BFH VIII. Senat
FGO § 142, ZPO § 127, GG Art 103 Abs 1, FGO § 116 Abs 5
vorgehend FG Düsseldorf, 18. Mai 2009, Az: 13 K 3285/08 AO
Gründe
I.
Der Senat kann ohne vorherige Entscheidung über den für das Beschwerdeverfahren anhängig gemachten ‑‑und mit Beschluss vom heutigen Tage beschiedenen‑‑ Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) zum Beschwerdevorbringen entscheiden.
1. Eine vorherige Bescheidung des Begehrens auf PKH ist nur erforderlich, wenn dies im Interesse effektiven Rechtsschutzes geboten ist, mithin die mögliche Einschaltung eines beizuordnenden Anwalts oder Steuerberaters Einfluss auf die Sachentscheidung des Gerichts haben kann (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 13. Juli 1992 1 BvR 99/90, Neue Juristische Wochenschrift - Rechtsprechungsreport Zivilrecht 1993, 382; Bundesfinanzhof ‑‑BFH‑‑, Beschluss vom 9. Juli 1996 VII S 16/95, BFH/NV 1997, 143).
Kommt aber eine Beiordnung eines Rechtsanwalts oder Steuerberaters ‑‑wie hier angesichts der Erfolglosigkeit des PKH-Begehrens‑‑ nicht in Betracht, ist ein fehlender zeitlicher Abstand zwischen (negativer) Entscheidung über das PKH-Begehren und der Entscheidung zur Hauptsache für das Rechtsmittelverfahren ohne rechtliche Bedeutung (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 1997, 143; vom 27. April 2001 XI S 16/00, BFH/NV 2001, 1417).
2. Auch kostenrechtliche Gesichtspunkte rechtfertigen nur ausnahmsweise eine andere Beurteilung.
So hat der BFH die Entscheidung über einen bereits eingelegten Rechtsbehelf im Zeitpunkt der Beschlussfassung über das darauf bezogene PKH-Begehren nach richterlichem Ermessen zurückgestellt und die PKH-Entscheidung mit dem Hinweis auf die mögliche Prüfung einer Rechtsbehelfsrücknahme zur Vermeidung weiterer Gerichtskosten verbunden (vgl. BFH-Beschluss vom 1. April 2003 VII S 25/02 (PKH), BFH/NV 2003, 1077). Dafür kann indessen nur Anlass bestehen, wenn der ablehnende PKH-Beschluss materiell-rechtliche Ausführungen unter Berücksichtigung höchstrichterlicher Entscheidungen enthält, die für den bereits eingelegten Rechtsbehelf maßgeblich und für den Rechtsbehelfsführer ersichtlich neu sind (BFH-Beschluss vom 24. Juli 2008 VIII B 104/08, juris). Eine solche Sachlage ist ‑‑wie aus dem PKH-Beschluss vom heutigen Tage ersichtlich ist‑‑ nicht gegeben.
II.
Die Beschwerde ist unbegründet; die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gegen das angefochtene Urteil nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegen nicht vor.
1. Eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage, ob eine Klage und ein (darauf bezogener) Antrag auf PKH getrennt voneinander zu beurteilen sind, kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil das in der Sache zunächst angerufene Landgericht bereits mit (durch Postzustellungsurkunde zugestelltem) Beschluss vom 28. Mai 2008 gesondert über den PKH-Antrag entschieden und erst dann den Rechtsstreit mit Beschluss vom 7. August 2008 an das Finanzgericht (FG) verwiesen hat.
2. Eine Zulassung wegen Verletzung rechtlichen Gehörs im Hinblick auf die Ablehnung des vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) vor der mündlichen Verhandlung gestellten Vertagungsantrags scheidet aus, weil das FG berechtigt einen Vertagungsgrund i.S. des § 227 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 155 FGO verneint hat.
Macht der Kläger ‑‑wie hier‑‑ seine Erkrankung als Verlegungsgrund geltend, muss diese regelmäßig durch ein ärztliches Attest glaubhaft gemacht werden, aus dem sich die Verhinderung eindeutig und nachvollziehbar ergibt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 3. August 2005 II B 47/04, BFH/NV 2005, 2041; vom 9. Dezember 1998 IV B 90/97, BFH/NV 1999, 799, jeweils m.w.N.). Dies war dem vom Kläger eingereichten Attest nicht zu entnehmen, weil es lediglich auf eine auf den 2. Juni 2009 anstehende Operation ohne nähere Erläuterung verwies, inwieweit dadurch eine Teilnahme des Klägers an der mündlichen Verhandlung vom 19. Mai 2009 gehindert sein sollte.
3. Schließlich ist die tatsächliche Würdigung des FG, der Kläger habe ungeachtet der Klageerhebung "auf PKH-Basis" wirksam Klage erhoben und diese auf alle Verwaltungsakte in der beigefügten "Auflistung der Verwaltungsakte, deren Rechtswidrigkeit festzustellen ist" erstreckt, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
a) Angesichts der im Abschnitt "Anträge" der Klageschrift vom 25. März 2008 unbedingt gestellten Klageanträge und des lediglich im Abschnitt "Sachverhalt und Begründung der Klage" ‑‑im Anschluss an die mehrseitige "Auflistung der Verwaltungsakte, deren Rechtswidrigkeit festzustellen ist"‑‑ am Ende enthaltenen Hinweises auf eine Klageerhebung "auf PKH-Basis" war aus der Sicht eines objektiven Empfängers der Klageschrift lediglich von einer unbedingt erhobenen Klage und einem daneben gestellten PKH-Antrag auszugehen.
b) Auch die Auslegung des Klagebegehrens ist entgegen der Ansicht des Klägers aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Denn im Hinblick auf die der Klageschrift beigefügte Auflistung der von dem Feststellungsbegehren umfassten Bescheide musste das FG davon ausgehen, dass der Klagegegenstand mit demjenigen identisch war, über den es bereits mit rechtskräftigem Urteil in dem Verfahren 13 K 1281/08 F entschieden hatte: Denn auch in jenem Verfahren war diese Auflistung zur Konkretisierung des seinerzeitigen Klagebegehrens zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden. Auf dieser Grundlage war dem FG eine erneute Sachentscheidung nach Maßgabe des § 110 FGO verwehrt.
4. Das FG hat schließlich entgegen der Ansicht des Klägers seine Hinweispflicht nach § 76 Abs. 2 FGO nicht dadurch verletzt, dass es nicht auf die Möglichkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage hingewiesen hat. Denn nach ständiger Rechtsprechung muss ein Verfahrensbeteiligter selbst bei umstrittener oder problematischer Rechtslage alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und seinen Vortrag darauf einrichten (vgl. BFH-Beschluss vom 5. Januar 2009 I B 105/08, Zeitschrift für Steuern und Recht 2009, R 735). Dies gilt umso mehr, wenn sich die vom Gericht erwogene Fassung des Klagebegehrens ‑‑wie im Streitfall die Fortsetzungsfeststellungsklage nach materieller Erledigung des Streits gegen angefochtene Bescheide‑‑ aufdrängt. Abgesehen davon kommt es auf diesen behaupteten Verfahrensmangel schon deshalb nicht an, weil er lediglich die nicht tragende Hilfsbegründung der finanzgerichtlichen Entscheidung betrifft.