2006 II B 65/05, BFH/NV 2006, 813, m.w.N.).
b) An der erforderlichen Darlegung eines schwerwiegenden Rechtsanwendungsfehlers fehlt es, wenn sich der Kläger, der nach Auffassung des FG sowohl Unternehmerinitiative entfaltet als auch Unternehmerrisiko getragen hat, mit den Behauptungen begnügt, Ursache für die Feststellungen der Außenprüfung sei ein Racheakt des Prüfers, bei seiner Schwester seien die Voraussetzungen für die Annahme einer Unternehmereigenschaft stärker ausgeprägt gewesen als bei ihm und bei Unternehmensbelangen habe die Mutter die Schwester zumeist gleichrangig behandelt. Mit diesen Ausführungen bringt der Kläger lediglich zum Ausdruck, das FG habe seiner Ansicht nach die Sache falsch entschieden. Die schlichte Rüge der Unrichtigkeit der Vorentscheidung eröffnet die Zulassung der Revision jedoch nicht. Denn die Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 16. Januar 2007 X B 38/06, BFH/NV 2007, 757).
2. Der Zulassungsgrund "Erfordernis einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts" (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) ist schon deshalb nicht entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt, weil es der Kläger versäumt hat, in der Beschwerdebegründung eine klärungsbedürftige und im Revisionsverfahren klärbare Rechtsfrage zu formulieren. Allein die Hinweise, die Unternehmereigenschaft bzw. der Begriff des Mitunternehmers seien nicht abschließend gesetzlich definiert, es gebe sowohl in der Praxis als auch in der Rechtsprechung häufig Probleme in der steuerrechtlichen Beurteilung und der vorliegende Fall diene dem allgemeinen Interesse an der Weiterführung des Rechts, reichen für die Zulassung der Revision nicht aus.
3. Es besteht auch nicht die Notwendigkeit einer Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO).
a) Es kann offenbleiben, ob der Kläger in der Beschwerdebegründung dem angegriffenen Urteil tragende und entscheidungserhebliche abstrakte Rechtssätze entnommen und diese solchen aus BFH-Entscheidungen gegenübergestellt hat, um so die Abweichung zu verdeutlichen. Die vom Kläger behauptete Divergenz zu den BFH-Urteilen in BFH/NV 2009, 355, in BFHE 207, 321, BStBl II 2005, 168 und vom 17. Mai 2006 VIII R 21/04 (BFH/NV 2006, 1839) liegt jedenfalls nicht vor.
b) Dem Urteil in BFH/NV 2009, 355 lag ein völlig anderer Sachverhalt zugrunde. In dieser Entscheidung hat der BFH erkannt, dass eine Ehe oder Lebenspartnerschaft die Mitunternehmereigenschaft nicht gleichsam indiziere und eine zivilrechtliche Haftung des Partners begründe. Sei der eine Partner nicht gesellschaftsrechtlich am Gewinn beteiligt, sondern habe er lediglich rein tatsächlich daran Anteil, könne ein Mitunternehmerrisiko nicht bejaht werden. Das FG hingegen ging im angefochtenen Urteil davon aus, die Mutter des Klägers sei nur "Strohfrau" gewesen und der Kläger habe allein Unternehmerinitiative entfaltet und Unternehmerrisiko getragen. Entgegen der Auffassung des Klägers vermag der beschließende Senat auch nicht zu erkennen, dass das FG mit dem angefochtenen Urteil von den Entscheidungen in BFHE 207, 321, BStBl II 2005, 168 bzw. in BFH/NV 2006, 1839 abgewichen sein soll. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BFH (z.B. Urteil in BFHE 207, 321, BStBl II 2005, 168) ging das FG vielmehr davon aus, dass zwischen einem "Strohmann" und dem hinter ihm stehenden Unternehmer grundsätzlich eine Mitunternehmerschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG anzunehmen sei, weil der "Strohmann" aufgrund seines Auftretens nach außen in der Regel unbeschränkt für die Schulden des Betriebs hafte. Ebenfalls im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung hat das FG jedoch auf die Ausnahme von diesem Grundsatz verwiesen. Werde ein Unternehmen wesentlich durch die persönliche Arbeitsleistung geprägt, sei nur ein geringer Kapitaleinsatz erforderlich und berge die Geschäftstätigkeit kein nennenswertes wirtschaftliches Risiko, sei ein Feststellungsverfahren nicht erforderlich. Das FG hat sein Urteil ausdrücklich auf die vermeintlichen Divergenzentscheidungen gestützt, ist jedoch ‑‑anders als der Kläger‑‑ zu dem Ergebnis gekommen, die Firma berge kein größeres wirtschaftliches Risiko für die Mutter des Klägers. Ob diese Auffassung zutreffend ist oder ‑‑wie der Kläger in der Beschwerdebegründung vorträgt‑‑ mögliche Gewährleistungsansprüche ein erhebliches Risiko für die Mutter bedeuteten, kann dahinstehen. Eine Divergenz in der Würdigung von Tatsachen oder die (angeblich) fehlerhafte Anwendung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalls bzw. schlichte Subsumtionsfehler des FG reichen für eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO nicht aus (z.B. BFH-Beschluss vom 19. November 2007 VIII B 70/07, BFH/NV 2008, 380).
4. Dem FG ist auch kein Verfahrensfehler anzulasten, auf dem das FG-Urteil beruhen könnte.
a) Das FG trifft eine Überraschungsentscheidung und verstößt damit gegen Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 FGO, wenn es seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchte (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 11. Januar 2007 XI B 22/06, BFH/NV 2007, 909, m.w.N.). Das FG ist aus dem Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, jedoch weder zu einem Rechtsgespräch noch zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung in dem Sinne verpflichtet, dass es die maßgebenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte mit den Beteiligten vorher umfassend und im Einzelnen zu erörtern oder ihnen die einzelnen für die Entscheidung erheblichen Gesichtspunkte, Schlussfolgerungen oder das Ergebnis seiner Gesamtwürdigung im Voraus anzudeuten oder mitzuteilen hätte (Senatsbeschluss vom 23. August 2007 X B 183/07, BFH/NV 2007, 2320).
Für den Kläger konnte es keine Überraschung bedeuten, dass das FG zu dem Ergebnis kam, er und nicht seine Mutter sei Unternehmer im ertragsteuerrechtlichen Sinn. Von diesem Umstand ging das FA in der Außenprüfung, in den Steuerbescheiden 2002 und 2003 sowie im Einspruchsverfahren aus. Um diese Frage drehte sich das gesamte finanzgerichtliche Verfahren. Da dieses nach mündlicher Verhandlung und Zeugeneinvernahme durch Urteil beendet worden ist, musste der Kläger damit rechnen, dass die Entscheidung möglicherweise zu seinen Lasten ausgehen könnte und er als Unternehmer angesehen würde. Es hätte ihm oblegen, alle Umstände offenzulegen, die gegen seine Unternehmereigenschaft sprachen. Aus der Erledigung des Verfahrens vor dem 16. Senat des FG wegen Umsatzsteuer 2002 und 2003 ergibt sich nichts Gegenteiliges. Zutreffend betont das FA in der Beschwerdeerwiderung, das FG habe im Schreiben vom 1. April 2008 darauf hingewiesen, bei der rechtlichen Würdigung der Frage, wer als Unternehmer anzusehen sei, sei zwischen den Ertragsteuern und der Umsatzsteuer zu differenzieren. Anders als bei der Umsatzsteuer komme es bei den Ertragsteuern darauf an, wem die wirtschaftliche Tätigkeit als Einkommensquelle zuzurechnen sei, wer Unternehmerinitiative und -risiko getragen habe und dass das FG nach Anhörung der Mutter davon ausgehe, diese sei in keiner Weise an der Führung und Leitung des Betriebs beteiligt gewesen.
b) Das FG hat auch nicht seine Sachaufklärungspflicht verletzt. Da der Kläger selbst in den Streitjahren 2002 und 2003 die getrennte Veranlagung beantragt hat, bestand für das FG keine Veranlassung zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer Zusammenveranlagung gegeben wären bzw. ob im Falle einer Zusammenveranlagung eine geringere Steuerlast entstehen würde.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet (§ 139 Abs. 4 FGO; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 139 Rz 140).
6. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.