BFH VIII. Senat
EStG § 9 Abs 1 S 3 Nr 1 S 1, EStG § 17 Abs 1 S 1, EStG § 20 Abs 1 Nr 1 S 1, EStG § 4 Abs 4, EStG § 17 Abs 1 S 4, EStG § 21 Abs 1 Nr 1
vorgehend FG Münster, 16. April 2008, Az: 6 K 461/04 E
Leitsätze
Schuldzinsen für die Anschaffung einer im Privatvermögen gehaltenen Beteiligung i.S. von § 17 EStG, die auf Zeiträume nach Veräußerung der Beteiligung oder Auflösung der Gesellschaft entfallen, können ab dem Veranlagungszeitraum 1999 wie nachträgliche Betriebsausgaben als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden (Änderung der Rechtsprechung) .
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob Schuldzinsen für den Erwerb einer wesentlichen Beteiligung als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden können. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden als Ehegatten im Streitjahr zur Einkommensteuer zusammenveranlagt.
Der Kläger war zu 50 % an einer GmbH (Stammkapital 51.000 DM) beteiligt. 1997 erwarb er die restlichen 50 % (Geschäftsanteile im Nennwert von 17.000 DM und 8.500 DM) für 300.000 DM. Dafür nahm er ein Darlehen über 225.000 DM auf. Von den später hinzuerworbenen Geschäftsanteilen veräußerte der Kläger im Dezember 2000 den Geschäftsanteil im Nennwert von 17.000 DM sowie einen durch Teilung neu gebildeten Geschäftsanteil im Nennwert von 8.000 DM (zusammen 25.000 DM) an seinen Sohn zum Preis von 5.000 DM. Den bei der Teilung des Geschäftsanteils entstandenen Zwerganteil im Nennwert von 500 DM behielt der Kläger ebenso wie seine hälftige Beteiligung am Stammkapital der Gesellschaft. Danach waren der Kläger zu etwa 51 % und der Sohn des Klägers zu 49 % an der GmbH beteiligt. Im Streitjahr (2001) erklärte der Kläger Schuldzinsen für das Darlehen von 9.492,10 DM sowie sonstige Kosten in Höhe von 100 DM, die er bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend machte.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) berücksichtigte die Zinszahlungen im Einkommensteuerbescheid für 2001 nicht und wies den dagegen gerichteten Einspruch zurück. Nach einer bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung änderte das FA den Einkommensteuerbescheid für 2001 und erkannte Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in Höhe von 200 DM an.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht (FG) hat sich das FA bereit erklärt, 2 % der streitigen Schuldzinsen anzuerkennen, da die mit Fremdmitteln erworbene Beteiligung nicht vollständig, sondern nur zu 98 % weiterveräußert worden sei. Danach hat das FG die Klage insgesamt abgewiesen. Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteil vom 17. April 2008 6 K 461/04 E sind in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2008, 1283 veröffentlicht.
Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 i.V.m. § 20 des Einkommensteuergesetzes ‑‑EStG‑‑).
Die Kläger haben ursprünglich beantragt,
das Urteil des FG Münster vom 17. April 2008 6 K 461/04 E aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid vom 23. Januar 2004 dahingehend zu ändern, dass Zinsaufwendungen von 9.492,10 DM (4.853,23 €) als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen des Klägers berücksichtigt werden und die Einkommensteuer entsprechend niedriger festzusetzen.
Nach Einlegung der Revision hat das FA den streitigen Einkommensteuerbescheid entsprechend seiner Zusage in der mündlichen Verhandlung vor dem FG geändert und darin Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen des Klägers von nunmehr 290 DM anerkannt.
Die Kläger beantragen danach nur noch,
den Einkommensteuerbescheid 2001 dahingehend zu ändern, dass weitere Werbungskosten von 9.302,10 DM (4.756,09 €) bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen zum Abzug zugelassen werden und die Einkommensteuer entsprechend niedriger festzusetzen.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung übereinstimmend verzichtet.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).
1. Die Vorentscheidung ist bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben. Das FG hat über den ursprünglich angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2001 entschieden, an dessen Stelle während des Revisionsverfahrens gemäß § 68 Satz 1 i.V.m. § 121 Satz 1 FGO der geänderte Einkommensteuerbescheid vom 16. Juli 2008 getreten ist. Damit liegt dem FG-Urteil ein in seiner Wirkung suspendierter Bescheid zugrunde mit der Folge, dass auch das FG-Urteil insoweit keinen Bestand mehr haben kann (ständige Rechtsprechung, Urteile des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 12. September 2007 VIII R 38/04, BFH/NV 2008, 37; vom 13. Dezember 2006 VIII R 62/04, BFHE 216, 199, BStBl II 2007, 568, m.w.N.). Die vom FG verfahrensfehlerfrei getroffenen tatsächlichen Feststellungen bilden nach wie vor die Grundlage für die Entscheidung des Senats (BFH-Urteile in BFH/NV 2008, 37, und in BFHE 216, 199, BStBl II 2007, 568).
2. Das FG hat zur Begründung seines Urteils im Wesentlichen ausgeführt, nach nahezu vollständiger Veräußerung der mit Fremdmitteln erworbenen Geschäftsanteile seien die für ihre Anschaffung anfallenden Schuldzinsen nicht mehr als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abziehbar; insoweit sei die Veranlassung der Aufwendungen zur Einkünfteerzielung entfallen. Das entspreche der ständigen Rechtsprechung. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Absenkung der Beteiligungsschwelle in § 17 EStG auf 1 %, denn dadurch werde eine im Privatvermögen gehaltene Beteiligung nicht zu Betriebsvermögen. Auch der Zweck der Absenkung der Beteiligungsgrenze gebiete keine Änderung der Rechtsprechung. Eine Änderung der Rechtsprechung würde außerdem zu unterschiedlicher Behandlung nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen einerseits und den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung andererseits sowie zu einem Bruch im System der Überschusseinkünfte führen.
3. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Senat hält an seiner bisherigen Rechtsprechung zum Ausschluss des nachträglichen Werbungskostenabzugs nach Veräußerung oder Aufgabe einer im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 1 und Satz 4 EStG a.F. für die ab 1999 geltenden Gesetzesfassungen nicht mehr fest. Schuldzinsen, die für die Anschaffung einer im Privatvermögen gehaltenen Beteiligung i.S. von § 17 EStG anfallen, können danach unter den gleichen Voraussetzungen wie nachträgliche Betriebsausgaben als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden, wenn sie auf Zeiträume nach Veräußerung der Beteiligung oder Auflösung der Gesellschaft entfallen.
a) Werbungskosten i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind alle Aufwendungen, die durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind.
aa) Nach dem Regelungsziel des EStG sind Aufwendungen als durch eine Einkunftsart veranlasst anzusehen, wenn sie hierzu in einem steuerrechtlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Das ist der Fall, wenn sie objektiv mit einer Einkunftsart zusammenhängen und ihr subjektiv zu dienen bestimmt sind (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, unter C.II.2., m.w.N.). Maßgeblich dafür, ob ein solcher Zusammenhang besteht, ist zum einen die ‑‑wertende‑‑ Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen "auslösenden Moments", zum anderen dessen Zuweisung zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21. September 2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, unter C.III.1.a).
bb) Im Anwendungsbereich von § 4 Abs. 4 EStG sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH Schuldzinsen auf Betriebsschulden auch nach Aufgabe oder Veräußerung des Betriebs grundsätzlich als Betriebsausgaben abziehbar. Das gilt aber nur, soweit sie nicht auf Verbindlichkeiten entfallen, die durch den Veräußerungspreis und die Verwertung von zurückbehaltenen aktiven Wirtschaftsgütern hätten getilgt werden können (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 28. März 2007 X R 15/04, BFHE 217, 507, BStBl II 2007, 642; Schmidt/Wacker, EStG, 28. Aufl., § 16 Rz 371, m.w.N.).
cc) Demgegenüber hat der Senat für die Einkünfte aus Kapitalvermögen in ständiger Rechtsprechung einen solchen Zusammenhang grundsätzlich verneint und deshalb den Abzug von (nachträglichen) Schuldzinsen abgelehnt, die für die Anschaffung einer im Privatvermögen gehaltenen Kapitalanlage anfallen, soweit sie auf Zeiträume nach Veräußerung oder Aufgabe der Kapitalanlage entfallen (vgl. zuletzt BFH-Urteile vom 27. März 2007 VIII R 64/05, BFHE 217, 497, BStBl II 2007, 639; VIII R 28/04, BFHE 217, 460, BStBl II 2007, 699, jeweils m.w.N.). Daran hat er auch für den Fall festgehalten, dass es sich bei der Kapitalanlage um eine wesentliche Beteiligung i.S. von § 17 Abs. 1 EStG handelt, obwohl insofern ‑‑ausnahmsweise‑‑ auch Wertsteigerungen auf der privaten Vermögensebene der Besteuerung unterliegen (vgl. Senatsurteile vom 9. August 1983 VIII R 276/82, BFHE 139, 257, BStBl II 1984, 29; vom 8. Dezember 1992 VIII R 99/90, BFH/NV 1993, 654).
(1) Die Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen in der bis zur Einführung der Abgeltungssteuer geltenden Fassung wurde von dem Grundsatz beherrscht, dass zwischen dem Kapitalvermögen als solchem und dem Ertrag als Frucht des Kapitals zu unterscheiden ist; grundsätzlich wirken sich deshalb Wertänderungen der Kapitalanlage als solche auf die Besteuerung der erzielten Erträge im Rahmen des § 20 EStG nicht aus (vgl. BFH-Urteil vom 24. Oktober 2000 VIII R 28/99, BFHE 193, 374, BStBl II 2001, 97, m.w.N.). Auf dieser Grundlage hat der Senat einen steuerlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang der für die Anschaffung einer Kapitalanlage aufgewandten Zinsen mit der Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen bejaht, wenn bei der Kapitalanlage nicht die Absicht der Erzielung steuerfreier Vermögensvorteile im Vordergrund stand (vgl. BFH-Urteile vom 21. Juli 1981 VIII R 154/76, BFHE 134, 113, BStBl II 1982, 37; vom 23. März 1982 VIII R 132/80, BFHE 135, 320, BStBl II 1982, 463; vom 7. Dezember 1999 VIII R 8/98, BFH/NV 2000, 825). Hat der Steuerpflichtige neben der Absicht, auf Dauer gesehen einen Überschuss der Einnahmen zu erzielen, auch die Erwartung oder Hoffnung, mit der Kapitalanlage steuerfreie Vermögensvorteile zu realisieren, so steht dies dem vollumfänglichen Abzug der Schuldzinsen als Werbungskosten nicht entgegen, sofern die Absicht, steuerfreie Wertsteigerungen zu realisieren, nur mitursächlich für die Anschaffung der Ertrag bringenden Kapitalanlage ist (vgl. BFH-Urteil vom 8. Juli 2003 VIII R 43/01, BFHE 203, 65, BStBl II 2003, 937, m.w.N.).
(2) Die Rechtsprechung zur Nichtabziehbarkeit nachträglicher Schuldzinsen bei den Überschusseinkünften beruht letztlich auf der rechtlichen Zuweisung der Finanzierungsaufwendungen zur nicht steuerbaren, privaten Vermögensebene (vgl. etwa BFH-Urteil vom 4. September 2000 IX R 44/97, BFH/NV 2001, 310 zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung). Mit Veräußerung oder Aufgabe der Einkunftsquelle entfalle der wirtschaftliche Zusammenhang der Aufwendungen mit einer Einkunftsart; die Aufwendungen seien danach nur noch Gegenleistung für die Überlassung eines Kapitals, das nicht mehr der Erzielung von steuerbaren Einnahmen diene (vgl. BFH-Urteile vom 25. April 1995 IX R 114/92, BFH/NV 1995, 966; vom 21. Dezember 1982 VIII R 48/82, BFHE 138, 47, BStBl II 1983, 373; vom 7. August 1990 VIII R 67/86, BFHE 162, 48).
(3) Trotz des für Betriebsausgaben wie für Werbungskosten in gleicher Weise geltenden Veranlassungsprinzips (vgl. nur Schmidt/Drenseck, a.a.O., § 9 Rz 7, m.w.N.) hat der Senat in der Vergangenheit eine Gleichstellung nachträglicher Werbungskosten mit nachträglichen Betriebsausgaben wegen der unterschiedlichen rechtlichen Ausgangslage (d.h. wegen rechtlicher Besonderheiten der Einkünfte aus § 17 EStG) stets abgelehnt (vgl. BFH-Urteil vom 19. Januar 1993 VIII R 74/91, BFH/NV 1993, 714). Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, bei den Einkünften aus § 17 EStG bestehe kein vom Privatvermögen getrenntes Betriebsvermögen, das nach Veräußerung der Beteiligung zurückbleiben könne. Und auch die anderen Besonderheiten der Einkünfte aus § 17 EStG rechtfertigten keine vollständige Gleichstellung der wesentlichen Beteiligung mit der steuerlichen Behandlung von Mitunternehmeranteilen (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 1993, 714, m.w.N.).
(4) In zwei neueren Entscheidungen hat der Senat ausdrücklich offengelassen, ob er an dieser Rechtsprechung für die Zeit nach Absenkung der maßgeblichen Beteiligungsgrenze in § 17 Abs. 1 EStG auf 1 % festhalte (vgl. Senatsurteil in BFHE 217, 497, BStBl II 2007, 639; in BFHE 217, 460, BStBl II 2007, 699). Gleiches gelte für die Frage, ob möglicherweise bereits für die Zeit nach Absenkung der Wesentlichkeitsschwelle auf 10 % eine Änderung der Rechtsprechung zum nachträglichen Schuldzinsenabzug in Betracht zu ziehen sei.
b) Nach Absenkung der Wesentlichkeitsschwelle von mehr als 25 % auf 10 % durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 (StEntlG 1999/2000/2002) vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) für Veranlagungszeiträume ab 1999 und erst recht für die Zeit nach Absenkung der für die Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG maßgeblichen Beteiligungsgrenze auf 1 % durch das Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (StSenkG) vom 23. Oktober 2000 (BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428) für Veranlagungszeiträume ab 2001 und der damit, vorbehaltlich der "Bagatellgrenze", einhergehenden konzeptionellen Gleichbehandlung von Gewinnausschüttung und Veräußerung besteht für die Einkünfte aus Kapitalvermögen jedenfalls bei einer Beteiligung i.S. von § 17 EStG keine sachliche Rechtfertigung mehr für die rechtliche Zuweisung der nachträglichen Finanzierungskosten zur (grundsätzlich) nicht steuerbaren Vermögensebene.
aa) Die Absenkung der Wesentlichkeitsschwelle in § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG ab Veranlagungszeitraum 1999 auf zunächst 10 % diente in erster Linie der Verbreiterung der Besteuerungsgrundlage (BTDrucks 14/23, S. 178). Bereits damit hat der Gesetzgeber ungeachtet dessen, dass er an dem Begriff der "wesentlichen Beteiligung" zunächst festgehalten hat, zum Ausdruck gebracht, dass er bezüglich der steuerlichen Erfassung von Wertsteigerungen im Privatvermögen durch das StEntlG 1999/2000/2002 einen Paradigmenwechsel eingeleitet hat. Denn er hat gleichzeitig die Voraussetzungen für die steuerliche Erfassung von Gewinnen aus Veräußerungsgeschäften von sonstigen Wirtschaftsgütern des Privatvermögens erweitert, was durch die Änderung der bisherigen Überschrift des § 23 EStG von "Spekulationsgeschäfte" in "Private Veräußerungsgeschäfte" durch das StEntlG 1999/2000/2002 besonders augenscheinlich wird. Der Gesetzgeber hat den Weg einer breiteren steuerlichen Erfassung von Wertsteigerungen im Privatvermögen auch fortgesetzt, indem er durch das StSenkG die Grenze für die Steuerpflicht von Gewinnen aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften auf 1 % abgesenkt hat (vgl. Senatsurteil vom 1. März 2005 VIII R 92/03, BFHE 209, 285, BStBl II 2005, 398).
bb) Für die Konzeption der Einkünfte aus § 17 EStG bedeutet dies zumindest eine Abkehr vom Leitbild des Mitunternehmers. Auf die Frage, ob und inwieweit die maßgebliche Beteiligung der steuerlichen Behandlung von Mitunternehmeranteilen gleichzustellen ist, kommt es danach nicht mehr an. Mit der schrittweisen, konsequenten Ausweitung der Besteuerung im Privatvermögen erzielter Vermögenszuwächse hat der Gesetzgeber der bisherigen Senatsrechtsprechung zur Nichtabziehbarkeit nachträglicher Finanzierungsaufwendungen die Grundlage entzogen.
cc) Vor diesem Hintergrund ist der Veranlassungszusammenhang der nachträglichen Schuldzinsen mit den Einkünften aus Kapitalvermögen bei Aufgabe oder Veräußerung einer Beteiligung i.S. von § 17 EStG nicht mehr anders zu beurteilen als im Anwendungsbereich des § 4 Abs. 4 EStG bei den Gewinneinkünften. Denn ebenso wie nachträgliche Schuldzinsen betrieblich veranlasst sind, wenn sie nach der Veräußerung oder Aufgabe eines Betriebs weiterhin der Finanzierung der nicht ablösbaren betrieblichen Verbindlichkeiten dienen, sind nachträgliche Schuldzinsen nach der Veräußerung oder Aufgabe einer wesentlichen Beteiligung i.S. von § 17 EStG in den ab 1999 geltenden Fassungen durch die früheren Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG) veranlasst. Durch die Beendigung der Einkünfteerzielung aus Kapitalvermögen ist der ursprüngliche Veranlassungszusammenhang nicht unterbrochen, weil die nachträglichen Schuldzinsen nach wie vor durch die zur Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen aufgenommenen Schulden ausgelöst sind, die bei Veräußerung oder Aufgabe der Beteiligung nicht abgelöst werden konnten. Die nachträglichen Schuldzinsen dienen mithin ‑‑ebenso wie im betrieblichen Bereich‑‑ der Finanzierung eines steuerrechtlich erheblichen Veräußerungs- oder Aufgabeverlusts.
dd) Dem steht nicht entgegen, dass bei § 17 EStG kein Betriebsvermögen gebildet wird, das nach Beendigung der Einkunftserzielung zurückbehalten werden kann (a.A. FG Münster, Urteil in EFG 2008, 1283); an dem entsprechenden Begründungsansatz hält der Senat nicht mehr fest. Ein Darlehen, das zur Finanzierung von Anschaffungskosten für eine wesentliche Beteiligung aufgenommen wird, ist stets, auch während der Erzielung laufender Einkünfte, dem Privatvermögen zuzurechnen. Gleichwohl können die Zinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen sein. Das ist der Fall, soweit sie (noch) durch die Erzielung von Einkünften veranlasst sind. Die Veräußerung oder Aufgabe der Einkunftsquelle lässt den Veranlassungszusammenhang ‑‑wie bei den Gewinneinkünften‑‑ nicht ohne weiteres entfallen. Ein den ursprünglichen Veranlassungszusammenhang überlagerndes nachträgliches Ereignis kann nach dem Vorstehenden auch nicht darin gesehen werden, dass das zur Einkünfteerzielung eingesetzte Vermögen privat war, jedenfalls soweit es ‑‑wie bei § 17 EStG‑‑ wie Betriebsvermögen dem Besteuerungszugriff unterliegt.
c) Unerheblich ist entgegen der Auffassung des FG auch, dass durch die Änderung der Rechtsprechung nur für bestimmte Einkünfte aus Kapitalvermögen die bisher geltende steuerrechtliche Gleichbehandlung nachlaufender Finanzierungsaufwendungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einerseits und den Einkünften aus Kapitalvermögen andererseits möglicherweise entfällt. Dies beruht auf den Entscheidungen des Gesetzgebers, den Besteuerungszugriff auf die im Privatvermögen erzielten Vermögenszuwächse gemäß § 17 EStG in der ab 1999 geltenden Fassung in systemverändernder Weise auszudehnen.
Der Gesetzgeber hat im Übrigen mit der Verlängerung der sog. Spekulationsfrist bei Grundstücken von zwei auf zehn Jahre in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zumindest für einen Teilbereich auch bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung die Besteuerung von im Privatvermögen erzielten Wertzuwächsen erheblich ausgedehnt. Es bedarf hier keiner Entscheidung ‑‑für die der erkennende Senat auch nicht zuständig wäre‑‑, ob und inwieweit die Ausdehnung der Steuerbarkeit von privaten Veräußerungsgewinnen aus dem Verkauf von Grundstücken zu einer anderen Beurteilung des Abzugs nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zwingt (vgl. Spindler in Spiegelberger/Spindler/Wälzholz, Die Immobilie im Zivil- und Steuerrecht, Köln 2008, S. 681 f.). Die bisherige Rechtsprechung des IX. Senats zur Nichtabziehbarkeit nachträglicher Schuldzinsen beruht noch auf der ursprünglichen gesetzlichen Grundlage, nach der das nach Veräußerung einer vermieteten Immobilie fortbestehende (Rest-)Darlehen seine Ursache in dem im privaten Vermögensbereich erlittenen, nicht steuerbaren Veräußerungsverlust hat (BFH-Urteil in BFH/NV 1995, 966; BFH-Beschluss vom 28. Juli 2009 IX B 37/09, Zeitschrift für Steuern und Recht 2009, R 1019). Dies ist bei nachträglichen Schuldzinsen im Zusammenhang mit einer Beteiligung gemäß § 17 EStG gerade nicht der Fall. Insofern weicht der erkennende Senat mit dem vorliegenden Urteil nicht von der Rechtsprechung des IX. Senats ab.
4. Die Sache ist nicht spruchreif. Da das FG zur Höhe der geltend gemachten Zinsaufwendungen von seinem Standpunkt aus zu Recht keine tatsächlichen Feststellungen getroffen hat, kann der Senat nicht in der Sache selbst entscheiden. Die Sache wird deshalb zur Nachholung der erforderlichen tatsächlichen Feststellungen an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
Ohne Bindungswirkung weist der Senat darauf hin, dass sich aus den bisherigen Feststellungen des FG weder positiv noch negativ ergibt, ob die streitgegenständlichen Anteilsveräußerungen einem Fremdvergleich vor allem hinsichtlich der Höhe der Gegenleistung standhalten. Sollte es sich, worauf das Verwandtschaftsverhältnis der Vertragspartner hindeuten könnte, um eine gemischte Schenkung gehandelt haben, hätte das FG diesen Umstand ebenfalls in tatsächlicher Hinsicht noch aufzuklären und das Ergebnis bei Anwendung der Grundsätze zur Abziehbarkeit nachträglicher Betriebsausgaben nach Maßgabe der dazu ergangenen Rechtsprechung zu berücksichtigen. Rein vorsorglich weist der Senat auch noch auf § 3c Abs. 2 EStG hin.