Entscheidungsvorschau
In der Entscheidungsvorschau finden Sie die beim Bundesfinanzhof anhängigen Revisionsverfahren, mit deren Entscheidung im laufenden Jahr zu rechnen ist.
Ist ein Verfahren bereits entschieden, führt Sie ein Link zum Urteil.
Mitteilung, dass die Außenprüfung zu keiner Änderung der Besteuerungsgrundlagen geführt hat, als Verwaltungsakt (IV R 17 / 22): Das Finanzamt führte bei einer Personengesellschaft (GbR), an der der Kläger beteiligt ist, eine Außenprüfung durch, die nicht zu einer Änderung der Besteuerungsgrundlagen führte. Nachdem im Rahmen einer parallel beim Einzelunternehmen des Klägers durchgeführten Außenprüfung festgestellt wurde, dass bestimmte im Rahmen seines Einzelunternehmens abgezogene Betriebsausgaben bei der GbR hätten berücksichtigt werden müssen, und der Gewinn entsprechend erhöht wurde, beantragte er die Feststellung dieser Aufwendungen als Sonderbetriebsausgaben bei der GbR. Der Bundesfinanzhof wird zu entscheiden haben, ob die Mitteilung des Finanzamts, dass die Prüfung bei der GbR nicht zu einer Änderung der Besteuerungsgrundlagen geführt hat, ein Verwaltungsakt ist, durch dessen Anfechtung der Kläger die begehrte Änderung der Feststellungsbescheide erreichen kann.
Gebührenfestsetzung für eine an mehrere Antragsteller erteilte verbindliche Auskunft in Umwandlungsfällen (IV R 6 / 23): Für die Bearbeitung eines Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft wird nach § 89 Abs. 3 Satz 1 AO eine Gebühr erhoben. Wird eine verbindliche Auskunft gegenüber mehreren Antragstellern einheitlich erteilt, ist gemäß § 89 Abs. 3 Satz 2 AO ebenfalls nur eine Gebühr zu erheben, die dann von allen Antragstellern gemeinsam geschuldet wird. Vor diesem Hintergrund stellt sich in dem Verfahren die Frage, ob im Fall einer verbindlichen Auskunft bei mehreren Antragstellern, die an einem Umwandlungsvorgang beteiligt sind, nur eine Gebühr von allen Antragstellern insgesamt oder von jedem Antragsteller einzeln zu erheben ist.
Steuerbegünstigte Zweckverfolgung (V R 22 / 23): Besteht bei Anwendung von § 57 Abs. 3 AO ein „doppeltes Satzungserfordernis“?
Festsetzungsfrist bei einem Antrag auf Günstigerprüfung für Kapitalerträge (VI R 17 / 23): Bei einer Antragsveranlagung beginnt die Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Die Regelung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO, nach welcher die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem die Erklärung eingereicht wird, spätestens mit Ablauf des dritten auf die Steuerentstehung folgenden Kalenderjahres, ist im Falle einer Antragsveranlagung nicht anwendbar. Der Bundesfinanzhof muss im vorliegenden Verfahren entscheiden, ob dies im Falle der Stellung eines Antrags auf Günstigerprüfung für abgeltend besteuerte Kapitalerträge nach § 32d Abs. 6 EStG anders ist.
Feststellungsinteresse für Nichtigkeitsfeststellungklage (IX R 30 / 22): Ist eine sogenannte Nichtigkeitsfeststellungsklage gegen die Anordnung einer Außenprüfung zulässig, wenn die Prüfungsfeststellungen in einem vom Steuerpflichtigen angefochtenen Steuerbescheid bereits umgesetzt sind?
Verspätungszuschläge und Corona (X R 7 / 23): Nach § 152 Abs. 2 AO sind bei verspäteter Abgabe von Steuererklärungen unter bestimmten Voraussetzungen Verspätungszuschläge festzusetzen. Der Bundesfinanzhof hat zu klären, inwieweit der Finanzbehörde unter anderem angesichts der Corona-Krise ein Ermessen eröffnet ist, Verspätungszuschläge nicht festzusetzen.
Umfang der Vorlagepflicht von Unterlagen bei Außenprüfung (XI R 15 / 23): Der Bundesfinanzhof wird die Frage zu entscheiden haben, ob im Rahmen der steuerlichen Außenprüfung die Vorlage sämtliche E-Mails eines Steuerpflichtigen als „Handels- oder Geschäftsbriefe“ im Sinne von § 147 Abs. 1 Nr. 3 AO einschließlich eines sogenannten Gesamtjournals verlangt werden kann.
Anforderung an eine abkommensrechtliche Betriebsstätte (I R 39 / 21 und I R 47 / 21): In den Verfahren sind vom Bundesfinanzhof die Anforderungen, die an den in den gängigen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung verwendeten Begriff der Betriebsstätte zu stellen sind, näher zu bestimmen, insbesondere die zeitlichen und räumlichen Voraussetzung einer „festen Geschäftseinrichtung“.
Betriebsstättengewinnermittlung bei Außentransaktionen (I R 45 / 22 und I R 49 / 23): Der Bundesfinanzhof erhält in beiden Verfahren die Gelegenheit, zum Anwendungsbereich des § 1 Abs. 5 Satz 1 AStG (Betriebsstättengewinn-Aufteilung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten) und zu den Zuordnungsgrundsätzen von Erträgen und Aufwendungen aus Außentransaktionen zum Stammhaus oder zu dessen Betriebsstätte Stellung zu nehmen.
Wechsel von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode (IX R 32 / 23): Der Bundesfinanzhof wird sich mit der noch ungeklärten Rechtsfrage beschäftigen, ob im internationalen Steuerrecht ein nach § 20 Abs. 2 AStG gebotener Wechsel von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode auch dann eingreift, wenn der Steuerpflichtige nicht mehrheitlich an einer die Auslandseinkünfte vermittelnden ausländischen Personengesellschaft beteiligt ist.
Bilanzierung bei unentgeltlicher Übertragung von Funkinfrastruktur (XI R 40 / 22): Das Revisionsverfahren dient der Klärung, ob und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt Ansprüche aus einer Rückbauverpflichtung in Bezug auf Funkinfrastruktur aktivierungspflichtig sind.
Voraussetzungen und Umfang eines Anspruchs auf Ersatz von (immateriellen) Schäden (IX R 10 / 23, IX R 11 / 23 und IX R 17 / 23): Nach Art. 82 DSGVO hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen die DSGVO ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, einen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter. Der Bundesfinanzhof wird in mehreren Verfahren die konkreten Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs sowie dessen Umfang zu klären haben.
Mitgliedsbeitrag für ein Fitnessstudio zur Teilnahme an einem ärztlich verordneten Kurs (VI R 1 / 23): Die Klägerin nahm an einer ärztlich verordneten Wassergymnastik in einem Fitnessstudio teil. Voraussetzung für die Teilnahme war die Mitgliedschaft in dem Fitnessstudio. Die Krankenkasse der Klägerin bezahlte lediglich die Kurskosten, nicht jedoch den Mitgliedsbeitrag für das Fitnessstudio. Ob dieser als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen ist, muss nun der Bundesfinanzhof entscheiden.
Rückwirkendes Ereignis aufgrund Vertragsanpassung (IX R 4 / 23): Streitig ist, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die Rückabwicklung beziehungsweise rückwirkende Anpassung eines Ehevertrags die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns nach § 17 EStG wieder entfallen lässt, wenn die Ehegatten bei Abschluss des ursprünglichen Ehevertrages übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass die darin unter anderem enthaltene Übertragung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft keine einkommensteuerrechtlichen Konsequenzen haben würde.
Verfassungsmäßigkeit des § 15b EStG bei Definitivverlusten im Falle der Einstellung des Betriebs; Einbeziehung von Sonderbetriebsausgaben (IV R 6 / 22): Greift die Ver-lustabzugs- und -ausgleichsbeschränkung des § 15b EStG nicht ein, soweit Verluste - im Streitfall infolge der Betriebsaufgabe der Gesellschaft nach Veräußerung ihres gesamten Betriebsvermögens durch den Insolvenzverwalter – nicht mehr mit zukünftigen Gewinnen aus derselben Einkunftsquelle ausgeglichen werden können? Ist die Vorschrift auf Verluste aus dem steuerlichen Sonderbetriebsvermögen bereits dem Grunde nach nicht anzuwenden?
Realteilung bei Sachwertabfindung durch eigene Aktien des ausscheidenden Mitun-ternehmers (IV R 15 / 22 und IV R 16 / 22): Im Gesamthandsvermögen der Klägerin, einer Personengesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG, befanden sich Aktien einer AG, die als Kommanditistin an der Klägerin beteiligt war. Im Streitjahr schied die AG aus der Klägerin aus. Als Abfindung erhielt sie die ihrer Beteiligung entsprechenden Aktien der ausgeschiedenen Kommanditistin und von dieser im Folgejahr im vereinfachten Einziehungsverfahren ohne Kapitalherabsetzung eingezogen wurden. Der Bundesfinanzhof wird zu entscheiden haben, ob das Ausscheiden der AG aus der Klägerin zu einem Aufgabegewinn geführt hat, oder ob die Realteilungsgrundsätze auch im Falle des Ausscheidens gegen Sachwertabfindung durch eigene Aktien angewandt werden können.
Zur Behandlung der Errichtung und des Betriebs von Windkraftanlagen als Steuer-stundungsmodell im Sinne des § 15b EStG (IV R 13 / 23 und IV R 14 / 23): Nach § 15b Abs. 1 EStG dürfen Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten, sondern nur mit späteren Gewinnen aus derselben Einkunftsquelle ausgeglichen werden. Ein Steuerstundungsmodell liegt gemäß § 15b Abs. 2 EStG vor, wenn auf Grund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen. Vor diesem Hintergrund wird in den beiden Verfahren zu klären sein, ob im Zusammenhang mit der Errichtung und des Betriebs von Windkraftanlagen die Voraussetzungen eines Steuerstundungsmodells vorliegen.
Handelt es sich bei Erstattungszinsen nach § 233a AO zur Gewerbesteuer um steuer-pflichtige Betriebseinnahmen? (IV R 16 / 23): In dem Verfahren stellt sich die Frage, ob Zinsen, die ein Steuerpflichtiger nach § 233a AO aufgrund einer Gewerbesteuerrückerstattung erhält, als steuerpflichtige Betriebseinnahmen zu behandeln sind oder ob diese, insbesondere im Hinblick auf die Versagung des Betriebsausgabenabzugs für die Zahlung von Gewerbesteuer und von darauf entfallenden Nebenleistungen nach § 4 Abs. 5b EStG, von der Besteuerung auszunehmen sind.
Schätzung nach Maßgabe der sogenannten Richtsatzsammlung (X R 19 / 21): Sind die Besteuerungsgrundlagen nicht zu ermitteln oder zu berechnen, hat das Finanzamt diese nach § 162 AO zu schätzen. Dazu bedarf es geeigneter Schätzungsmethoden. Im Rahmen der vorliegenden Revision ist streitig, unter welchen Voraussetzungen ein äußerer Betriebsvergleich in Gestalt einer Richtsatzschätzung (BMF-Richtsätze) zulässig und geeignet ist. Das BMF ist diesem Verfahren beigetreten und tritt den in der steuerrechtlichen Literatur wiederholt dargelegten kritischen Meinungen entgegen.
Verluste bei beschränkter Haftung nach formwechselnder Umwandlung einer Kommanditgesellschaft in eine GmbH (X R 5 / 22): Gemäß § 15a Abs. 4 EStG werden nicht ausgleichs- oder abzugsfähige Verluste eines Kommanditisten jährlich gesondert festgestellt. Sie mindern die Gewinne, die dem Kommanditisten in späteren Wirtschaftsjahren aus seiner Beteiligung an der Kommanditgesellschaft zuzurechnen sind (§ 15a Abs. 2 EStG). Der X. Senat hat zu klären, ob ein solcher nach § 15a Abs. 4 EStG festgestellter Verlust auch Gewinne mindert, die sich nach einer formwechselnden Umwandlung der Kommanditgesellschaft in eine GmbH aus der Veräußerung der GmbH-Anteile des früheren Kommanditisten ergeben.
Erstattung und Verzinsung abgeltend einbehaltener Kapitalertragsteuer (VIII R 32 / 21): Streitig ist die Verzinsung zunächst unionsrechtswidrig einbehaltener, dann aber erstatteter Kapitalertragsteuer einer beschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft.
Abzugsfähigkeit von Verlusten aus Zinsswaps (VI R 11 / 22): Verluste aus Termingeschäften, wie zum Beispiel aus Zinsswaps, dürfen im Regelfall nicht mit anderen Einkünften des Steuerpflichtigen verrechnet werden, wenn die Verluste zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 6 Satz 1 EStG) gehören. Für die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gemäß § 13 EStG fehlt eine Regelung über eine Beschränkung der Verlustverrechnung. Vor diesem Hintergrund muss der Bundesfinanzhof entscheiden, unter welchen Voraussetzungen Verluste aus einem Zinsswap anstatt zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gehören.
Berufliche Veranlassung eines Umzugs (VI R 3 / 23): Die Kläger arbeiten beide seit Beginn der Corona-Pandemie Mitte März 2020 fast ausschließlich von zu Hause aus. Da in ihrer Wohnung kein häusliches Arbeitszimmer vorhanden war, zogen sie im Mai 2020 in eine in der Nähe belegene größere Wohnung, in der beiden je ein häusliches Arbeitszimmer zur Verfügung stand. Zu klären ist, ob der Umzug in einem solchen Fall beruflich veranlasst ist und die Umzugskosten als Werbungskosten abzugsfähig sind.
Abzugsbeschränkung bei Stellplatzkosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung (VI R 4 / 23): Seit dem Jahr 2014 können Unterkunftskosten bei einer doppelten Haushaltsführung im Inland höchstens in Höhe von 1.000 Euro pro Monat berücksichtigt werden. Der Bundesfinanzhof wird zu entscheiden haben, ob die Kosten für die Anmietung eines Stellplatzes einer Zweitwohnung zu diesen der Höhe nach beschränkt abzugsfähigen Unterkunftskosten zählen.
Freiberufliche Tätigkeit einer zahnärztlichen Partnergesellschaft (VIII R 4 / 22): Eine Personengesellschaft entfaltet dann eine freiberufliche Tätigkeit, wenn sämtliche Mitunternehmer die Merkmale eines freien Berufs erfüllen. Hierüber streiten die Beteiligten. Ein Mitunternehmer der Klägerin, einer zahnärztlichen Partnerschaftsgesellschaft, ist zwar approbierter Zahnarzt, erbrachte aber lediglich in geringem Umfang eigene zahnärztliche Beratungs- oder Behandlungsleistungen unmittelbar an Patienten und übte im Übrigen Führungs- und Verwaltungsaufgaben aus.
Voraussetzungen für eine „Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit“ im Sinne des Art. 68 Abs. 1 Buchst. a der VO Nr. 883 / 2004 (III R 7 / 23): Streitig ist, ob die Erzielung von Einnahmen aus der Vermietung privaten Wohnraums eine „Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit“ im Sinne des Art. 68 Abs. 1 Buchst. a der VO Nr. 883 / 004 darstellt und ob wegen dieser Tätigkeit ein Anspruch auf Differenzkindergeld für in einem anderen EU-Mitgliedstaat wohnende Kinder entstehen kann.
Abzug von Kinderbetreuungskosten (III R 8 / 23): Der Kläger begehrt den Abzug von Kinderbetreuungskosten für sein nicht zu seinem Haushalt gehörendes Kind. Er wirft unter anderem die Frage auf, ob das Merkmal der Haushaltszugehörigkeit des Kindes als Voraussetzung für den Sonderausgabenabzug und die Beschränkung des Abzugsbetrages auf 2 / 3 der Aufwendungen, höchstens 4.000 € pro Kind, mit Blick auf den verfassungsrechtlich gebotenen Schutz der Familie und den Gleichheitsgrundsatz zu rechtfertigen sind.
Beiträge zur freiwilligen privaten Pflegeversicherung als unbeschränkt abzugsfähige Sonderausgaben (X R 10 / 20): Beiträge zur freiwilligen privaten Pflegeversicherung sind lediglich im Rahmen des Höchstbetrags im Sinne des § 10 Abs. 4, Abs. 4a EStG als Sonderausgaben zu berücksichtigen, der bei der großen Mehrzahl der Steuerpflichtigen schon durch die Pflichtbeiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ausgeschöpft ist. Im Streitfall ist zu prüfen, ob ein unbeschränkter Abzug dieser Beiträge als Sonderausgaben verfassungsrechtlich unter dem Gesichtspunkt der einkommensteuerrechtlichen Verschonung des Existenzminimums geboten ist, soweit erst aufgrund der freiwilligen privaten Pflegezusatzversicherung im Bedarfsfall ein Leistungsumfang erreicht wird, der dem sozialhilferechtlich gewährleisteten Leistungsniveau entspricht.
Besteuerung von Alterseinkünften – Beitrittsgebiet (X R 18 / 23): Beim Abzug von Vorsorgeaufwendungen für die Alterssicherung (§ 10 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 EStG) und der Besteuerung von Alterseinkünften (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG) ist sicherzustellen, dass eine doppelte Besteuerung vermieden wird. Der Bundesfinanzhof hat zu klären, inwieweit die nach dem Einkommensteuerrecht der DDR vorgenommene steuerliche Behandlung der bis 1990 geleisteten Aufwendungen im Rahmen der rechnerischen Prüfung der doppelten Besteuerung zu berücksichtigen ist.
Zulässigkeit der im ErbStAnpG 2016 angeordneten echten Rückwirkung (II R 7 / 23): Der Bundesfinanzhof wird im Hinblick auf die im ErbStAnpG 2016 angeordnete echte Rückwirkung insbesondere zu beurteilen haben, ab welchem Zeitpunkt der Steuerpflichti-ge nicht mehr schutzwürdig auf den weiteren Bestand der bisherigen Rechtslage vertrauen kann (Zeitpunkt des Gesetzesbeschlusses des Bundestages oder der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses).
Steuerbefreiung für das Familienheim bei Einbringung in eine GbR (II R 18 / 23): Nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a Satz 1 ErbStG ist die schenkweise Verschaffung des Eigentums oder Miteigentums am Familienheim zwischen Ehegatten steuerfrei. Der Bundesfinanzhof wird zu entscheiden haben, ob eine Eigentumsverschaffung im Sinne der Norm auch vorliegt, wenn der eine Ehegatte das zuvor in seinem Alleineigentum stehende Familienheim in eine mit dem anderen Ehegatten gegründete GbR einbringt.
Erbfallkostenpauschale bei Erwerb durch Vermächtnis (II R 25 / 23): Nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG wird vom Erwerb pro Erbfall ein pauschaler Betrag in Höhe von 10.000 € für Nachlassverbindlichkeiten abgezogen. Der Bundesfinanzhof wird zu entscheiden haben, ob und wie gegebenenfalls diese Pauschale bei einem Vermächtnis zu kürzen und auf die Erwerber aufzuteilen ist, wenn der Erbfall nur teilweise in Deutschland steuerpflichtig ist.
Ermittlung der Anzahl der Beschäftigten bei der Lohnsummenregelung (II R 34 / 23): Die Verschonung des Betriebsvermögens bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer nach §§ 13a, 13b ErbStG hängt unter anderem von der Einhaltung der sogenannten Lohnsummenregelung ab. Diese findet allerdings nur dann Anwendung, wenn der erworbene Betrieb eine gewisse Anzahl an Beschäftigten im Besteuerungszeitpunkt übersteigt. Der Bundes-finanzhof wird in diesem Zusammenhang zu entscheiden haben, ob und wie bestimmte Beschäftigte, wie beispielsweise Gesellschafter-Geschäftsführer oder geringfügig Beschäftigte bei der Ermittlung der Anzahl der Beschäftigten einfließen.
Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses nach dem GSA Fleisch (VII R 3 / 23): Der Senat wird zu entscheiden haben, ob die Frage, ob eine Firma einen Betrieb beziehungsweise eine selbständige Betriebsabteilung der Fleischwirtschaft im Sinne von § 2 Abs. 1 GSA Fleisch in Verbindung mit § 6 Abs. 9 AEntG unterhält, im Rahmen einer Feststellungsklage geklärt werden kann, und ob mittels Zwischengerichtsbescheid die Fest-stellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses getroffen werden kann.
Abzug ausländischer Quellensteuer in Organschaftsverhältnissen (I R 16 / 20): Kann eine Organgesellschaft ausländische Quellensteuer nach § 34c Abs. 2 EStG in Verbindung mit § 8 Satz 1 GewStG bei der Ermittlung ihres Gewerbeertrags abziehen, obwohl die erzielten ausländischen Dividenden auf Ebene des Organträgers nach § 8b KStG steuerfrei sind? Ist ein entsprechender Abzug unionrechtlich geboten?
Zurechnung von Branchennähe eines Gesellschafters zu einer Kapitalgesellschaft (III R 14 / 23): Streitig ist unter anderem, ob bei der Prüfung des Vorliegens eines von einer juristischen Person ausgeübten gewerblichen Grundstückshandels die Beziehungen eines Organs der juristischen Person zur Immobilienwirtschaft als Grundstücksmakler, Architekt, Bauunternehmer) zu berücksichtigen sind.
Gewerbesteuerrechtliche Kürzung und Oldtimer als Kapitalanlage (III R 23 / 23): Es stellt sich die Frage, ob bei einer Kapitalgesellschaft, die eigenes Immobilienvermögen und Beteiligungen hält und verwaltet, die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ausgeschlossen ist, weil zu ihrem Anlagevermögen Oldtimer gehören, die die Gesellschaft vor den Streitjahren mit Gewinnerzielungsabsicht zum Zwecke der Wertanlage angeschafft hat, mit denen sie aber bislang keine Erträge erzielt hat.
Gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung (III R 24 / 23): Streitig ist, ob gewerbliche Zwischenvermieter durch die gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG vorzunehmende Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung von unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögen unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG in nicht zu rechtfertigender Weise schlechter gestellt werden als zum Beispiel gewerbetreibende Ei-gentümer von Immobilien, die diese selbst nutzen oder weitervermieten, oder als Gewerbetreibende, die Rechte durchleiten
Gewerbesteuerzerlegung bei Betrieb eines Offshore-Windparks (IV R 5 / 22): Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags einer Personengesellschaft, die auf gemeindefreiem Gebiet innerhalb der Zwölf-Seemeilen-Zone im Küstengebiet einen Windpark betreibt. Sie hatte im Streitzeitraum keine Arbeitslöhne gezahlt und besaß außer Windkraftanlagen kein weiteres Anlagevermögen. Das Finanzamt wies den Gewerbeertrag der Gesellschaft, soweit er auf den fiktiven Mitunternehmerlohn entfiel, der Gemeinde des Sitzes der Geschäftsleitung und im Übrigen dem Bundesland zu, in dessen Küstengebiet der Windpark liegt. Der Bundesfinanzhof wird zu entscheiden haben, ob das Bundesland zu Recht als „weitere hebeberechtigte Ge-meinde“ behandelt wurde, also selbst Gewerbesteuer erheben darf.
Steuerbefreiung für die Veräußerung von Bildungsinstitutionen? (V R 33 / 23): Ist die Veräußerung von Bildungsinstituten von der Gewerbesteuer (§ 3 Nr. 13 GewStG) befreit?
Steuerbefreiung bei Neugründung einer Personengesellschaft (II R 2 / 23): Nach § 6a GrEStG wird unter bestimmten weiteren Voraussetzungen die Grunderwerbsteuer unter anderem auf Erwerbe nicht erhoben, die auf Einbringungsvorgängen beruhen. Der Bundesfinanzhof wird in dem Fall zu entscheiden haben, ob die Steuerbefreiung auch bei einer Einbringung von GmbH-Anteilen in eine im Rahmen einer Erbauseinandersetzung neugegründete GmbH & Co. KG Anwendung findet.
Übertragung der Vorbehaltensfrist bei (partieller) Gesamtrechtsnachfolge (II R 5 / 23): § 6a GrEStG sieht unter anderem eine Steuerbefreiung für bestimmte Umwandlungsvorgänge insbesondere in Konzernstrukturen vor. Der Bundesfinanzhof wird zu entscheiden haben, ob dem herrschenden Unternehmen bei der Prüfung der sogenannten Vorbehaltensfrist auch diejenige Beteiligungsdauer einer Gesellschaft an der abhängigen Gesellschaft zugerechnet wird, deren partieller Gesamtrechtsnachfolger sie aufgrund einer vorherigen Aufspaltung geworden ist.
Europarechtskonformität der Besteuerung nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG bei Umstrukturierungen (II R 8 / 23): Der Bundesfinanzhof wird sich mit der Frage zu beschäftigen haben, ob die Besteuerung nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG, der unter anderem den Anteilsübergang von einer Gesellschaft auf eine andere Gesellschaft insbesondere in Umwandlungsfällen erfasst, gegen die Richtlinie 2008/7/EG des Rates vom 12.02.2008 verstößt.
Wirtschaftliches Eigentum an zur Sicherheit übertragenen Aktien bei „strukturierter Wertpapierleihe“ (I R 3 / 21): Der Bundesfinanzhof hat in diesem Verfahren der Frage nachzugehen, wer bei einer „strukturierten Wertpapierleihe“ sogenannter wirtschaftli-cher Eigentümer bei sicherungsübereigneten Aktien ist und ob der Sicherungsnehmer steuerliche Vorteile in Form der Steuerfreistellung der Dividendenerträge nach § 8b Abs. 1 KStG nutzen kann, die dem Sicherungsgeber als Kreditinstitut wegen Handelsgeschäften nach § 8b Abs. 7 KStG verwehrt waren.
Körperschaftsteuerliche Organschaft und atypisch stille Beteiligung (I R 17 / 21): Hindert das Vorliegen einer atypisch stillen Beteiligung an einer Organgesellschaft die steuerliche Anerkennung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft, da wegen der Gewinnanteile der stillen Gesellschafter die Organgesellschaft nicht entsprechend dem Gewinnabführungsvertrag „ihren ganzen Gewinn“ an ihren Organträger abführt? Ist bei der Nichtanerkennung der Organschaft („verunglückte Organschaft“) die tatsächlich erfolgte Gewinnabführung als verdeckte Gewinnausschüttung bei der Organgesellschaft einkom-menserhöhend anzusetzen, auch wenn sie auf dem Gewinnabführungsvertrag beruht?
Verdeckte Gewinnausschüttung – Aufwand für Marketingmaßnahmen im Konzern (I R 41 / 21): Auf dem Arzneimittelmarkt werden Arzneimittel auch als „Parallelimporte“ (unabhängig vom Hersteller – „konzernexterner Vertriebsweg“) angeboten. Vor diesem Hintergrund ist zu beurteilen, ob ein von einer konzerninternen Vertriebsgesellschaft getragener Aufwand für die Produktvermarktung teilweise (soweit auf den Gesamtumsatz bezogen rechnerisch ein Zusammenhang mit „Parallelimporten“ besteht) der herstellenden Konzerngesellschaft zuzuordnen ist, so dass die Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung erfüllt sind.
Verdeckte Gewinnausschüttung an einen Minderheitsaktionär (I R 36 / 22): In diesem Verfahren hat der Bundesfinanzhof zu klären, inwieweit die zum Minderheitsgesellschafter einer GmbH entwickelten Grundsätze zum einkommenserhöhenden Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung bei Vergütung mittels einer Umsatztantieme auf einen Minderheitsaktionär einer AG übertragbar sind.
Örtliche Zuständigkeit des HZA für stromsteuerrechtliche Entlastungsanträge bei Ver-schmelzung einer Gesellschaft auf eine andere (VII R 23 / 22): Der Senat wird über die Frage des örtlich zuständigen Hauptzollamts für strom- und energiesteuerliche Entlas-tungsanträge entscheiden, wenn die Gesellschaft mit ihrer Fabrikationsstätte auf eine Gesellschaft verschmolzen wird, bei der sich der Sitz der Geschäftsleitung außerhalb des räumlichen Zuständigkeitsbereichs des (bisherigen) Hauptzollamts befindet.
Ermittlung der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage für die Bestandteile von sogenannten Sparmenüs in der Systemgastromie beim Außer-Haus-Verkauf (XI R 22 / 22 und XI R 19 / 23): Der Bundesfinanzhof wird zu entscheiden haben, nach welcher Methode – Food-and-Paper-Kosten-Methode oder Einzelverkaufspreismethode (auch: Marktpreismethode) – der Gesamtpreis für ein sogenanntes Sparmenü in der Systemgastronomie bei Außer-Haus-Umsätzen für Zwecke der Umnsatzsteuer auf die Lieferung der ermäßigt zu besteuernden Speisen und dem Regelsteuersatz unterliegende Getränke und „Non-Food-Bestandteile“ aufzuteilen ist.
Steuersatz für E-Paper (XI R 29/23): Das Revisionsverfahren betrifft die Frage, ob die Zurverfügungstellung eines E-Papers – vor Geltung des § 12 Nr. 14 UStG n.F. – eine selbständige Leistung neben der Lieferung einer Zeitung darstellt, die dem Regelsteuersatz unterliegt.
Ermittlung des Übertragungswertes bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung; Berücksichtigung eines Holdingabschlags als negativer Geschäfts- oder Firmenwert (X R 34 / 21): Bei einer Verschmelzung einer inländischen Kapitalgesellschaft auf eine im EU-Ausland ansässige Kapitalgesellschaft sind die übergehenden Wirtschaftsgüter, ein-schließlich nicht entgeltlich erworbener oder selbst geschaffener immaterieller Wirt-schaftsgüter, in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft mit dem gemeinen Wert anzusetzen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2006). Der gemeine Wert ist, wenn keine zeitnahen Verkäufe unter fremden Dritten stattgefunden haben, unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln, wobei die Methode anzuwenden ist, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zu Grunde legen würde. Im vorliegenden Revisionsverfahren ist streitig, ob die Wertermittlung einen negativen Geschäfts- oder Firmenwert enthalten darf, der die übergeordneten Funktionen einer Holdinggesellschaft kapitalisiert.
Europarechtskonformität des Antragserfordernisses zur Erlangung der Buchwertfort-führung beim qualifizierten Anteilstausch in Form der Einbringung einer Beteiligung an einer deutschen GmbH in eine spanische S.A. (X R 32 / 23): Um bei einem qualifizierten Anteilstausch (§ 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UmwStG 2006) unter Beteiligung einer im EU-Ausland ansässigen Kapitalgesellschaft in den Genuss der Buchwertfortführung zu gelan-gen, bedarf es nach § 21 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 eines Antrags, der bis spätestens zur erstmaligen Abgabe der Steuererklärung (§ 21 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 2006) zu stellen ist. Nach Auffassung des Finanzamts hat der Steuerpflichtige den erforderlichen Antrag im Streitfall nicht fristgerecht gestellt, so dass die Buchwertfortführung zu versagen sei. Der Bundesfinanzhof hat neben der Frage einer möglichen konkludenten Antragstellung insbesondere die Vereinbarkeit des befristeten Antragserfordernisses mit den Regelungen der Fusionsrichtlinie und den Grundfreiheiten (Niederlassungsfreiheit) zu klären.
Erbringung einer Sicherheitsleistung bei der Schaumweinsteuer (VII R 33 / 22): Das Verfahren betrifft die Frage, ob für eine wirksame Eröffnung einer Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren im Verfahren der Steueraussetzung die Leistung einer Sicherheit vom zugelassenen Lagerinhaber als Versender erforderlich ist. Weiterhin ist zu entscheiden, ob diese Sicherheit in ihrer Höhe der Steuer entsprechen müsste, die bei der Überführung der beförderten verbrauchsteuerpflichtigen Waren in den steuerrechtlich freien Verkehr im Steuergebiet entstehen. Schließlich ist zu klären, ob eine Beförderung von ver-brauchsteuerpflichtigen Waren zwar unter Erstellung eines elektronischen Verwaltungsdokuments, aber ohne oder ohne im vorgenannten Sinne ausreichende Sicherheitsleistung dazu führt, dass der Teil der Waren, deren steuerlicher Wert nicht oder nicht mehr von der Sicherheitsleistung abgedeckt wird, mit der Entnahme aus dem Steuerlager und mit der Folge der Steuerentstehung in den steuerrechtlich freien Verkehr tritt.
Zollwertrechtliche Behandlung von Software (VII R 2 / 22): In diesem Verfahren ist zu entscheiden, ob die Kosten der Entwicklung einer europäischen Software, die im Drittland auf ein dort produziertes Teil aufgespielt wird, in den Zollwert einfließen und damit auch die Höhe der Einfuhrabgaben beeinflussen. Außerdem ist zu klären, ob eine Regelungslücke vorliegt, weil Software als geistige Beistellung nicht die Eigenschaft einer Ware besitzt und daher nicht dem Verfahren der passiven Veredelung zugänglich ist.