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Urteil vom 08. Juli 2010, VI R 24/09

Kein Anspruch auf Pauschalen für Übernachtungen im Ausland, wenn der Arbeitgeber die Kosten vollständig erstattet

BFH VI. Senat

EStG § 9 Abs 1 S 1, LStR R 40 Abs 2 S 2, LStR R 40 Abs 1 S 1, LStR R 40 Abs 2 S 1

vorgehend Sächsisches Finanzgericht , 03. März 2009, Az: 8 K 1098/08

Leitsätze

Ein Arbeitnehmer kann bei Übernachtungen im Ausland den Differenzbetrag zwischen den vom Arbeitgeber vollständig erstatteten tatsächlichen Kosten und den höheren Übernachtungspauschalen nach den Lohnsteuer-Richtlinien nicht als Werbungskosten geltend machen .

Tatbestand

I.

  1. Streitig ist, ob ein Arbeitnehmer die Pauschbeträge für Übernachtungen im Ausland nach den für das Streitjahr 2006 maßgeblichen Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) insoweit steuermindernd als Werbungskosten geltend machen kann, als diese die ihm vom Arbeitgeber erstatteten, tatsächlichen Aufwendungen übersteigen.

  2. Die zusammen veranlagten Kläger und Revisionskläger (Kläger) beantragten beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt ‑‑FA‑‑) Werbungskosten für dienstliche Auslandsübernachtungen des Klägers in Höhe der Pauschbeträge für Übernachtungen im Ausland zu berücksichtigen, soweit diese die tatsächlichen und vom Arbeitgeber steuerfrei erstatteten Kosten überstiegen haben. Das FA erkannte die Übernachtungspauschalen mangels eigener Kosten des Klägers nicht als Werbungskosten an.

  3. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage nach erfolglosem Vorverfahren mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 125 veröffentlichten Gründen ab.

  4. Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

  5. Die Kläger beantragen sinngemäß,

    unter Aufhebung des Urteils des Sächsischen FG vom 4. März 2009  8 K 1098/08 sowie der Einspruchsentscheidung des FA vom 23. Mai 2008 den Einkommensteuerbescheid vom 2. August 2007 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit weitere Werbungskosten für Auslandsübernachtungen in Höhe von 3.823 € steuermindernd berücksichtigt werden.

  6. Das FA beantragt,

    die Revision zurückzuweisen.

  7. Das FA änderte den Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 23. Mai 2008 durch Bescheid vom 9. Juni 2009 nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO).

Entscheidungsgründe

II.

  1. Die Revision der Kläger ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.

  2. 1. Sie führt zwar aus verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung. Denn Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens war noch der Einkommensteuerbescheid 2006 vom 23. Mai 2008. An dessen Stelle trat während des Revisionsverfahrens der nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderte Einkommensteuerbescheid 2006 vom 9. Juni 2009, welcher nach § 68 Satz 1 FGO Gegenstand des Revisionsverfahrens wurde. Soweit einem FG-Urteil ein nicht mehr existierender Bescheid zugrunde liegt, kann es keinen Bestand haben. Dennoch bedarf es keiner Zurückverweisung der Sache an das FG gemäß § 127 FGO, da die Sache spruchreif ist. Die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen bilden unverändert die Grundlage für die Entscheidung des erkennenden Senats (dazu z.B. Senatsurteil vom 20. Juli 2006 VI R 22/03, BFH/NV 2006, 2109).

  3. 2. Jedoch ist die Revision gleichwohl als unbegründet zurückzuweisen. Denn die Klage ist unbegründet. Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Kläger den Differenzbetrag zwischen den tatsächlichen ‑‑vom Arbeitgeber in vollem Umfang steuerfrei erstatteten‑‑ Kosten für Auslandsübernachtungen und den höheren Pauschbeträgen nach den Lohnsteuer-Richtlinien nicht als Werbungskosten steuermindernd geltend machen kann.

  4. a) Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes ‑‑EStG‑‑). Dazu können auch Reisekosten für Auslandsdienstreisen gehören (Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 11. Mai 1990 VI R 140/86, BFHE 160, 546, BStBl II 1990, 777). Allerdings muss der Arbeitnehmer die Kosten selbst getragen haben, da ein Werbungskostenabzug eine Belastung mit Aufwendungen voraussetzt (BFH-Beschluss vom 4. Juli 1990 GrS 1/89, BFHE 160, 466, BStBl II 1990, 830; Senatsurteil vom 12. November 2009 VI R 59/07, BFH/NV 2010, 631).

  5. b) Vorliegend hatte der Kläger in Bezug auf seine Auslandsdienstreisen keine Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 EStG. Er war nicht mit Aufwendungen belastet, weil sein Arbeitgeber sämtliche Kosten der Reisen getragen hat. Der Kläger kann wegen dieser fehlenden Belastung mit Aufwendungen auch nicht die Übernachtungspauschalen nach R 40 Abs. 2 Satz 2 LStR in Anspruch nehmen. Denn R 40 Abs. 1 Satz 1 LStR fordert ebenfalls, dass dem Arbeitnehmer tatsächlich Aufwendungen für Übernachtungen entstanden sind. Zudem können nach R 40 Abs. 2 Satz 1 LStR Übernachtungskosten bei einer Dienstreise oder Fahrtätigkeit nur insoweit als Reisekosten angesetzt und als Werbungskosten abgezogen werden, als der Arbeitgeber sie nicht steuerfrei ersetzt hat. Dies verdeutlicht, dass R 40 Abs. 2 Satz 2 LStR gerade keinen Pauschbetrag gewährt, sondern lediglich den Nachweis der tatsächlichen Kosten bei Auslandsübernachtungen erleichtern soll.

  6. c) Im Übrigen könnte der Kläger die Auslandspauschalen auch deshalb nicht als Werbungskosten abziehen, weil die Anwendung dieser Pauschalen im Streitfall zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen würde. Erstattet der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer sämtliche Kosten für Übernachtungen, liegt nach der Senatsrechtsprechung stets ein Fall der offensichtlich unzutreffenden Besteuerung vor (Beschluss vom 12. November 2009 VI B 66/09, BFH/NV 2010, 884).

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