BFH I. Senat
AO § 182, EStG § 20 Abs 1 Nr 1 S 3, KStG § 8b Abs 1, KStG § 8b Abs 2, KStG § 27 Abs 1 S 3, KStG § 27 Abs 2, KStG § 36 Abs 7, KStG § 39 Abs 1, KStG § 28 Abs 2 S 2
vorgehend FG Nürnberg, 09. März 2009, Az: I 305/2006
Leitsätze
1. Bei der erstmaligen Feststellung des steuerlichen Einlagekontos ist als Bestand zum Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs der bei der Kapitalgesellschaft festgestellte Endbestand des Teilbetrags i.S. des § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG 1999 a.F. ‑‑an sog. EK 04‑‑ zugrunde zu legen .
2. Gegenüber der ausschüttenden Kapitalgesellschaft ergangene Feststellungsbescheide über den Bestand des steuerlichen Einlagekontos sind auch für die Besteuerung des Gesellschafters bindend .
Tatbestand
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erwarb mit Vertrag vom 25. März 1997 eine Beteiligung an der H-GmbH, die am 31. Dezember 2000 in der Bilanz mit einem Buchwert von 11.086.000 € ausgewiesen war. Mit Vertrag vom 27. April 2001 veräußerte sie die Beteiligung wieder.
Die H-GmbH hielt eine 14 %ige Beteiligung (35 Mio. €) an einer irischen Kapitalgesellschaft, aus der sie im Wesentlichen ihre Einnahmen erzielte. Die irische Kapitalgesellschaft nahm im Februar 2001 eine Ausschüttung an die H-GmbH vor. Am 1. März 2001 beschlossen die Gesellschafterinnen der H-GmbH eine Vorabausschüttung in Höhe von 7 Mio. € auf den für das Wirtschaftsjahr 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2001 zu erwartenden Gewinn. Auf die Klägerin entfiel davon ein Betrag von 1 Mio. € (= 1.955.830 DM).
Über diese Ausschüttung, die am 6. März 2001 erfolgte, stellte die H-GmbH eine Steuerbescheinigung vom 7. März 2001 nach den Vorschriften des Anrechnungsverfahrens aus. Die Bezüge in Höhe von 1.955.830 DM wurden bei der Veranlagung der Klägerin zunächst erklärungsgemäß als steuerfreie Dividenden i.S. von § 8b Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes 1999 i.d.F. des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz) vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 2001, 3858, BStBl I 2002, 35) ‑‑KStG 1999 n.F.‑‑ behandelt. Die bescheinigte Kapitalertragsteuer und der entsprechende Solidaritätszuschlag wurden angerechnet.
Für die H-GmbH ergingen am 13. März 2003 ein Bescheid über die gesonderte Feststellung der Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 KStG 1999 n.F. und ein Bescheid zum 31. Dezember 2001 über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3 und § 38 Abs. 1 KStG 1999 n.F., der u.a. folgende Feststellungen enthielt:
Endbestand des EK 40
305 DM
Endbestand des EK 04
68.594.728 DM
steuerliches Einlagekonto nach § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG
54.904.223 DM
Es wurde daraus der folgende ausschüttbare Gewinn ermittelt:
Eigenkapital laut Steuerbilanz zum Schluss
des vorangegangenen Wirtschaftsjahres
138.595.033 DM
./. Nennkapital zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres
70.000.000 DM
./. Steuerliches Einlagekonto zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres
68.594.728 DM
Ausschüttbarer Gewinn
305 DM
Die Klägerin legte im Anschluss hieran eine "berichtigte Steuerbescheinigung für Bezüge, für die das Halbeinkünfteverfahren gilt" nach amtlichem Vordruck vor. Darin sind ‑‑ausgehend von einer Bardividende von 999.999 €‑‑ u.a. folgende Beträge bescheinigt:
Kapitalerträge i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 9 und Nr. 10 (Buchst.) a EStG
22,28 €
Leistungen aus dem steuerlichen Einlagekonto (§ 27 KStG)
999.976,72 €
Die Klägerin teilte hierzu mit, die H-GmbH habe die ursprünglichen Steuerbescheinigungen nach dem Anrechnungsverfahren von den Anteilseignern zurückgefordert. Die Anschaffungskosten der Beteiligung an der H-GmbH seien bei der Berechnung des Veräußerungsgewinns um die Ausschüttung aus dem steuerlichen Einlagekonto zu mindern und der Veräußerungsgewinn von bisher 221.501,16 € auf 1.221.177,88 € zu erhöhen. Die anrechenbare Kapitalertragsteuer und der anrechenbare Solidaritätszuschlag seien entsprechend zu mindern. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) änderte antragsgemäß den Körperschaftsteuerbescheid 2001 und den Gewerbesteuermessbescheid 2001.
Während einer Betriebsprüfung beantragte die Klägerin eine Änderung des Körperschaftsteuer- und des Gewerbesteuermessbescheids 2001. Es habe zum Zeitpunkt der Vorabausschüttung noch kein steuerliches Einlagekonto bei der H-GmbH existiert. Die Ausschüttung sei vielmehr aus dem sog. neutralen Vermögen erfolgt. Das FA folgte dem in dem aus anderen Gründen geänderten Körperschaftsteuerbescheid 2001 und im Gewerbesteuermessbescheid 2001, jeweils vom 26. November 2004, nicht.
Am 27. Dezember 2004 ergingen für die H-GmbH Änderungsbescheide über die gesonderte Feststellung der Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 KStG 1999 n.F. und über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3 und § 38 Abs. 1 KStG 1999 n.F. zum 31. Dezember 2001. Darin sind u.a. folgende Beträge festgestellt:
Endbestand des EK 40
0 DM
Endbestand des EK 04
76.408.050 DM
steuerliches Einlagekonto nach § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG
62.717.545 DM
Es wurde folgender ausschüttbarer Gewinn ermittelt:
Eigenkapital laut Steuerbilanz zum Schluss
des vorangegangenen Wirtschaftsjahres
138.595.033 DM
./. Nennkapital zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres
70.000.000 DM
./. Steuerliches Einlagekonto zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres
76.408.050 DM
Ausschüttbarer Gewinn
./. 7.813.017 DM
Das Finanzgericht (FG) Nürnberg wies die gegen die geänderten Bescheide gerichtete Klage der Klägerin mit in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 262 veröffentlichtem Urteil vom 10. März 2009 I 305/2006 zum überwiegenden Teil ab.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung materiellen Rechts.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist unbegründet.
1. Das FG hat zutreffend entschieden, dass der von der Klägerin erzielte Gewinn aus der Veräußerung der Beteiligung an der H-GmbH steuerpflichtig ist.
Nach § 8b Abs. 2 KStG 1999 n.F. bleiben bei der Ermittlung des Einkommens Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft oder Personenvereinigung, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes 1997 i.d.F. des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes (EStG 1997 n.F.) gehören, außer Ansatz. § 8b Abs. 2 KStG 1999 n.F. war jedoch ‑‑was unter den Beteiligten unstreitig ist‑‑ im Streitjahr 2001 noch nicht anwendbar (vgl. § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 KStG 1999 n.F./§ 34 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG 2002).
2. Das FG hat auch zu Recht angenommen, dass die Vorabausschüttung der H-GmbH in Höhe von 999.976,72 € den Buchwert dieser Beteiligung gemindert hat und sich damit der Veräußerungsgewinn erhöht.
a) Wie der Senat mit Urteil vom 28. Oktober 2009 I R 116/08 (BFHE 227, 397) entschieden hat und worauf er im Einzelnen verweist, sind Ausschüttungen einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft aus dem steuerlichen Einlagekonto i.S. des § 27 KStG 1999 n.F./2002 nicht in die Steuerfreistellung für Kapitaleinkünfte nach § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG 1999 n.F./2002 einzubeziehen; sie sind vielmehr erfolgsneutral gegen den Buchwert der Beteiligung zu verrechnen (vgl. auch Senatsurteil vom 16. März 1994 I R 70/92, BFHE 174, 155, BStBl II 1994, 527; Urteile des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 20. April 1999 VIII R 38/96, BFHE 188, 347, BStBl II 1999, 647; vom 20. April 1999 VIII R 44/96, BFHE 188, 352, BStBl II 1999, 698).
b) Bei den streitbefangenen Leistungen handelt es sich um Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto der H-GmbH.
aa) Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG 1999 n.F. mindern Leistungen der Kapitalgesellschaft das steuerliche Einlagekonto nur, soweit die Summe der im Wirtschaftsjahr erbrachten Leistungen den auf den Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs ermittelten ausschüttbaren Gewinn übersteigt. Als ausschüttbarer Gewinn gilt das um das gezeichnete Kapital geminderte in der Steuerbilanz ausgewiesene Eigenkapital abzüglich des Bestands des steuerlichen Einlagekontos (§ 27 Abs. 1 Satz 4 KStG 1999 n.F.).
bb) Ausweislich der Feststellungen des FG verfügte die H-GmbH auf den Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs (31. Dezember 2000) über einen ausschüttbaren Gewinn von 305 DM, so dass mit Ausnahme dieses Betrags der restliche Teil der Vorabausschüttung, für die bereits das Halbeinkünfteverfahren gilt (§ 34 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 KStG 1999 n.F.), als aus dem steuerlichen Einlagekonto der H-GmbH finanziert gilt. Bezüge i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1997 n.F. liegen damit nicht vor, so dass die Steuerbefreiung nach § 8b Abs. 1 KStG 1999 n.F. nicht eingreift.
Die gesonderte Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos einer Kapitalgesellschaft entfaltet zwar grundsätzlich keine unmittelbare Bindungswirkung für die Anteilseigner i.S. des § 182 der Abgabenordnung, da Gegenstand der gesonderten Feststellung nur Besteuerungsgrundlagen der Kapitalgesellschaft sind und sich der Feststellungsbescheid auch nur gegen die Kapitalgesellschaft und nicht gegen deren Anteilseigner richtet. Gleichwohl entfaltet der Feststellungsbescheid gemäß § 27 Abs. 2 KStG 1999 n.F. über § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG 1997 n.F. materiell-rechtliche Bindungswirkung auch für die Anteilseigner. Denn nach dieser Vorschrift gehören Bezüge aus Anteilen an einer Körperschaft nicht zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen, soweit für diese Eigenkapital i.S. des § 27 KStG n.F. als verwendet gilt. Tatbestandsmerkmal des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG 1997 n.F. sind damit die im Bescheid nach § 27 Abs. 2 KStG 1999 n.F. ausgewiesenen Bestände. Gilt danach das steuerliche Einlagekonto für die Leistung der Körperschaft als verwendet, ist diese Verwendungsfiktion auch auf der Ebene der Gesellschafter zu beachten. Ein Gesellschafter kann sich deshalb nicht mit Erfolg darauf berufen, das steuerliche Einlagekonto sei im Bescheid über die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos unzutreffend ausgewiesen (vgl. zur früheren Rechtslage z.B. BFH-Urteil vom 19. Juli 1994 VIII R 58/92, BFHE 176, 317, BStBl II 1995, 362; Senatsurteile vom 7. November 1990 I R 68/88, BFHE 162, 337, BStBl II 1991, 177; vom 23. Oktober 1991 I R 97/89, BFHE 165, 537, BStBl II 1992, 154). Insoweit hat sich durch den Übergang vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren nichts geändert (Antweiler in Ernst & Young, KStG, § 27 Rz 90 f.; Lornsen-Veit in Erle/ Sauter, KStG, 3. Aufl., § 27 Rz 81; Frotscher in Frotscher/ Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 27 KStG Rz 46; Förster/ van Lishaut, Finanz-Rundschau 2002, 1205, 1212; Blümich/ Danelsing, § 27 KStG Rz 46; Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 27 Rz 113; Gosch/Heger, KStG, 2. Aufl., § 27 Rz 35; a.A. Berninghaus in Herrmann/Heuer/ Raupach, EStG/KStG, § 27 KStG Rz 53; Streck/Binnewies, KStG, 7. Aufl., § 27 Rz 40).
cc) Entgegen der Auffassung der Klägerin bestand das steuerliche Einlagekonto der H-GmbH bereits im Jahr 2001.
aaa) Gemäß § 39 Abs. 1 KStG 1999 n.F. wird ein sich nach § 36 Abs. 7 KStG 1999 n.F. ergebender positiver Endbetrag des Teilbetrages i.S. des § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG 1999 a.F. (sog. EK 04) als Anfangsbestand des steuerlichen Einlagekontos i.S. des § 27 KStG 1999 n.F. erfasst. Dies kann nur so verstanden werden, dass der zuletzt festgestellte Betrag des EK 04 als Anfangsbestand des ersten Wirtschaftsjahres, in dem das Halbeinkünfteverfahren gilt, zu übernehmen ist. Dieser Anfangsbestand ist um die Zu- und Abgänge des ersten Wirtschaftsjahres, in dem das Halbeinkünfteverfahren gilt (hier: 2001), fortzuschreiben (§ 27 Abs. 1 Satz 2 KStG 1999 n.F.). In der ersten gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos, die gemäß § 34 Abs. 2a KStG 1999 n.F. bei der H-GmbH erstmals auf den 31. Dezember 2001 erfolgte, war daher die Vorabausschüttung von 7 Mio. €, soweit sie den ausschüttbaren Gewinn auf den Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs überstieg, als Abgang aus dem steuerlichen Einlagekonto zu erfassen.
Der auf den Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs zu ermittelnde ausschüttbare Gewinn der H-GmbH war gemäß § 27 Abs. 1 Satz 4 KStG 1999 n.F. zu ermitteln. Danach gilt als ausschüttbarer Gewinn das um das gezeichnete Kapital geminderte in der Steuerbilanz ausgewiesene Eigenkapital abzüglich des Bestands des steuerlichen Einlagekontos. Ein steuerliches Einlagekonto zum 31. Dezember 2000 war zwar nicht festgestellt, da das Gesetz eine Feststellung zu diesem Zeitpunkt nicht vorsieht. Sie ist jedoch entbehrlich, weil eine Feststellung des EK 04 vorliegt. Da das EK 04, soweit es einen positiven Bestand ausweist, zum Ende des Wirtschaftsjahres 2000 gemäß § 39 Abs. 1 KStG 1999 n.F. dem Anfangsbestand des steuerlichen Einlagekontos entspricht, war das um das Nennkapital verringerte Eigenkapital der H-GmbH um diesen Betrag zu mindern. Die Feststellung des EK 04 nach § 36 Abs. 7 KStG 1999 n.F. ist Grundlagenbescheid für die folgende Feststellung des steuerlichen Einlagekontos, da das steuerliche Einlagekonto mit seinem Anfangsbestand an die Feststellung nach § 36 Abs. 7 KStG 1999 n.F. gebunden ist (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 4. Juni 2003, BStBl I 2003, 366 Tz. 4; Frotscher in Frotscher/Maas, a.a.O., § 39 KStG Rz 4; Franz, GmbH-Rundschau 2003, 818).
bbb) Aus § 27 Abs. 2 Sätze 1 und 2 KStG 1999 n.F., der eine gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos fordert und der bestimmt, dass dieser Bescheid Grundlagenbescheid für den Bescheid über die gesonderte Feststellung zum folgenden Feststellungszeitpunkt ist, folgt nichts Gegenteiliges. Diese Bestimmungen sind Verfahrensvorschriften, die keine materiell-rechtlichen Wirkungen haben (Frotscher in Frotscher/Maas, a.a.O., § 27 KStG Rz 45; Antweiler in Ernst & Young, a.a.O., § 27 Rz 6). Für das Entstehen des steuerlichen Einlagekontos ist daher ein Feststellungsbescheid über den Bestand des steuerlichen Einlagekontos nach § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG 1999 n.F. nicht erforderlich.
ccc) Der Auffassung der Klägerin ist auch deshalb nicht zu folgen, weil sie dazu führen würde, dass im ersten Wirtschaftsjahr, in dem das Halbeinkünfteverfahren gilt, weder Einlagen noch die Rückzahlung von Einlagen erfasst würden. Ein sachlicher Grund für eine derartige Regelung, die im Regelfall für den steuerpflichtigen Anteilseigner nachteilig ist, ist nicht ersichtlich.
3. § 27 KStG 1999 n.F. kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Ausschüttung mit dem ausschüttbaren Gewinn zum Zeitpunkt der Ausschüttung oder zum Ende des Wirtschaftsjahrs, in dem die Ausschüttung erfolgt ist, verrechnet wird.
a) Unter Geltung des Anrechnungsverfahrens waren Vorabausschüttungen, die sich auf ein laufendes Wirtschaftsjahr bezogen, und andere Ausschüttungen gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2 KStG 1999 a.F. mit dem verwendbaren Eigenkapital zu verrechnen, das sich zum Schluss des Wirtschaftsjahres ergab, in dem die Ausschüttung erfolgte. Demgemäß wäre nach der unter dem Anrechnungsverfahren geltenden Rechtslage die Vorabausschüttung erst mit dem verwendbaren Eigenkapital zum 31. Dezember 2001 zu verrechnen gewesen (Senatsurteil vom 17. Oktober 1990 I R 67/89, BFHE 164, 294, BStBl II 1991, 734). Insoweit hat sich jedoch die Rechtslage geändert (a.A. Dötsch in Dötsch/ Jost/Pung/Witt, a.a.O., § 27 Rz 44). Denn § 27 KStG 1999 n.F. differenziert nicht danach, ob es sich um eine Ausschüttung für ein abgelaufenes oder um eine Vorabausschüttung für ein laufendes Wirtschaftsjahr handelt, sondern ordnet unterschiedslos an, dass für die Frage, ob Beträge des steuerlichen Einlagekontos als verwendet gelten, allein auf den ausschüttbaren Gewinn zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres abzustellen ist (§ 27 Abs. 1 Satz 3 KStG 1999 n.F.).
b) Anhaltspunkte dafür, dass insoweit eine vom Gesetzgeber unbeabsichtigte Gesetzeslücke vorliegt, sind nicht ersichtlich. Im Gegenteil folgt aus dem Umstand, dass auch in nachfolgenden Änderungen des § 27 KStG 1999 n.F. die Regelung beibehalten wurde und unterschiedslos auf den ausschüttbaren Gewinn zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs abgestellt wird, dass der Wortlaut des Gesetzes auch dem Willen des Gesetzgebers entspricht (vgl. Gosch/Heger, a.a.O., § 27 Rz 29). Obwohl bei Vorabausschüttungen das Abstellen auf den ausschüttbaren Gewinn zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres zu Problemen führen kann (Frotscher in Frotscher/Maas, a.a.O., § 27 Rz 36; Binnewies, GmbH-Steuerberater 2003, 129; Berninghaus in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O, § 27 KStG Rz 53; Lornsen-Veit in Erle/Sauter, a.a.O., § 27 Rz 68), hat der Gesetzgeber die Regelung beibehalten und in der Neufassung nur angeordnet, dass das Einlagekonto grundsätzlich durch Leistungen nicht negativ werden kann. Ob Leistungen aus dem steuerlichen Einlagekonto als erbracht gelten, wird jedoch nach wie vor anhand des auf den Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs ermittelten ausschüttbaren Gewinns bestimmt.
c) Die Senatsentscheidung vom 28. November 2007 I R 42/07 (BFHE 219, 321, BStBl II 2008, 390) steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Sie ist zu § 37 Abs. 2 und 3 KStG 1999 n.F. ergangen, die ‑‑anders als § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG 1999 n.F.‑‑ ihrem Wortlaut nach keine Bindung an die auf den Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs festgestellten Bestände anordnen (gl.A. Berninghaus in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 27 KStG Rz 53; a.A. Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, a.a.O., § 27 Rz 44).
4. Soweit nach Erlass des streitbefangenen Körperschaftsteuer- und des Gewerbesteuermessbescheids Änderungsbescheide für die H-GmbH ergingen, bleibt dies ohne Auswirkungen auf die Steuerbescheide der Klägerin. Zum einen steht dem § 27 Abs. 1 Satz 5 KStG 1999 n.F. entgegen, nach dem die der Bescheinigung zugrunde gelegte Verwendung unverändert bleibt. Zum anderen ergäbe sich hieraus nur eine noch höhere Einlagenrückgewähr als bislang bescheinigt.