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auf der Richterbank liegen Barett und Arbeitsmappe, dahinter ein Richterstuhl, auf dem eine Robe hängt

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Urteil vom 17. Juni 2010, VI R 33/08

Ausgleichszahlung bei Ehescheidung

BFH VI. Senat

EStG § 9 Abs 1 S 1, BGB § 1587o, EStG § 11 Abs 2

vorgehend FG Hamburg, 03. Juli 2008, Az: 7 K 235/07

Leitsätze

NV: Bei Ausgleichszahlungen im Zusammenhang mit einer Ehescheidung gemäß § 1587o BGB i.d.F. vom 2. Januar 2002 handelt es sich um Kosten zur Erhaltung der Einnahmen, mithin um vorab entstandene Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG, wenn sie geleistet werden, um in den Genuss ungekürzter (beamtenrechtlicher) Versorgungsbezüge zu gelangen .

Tatbestand

  1. I. Streitig ist, ob eine Einmalzahlung des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) an seine geschiedene Ehefrau im Rahmen eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleiches nach § 1587o des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) i.d.F. vom 2. Januar 2002 als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen ist.

  2. Der Kläger erzielte im Streitjahr (2003) im Wesentlichen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Er war bei der X-Landesbank, einer Anstalt des öffentlichen Rechts, angestellt. Sein Arbeitsvertrag enthielt die Regelung, dass sich die Beendigung des Dienstverhältnisses wegen Erreichens der Altersgrenze nach den Vorschriften richtet, die jeweils für Beamte des Landes gelten. Das für den Kläger zuständige Personalamt hatte zudem entschieden, dass aufgrund § 5 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 133 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch dem Kläger nach beamtenrechtlichen Vorschriften eine Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung kraft Dienstvertrag gewährleistet werde und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert sei.

  3. Durch Staatsvertrag ist die X-Landesbank, Anstalt des öffentlichen Rechts, unter Auflösung ohne Abwicklung auf die dadurch gegründete B-AG verschmolzen worden. Die Verschmelzung und die Gründung wurden mit Eintragung in das Handelsregister im Streitjahr wirksam.

  4. Im Streitjahr, aber nach Eintragung der B-AG in das Handelsregister, wurde die Ehe des Klägers rechtskräftig geschieden. Das Familiengericht führte einen Versorgungsausgleich hinsichtlich der Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung für die Ehezeit durch und übertrug Rentenanwartschaften in Höhe der Hälfte des Wertunterschiedes der Anwartschaften von dem Versicherungskonto des Klägers auf das seiner Ehefrau. Zum Ausgleich der vom Kläger während der Ehe erworbenen Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung schloss der Kläger mit seiner Ehefrau eine Vereinbarung gemäß § 1587o BGB im Rahmen eines Ehescheidungsfolgenteilvergleichs, die das Familiengericht genehmigte. Gemäß Ziff. 1 des Ehescheidungsfolgenteilvergleichs bestand Übereinstimmung darüber, dass der gesetzliche öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich durch das Familiengericht ohne Einschränkungen vorgenommen werden sollte. Zur Abgeltung der Ansprüche der Ehefrau auf Ausgleich der betrieblichen Altersversorgung verpflichtete sich der Kläger aufgrund des Ehescheidungsfolgenteilvergleichs zur Zahlung eines Einmalbetrages zum Abschluss einer privaten Rentenversicherung zu Gunsten der Ehefrau.

  5. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) versagte die Anerkennung des zunächst als außergewöhnliche Belastung, später als Werbungskosten geltend gemachten Betrages der Einmalzahlung, da kein ausreichender objektiver und subjektiver Zusammenhang mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit bestehe. Nach erfolglosem Vorverfahren erhob der Kläger Klage vor dem Finanzgericht (FG). Das FG wies die Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 1785 veröffentlichten Gründen ab, da die geleistete Ausgleichszahlung nicht dazu geeignet wäre, eine Kürzung der Versorgungsbezüge des Klägers zu vermeiden. Ein öffentlich-rechtlicher Versorgungsausgleich sei nicht durchzuführen gewesen, da die Versorgungsanwartschaft sich gegen eine juristische Person des privaten Rechts richte.

  6. Mit der Revision rügt der Kläger die unzutreffende Anwendung von § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

  7. Der Kläger beantragt,

    das Urteil des FG Hamburg (Az. 7 K 235/07) vom 4. Juli 2008 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 2003 vom 15. Dezember 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. November 2007 in der Weise zu ändern, dass die Einkommensteuer unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten in Höhe von 300.000 € bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit festgesetzt wird.

  8. Das FA beantragt,

    die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

  1. II. Die Revision des Klägers ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und der Klage stattzugeben. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat zu Unrecht die vom Kläger im Zusammenhang mit seiner Ehescheidung an seine Ehefrau geleistete Ausgleichszahlung nicht als Werbungskosten steuermindernd berücksichtigt.

  2. 1. Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 EStG), auch wenn die mit dem Aufwand zusammenhängenden Einnahmen noch nicht erzielt werden. Voraussetzung für die Berücksichtigung solcher vorab entstandener Werbungskosten ist ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart, der sich nach der wertenden Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen auslösenden Moments richtet (Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 4. Juli 1990 GrS 1/89, BFHE 160, 466, BStBl II 1990, 830; BFH-Urteile vom 11. Januar 2005 IX R 15/03, BFHE 209, 77, BStBl II 2005, 477; vom 8. März 2006 IX R 107/00, BFHE 212, 511, BStBl II 2006, 446).

  3. 2. Nach diesen Maßstäben ist die Ausgleichszahlung des Klägers an seine Ehefrau als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen. Der Kläger wandte sie auf, um nach seiner Zurruhesetzung weiterhin in den Genuss ungekürzter (beamtenrechtlicher) Versorgungsbezüge zu gelangen.

  4. a) Damit steht die Ausgleichszahlung ersichtlich in wirtschaftlichem Zusammenhang mit künftigen Einnahmen des Klägers und ist sofort als (vorab entstandene) Werbungskosten abzuziehen (so die herrschende Meinung zu Zahlungen nach §§ 57 und 58 des Beamtenversorgungsgesetzes, vgl. BFH-Urteile in BFHE 212, 511, BStBl II 2006, 446, und vom 8. März 2006 IX R 78/01, BFHE 212, 514, BStBl II 2006, 448; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 20. Juli 1981, BStBl I 1981, 567; Schmidt/ Weber-Grellet, EStG, 29. Aufl., § 22 Rz 117; Pflüger in Herrmann/Heuer/Raupach, § 19 EStG Rz 322; Stuhrmann, Deutsches Steuerrecht ‑‑DStR‑‑ 1977, 468, <470>; ders., DStR 1983, 255, <257>; ders. in Blümich, EStG, § 22 Rz 166; Meilicke, Steuerberater-Jahrbuch ‑‑StbJb‑‑ 1977/1978, 243, <256>; Meincke, Steuerberaterkongress-Report 1978, 389, <400>; Biergans, Der Betrieb 1979, 955, <958>; Tiemann/Ferger, Neue Juristische Wochenschrift 1977, 2137, 2140; Uelner, StbJb 1980/1981, 385, 409, <413>; Labus, Betriebs-Berater 1977, 1041, <1043>; differenziert von Bornhaupt, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 9 Rz B 700 Stichwort "Versorgungsausgleichsleistungen", m.w.N.; vgl. dazu auch den BFH-Beschluss vom 1. Februar 2006 X B 166/05, BFHE 212, 242, BStBl II 2006, 420, unter II. 4. b aa, m.w.N.).

  5. b) Die Zahlung ist nach § 11 Abs. 2 EStG bereits im Jahr ihrer Zahlung (hier dem Streitjahr) in voller Höhe als Erwerbsaufwand zu berücksichtigen. Das unterscheidet diese Aufwendung von Zahlungen zur Begründung einer Rentenanwartschaft, die als Anschaffungskosten i.S. des § 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches jedenfalls nicht schon bei Zahlung steuerrechtlich zu berücksichtigen sind (ständige Rechtsprechung, vgl. grundlegend BFH-Urteile vom 29. Juli 1986 IX R 206/84, BFHE 147, 176, BStBl II 1986, 747; vom 5. Mai 1993 X R 128/90, BFHE 172, 31, BStBl II 1993, 867).

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